Zamzam
21.422539.826444444444Koordinaten:21° 25′ 21″ N,39° 49′ 35,2″ O
Zamzam (arabisch زمزم), gelegentlich auchZemzem und„Semsems Quell“, ist der Name einesBrunnens im Hof dergroßen Moschee inMekka inSaudi-Arabien. Dem Wasser des Brunnens wird ein Ursprung im Paradies und somit heilende Wirkung nachgesagt.
Rolle im religiösen Leben der Muslime
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Pilger trinken das Zamzam-Wasser vor Ort im Rahmen des Wallfahrtsrituals und bringen kleine Mengen mit nach Hause. Typischerweise nimmt jeder Pilger zwischen 10 und 20 Liter Zamzam-Wasser mit. Kommerzieller Handel mit dem echten Zamzam-Wasser und auch der kommerzielle Export desselben sind nachsaudischem Gesetz verboten. Dennoch besteht in vielen islamischen Ländern und in der Diaspora eine Nachfrage nach dem Wasser, die teilweise von Geschäftemachern durch Fälschungen befriedigt wird. In Mekka selbst wird ein Handel während derʿUmra und demHaddsch mit dem Wasser betrieben. Hierbei muss jedoch der größte Preisanteil dem Erwerb der robusten und desinfizierten Kanister zugerechnet werden, welche die Pilger gesondert in den Terminals desKing-Abdul-Aziz-Flughafens in dafür vorgesehene Plastiktragetaschen einschweißen lassen müssen, wenn sie diese ins Ausland verbringen wollen.
Der islamischen Überlieferung zufolge handelt es sich um dieQuelle, dieGott fürHagar und ihren SohnIsmail (den ersten SohnAbrahams) entspringen ließ, als sie in der Wüste dem Verdursten nahe waren. Erschöpft und ängstlich soll Hagar zwischen den HügelnSafa und Marwa hin und her gelaufen sein, um etwas Wasser zu finden. Nach dem siebten Lauf sah sie das Wasser zu den Füßen ihres Sohnes sprudeln.[1] Infolge der neuen Quelle siedelten sich Menschen in dem sonst dürren Tal an, was den Anfang der Stadt Mekka dargestellt haben soll. In Erinnerung an diese Suche und Anstrengung laufen auch heute noch diePilger während der PilgerfahrtHaddsch sieben Mal zwischen den beiden Hügeln – die sich heute im Inneren der großen Moschee befinden – hin und her (arab.Saʿy).
Förderung und Reinigung des Wassers
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Das Wasser ist schwachalkalisch und ähnelt in seiner Mineral-Zusammensetzung dem Meerwasser, allerdings sind die Salzkonzentrationen wesentlich geringer. Heute wird das Wasser aus dem Brunnen mit Hilfe elektrischer Pumpen gefördert (statt früher mit Seilen und Eimern). Die Wasserqualität wird kontrolliert und durch Filterung und UV-Desinfektion sichergestellt. Um die erhöhte Nachfrage während der Wallfahrt befriedigen zu können, wird Wasser in großen Tanks zwischengespeichert. Die ausreichende Ergänzung des Quellhorizontes durch Niederschläge ist Ziel verschiedener städte- wie wasserbaulicher Maßnahmen im Wassereinzugsgebiet.
Zamzam wird nicht mit Chlor, sondern mit UV-Bestrahlung keimfrei gehalten, um einem Infektions- oder Epidemierisiko vorzubeugen. Für die Instandhaltung und Reinigung der Zapfanlagen in Mekka sind Angestellte in Overalls zuständig, welche im Auftrag der königlichen Familie für die größte Baufirma des Landes, dieSaudi Binladin Group, tätig sind.
Geschichte
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Nach der islamischen Überlieferung war esʿAbd al-Muttalib ibn Hāschim, der Großvater des ProphetenMohammed, der die Quelle Zamzam, nachdem sie im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten war, aufgrund einer Vision wieder ausgrub. Er grub auch die Schätze aus, dieIsmails Schwiegervater Mudād ibn ʿAmr einst dort vergraben hatte. Um die Verteilung wurde mittelsLospfeilen entschieden, wobei ʿAbd al-Muttalib und die Kaaba gegenüber denQuraisch gewannen. Um den Anteil an Zamzam wollten sie einen außenstehenden Schiedsrichter zu Rate ziehen, auf dem Weg dorthin gerieten die beiden Parteien aber in Wasserknappheit, bis das Kamel von ʿAbd al-Muttalib auf eine Quelle gestoßen sei. Dies als Fügung Gottes betrachtend gestanden die Quraisch ihm Zamzam zu.[2]
Mit der Quelle Zamzam war das Amt der Tränkung der Pilger (siqāya) verbunden. Dieses ging nach dem Tod von ʿAbd al-Muttalib zunächst anAbū Tālib über, doch verkaufte es jener, nachdem er verarmt war, zur Tilgung einer Schuld an seinen Halbbruderal-ʿAbbās.Al-Azraqī berichtet unter Berufung auf ältere Autoritäten, dass al-ʿAbbās verboten habe, das Wasser der Quelle zur Körperreinigung zu verwenden. Fortan durfte es nur noch zum Trinken und zurrituellen Waschung benutzt werden.[3] Nach seinem Tod blieben die Quelle und dassiqāya-Amt in der Hand seiner Nachkommen, derAbbasiden.
Zur Zeit vonʿAbdallāh ibn ʿAbbās stand der Zamzam-Brunnen im Freien und war von zwei Becken umgeben. Eines davon befand sich zwischen dem Brunnen und der Ecke der Kaaba und diente der Tränkung der Pilger, das andere stand hinter dem Brunnen und diente der rituellen Waschung. Aus letzterem wurde das Abwasser durch einen unterirdischen Kanal aus dem Moscheehof geleitet. Diejenigen, die das Wasser aus dem Brunnen schöpften, schütteten es abwechselnd aus Schläuchen in das eine und das andere Becken.[4]
Nach ihrer Machtübernahme um die Mitte des 8. Jahrhunderts nahmen sich die Abbasiden des Zamzam-Brunnens an und bauten ihn sukzessive aus.Al-Mansūr ließ den Brunnen mit Marmorplatten verschalen und mit einem Holzgitter versehen.[5]
Nachahmungen in Europa
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Obwohl die saudische Botschaft in Großbritannien betont, dass der kommerzielle Export verboten ist, tauchen in Europa immer wieder Fälschungen auf. Im Mai 2011 wurde gefälschtes Zamzam-Wasser in Großbritannien gefunden, das erhöhte Arsengehalte aufwies.[6] Möglicherweise gefälschtes Zamzam-Wasser wurde im Mai 2014 in einem islamischen Shop in Frankfurt sichergestellt.[7]
Schiffsname
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach der Zamzam-Quelle wurde unter anderem ein Schiff benannt, dessen Schicksal im Zweiten Weltkrieg weithin Bekanntheit erlangte. Es handelte sich um den ehemaligen britischenTruppentransporterLeicestershire (Stapellauf 1909), der 1933 von einer ägyptischenReederei gekauft und unter dem neuen NamenZamzam zu einem Pilgerschiff umgebaut worden war. Die nunmehr erneut unter britischem Kommando stehendeZamzam mit zahlreichen amerikanischenMissionarsfamilien, aber auchKriegsfreiwilligen und Ausrüstung für diefreifranzösischen Streitkräfte, an Bord, wurde am 17. April 1941 von dem deutschenHilfskreuzerAtlantis versenkt. Sämtliche Menschen an Bord wurden gerettet undrepatriiert bzw. inKriegsgefangenschaft übernommen (allerdings starb einer der Passagiere später aufgrund einer Kopfverletzung, die er beim Beschuss erlitten hatte).[8]
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Jacqueline Chabbi: Art.Zamzam inThe Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. XI, S. 440–442a.
- M. Gaudefroy-Demombynes:Le pèlerinage à la Mekke. Étude d’histoire religieuse. Paris 1923 (Annales duMusée Guimet:Bibliothèque d’études; 33), S. 71–101.Digitalisat
- G. R. Hawting:The disappearance and rediscovery of Zamzam and the 'well of Mecca'. In:Bulletin of the School of Oriental and African Studies 43 (1980) 44–54.
- Ferdinand Wüstenfeld:Geschichte der Stadt Mekka, nach den arabischen Chroniken bearbeitet. Leipzig 1861.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Vgl. Wüstenfeld 1861, 6 f.
- ↑Vgl. Wüstenfeld 1861, 39 f.
- ↑Vgl.al-Azraqī:Aḫbār Makka wa-mā ǧāʾa fī-hā min al-āṯār. Ed. Wüstenfeld. Leipzig 1858. S. 297 f. Hier online einsehbar:https://archive.org/stream/diechronikender00wsgoog#page/n256/mode/2up
- ↑Vgl. al-Azraqī 299, Zeile 1 ff. Hier online einsehbar:https://archive.org/stream/diechronikender00wsgoog#page/n254/mode/2up Text ist nach der Edition des Textes von Rušdī aṣ-Ṣāliḥ Malḥas. 2 Bde. Beirut: Dār al-Andalus o. D. Bd. II., S. 59 zu berichtigen:fa-yaṣubbu n-nāziʿu l-māʾa... fī hāḏā wa-fī hāḏā.
- ↑Vgl. Gaudefroy-Demombynes 77.
- ↑'No arsenic in genuine holy water', Saudis say. In: bbc.co.uk. 8. Mai 2011, abgerufen am 4. Februar 2024 (englisch).
- ↑Dubioses Mekka-Wasser
- ↑kjgraber: The Rainbow in the Storm: The Final Voyage of the Zamzam. In: From the Vault. 1. April 2021, abgerufen am 9. Juni 2022 (englisch).