"Die Philosophie des modernen Songs":Unser aller Verwirrung des Herzens
EinePhilosophie des modernen Songs versprichtBob Dylan in seinem neuen Buch, dem ersten seit den autobiografischenChronicles aus dem Jahr 2004. Wer sich davon eine systematische Betrachtung des Songs in der Moderne und vielleicht auch der Moderne selber verspricht, wird enttäuscht. Wer vorher schon glaubte, dass die Bildung von Systemen der Philosophie eher abträglich ist, wird hingegen umso reicher belohnt. In 66 kurzen Kapiteln schreibt Dylan über Songs, die ihm wichtig erscheinen, die er sprachlich besonders gelungen, musikalisch berührend oder intensiv findet oder an denen er einfach etwas darlegen kann, was ihm gerade durch den Kopf ging. Er schreibt über Songs von Elvis Presley, Dean Martin und Frank Sinatra, über dieBlue Suede Shoes von Carl Perkins undMy Generation von The Who, er entwickelt aus Nina SimonesDon’t Let Me Be Misunderstood eine Theorie des Kommunizierens in der Musik und des Kommunizierens im Allgemeinen, und er nimmtWhere or When, einen Standard aus demGreat American Songbook, geschrieben 1937 von Lorenz Hart und Richard Rodgers, zum Ausgangspunkt für eine Reflexion über die Frage, wie sich in gelungenen Songs Erfahrungen des allgemein Menschlichen spiegeln. Erfahrungen nämlich, die alle Bindungen an Orte und Zeiten –"where or when" – übersteigen.