Als das Alpamare 1977 eröffnete, wurde Pfäffikon SZ zum Mekka für Familienausflüge mit Adrenalin-Kick. Heute flitzt auch Oma durch die Rutschbahn, und im Bad hat der Körperkult Einzug gehalten.
vn. Der Himmel ist grau, die Warteschlange vor der Kasse lang. Das Juliwetter schwächelt, das Alpamare füllt sich. Neben der Eingangshalle zischt die menschengemachte Brandung, und die Flut aus Chlorwasser kracht gegen die Mauer. Im Wellenbad geht es hoch her: Aus dem Wasser ragen die Köpfe einer kreischenden Menge. Ein Signal ertönt, die Wogen glätten sich, die Action ist vorbei. Die Masse strömt aus dem Pool, zu einem Flüsschen im hinteren Becken eilend, wo gerade die Strömung einsetzt. Vor dem «Thriller», der Rutschbahn ins schwarze Ungewisse, drücken sich nasse Körper mit Gummibooten in eine Reihe. Zeigt die Ampel grün, wird gerutscht, unter heiterem Geschrei verschwinden Kinder, Papas und Omas in der dunklen Röhre.
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Ein Stockwerk weiter oben sieht die Lage anders aus. Hier stehen grüner Tee und Fitnessgeräte bereit, die dem Besucher zum gewünschten Astralkörper verhelfen sollen. Aus der Sauna riecht es nach fruchtigem Aufguss, für den heute, wie der Tagesplan verrät, ein gewisser Manfred zuständig ist. Der frische Duft kündigt die Wellness-Zone an und konkurriert mit dem wenig lieblichen, von unten aufsteigenden Chlorgeruch. Auf dem Sportgerät übt sich ein Gast in Badehose. Aus der Ferne ist das Getöse der vergnügten Masse zu hören. Der Spa-Charme will nicht recht aufkommen. Ein Blick auf die Terrasse gewährt einen zweiten Eindruck; mit Aussicht auf den Zürichsee erholen sich Männer mit hart erarbeiteten «Sixpacks», Frauen in knappen Bikinis und braungebrannte Senioren von körperlichen Strapazen.
Die Besucherin merkt: Im Kinderparadies ihrer Erinnerung hat ein Wandel stattgefunden. Der Körperkult hat Einzug gehalten. Und was früher den Jungen vorbehalten war, lassen sich heute auch die Älteren nicht nehmen. Grossmütter flitzen die Wildwasserbahn hinab. Wo früher Tischfussball gespielt wurde, wird Yoga gemacht, und das einstige Rheuma-Baden heisst jetzt «Acqua-Power». Der Gast der achtziger Jahre habe mit dem jetzigen Besucher nicht mehr viel gemein, sagt Elsbeth Seibert, die seit über 20 Jahren an der Kasse und im Büro des Freizeitparks arbeitet. «Die körperliche Fitness rückt zunehmend in den Vordergrund.» Das Alpamare, früher für den Adrenalinstoss zuständig, soll nun auch der Gesundheit dienen. Gesellschaftliche Trends machen auch vor Wellenbädern nicht halt. Den Schwerpunkt aber, so beschwichtigt Marketingleiterin Monica Marty, lege man noch immer auf Familienangebote. Das Alpamare möchte ebenso junge, kinderlose Sportbegeisterte anlocken. Aber auch 60-Jährige und Ältere, sagt Marty, seien ein interessantes Zielpublikum: «Sie haben Zeit, sind fit und unternehmungslustig.»
Als das Alpamare 1977 seine Tore öffnete, «war das eine Sensation». Monica Marty, aufgewachsen in der Region, erinnert sich gut an diesen Moment. Heute noch Aussergewöhnliches zu bieten, sei schwierig. Das Freizeitangebot ist unüberschaubar geworden. Hamams, Heil- und Wellnessbäder spriessen im Grossraum Zürich wie Pilze aus dem Boden. Doch sie sind nicht des Acqua-Parks stärkster Rivale. Die grösste Konkurrenz, sagt Marty, seien «im Sommer der See und im Winter die Berge». Zu guter Letzt möchte man noch wissen: Sind die Jungen heute schwerer zu begeistern? Liess ihnen früher das Herz in die Hose rutschen, was heute nur noch für müdes Lächeln sorgt? Das glaubt Marty nicht. «Die Freude der Kinder», sagt sie, «ist die gleiche geblieben.»