Ypern
Ypern | ||
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Staat: | Belgien![]() | |
Region: | Flandern | |
Provinz: | Westflandern | |
Bezirk: | Ypern | |
Koordinaten: | 50° 51′ N,2° 53′ O50.8577777777782.8855555555556Koordinaten:50° 51′ N,2° 53′ O | |
Fläche: | 130,61 km² | |
Einwohner: | 35.550(1. Jan. 2024) | |
Bevölkerungsdichte: | 272 Einwohner je km² | |
Postleitzahl: | 8900, 8902, 8904, 8906, 8908 | |
Vorwahl: | 057 | |
Bürgermeister: | Emmily Talpe | |
Adresse der Kommunal- verwaltung: | Stadhuis Grote Markt 34 8900 IEPER | |
Website: | www.ieper.be |
Ypern[ˈyːpɐn] (niederländisch undwestflämischIeper,französischYpres) ist eine Stadt in derProvinz Westflandern derFlämischen Gemeinschaft in derRegion Flandern,Belgien. Ypern hat 35.550 Einwohner (1. Januar 2024). Zu Ypern gehören die OrteBoezinge, Brielen, Dikkebus, Elverdinge, Hollebeke, Sint-Jan,Vlamertinge, Voormezele,Zillebeke und Zuidschote.

Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Mittelalter und Frühe Neuzeit
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Balduin II. der Kahle (879–918) befestigte das zurGrafschaft Flandern gehörende Ypern zur Abwehr gegen dieNormannen. Ypern gehörte im späten Mittelalter mitGent undBrügge zu den bedeutendsten Städten Flanderns, war Mitglied der flämischenHanse und insbesondere durch denTuchhandel bedeutend geworden. Um das Jahr 1300 hatte Ypern etwa 20.000 Einwohner. Kurz danach war der Arzt und Verfasser eines chirurgische Lehrbuchs Jan Yperman (auch Jehan Yperman; † um 1330[1]) geschworenerWundarzt der Stadt und am Belle-Siechenhaus tätig.[2] 1559 bis 1801 war YpernBischofssitz.
20. Jahrhundert
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Erster Weltkrieg
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]ImErsten Weltkrieg (1914–1918) lag Ypern ab Herbst 1914 direkt an derWestfront.
Am 4. November 1914 ließ der deutsche GeneralBerthold von Deimling ohne militärischen Grund und gegen die ausdrückliche Weisung seines Oberbefehlshabers KronprinzRupprecht von Bayern die berühmten mittelalterlichenTuchhallen von Ypern in Schutt und Asche legen.
Ypern war stark umkämpft:
- Erste Flandernschlacht (20. Oktober bis 18. November 1914),
- Zweite Flandernschlacht (22. April bis 25. Mai 1915),
- Schlacht von Messines (ab 21. Mai 1917); eine Art Voroffensive für die
- Dritte Flandernschlacht (31. Juli bis 6. November 1917).
Deutsche Truppen versuchten mehrmals, die Stadt einzunehmen; dabei wurden sie (November 1914 und April 1915) zurückgeschlagen. Am 22. April 1915 setztendeutsche Truppen zum ersten MalChlorgas ein.
„London, 27. April. „Daily Chronicle“ meldet aus Nordfrankreich folgende Einzelheiten über die Anwendung giftiger Gase durch die Deutschen: Am 22. d. M. um 5 Uhr nachmittags sahen französische Soldaten in den vordersten Laufgräben zwischenLangemarck und Knocks [=Fort Knokke] dichten gelben Rauch aus den deutschen Schützengräben aufsteigen und sich langsam gegen die französischen Stellungen bewegen. Der Nordostwind bewirkte, daß der Rauch wie ein Teppich über die Erde breitete, die er in einer Höhe von 16 Fuß bedeckte. Die Deutschen wendeten starke Flaschen mit komprimiertem Gase an, die mit Hähnen versehen waren und geöffnet wurden, sobald der Wind auf die feindlichen Gräben stand. Die Anwendung von Gasen kam den Franzosen überraschend. Viele unter ihnen wurden vergiftet und starben. Einigen glückte es, zu entweichen, aber sie wurden kurz darauf ganz schwarz im Gesichte, husteten Blut und fielen tot um. Die Wirkungen des Gases wurden an der Front in einer Breite von sechs Kilometern und einer Tiefe von zwei Kilometern bemerkt. Eine Viertelstunde später rückten die Deutschen aus den Schützengräben vor, voran Soldaten mit Sicherheitshelmen, um sich zu vergewissern, ob sie die Luft atmen könnten. Da sich das Gas nunmehr verteilte, rückten große Scharen Deutscher vor.“
Am 12. Juli 1917 testeten deutsche Truppen – wieder bei Ypern – erstmalsSenfgas. Es wurde von vielen Soldaten auch Yperit genannt.[4] „Yperit“ ist in Frankreich bis heute auch ein Synonym für „Giftgas“.
Die Stadt wurde bis zum Ende des „Großen Krieges“ von denAlliierten gehalten; bei Ypern kämpften vor allem Soldaten aus demBritischen Empire. Zur Erinnerung an dort bestattete Gefallene und daran, dass Ypern deutscher Besetzung standhielt, ertönt seit 1929 – mit Ausnahme derZeit deutscher Besatzung im Zweiten Weltkrieg – jeden Abend an der GedenkstätteMenenpoort um Punkt acht UhrThe Last Post.[5]
- Ypern 1915
- Ypern 1917
- Luftbild der kriegszerstörten Altstadt Ypern, 1917
- Reste der Tuchhallen, November 1916
- Reste der Sankt-Martins-Kathedrale, 1916
- Straße nachPoelkapelle, im Dezember 1918
- Diorama mit britischen Soldaten im MuseumIn Flanders Fields
- Geschütz im MuseumIn Flanders Fields
Wiederaufbau
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach dem Krieg wurde die stark zerstörte Stadt (trotz des WunschesWinston Churchills, die Ruinen als Denkmal bestehen zu lassen) wieder aufgebaut. Die wichtigsten Bauten, wie die Stadtkirche und die Tuchhalle, wurden originalgetreu rekonstruiert, die meisten anderen Häuser aber ganz unabhängig von den Vorgängerbauten freihistorisierend neu errichtet.[6] Historisches Bewusstsein und Erinnerungen haben seitdem viel Platz in der Geschichtsschreibung und Kultur der Stadt. In der Umgebung von Ypern befinden sich zahlreicheSoldatenfriedhöfe.
Ypern selbst ist von einem gigantischenStollennetz durchzogen, das im Ersten Weltkrieg von Arbeitern angelegt und in Teilen erst 2009 wiederentdeckt wurde.[7]
Zweiter Weltkrieg
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]ImZweiten Weltkrieg fanden im Gebiet um Ypern während des deutschenWestfeldzugs erneut schwere Kämpfe statt. Nach dem Rückzug derBritish Expeditionary Force nachDünkirchen und nach der Kapitulation der belgischen Armee am 28. Mai 1940 wurde es am Folgetag kampflos von Truppen derWehrmacht besetzt. Anfang Juni, noch während derSchlacht von Dünkirchen, besuchteAdolf Hitler Ypern und die umliegenden Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs auf einer Propagandareise.[8]
Ypern wurde im September 1944 von vorrückenden westalliierten Truppen befreit.
Gemeindegliederung
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Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Marktplatz, umgeben von Bürgerhäusern.
- Lakenhal (Tuchhallen,Gewandhaus), einer der größten profanengotischen Gebäudekomplexe Europas mit einem 70 Meter hohenBelfried, der zumUNESCO-Welterbe gehört und ein 49-teiligesGlockenspiel enthält. In dem Gebäude ist das mehrfach ausgezeichnete MuseumIn Flanders Fields untergebracht – eine interaktive Ausstellung von Erlebnisberichten über das Schlachtfeld bei Ypern. Ebenfalls in der Lakenhal befindet sich das 2018 neu eröffnete interaktiveIeper-Museum, das die Geschichte der alten Handelsstadt außerhalb des Ersten Weltkrieges behandelt[9]
- Sankt-Martins-Kathedrale, gotische Bischofskirche des ehemaligenBistums Ypern, das von 1561 bis 1801 bestand.
- Sankt-Jakobs-Kirche, eine ebenfalls gotische Kirche, die wie die Kathedrale im Krieg nahezu völlig zerstört und danach wieder aufgebaut wurde.
- KriegerdenkmalMenenpoort – einEhrenbogen zum Gedenken an denErsten Weltkrieg
- nahe demMenenpoort am Wall steht ein markantes Baumdenkmal, eineEdelkastanie (Castanea sativa L.)⊙50.852432.89063, welche 2021 Belgien beim WettbewerbEuropäischer Baum des Jahres[10] vertrat
- Alte Festung und die Schützengräben aus demErsten Weltkrieg.
- St. George’s Memorial Church. Gedenkstätte für die mehr als 500.000 gefallenen Soldaten aus demVereinigten Königreich und demCommonwealth.[11]
- DieYpern-Rallye, eine Motorsport-Veranstaltung im Rahmen derIntercontinental Rally Challenge (IRC) und derRallye-Europameisterschaft.
- DerBellewaerde Park ist ein Tier- und Vergnügungspark und der älteste Freizeitpark in Belgien. Der über 50 Hektar große Park liegt etwas außerhalb von Ypern, in dem 6 km weit entfernten DorfHooge.
Wirtschaft
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Stadt lebt vom Handel und vom Tourismus. Zudem haben sich kleine und mittlere Industrieunternehmen in Ypern angesiedelt.
Städtepartnerschaften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Siegen (Deutschland), seit 1967
- Lehrte (Deutschland)
- Saint-Omer (Frankreich)
- Wa (Ghana)
Persönlichkeiten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Heilige Adela (1009/14–1079), Gräfin von Flandern
- Margareta von Ypern (1216–1237), flämische Mystikerin und Dominikanerterziarin
- Jan Yperman (* um 1260; † um 1330), auch augenärztlich tätiger Wundarzt, Stadtarzt von Ypern und Feldwundarzt[12][13][14][15]
- Melchior Broederlam (* um 1350, † nach 1409), Maler, Mitbegründer deraltniederländischen Malkunst
- Jacobus Probst (1486–1562), Augustinerprior und Reformator
- Jacobus Clemens non Papa (1510/15–1555/56), Komponist der Renaissance
- Andreas Gerhard Hyperius (1511–1564), reformierter Theologe, Hochschullehrer und Reformator
- Georg Robin (1522–1592), Architekt
- Jacobus de Kerle (1531/32–1591), Komponist der Renaissance
- Cornelius Jansen (1585–1638), Bischof von Ypern, Begründer des Jansenismus
- Christian Lupus (1611/1612–1681), römisch-katholischer Theologe
- Ulrike Eleonore von Hessen-Philippsthal (1732–1795), Landgräfin von Hessen-Philippsthal
- Anna von Hessen-Philippsthal-Barchfeld (1735–1785), hessische Prinzessin und durch Heirat Gräfin von Lippe-Detmold
- François Antoine Bossuet (1798–1889), Vedutenmaler
- Lodewijk-Jozef Delebecque (1798–1864), römisch-katholischer Geistlicher, Bischof vonGent 1838–1864
- Camille Durutte (1803–1881), Musiktheoretiker und Komponist
- Jules Malou (1810–1886), Staatsmann
- Eugène de Pruyssenaere (1826–1864), Afrikaforscher
- Aloïs Boudry (1851–1938), Genre-, Porträt- und Stilllebenmaler
- Léon Vanderstuyft (1890–1964), Radrennfahrer
- Albert Muylle (1910–?), Radrennfahrer
- Walter Fiers (1931–2019), Molekularbiologe
- Eric Defoort (1943–2016), Politiker und Vorsitzender der Europäischen Freien Allianz (EFA)
- Marc Vervenne (* 1949), Theologe und Rektor der Katholieke Universiteit Leuven
- Xavier Rogiers (1956–2019), Transplantationschirurg
- Nicholas Lens (* 1957), Autor und Komponist
- Yves Leterme (* 1960), Politiker und zeitweiliger Ministerpräsident
- Rik Opsommer (* 1962), Leiter des Stadtarchivs Ypern
- David Saelens (* 1975), Rennfahrer
- Stijn Joseph (* 1987), Radrennfahrer
- Emma Meesseman (* 1993), Basketballspielerin
Sonstiges
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Nach Ypern wurde die unterste geologische Stufe des Eozäns, dasYpresium, benannt.
- Da Senfgas zum ersten Mal in Ypern eingesetzt wurde, erhielt der Kampfstoff den NamenYperit.
- Die kanadische Metal-BandWoods of Ypres nennt in ihrem Bandnamen Ypern, weil hier imErsten Weltkrieg kanadische Soldaten kämpften.
- Der 1992 entdeckte Asteroid(10120) Ypres wurde nach der Stadt benannt.
- „Ypern“ ersetzte 1934 das Wort Ypsilon in der deutschenBuchstabiertafel.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Schlacht von Langemarck (10. November 1914)
- Kylemore Abbey (1665 in Ypern gegründet)
Galerie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Tuchhallen in Ypern
- Sankt-Martins-Kathedrale, 2007
- Saint George's Memorial Church
- Kastanie von Ypern, 2020
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Martin Zeiller:Iperen. In:Matthäus Merian (Hrsg.):Topographia Circuli Burgundici (= Topographia Germaniae.Band 16). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1654,S. 79–81 (Volltext [Wikisource]).
- Ypres. In:Grande Encyclopédie Larousse. Band 20, S. 14745–14746.
- Koen Baert:Ieper. De herrezen stad. De wederopbouw van Ieper na 1918. De Klaproos, Brugge 1998 [über den historisierenden Wiederaufbau der Stadt nach dem Ersten Weltkrieg].
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Offizielle Webpräsenz
- www.toerisme-ieper.be (Stadtplan mit Sehenswürdigkeiten)
- In Flanders Fields Museum
- Geschichte von Ypern
- Illustration vonDaniel Meisner von 1625: Yperen; Nec Divitiis, Nec Auro (Digitalisat)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 20.
- ↑Gundolf Keil:Yperman, Jan (Jehan, Johan Y., Ieperman). In:Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.):Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, S. 1513–1514.
- ↑Die ausgeräucherten Franzosen. In:Deutsches Volksblatt. 28. April 1915,S. 2 (ANNO – AustriaN Newspapers Online [abgerufen am 5. Mai 2020]).
- ↑R. Hanslian:Der deutsche Gasangriff bei Ypern am 22. April 1915. Eine kriegsgeschichtliche Studie. Berlin: Verlag Gasschutz und Luftschutz, 1934
- ↑Tobias Müller:Sechs Hörner gegen das Vergessen. In:Die Tageszeitung: taz. 9. November 2019,ISSN 0931-9085,S. 32–33 ePaper,Alle,Nord 34–35 Berlin ([1] [abgerufen am 11. November 2019]).
- ↑Koen Baert:Ieper. De herrezen stad. De wederopbouw van Ieper na 1918. De Klaproos, Brugge 1998.
- ↑spiegel.de 17. Februar 2009:Entdeckung in Ypern: In der Tunnelstadt der Weltkriegssoldaten
- ↑The 1 June Visit to Flanders auferenow.net, abgerufen am 30. Juli 2019.
- ↑Klaus Schlupp: Ypern ist nicht nur erster Weltkrieg. grenzecho.net, abgerufen am 6. April 2019.
- ↑ETOY - The Four-Trunked Survivor
- ↑www.stgeorgesmemorialchurchypres.com Sie liegt nahe der Kathedrale (Ecke Elverdinghse Straat). Architekt:Reginald Blomfield
- ↑Gundolf Keil:Yperman, Jan (Jehan, Johan Y., Ieperman). 2005
- ↑Gundolf Keil:„blutken – bloedekijn“. Anmerkungen zur Ätiologie der Hyposphagma-Genese im ‚Pommersfelder schlesischen Augenbüchlein‘ (1. Drittel des 15. Jahrhunderts). Mit einer Übersicht über die augenheilkundlichen Texte des deutschen Mittelalters. In:Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 8/9, 2012/2013, S. 7–175, hier: S. 23 f. und 32.
- ↑Roger-A. Blondeau:Jan Yperman, vader van de Vlaamse heelkunde (ca. 1275–1331). Ypern 2005.
- ↑Evert Cornelis van Leersum (Hrsg.):De cyrurgie van Meester Jan. Leiden 1912.