Wie rettet man einen Ertrinkenden?

Gerade im Sommer zieht es die Menschen ins Wasser. Dabei kommt es immer wieder zu Badeunfällen, bei denen Menschen beinahe ertrinken oder tödlich verunglücken. Wie Sie Erste Hilfe leisten können.
Notruf 112 wählen, Schwimmkörper zuwerfen, eigene Sicherheit beachten
Ertrinkende Person von hinten anschwimmen, Kopf über Wasser halten
Ärztliche Untersuchung, mindestens 24 Stunden Beobachtung
Ertrinken ist die häufigste Todesursache bei Kindern zwischen einem und vier Jahren. Auch viele Erwachsene verunglücken jedes Jahr, vor allemin Seen, Flüssen oder dem Meer. Mit den richtigen Verhaltensweisen lassen sich viele dieser Unglücksfälle verhindern.
Ertrinken, Beinahe-Ertrinken und Badetod
Der BegriffErtrinken definiert einen Vorgang, der durch den Verschluss der Atemwege durch eindringendes Wasser zum Tod führen kann. Der dadurch entstehende Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxie) führt letztendlich zum Organ- und Kreislaufversagen.
DerBadetod umfasst verschiedene Arten von Todesfällen im Wasser, die hauptsächlich durch Reflexe oderSchockreaktionen hervorgerufen werden (z. B. durch Schmerzen oder Kälte). Hierbei spielen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme oderEpilepsie häufig eine Rolle. Wenn Betroffene einen Ertrinkungsunfall mindestens 24 Stunden überleben, spricht man vonBeinahe-Ertrinken.
Wie Hilfe leisten bei Ertrinken?
Ertrinkende Menschen geraten häufig inPanik und schlagen um sich oder klammern sich an den Rettenden. Dadurch können sie Erst-Hilfe-Leistende in Gefahr bringen. Beachten Sie: Dieeigene Sicherheit geht vor. Es ist überlebenswichtig, vor dem Rettungsversuch die eigene Kondition undSchwimmfähigkeit sowie mögliche Gefahren im Wasser richtig einzuschätzen.
Wenn Sie einen Menschen in offensichtlicher Ertrinkungsgefahr sehen, verhalten Sie sich wie folgt:
Bewahren SieRuhe.
Wählen Sie denNotruf 112,und machen Sie eine weitere Person auf den Notfall aufmerksam.
Werfen Sie, wenn möglich, der ertrinkenden Person einenschwimmfähigen Gegenstandwie eine Schwimmweste oder einen Rettungsring zu. In fließenden Gewässern kann so ein Schwimmkörper helfen, jemanden ausfindig zu machen.
Falls keine Hilfsmittel verfügbar sind, versuchen Sie, sich der Personvon hinten zu nähern, um zu verhindern, dass sie sich an Ihnen festklammert.
Wenn Sie an Land schwimmen, achten Sie darauf, dass der Kopfder Personüber Wasser bleibt.
Grundsätzlich gilt: Ertrinkende sind in Panik und können dadurch auch ihre Retter in Gefahr bringen. Deshalb sollten nursehr geübte Schwimmer oder ausgebildete Rettungsschwimmer eine ertrinkende Person anschwimmen und direkten Kontakt zu ihr aufnehmen, wenn keine Hilfsmittel zur Verfügung stehen und die Rettung nicht vom Ufer aus erfolgen kann.
Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer beherrschen verschiedene Grifftechniken, um Ertrinkende aus dem Wasser zu schleppen. Für Laien eignen sich die einfacheren Techniken: BeimKopfschleppgriff greifen Retterin oder Retter von hinten mit beiden Händen den Kopf der ertrinkenden Person, ohne den Hals dabei zuzudrücken. BeimAchselschleppgriff wird sie von hinten unter den Achseln gepackt. Beide Personen liegen dabei auf dem Rücken. Voraussetzung ist, dass die Helfenden gut im Rückenschwimmen sind und die ertrinkende Person sich ruhig verhält.
Sobald Sie sicher am Ufer sind, beginnen Sie sofort mit denErste-Hilfe-Maßnahmen. Versuchen Sie zunächst, die Person anzusprechen und das Bewusstsein sowie die Atmung zu überprüfen. Bei Bewusstlosigkeit und keiner oder keiner normalen Atmung ist eine sofortige Wiederbelebung notwendig. Bei vorhandener Atmung bringen Sie sie in diestabile Seitenlage und schützen sie vor Kälte und im Sommer zusätzlich vor direkter Sonnenstrahlung.
Auch wenn sich jemand nach der Rettung schnell wieder "erholt", ist unbedingt eine ärztliche Untersuchung imKrankenhaus notwendig. Nur so können eventuelle Lungenschäden frühzeitig erkannt und ein möglicherweise tödliches Lungenversagen verhindert werden.
Stilles Ertrinken
In vielen Fällen ertrinken Menschen ohne panisches Schreien oder wildes Rudern mit den Armen. Es passiert meist still und unbemerkt, sogar in der Nähe anderer Personen. Der Grund dafür ist, dass das eindringende Wasser zu einemStimmritzenkrampf führt. Dieser Schutzreflex blockiert die Atmung und verhindert, dass Betroffene schreien und so auf sich aufmerksam machen können.
Für Bewegungen mit Armen und Beinen fehlt Ertrinkenden in der Regel die Kraft. Sie bewegen sich daher nicht im Wasser umher, sondernbleiben auf einer Stelle. DieArme liegen seitlich ausgestrecktauf dem Wasser, um Auftrieb zu erzeugen, möglicherweise führen sie hilflose Paddelbewegungen aus. DerKopf und der Mund geraten immer wiederunter das Wasser. Oft haben Ertrinkende einen leeren, nicht fokussierten Blick oder halten ihre Augen geschlossen.
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Bei Kindernmuss das Wasser nicht tief sein, um zu ertrinken, es reicht schon eine leicht gefüllte Badewanne oder Planschbecken. Sie sind motorisch noch nicht so weit entwickelt wie Erwachsene, zudem ist ihr Kopf im Verhältnis zum Körper deutlich größer und schwerer als bei Erwachsenen. Dadurch können sie sich nicht selbstständig befreien, wenn siemit dem Kopf nach unten im Wasser liegen. Rettungskräfte berichten oft, dass Kinder einfach wie ein Stein nach unten sinken, sodass Sie nicht nur die Wasseroberfläche, sondern auch tiefere Bereiche im Auge behalten müssen.
Trockenes und sekundäres Ertrinken
Die Begriffe "trockenes Ertrinken“ und "sekundäres Ertrinken" werden in der medizinischen Fachsprache nicht verwendet und sind nicht klar definiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch und in den Medien sind sie dennoch sehr geläufig und verursachen häufig Missverständnisse und Verängstigung, insbesondere bei Eltern kleiner Kinder.
Normalerweise gerät bei einem Badeunfall Wasser in die Lunge ("nasses Ertrinken"). Beim sogenanntentrockenen Ertrinken ist dies nicht der Fall. Grund ist der durch das eindringende Wasser ausgelösteStimmritzenkrampf, der verhindern soll, dass Flüssigkeit in die Lunge gelangt. In der Regel dauert er nur wenige Sekunden und löst sich dann von allein, in sehr seltenen Fällen hält er jedoch für längere Zeit an. Bei den ertrinkenden Personen gelangt dadurch zwar kein Wasser in die Lunge, allerdings ist auch die Atmung dauerhaft blockiert, sodass Erstickungsgefahr besteht.
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DieErste-Hilfe-Maßnahmen beim trockenen Ertrinkenunterscheiden sich nicht von den Maßnahmen beim nassen Ertrinken: Auch in diesem Fall gilt es, die ertrinkende Person schnellstmöglich aus dem Wasser zu retten, im Falle eines Atemstillstands zu reanimieren und den Rettungsdienst zu verständigen.
Zumsekundären Ertrinken kommt es bei Menschen, die beinahe ertrunken sind. Dabei löst das während des Badeunfalls in die Lunge eingedrungene Wasser eine Entzündung in der Lunge aus, die die Lungenbläschen schädigt. Diese macht sich jedoch nicht sofort, sondern erstStunden nach dem Badeunfall bemerkbar: Es kommt zu einem Lungenödem, also einer Ansammlung körpereigener Flüssigkeit in der Lunge. Die Flüssigkeit stört den Gasaustausch und führt zu einem Sauerstoffmangel bis hin zum Ersticken.
Für Eltern ist es deshalb sehr wichtig, ihr beinahe ertrunkenes Kind nach einem Badeunfall genau zu beobachten. Wenn dies nicht in einer Klinik geschieht, lassen Sie es am besten bei sich in der Nähe und nicht allein in seinem Zimmer schlafen. Auch Erwachsene sollten etwa 24 Stunden unter Beobachtung stehen.
Treten in dieser Zeit die folgenden Symptome auf, weisen Sie möglicherweise auf ein Lungenödem hin, und es muss sofort einenotärztliche Behandlung erfolgen:
Fieber
Übelkeit oder Erbrechen
Extreme Müdigkeit
Starker Husten oder
Probleme beim Atmen (z. B. brodelndes oder rasselndes Geräusch)
Zu schweren Lungenfunktionsstörungen kommt es nur, wenn größere Wassermengen in die Lunge geraten sind. Sekundäres Ertrinken ist deshalb sehr selten und kommt nahezu ausschließlich bei Menschen vor, die beinahe ertrunken sind.
Ein Notfallpass kann den Rettungskräften im Ernstfall entscheidende Informationen liefern. ImADAC Notfallpass liegen alle Daten sicher verschlüsselt in der Wallet-App auf dem Smartphone oder der Smartwatch. Er kann in die Rettungskette integriert und von den Rettungskräften ausgelesen werden.
Ertrinkungsunfällen vorbeugen
Folgende Maßnahmen können (Beinahe-)Ertrinken sowie den Badetod verhindern:
Lassen SieKinder niemals ohne Aufsicht in die Nähe von Gewässern, auch nicht in ein flaches Planschbecken oder an den Gartenteich.
Ein einfaches Hilfsmittel wie eineAnti-Rutsch-Matte in der Badewanne kann insbesondere kleineren Kindern mehr Sicherheit bieten. Sie ersetzt jedoch keinesfalls die Beaufsichtigung durch die Eltern.
Achten Sie in offenen Gewässern auf Warnungen vorStrömungen oder Unwettern.
Tragen Sie auf Booten immer eineSchwimmweste und prüfen Sie den richtigen Sitz vor allem auch bei Kindern.
Machen Siekeine Kopfsprünge ins Wasser, von dem Sie weder die Tiefe noch den Untergrund kennen. So vermeiden Sie Kopfverletzungen zum Beispiel durch das Aufschlagen auf Felsen oder den harten Beckenboden im Schwimmbad.
Trinken Siekeinen Alkohol vor dem Schwimmen.
Springen Sie nichtüberhitzt in kaltes Wasser, sondern gewöhnen Sie Ihren Körper langsam an die Kälte, umKreislaufproblemen vorzubeugen.
Nach einer großen Mahlzeit nicht sofort ins Wasser gehen.
Betreten Sie keine zugefrorenen Gewässer, wenn dies nicht offiziell erlaubt ist.
Wenn Sie frieren, verlassen Sie das Wasser umgehend.
Hinweis:Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.
Autorin: Verena Dost, Medizinredakteurin
Malteser: Die nasse Gefahr: Erste Hilfe bei Badeunfällen und Ertrinken, unter:https://www.malteser.de/aware/hilfreich/die-nasse-gefahr-erste-hilfe-bei-badeunfaellen-und-ertrinken.html#c686629 (Abruf: 12.07.2024)
Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Notfall: Ertrinken, Stand 06/2023, unter:https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/erste-hilfe/notfall/ertrinken.html (Abruf: 12.07.2024)
Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Notfall bei Kindern: Ertrinken, Stand 06/2023, unter:https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/erste-hilfe/kindernotfaelle/ertrinken.html (Abruf: 12.07.2024)
Universitätsklinikum Bonn: Erste Hilfe am Kind, unter:https://www.kindernotfall-bonn.de/ertrinkungsunfall/ (Abruf: 12.07.2024)
Deutsches Rotes Kreuz (DRK): Baderegeln und Tipps gegen Badeunfälle, unter:https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/baderegeln-und-tipps-gegen-badeunfaelle/ (Abruf: 12.07.2024)
Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Hypoxie, unter:https://www.gesundheit.gv.at/lexikon/H/hypoxie.html (Abruf: 12.07.2024)
Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Ortsgruppe Bad Neuenahr-Ahrweiler e.V.: Schleppen, unter:https://bad-neuenahr-ahrweiler.dlrg.de/training-und-ausbildung/rettungsschwimmen/schleppen/ (Abruf: 12.07.2024)
Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK): Badeunfall: Hilfe beim Ertrinken, Stand 07/2020, unter:https://www.aok.de/pk/magazin/reisen/sicher-reisen/badeunfall-hilfe-beim-ertrinken/ (Abruf: 12.07.2024)