Chinas Klimapolitik | China | bpb.de
China verursacht fast ein Drittel aller globalen Emissionen. Ob das im Pariser Abkommen der UN-Klimakonvention 2015 vereinbarte 1,5-Grad-Ziel als maximale Erderwärmung noch annähernd umzusetzen ist, hängt daher maßgeblich vom Erfolg der chinesischen Klimapolitik ab.
Die vor rund 40 Jahren von
Das Tempo, mit dem China zum größten Emittenten von Treibhausgasen der Welt aufstieg, war in den Frühzeiten der UN-Klimaverhandlungen nicht antizipiert worden. 1998, als das
China ist nicht nur der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen, sondern gehört auch zu den Ländern, die bereits massiv von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Eine Zunahme von Dürren, Hitzewellen, Starkregenereignissen, Rückgang der landwirtschaftlichen Erträge durch Trockenheit und Schädlingsbefall, Anstieg des Meeresspiegels in den ökonomisch bedeutenden Deltaregionen des Yangzi (Changjiang) und des Perlflusses (Zhujiang), abschmelzende Gletscher im tibetischen Hochland und gesundheitliche Belastungen für die Bevölkerung als Folgen der globalen Klimaerwärmung sind durch die drei nationalen Klimaberichte sowie die sechs Sachstandsberichte des Weltklimarats (IPCC) belegt.
China muss sich somit auf große Herausforderungen für die Ernährungssicherung, den Katastrophenschutz und die wirtschaftliche Stabilität als Folge des Klimawandels einstellen.
China baut seine Kohlekraft durch den Bau von neuen Kraftwerken weiter aus. Der Kohleverbrauch des Landes ist seit 1965 um mehr als das Sechzehnfache angestiegen. (© picture-alliance/AP, Sam McNeil)
Ein auf Kohle basierendes Wirtschaftswunder
Der rapide Anstieg der in China erzeugten Treibhausgasemissionen ist auf die hohe Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zurückzuführen. China befeuert sein ökonomisches Wachstum vor allem mit Kohle. Das Land verfügt über 13 % der weltweit nachgewiesenen Vorkommen und erschließt diese äußerst intensiv. Inzwischen wird mehr als die Hälfte der global geförderten Kohle in China abgebaut und auch dort verbraucht. Insbesondere seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist ein steiler Anstieg des Kohleverbrauchs zu verzeichnen. 2020 lag er bei 4 Mrd. Tonnen.
Der rapide Anstieg des Kohleverbrauchs ging mit einem starken Anstieg der Feinstaubbelastung und einer deutlichen
Auch wenn China in jüngerer Zeit sehr viel in den
Die Entwicklung der chinesischen Klimapolitik
In den 1990er Jahren wurden die Phänomene des Klimawandels vorrangig als naturwissenschaftliche Themen analysiert. Die institutionelle Zuständigkeit lag bei der staatlichen Verwaltung für Meteorologie (China Meteorological Administration, CMA). Erst als die
2018 wurde das Büro für Klimawandel im Rahmen einer Verwaltungsreform in das Ministerium für Umweltschutz und Ökologie (MEE) integriert. Dies deutet auf einen Bedeutungszuwachs des Umweltministeriums hin und legt nahe, dass Klimaschutz nunmehr auch zunehmend in seiner ökologischen Dimension wahrgenommen wird.
Seit 2008 veröffentlicht China jährlich ein Weißbuch, das die Umsetzung der klimapolitischen Maßnahmen darstellt. Die über die Jahre hinweg ausführlicheren Berichte belegen, dass das Land die Thematik zunehmend verstärkt angeht.
Wie viele andere Städte im Norden Chinas war auch die Stadt Qian'an in der Provinz Hebei in der Regenzeit von städtischen Überschwemmungen betroffen. Das seit 2015 ausgerollte Pilotprogramm des "Schwammstadtbaus" hat die Situation verbessert. (© picture-alliance, Xinhua News Agency | Mu Yu)
Weiterhin soll die gezielte Förderung von grünen und klimafreundlichen Transportsystemen dazu dienen, die Luftqualität in den Ballungsgebieten zu verbessern. In der E-Mobilität war China 2021 mit rund 8 Millionen zugelassenen Fahrzeugen weltweit führend.
Auch jahrzehntelange Anstrengungen zur Aufforstung von durch Erosion und Wüstenbildung bedrohten Landstrichen verbucht China als erfolgreiche Maßnahmen zum Klimaschutz.
Um Umwelt- und Klimaschutz durchzusetzen, werden weiterhin ökonomische Anreize und marktwirtschaftliche Instrumente eingesetzt. Dazu gehört maßgeblich auch der Emissionshandel, der nach jahrelanger Erprobung in Pilotprojekten 2021 landesweit eingeführt wurde. Dieser Online-Emissionshandel erfasste über 2000 chinesische Stromversorger mit insgesamt 4,5 Milliarden Tonnen CO2 und ist damit das größte Emissionshandelssystem der Welt.
Mit dem 12. Fünfjahresplan (2011-2015) waren erstmals messbare Indikatoren für CO2 Intensität pro Einheit
Klimarelevante Ziele des 12., 13. und 14. Fünfjahresplans
| Ziel | 12. FJP (2011-2015) | 13. FJP (2016-2020) | 14. FJP (2021-2025) |
|---|---|---|---|
| Energieverbrauch (pro Einheit BIP) | -16 % im Vergleich zu 2011 | -15 % im Vergleich zu 2016 | - 13.5 % im Vergleich zu 2021 |
| CO2 Ausstoß (pro Einheit BIP) | -17 % | -18 % | -18 % |
| Anteil von nicht-fossilen Energieträgern im Energiemix* | 11,4 % | 15 % | 20 % bis 2025 |
| Bewaldungsrate (Anteil der Waldfläche an der Gesamtfläche Chinas) | 21,7 % bis 2015 | 23 % bis 2020 | 24,1 % bis 2025 |
| BIP Wachstum | 7 % pro Jahr | 6.5 % pro Jahr | Kein definiertes Wachstumsziel |
Quelle: 12., 13. Und 14. Fünfjahresplan, eigene Zusammenstellung von Eva Sternfeld
Den offiziellen Angaben zufolge wurden diese Ziele für die Perioden des 12. und 13. Fünfjahresplans erreicht und teilweise übererfüllt. Jedoch sagen die Energie- und Klimaeffizienzziele noch nichts über den absoluten Ausstoß der Treibhausgasemissionen aus. Dieser stieg in der vergangenen Dekade noch weiter an und wird nach Planungen der chinesischen Regierung erst um das Jahr 2030 sinken. So gibt es für die Provinzen und Regionen je nach ökonomischem Entwicklungsstand angepasste Energieeffizienzziele. Für die besser entwickelten Provinzen im Osten des Landes existieren striktere Vorgaben als für die Provinzen im Inneren und im Westen des Landes, in denen es noch ökonomischen Entwicklungsbedarf gibt. Diese Differenzierung führte allerdings teilweise dazu, dass umweltverschmutzende Industrien ins Landesinnere und nach Westen ausgelagert wurden. 2021 hatten dennoch nach Angaben der NDRC nur 10 von 31 Provinzen die vorgegebenen Energieeffizienzziele erreicht, neun Provinzen, darunter Guangdong und Jiangsu, hatten ihren Energieverbrauch sogar gesteigert. Die NDRC kündigte an, in den betroffenen Provinzen künftig keine energieintensiven Projekte mehr zu genehmigen.
Die chinesische Klimapolitik im internationalen Kontext
In den Anfangsjahren hat China die UN-Klimaverhandlungen vor allem als außenpolitisches Parkett genutzt. Die chinesische Delegation pochte als mächtiger Fürsprecher der Entwicklungsländer auf das in Artikel 3 Absatz 1 der UN-Klimakonvention festgelegte Prinzip "der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung" für den Klimaschutz. Sie verwies auf die historische Verantwortung der westlichen Industriestaaten für die globale Klimaerwärmung, die damit auch vorrangig verpflichtet seien, Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren und diese umzusetzen sowie Know-how- und Technologietransfer an ärmere Länder zu leisten, damit diese sich ebenfalls klimaschonend entwickeln könnten. Dass China bei den UN-Klimaverhandlungen relativ erfolgreich seine Interessen vertritt, mag auch an der personellen Kontinuität liegen. Xie Zhenhua, der langjährige Leiter des Büros, hat inzwischen seine Posten bei der NDRC aufgegeben, ist jedoch bis in die Gegenwart als außerordentlicher Gesandter Chefverhandler Chinas bei internationalen Klimaverhandlungen. Er dürfte damit der dienstälteste und erfahrenste Verhandler bei den UN-Klimakonferenzen sein.
Im Kyoto-Protokoll, das ab 2005 implementiert wurde, war China als sogenannter "Nicht-Annex-1-Staat" - als Entwicklungsland - von Reduktionsverpflichtungen ausgenommen. Zugleich profitierte das Land in erheblichem Umfang von den Instrumenten des Kyoto-Protokolls, wie zum Beispiel dem Clean Development Mechanism (CDM). Fast 60 % der CDM-Emissionszertifikate, die sich Industrieländer für Investitionen in klimafreundliche CDM-Projekte in Entwicklungsländern gutschreiben lassen konnten, wurden durch Projekte in China realisiert. So entstanden z. B. die ersten chinesischen Windparks.
Die Windkraft trägt in China immer mehr zum Mix der erneuerbaren Energien bei. In Yancheng in der Provinz Jiangsu steht eine der riesigen Anlagen zur nachhaltigen Stromerzeugung. (© picture-alliance, CFOTO | CFOTO)
Nachdem ab Mitte der 2000er Jahre Chinas Emissionen steil anstiegen und die im Kyoto-Protokoll zu Klimaschutzmaßnahmen verpflichteten Annex-1-Staaten nur noch 20 % der weltweiten Treibhausgasemissionen abdeckten, wuchs der internationale Druck auf China, bei einem Folgeabkommen ebenfalls international verbindliche Verpflichtung einzugehen. Zur großen Enttäuschung der gastgebenden Europäer scheiterte die für den 15. Weltklimagipfel in Kopenhagen 2009 geplante Verabschiedung einer Nachfolgeregelung unter anderem an der Blockade Chinas. Stattdessen kam es zu einem verwässerten Minimalkonsens des "Copenhagen Accord". China schmiedete auf dieser Konferenz ein einflussreiches Bündnis mit den Schwellenländern Brasilien, Südafrika und Indien, mit denen gemeinsam es damals 42 % der Weltbevölkerung und 18 % des weltweiten BIP repräsentierte. Die BASIC genannte Gruppierung, die damals etwa 36 % der globalen CO2-Emissionen auf sich vereinte, lehnte die von der EU angestrebte Einbindung der Schwellenländer in ein verbindliches Reduktionsabkommen ab. Stattdessen übermittelte sie dem UN-Klimasekretariat auf freiwilliger Basis anzustrebende klimapolitische Maßnahmen. China kündigte an, die Intensität der CO2-Emissionen pro Einheit BIP bis 2020 im Vergleich zu 2005 um 40-45 % zu reduzieren, nannte jedoch keine Zielsetzungen für eine absolute Reduzierung der Emissionen.
Erst ein 2014 bei einem USA Besuch
2020 legte China eine nachgebesserte Fassung der 2015 angekündigten Klimaziele vor. Zum ersten Mal wird nun ein Zeitrahmen für die angestrebte Klimaneutralität genannt. In dem im Herbst 2020 vom Staatsrat veröffentlichten "White Paper on Climate Change" werden die folgenden Zielmarken gesetzt:
Erreichen des Höchststands von CO2-Emissionen vor 2030 und Erreichen der CO2-Neutralität vor 2060
Senkung der CO2-Emissionen um 65 % bis 2030 im Vergleich zu 2005
Steigerung des Anteils von nicht-fossilen Energieträgern am Energiemix auf 25 % bis 2030
Steigerung des Waldbestands um 6 Milliarden Kubikmeter Holz bis 2030 im Vergleich zu 2005
Steigerung der installierten Kapazität von Wind- und Solarkraft auf 1200 GW
Das Kernkraftwerk Tianwan in der Provinz Jiangsu wird, wenn der Neubau der Reaktoren 7 und 8 im Jahr 2026 und 2027 fertiggestellt ist, das größte Atomkraftwerk der Welt sein. (© picture-alliance, CFOTO | CFOTO)
Um diese Ziele zu erreichen, setzt China vor allem auf technische Innovationen. Die Klimastrategie fügt sich dabei in die langfristigen nationalen Entwicklungsziele für 2050 ein. Angestrebt wird die Transformation zu einer modernen Digital-Ökonomie mit starkem Fokus auf grünen, klimafreundlichen technischen Lösungen, bei denen China auch international die Technologie- und Marktführerschaft erlangen möchte. Dies gilt nicht nur für Wind- und Solarenergie sowie E-Mobilität, sondern auch für Kernkraft, die in China zu den grünen Technologien gezählt wird. Aus heutiger Sicht scheinen die Ziele äußerst ambitioniert. Ihre Erreichung wird insbesondere davon abhängen, ob China spätestens ab 2030 ein radikaler grüner Umbau der Ökonomie inklusive der vollständigen
Weitere Inhalte
ist eine auf Umweltpolitik und Ressourcenökonomie spezialisierte Sinologin. Seit 2018 koordiniert sie im Auftrag der IAK Agrar Consulting Gmbh den wissenschaftlichen Dialog am Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum (DCZ) in Beijing, einem bilateralen Kooperationsprojekt des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und des Ministeriums für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten der Volksrepublik China.
Wir laden Sie zu einer kurzen Befragung zu unserem Internetauftritt ein. Bitte nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit, um uns bei der Verbesserung unserer Website zu helfen. Ihre Angaben sind anonym.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
[8]ページ先頭