1862
7. Juni: Philipp Lenard wird als Sohn des Weinhändlers Philipp Lenard von Lenardis und dessen Frau Antonie (geb. Baumann) im österreich-ungarischen Preßburg (heute: Bratislava, Slowakei) geboren. Er wächst in einer nationalistischen Atmosphäre auf.
1881
Studium der Naturwissenschaften an den Technischen Hochschulen in Budapest und Wien.
1882
Mitarbeit im Geschäft des Vaters.
1883
Studium der Physik in Heidelberg bei Hermann Quincke (1834-1924) und Robert Bunsen (1811-1899).
1885
Fortsetzung seines Studiums in Berlin.
1886-1889
Assistent bei Quincke.
1890
Nach kurzem Aufenthalt in England geht Lenard als Assistent nach Breslau.
1891
1892
Lenard habilitiert sich mit der Arbeit "Über die Elektrizität der Wasserfälle".
Er entwickelt eine Entladungsröhre mit einem "Lenardfenster". Zum ersten Mal können jetzt Kathodenstrahlen unabhängig vom Entladungsvorgang im Vakuum in Luft oder in anderen Materialien untersucht werden.
1894
Lenard betreut die Herausgabe der gesammelten Werke von Hertz.
Er wird als außerordentlicher Professor nach Breslau berufen. Der Wechsel stellt sich für Lenard als eine Verschlechterung heraus, da die technische Ausstattung nicht ausreicht, um seine in Bonn begonnenen Experimente fortzusetzen.
1895
Wechsel an die Technische Hochschule Aachen, wo er sich weiter mit Kathodenstrahlen beschäftigt. Die Entdeckung der Röntgenstrahlen durch
Wilhelm Conrad Röntgen überrascht und verärgert Lenard, der ihm bei der Beschaffung geeigneter Entladungsröhren behilflich war. Zudem hatte Lenard gehofft, diese Entdeckung selbst zu machen, da seine Experimente ähnlich weit fortgeschritten waren. Er gebraucht im folgenden immer den Begriff der "Hochfrequenzstrahlung" anstelle des gebräuchlichen der "Röntgenstrahlen".
1896
Lenard geht als außerordentlicher Professor für theoretische Physik nach Heidelberg.
1898
Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit dem englischen Physiker und Nobelpreisträger von 1906, Joseph John Thomson (1856-1940). Thomson hatte sich mit Lenards Untersuchungsmethoden beschäftigt und konnte so seine eigenen Forschungen vorantreiben. Lenard hält diese Vorgehensweise für unzulässig. Der Streit ist Auslöser für Lenards sich stetig steigernden England-Hass.
Lenard wird Professor und Leiter des physikalischen Instituts in Kiel. Der Aufbau eines neuen Instituts verschafft ihm optimale Forschungsbedingungen.
1900
Entdeckung der wichtigsten Gesetzmäßigkeiten des lichtelektrischen Effekts: Bei wachsender Lichtintensität wächst zwar die Zahl der ausgelösten Elektronen, aber deren Geschwindigkeit bleibt unverändert. Die Elektronengeschwindigkeit ist ausschließlich von der Frequenz des eingestrahlten Lichts abhängig.
1903
Lenard entwickelt ein "Dynamidenmodell" des Atoms, das besagt, dass der größte Teil des Atoms leer ist.
1905
Für seine Untersuchungen der Kathodenstrahlung wird Lenard der
Nobelpreis für Physik verliehen.
1907
Er wird Direktor des Instituts für Physik und Radiologie in Heidelberg.
1913
Unter Lenards Leitung entsteht ein neues physikalisches Institut, das zwischen 1935 und 1945 seinen Namen trägt.
1914
Den
Ersten Weltkrieg sieht er als Kampf zwischen "deutscher Kultur" und "westlicher Zivilisation".
Bereits kurz nach Kriegsbeginn gibt Lenard - wie andere konservative Gelehrte auch - britische Orden und Auszeichnungen zurück.
4. Oktober: Er beteiligt sich an der überregionalen Gelehrtenresolution "Aufruf an die Kulturwelt": 93 prominente Intellektuelle weisen den Vorwurf einer deutschen
Kriegsschuld ebenso wie den Vorwurf des Militarismus sowie deutscher Völkerrechtsbrüche zurück.
Er veröffentlicht eine Hetzschrift mit dem Titel "England und Deutschland zur Zeit des großen Krieges", in der er seine Kritik an Thomson mit nationalistischen Ausfällen gegen England verbindet.
ab 1918
1920
Auseinandersetzung mit
Albert Einstein auf der Tagung der Naturforscher und Ärzte in Bad Nauheim. Lenard lehnt vehement die allgemeine Relativitätstheorie aus physiktheoretischen Überlegungen und aufgrund antisemitischer Vorurteile ab. Auch in der Folgezeit versucht Lenard, die Theorien Einsteins zu diskreditieren.
Zu den neuen Ansätzen in der Physik findet Lenard als Experimentalphysiker immer schwerer Zugang. Er versucht die experimentelle Physik zu einer "nordischen Wissenschaft" zu stilisieren, die sich von der theoretischen Physik - in seinen Augen "jüdischer Weltbluff" - abhebt.
1921
Nach der Ermordung des Finanzministers
Matthias Erzberger durch Aktivisten rechtsradikaler Kreise macht Lenard keinen Hehl aus der Anerkennung dieser Tat.
1922
27. Juni: Sein Antisemitismus führt zu einer von dem sozialdemokratischen Politiker
Carlo Mierendorff angeführten Besetzung des Instituts durch Arbeiter und Studenten. Lenard weigerte sich, die allgemeine Arbeitsruhe anlässlich des Staatsbegräbnisses von
Walther Rathenau einzuhalten und am Institut halbmast zu flaggen.
Der Senat der Heidelberger Universität verurteilt Lenards Verhalten stark und leitet ein Disziplinarverfahren gegen ihn, aber auch gegen Mierendorff ein. Als der badische Kultusminister
Willy Hellpach Lenard vom Dienst suspendiert, bittet dieser um seine Entlassung.
Physikalische Gesellschaften, einzelne Physiker und Heidelberger Studenten setzen sich für Lenard ein, so dass Hellpach die Suspendierung und Lenard sein Entlassungsgesuch zurücknimmt.
1924
Zusammen mit dem Nobelpreisträger Johannes Stark (1874-1957) verfasst er den Aufruf "Hitlergeist und Wissenschaft". Nach diesem öffentlichen Bekenntnis zu
Adolf Hitler und
Erich Ludendorff wird Lenards Institut zum Zentrum rechtsgerichteter Kreise.
1926
Persönliches Kennenlernen Hitlers.
1929
Lenard gibt sein historisches Werk "Große Naturforscher" heraus. Die Forscher sind seiner Darstellung nach alle "arisch-germanischen" Ursprungs.
1931
1. April: Er tritt in den Ruhestand.
1936
Lenard ist erster Träger des von der
Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) gestifteten Wissenschaftspreises.
Alfred Rosenberg hält bei der Feierlichkeit die Laudatio.
Lenards vierbändiges Lehrbuch für Experimentalphysik "Deutsche Physik" erscheint: Demnach könne wahre Naturkenntnis nur von der "arischen Rasse" gewonnen werden. Die Arbeiten Einsteins bezeichnet Lenard als "Jahrmarktslärm" und "Judenbetrug".
1937
Er wird Mitglied der NSDAP, die ihm ihr Goldenes Ehrenabzeichen verleiht.
Lenard zieht sich mehr und mehr aus dem öffentlichen Leben zurück.
1945
Nach Ende des
Zweiten Weltkriegs wird er aufgrund seines hohen Alters nicht von den Amerikanern interniert.
Er verlässt Heidelberg und zieht nach Messelhausen (Baden).
1947
20. Mai: Philipp Lenard stirbt in Messelhausen.