Yolande Moreau

Yolande Moreau (*27. Februar1953 inBrüssel) ist einebelgischeKomödiantin,Schauspielerin,Regisseurin undDrehbuchautorinfranzösisch-flämischer Herkunft. Für ihre Darstellungen, häufig gesellschaftliche Randfiguren,[1] wurde sie bisher zweimal mit demCésar, Frankreichs nationalem Filmpreis, ausgezeichnet.
Leben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ausbildung und erste Filmrollen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Yolande Moreau wurde 1953 in Brüssel geboren. Sie arbeitete mehrere Jahre als Erzieherin und war für ein Kindertheater in der belgischen Hauptstadt tätig, ehe sie sich dafür entschied, eine Karriere als Komödiantin anzustreben. Moreau studierte an der Ecole Jacques Lecoq, wo sie unter anderem von dem bekannten Clown und TheaterlehrerPhilippe Gaulier unterrichtet wurde. „Das war wie eine Offenbarung. Hat nichts mit Grimassieren zu tun. Dort habe ich gelernt, wie man die Dinge tief aus dem Innern herausholt“, so Moreau.[1] Ihr erster Erfolg war 1982 das One-Woman-StückSale affaire du sexe et du crime, das sie an ihren freien Nachmittagen in Tanzlokalen verfasst hatte. Mit dem Stück, in dem sie alsIrène ihren Geliebten tötet und sich mit barscher Stimme ängstlich über die Banalität ihres Lebens äußert, tourte Yolande Moreau unter anderem erfolgreich durchFrankreich, dieSchweiz undQuébec. DurchSale affaire du sexe et du crime machte die Schauspielerin auch die Bekanntschaft mit der belgischen RegisseurinAgnès Varda, die Moreau 1984 einen Part in ihrem 28-minütigen Kurzfilm7p., cuis., s. de b., … à saisir anbot. Ein Jahr später war Yolande Moreau erneut in einer Nebenrolle in Vardas preisgekröntem DramaVogelfrei zu sehen, in demSandrine Bonnaire Kritiker und Publikum als junge Vagabundin überzeugte.
Im Jahr 1989 wurde Yolande Moreau Mitglied der Theatergruppe vonJérôme Deschamps undMacha Makeieff, einer erfolgreichen Formation vonDeadpan-Komikern, die das Publikum unterhalten, ohne dabei selbst zu lächeln. Schnell avancierte Moreau zu einer der herausragenden Akteure der Gruppe, die über einen eigenen Sendeplatz beiCanal Plus verfügte. In Stücken wieLapin chasseur oderLes Pieds dans l’eau in dem 1994 für das französische Fernsehen ausgestrahlten ProgrammLes Deschiens verkörperte sie in ungeschliffener Art und Weise unter der Regie Deschamps und Makeieffs sowohl verrückte als auch poetische Charaktere. Daraufhin erhielt Moreau vermehrt Engagements für Film- und Fernsehproduktionen, in denen sie meistens mit komischen Rollen betraut wurde. Nach kleinen Nebenrollen in Komödien wieÉtienne Chatiliez’Das Glück liegt in der Wiese,Coline SerreausDer grüne Planet – Besuch aus dem All undJean-Paul Rappeneaus DramaDer Husar auf dem Dach, folgte 2001 die Zusammenarbeit mitJean-Pierre Jeunet. Der Regisseur und Drehbuchautor gab ihr einen größeren Part in seinerromantischen KomödieDie fabelhafte Welt der Amélie, in der sie als einsame ConciergeMadame Wallace durch die Titelheldin (gespielt vonAudrey Tautou) Versöhnung mit ihrem untreuen verstorbenen Ehemann findet.Die fabelhafte Welt der Amélie war großer Erfolg bei Kritikern und Kinozuschauern beschieden und ließ Yolande Moreau einem größeren Publikum bekannt werden. Die 11,4 Mio. Euro teure Produktion gewann 2002 den wichtigsten französischen FilmpreisCésar als bester Film des Jahres sowie fünfOscar-Nominierungen.
Erfolg als Filmregisseurin
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]NachDie fabelhafte Welt der Amélie erschien Yolande Moreau in den kommenden Jahren verstärkt in Dramen und Thrillern, war aber weiterhin auf Nebenrollen abonniert. 2001 war sie inDominique Cabreras preisgekröntem DramaMilch der Zärtlichkeit zu sehen. 2002 agierte sie als Kriminalkommissarin an der SeitePhilippe Noirets inPhilippe Blasbands KriminalfilmUn honnête commerçant und erhielt die weibliche Hauptrolle in dem vierteiligen FernsehdramaLe Champ dolent, le roman de la terre mitJean Yanne. Nachdem Moreau 2004 erneut unter der Regie Dominique Cabreras in dem KriegsdramaFolle embellie zu sehen war, folgte die Zusammenarbeit mit dem Regisseur und DrehbuchautorGilles Porte an dem FilmWenn die Flut kommt. Der französische Filmemacher hatte in den frühen 1990er Jahren Yolande Moreau in ihrem ProgrammSale affaire du sexe et du crime auf der Bühne gesehen. Nach dem ProgrammC’est Magnifique von Jérôme Deschamps war Porte überzeugt davon, ein Drehbuch für einen Film zu verfassen, in dem Yolande Moreau die Hauptrolle bekleiden würde – eine Schauspielerin, die mit ihrem Programm durch das Land tourt. Der Filmemacher besuchte Moreau mit ein paar Seiten eines Drehbuchentwurfes, was in fünf Jahren gemeinsamer Arbeit in einem Filmskript mündete. Beide übernahmen 2004 auch die Regie beiWenn die Flut kommt, dessen Original-Titel sich auf einen in Nordfrankreich bekannten Song vonRaoul de Goederwaervelde ableitet. Die Rolle derIrène, die mit ihrer One-Woman-Show durch das ländliche Nordfrankreich tourt und sich dabei in den aufbrausenden belgischen LebenskünstlerDries (gespielt vonWim Willaert) verliebt, war Yolande Moreaus Durchbruch als Schauspielerin und sie gewann 2005 den César als beste Hauptdarstellerin und den Darstellerpreis auf dem Festival International du Film Francophone inNamur. Für ihre Inszenierung erhielten Moreau und Porte den César und denLouis-Delluc-Preis jeweils für das beste Erstlingswerk und eine Nominierung für denEuropäischen Filmpreis 2005 als Neuentdeckung des Jahres.
Nach dem großen Erfolg vonWenn die Flut kommt war Yolande Moreau 2005 inConstantin Costa-Gavras’ TragikomödieDie Axt zu sehen. 2006 arbeitete die belgische Schauspielerin an fünf Film- und Fernsehproduktionen, u. a. der KomödieEnfermés dehors vonAlbert Dupontel und dem KompilationsfilmParis je t'aime in dem sich vierundzwanzig internationale Regisseure, darunterTom Tykwer,Gus Van Sant undWalter Salles, zwanzig Liebesgeschichten annehmen, die in den zwanzig verschiedenen Arrondissements der französischen Hauptstadt angesiedelt sind. In der Episode7th arrondissement agierte Yolande Moreau gemeinsam mitPaul Putner alsPantomimen-Paar unter der Regie vonSylvain Chomet. An frühere Erfolge anknüpfen konnte Moreau 2008 mit der Titelrolle inMartin Provosts FilmdramaSéraphine. Der Part der MalerinSéraphine Louis brachte ihr 2009 den zweiten César alsBeste Hauptdarstellerin ein, was zuvor nur solch bekannten französischen Schauspielerinnen wieSabine Azéma,Nathalie Baye oderCatherine Deneuve gelungen war, sowie den Preis derFilmkritikervereinigung von Los Angeles. Von Kritikern hochgelobt wurde ihre Darstellung auch beim deutschen Kinostart vonSéraphine im Dezember 2009. „Yolande Moreau […] trägt diesen Film fast allein. Ihre Séraphine ist sehr präsent. Sie strahlt die ganze Willenskraft und den künstlerischen Eigensinn aus, den die Haushälterin aufbringt, um als Künstlerin zu überleben“, so dietaz,[2] während dieFrankfurter Rundschau die „bewegende Selbstverständlichkeit“ der belgischen Schauspielerin pries, mit der sie ihre eigensinnige Figur ausstatte.[3]
Filmografie (Auswahl)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- 1984: 7p., cuis., s. de b., … à saisir
- 1985:Vogelfrei(Sans toit ni loi)
- 1991:Kommissar Navarro (Navarro, Fernsehserie, 1 Folge)
- 1993:Germinal
- 1994: Les Deschiens (TV-Serie)
- 1995: Les vacances de Maigret (TV-Film)
- 1995:Der Husar auf dem Dach(Le hussard sur le toit)
- 1995: Das Glück liegt in der Wiese(Le bonheur est dans le pré)
- 1995: Alles kein Problem(Les trois frères)
- 1996:Der grüne Planet – Besuch aus dem All(La belle verte)
- 1998: Vollmond
- 1998:Que la lumière soit!
- 2001:Die fabelhafte Welt der Amélie(Le fabuleux destin d’Amélie Poulain)
- 2001: Milch der Zärtlichkeit(Le lait de la tendresse humaine)
- 2001: Meine verlorene Tochter(Sa mère, la pute) (TV-Film)
- 2002: Ein Teil des Himmels(Une part du ciel)
- 2002: Un honnête commerçant
- 2002: Le champ dolent, le roman de la terre (TV-Miniserie)
- 2003: Body Snatch – Schatten der Vergangenheit(Corps à corps)
- 2004: Folle embellie
- 2004:Wenn die Flut kommt(Quand la mer monte…) – auch Regie und Drehbuch
- 2005: Ze film
- 2005: Nach dem großen Knall(La nuit des temps)
- 2005:Die Axt(Le couperet)
- 2006: Le cri (Fernsehserie)
- 2006: Enfermés dehors
- 2006:Paris, je t’aime
- 2006: Au crépuscule des temps (TV-Film)
- 2006:Einmal Polizist, immer Polizist(Vous êtes de la police?)
- 2006: Je m’appelle Elisabeth
- 2007:Die letzte Mätresse(Une vieille maîtresse)
- 2008:Séraphine
- 2009:Louise hires a Contract Killer(Louise-Michel)
- 2009:Micmacs – Uns gehört Paris!(Micmacs à tire-larigot)
- 2010:Mammuth
- 2010:Gainsbourg – Der Mann, der die Frauen liebte(Gainsbourg (Vie héroïque))
- 2010: Die Meute(La meute)
- 2011: Où va la nuit
- 2012: Der Tag wird kommen(Le grand soir)
- 2012:Camille – Verliebt nochmal!(Camille redouble)
- 2012:In ihrem Haus(Dans la maison)
- 2013:9 mois ferme
- 2014: Ablations
- 2014: Brèves de comptoir
- 2015: Voyage en Chine
- 2015:Das brandneue Testament(Le tout nouveau testament)
- 2016:Ein Leben(Une Vie)
- 2017:Crash Test Aglaé
- 2018:Raymonde ou l’évasion verticale (Stimme von Raymonde)
- 2019:Rebellinnen – Leg’ dich nicht mit ihnen an!(Rebelles)
- 2020:Online für Anfänger(Effacer l’historique)
- 2020: Die perfekte Ehefrau(La Bonne Épouse)
- 2022:L’envol
- 2024:Ich lasse mir nichts mehr gefallen(Je ne me laisserai plus faire)
Auszeichnungen
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- 2004:Louis-Delluc-Preis in der Kategorie Bestes Erstlingswerk fürWenn die Flut kommt
- 2004: Publikumspreis beim Paris International Cinema Meeting fürWenn die Flut kommt
- 2004: Bayard d’Or in der Kategorie Beste Darstellerin beim Festival International du Film Francophone de Namur fürWenn die Flut kommt
- 2005: Césars in den KategorienBeste Hauptdarstellerin undBestes Erstlingswerk fürWenn die Flut kommt
- 2005: Nominierung für denEuropäischen Filmpreis in der Kategorie Europäische Entdeckung des Jahres fürWenn die Flut kommt
- 2005: Nominierungen für den Joseph-Plateau-Preis in den Kategorien Beste belgische Schauspielerin und Bestes belgisches Drehbuch fürWenn die Flut kommt
- 2008: Preis in der Kategorie Beste Darstellerin beimCairo International Film Festival fürSéraphine
- 2009: César in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin fürSéraphine
- 2009: Nominierung für den Europäischen Filmpreis in der Kategorie Beste Darstellerin fürSéraphine
- 2009:Prix Lumières in der KategorieBeste Darstellerin fürSéraphine
- 2009:Étoile d’Or in der Kategorie Beste Darstellerin fürSéraphine
- 2009: Preis derLos Angeles Film Critics Association in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin fürSéraphine
- 2009: Jurypreis in der Kategorie Beste Darstellerin beim Newport Beach Film Festival fürSéraphine
- 2013: Nominierung für den César in der Kategorie Beste Nebendarstellerin fürCamille – Verliebt nochmal!
- 2021: Nominierung für den César in der Kategorie Beste Nebendarstellerin fürLa bonne épouse
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Yolande Moreau beiIMDb
- Offizielle Webpräsenz vonWenn die Flut kommt (englisch, französisch)
- Yolande Moreau in derDeutschen Synchronkartei
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abMarli Feldvoß:Die Kinoanarchistin (Memento vom 21. Dezember 2009 imInternet Archive) bei epd-film.de (aufgerufen am 26. Dezember 2009).
- ↑Elias Kreuzmair:Willenskraft und Eigensinn. In:die tageszeitung, 17. Dezember 2009, S. 15.
- ↑Michael Kohler:Aufs Steckenpferd. In:Frankfurter Rundschau, 17. Dezember 2009, S. 36.
Personendaten | |
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NAME | Moreau, Yolande |
KURZBESCHREIBUNG | belgische Komödiantin und Schauspielerin |
GEBURTSDATUM | 27. Februar 1953 |
GEBURTSORT | Brüssel, Belgien |