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Wilhelm Spengler

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Wilhelm Spengler (*19. März1907 inBühl am Alpsee; †1. April1961 inOldenburg) war ein deutscherSS-Standartenführer, Leiter der Hauptabteilungen „Presse und Schrifttum“ und „Kulturelles Leben“ desSicherheitsdienstes, Leiter der Amtsgruppe III C (Kultur) desReichssicherheitshauptamtes undLektor desVerlags Gerhard Stalling, Oldenburg, sowie ab 1951 Vorstandsmitglied der „Stillen Hilfe“, einer Hilfsorganisation für alsKriegsverbrecher verurteilteNationalsozialisten.

Schule und Studium

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Wilhelm Spengler wurde am 19. März 1907 in Bühl am Alpsee imAllgäu (heute Ortsteil vomImmenstadt) als Sohn eines katholischen Volksschullehrers geboren. DieVolksschule besuchte er inMemmingen. 1923 trat Spengler in das Internat der Benediktiner inAugsburg ein. Seinen ursprünglichen Wunsch, Maschinenbau zu studieren, gab er zugunsten eines Studiums der FächerGermanistik und deutsche Geschichte inMünchen auf. Aus der Rückschau begründete er diesen Entschluss in seinem Lebenslauf vom 13. Juli 1936 mit den Erfahrungen, die er in diesemInternat gemacht hatte und die ihn nicht nur mit demKatholizismus entzweiten, sondern ihn veranlassten, statt einer technischen Laufbahn ein geisteswissenschaftliches Studium mitweltanschaulicher Ausrichtung aufzunehmen.

1927 wechselte Spengler nachLeipzig und lernte hier über seinen Kommilitonen Ernst Kaußmann einen studentischen Zirkel umHeinz Gräfe kennen, der sich „Schwarze Hand“ nannte. Es handelte sich bei dessen Mitgliedern – neben Gräfe und KaußmannErhard Mäding, Friedrich Maetzel undHans Pieper – um eine Gruppe junger Studenten, die imStudentenwerk tätig waren und gesellschaftliche sowie politische Themen diskutierten. Gräfe, Mäding und Pieper sollten ebenso wie Spengler später imReichssicherheitshauptamt (RSHA) maßgebliche Stellungen einnehmen (Gräfe als Leiter der Amtsgruppe VI C – Russisch-japanisches Einflussgebiet –, Mäding als Leiter der Amtsgruppe III A 3 – Verfassung und Verwaltung – und Pieper als Leiter der Geschäftsstelle des Amtes IV).

Im April 1929 nahm Spengler an einer von Gräfe organisierten 14-tägigen Tagung inMiltenberg teil, auf der u. a. alsReferent der SoziologeHans Freyer (1887–1969) sprach. Themen waren Begriffe wie „Volk“, „Staat“, „Demokratie“ und „Parlamentarismus“. 1930 fand wiederum eine Tagung, diesmal inWertheim, statt, an der der SoziologeGunther Ipsen (1899–1984) über das Thema „Kapitalismus und moderne Gesellschaftsordnung“ mit den Studenten diskutierte.

Spengler veröffentlichte bereits zu dieser Zeit in der ZeitschriftVolk im Werden, herausgegeben vonErnst Krieck, dem führenden Interpreten einernationalsozialistischen Pädagogik.

Im Januar 1932 legte Spengler das Staatsexamen für das höhere Lehramt für die FächerDeutsch,Geschichte undPhilologie mit der Note „I“ ab. SeinePromotion zum Dr. phil. mit „summa cum laude“ erreichte er mit einerDissertation überDas DramaSchillers. Seine Genesis im Juli 1932. Danach war Spengler amKönigin-Carola-Gymnasium inLeipzig tätig. Nebenberuflich baute er im Studentenwerk die Abteilungen für Arbeitsdienst, Siedlung, Arbeitsvermittlung und Junglehrerhilfe auf.

Beim Sicherheitsdienst des Reichsführers SS

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Im November 1933 wurde Spengler ehrenamtlicher Mitarbeiter desSicherheitsdienstes (SD) noch vor seinen Freunden Gräfe und Mäding.Lothar Beutel, der Leiter des SD-Oberabschnitts Sachsen und spätere Führer derEinsatzgruppe IV inPolen, hatte bereits seit Herbst 1932 den Aufbau des SD inSachsen organisiert und auch Spengler für diesen Dienst interessiert. Dieser entschied sich bereits am 15. März 1934, hauptberuflich für den SD tätig zu sein (SS-Nummer 107.105) und den Schuldienst zu quittieren. Er wurde damit der erste Germanist im SD und blieb auch bis 1945 der Ranghöchste seiner Sparte.

Kurzzeitig mit dem Sachgebiet „Konfessionelle Strömungen“ betraut, baute Spengler bereits ab Juni 1934 die Schrifttumsstelle des SD auf. Der Standort Leipzig war für deren Aufgabe außerordentlich günstig, da hier seit 1912 dieDeutsche Bücherei bestand, der sämtliche deutschen Verlage ein unentgeltlichesPflichtexemplar aller ihrer Publikationen abzugeben hatten, so dass hier ein einzigartiger Überblick über das gesamte deutschsprachige Schrifttum gewonnen werden konnte. Spengler konnte zahlreiche Germanisten für eine Tätigkeit im SD gewinnen, wie zum BeispielWalter von Kielpinski undHans Rößner. Die Mitarbeiter der SD-Schrifttumsstelle, aus der der nachmalige Chef des Amtes VII im RSHA („Weltanschauliche Schulung“)Paul Dittel undWaldemar Beyer, der spätere Leiter des Referates VII A 1 („Bibliothek“) des RSHA, hervorgingen, hatten alle bei der Deutschen Bücherei eingehenden Neuerscheinungen im Hinblick auf die ideologischen Richtlinien der Partei zu überprüfen und abweichende Publikationen zu verbieten. So wurde auf Veranlassung Spenglers zum Beispiel die Holzschnittsammlung vonFrans Masereel mit dem TitelDie Passion des Menschen wegen offensichtlichermarxistischer Tendenz indiziert.

Im April 1936 wurde die Schrifttumsstelle des SD auf Veranlassung vonFranz Six vonLeipzig nachBerlin verlegt, durch das Aufgabengebiet „Presse“ vergrößert und in die Zentralabteilung I 3 desSD-Hauptamtes unter Six eingegliedert. In Leipzig verblieb allerdings noch eine Verbindungsstelle. In Berlin leitete Spengler die Hauptabteilung I 31 „Presse und Schrifttum“ und sorgte nach Darstellung seines Vorgesetzten Six für „die wohl zuverlässigsten Nachrichtenquellen innerhalb des Sicherheitsdienstes“.

1937 trat Spengler derNSDAP bei, er wechselte in die Zentralabteilung II 2 „Lebensgebietsmäßige Auswertung“ und leitete dort die Hauptabteilung II 21 „Kulturelles Leben“, die später in die Amtsgruppe III C „Kultur“ des RSHA überführt wurde und nach dem Geschäftsverteilungsplan des RSHA vom März 1941 die Unterabteilungen

umfasste. Zu den Aufgaben seiner Amtsgruppe gehörte neben der Zensurfunktion auch die Mitwirkung bei den „Meldungen aus dem Reich“, den geheimen innenpolitischen Lageberichten des Sicherheitsdienstes, sowie der fachlichen Vorbereitung vonKunstraubaktionen in den besetzten Gebieten.

H(exen)-Sonderauftrag

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Spengler wurde neben seiner faktischenZensurtätigkeit im SD u. a. auch am „H-Sonderauftrag“ beteiligt. Hierbei handelte es sich um ein 1935 vomReichsführer SSHeinrich Himmler initiiertes Forschungsunternehmen, das die wissenschaftliche Untersuchung derHexenverfolgung zur Aufgabe hatte. Über alle recherchierten Fälle war ein „Hexen-Blatt“ anzulegen, wobei die Blätter in der sog. „Hexenkartothek“ gesammelt wurden. Spengler begann bereits im Juli 1935 mit den entsprechenden Forschungen durch einen Besuch des Bayerischen Staatsarchivs inNeuburg an der Donau (heute aufgegangen imStaatsarchiv Augsburg), um hier das Archiv der „Akten über Hexenwesen zwecks Arbeit über Aberglauben auf dem Lande“ zu sichten. Spengler wirkte hier wesentlich an Aufbau und Organisation der „Hexen-Abteilung“ im SD mit. Ein Mitarbeiter Spenglers, Dr.Rudolf Levin, übernahm nachKriegsbeginn die Leitung dieser Abteilung.

Bei den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD

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Spengler war jedoch nicht nur alsGermanist am Schreibtisch tätig, sondern gemäß Heydrichs Losung von der „kämpfenden Verwaltung“ im März 1942 auch bei derPartisanenbekämpfung im Nordabschnitt der Ostfront eingesetzt worden. Im Mai 1942 war er drei Wochen bei derEinsatzgruppe D auf der Krim. Seine Funktion bei den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD ist noch nicht abschließend geklärt. Nach vorliegenden Archivalien dürfte es sich jedoch nicht um einen Fronteinsatz gehandelt haben, da noch am 1. Februar 1943 eine Beförderung wegen eines fehlenden solchen abgelehnt wurde.

Kurz vorKriegsende setzte sich Spengler mit mehreren Mitarbeitern vonBerlin nachMünchen ab.

Kriegsende, Entnazifizierung und Nachkriegskarriere

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Bei Kriegsende tauchte Spengler unter, wurde aber 1946 vom alliierten Geheimdienst gefasst und kam für 34 Monate in ein Internierungslager. Bei seinemEntnazifizierungsverfahren 1949 stufte ihn dieSpruchkammer München im August 1949 als „belastet“ (Aktivisten, Militaristen und Nutznießer) ein, ordnete an, knapp die Hälfte seines Vermögens einzuziehen und entzog ihm das Wahlrecht. Trotz diverser sog.Persilscheine, u. a. von dem PhysikerWerner Heisenberg, wurde er darüber hinaus zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt.[1]

1951 gehörte er neben der PrinzessinHelene Elisabeth von Isenburg, dem evangelischen Landesbischof von WürttembergTheophil Wurm u. a. als Pressewart zum Gründungsvorstand derStillen Hilfe, eines Vereins, der publizistisch, juristisch und materiell flüchtige, inhaftierte und verurteilte NS-Täter unterstützte.

Als Lektor im Stalling-Verlag Oldenburg beschäftigt, wurde Spengler von diesem zusammen mitHans Schneider, der sich nun nach seiner Todeserklärung 1945 und der Heirat mit seiner angeblichen „Witwe“ Schwerte nannte und vormals als SS-Hauptsturmführer 1942 die Abteilung „Germanischer Wissenschaftseinsatz“ des „Ahnenerbes e. V.“ geleitet hatte, mit einem BuchprojektGestalter unserer Zeit beauftragt, das 1954/1955 mit den TitelnDenker und Deuter im heutigen Europa undForscher und Wissenschaftler im heutigen Europa mit insgesamt fünf Bänden erschien. Die Tarnung Spenglers war zu dieser Zeit hervorragend. Es gelang ihm unter anderem, den von den Nationalsozialistenverjagten jüdischenSauerbruch-Schüler, den ChirurgenRudolf Nissen, der nach Fluchtstationen inIstanbul und denUSA zu dieser Zeit in Basel wirkte, als Autor für das Kapitel „Sauerbruch“ dieses Sammelwerkes zu gewinnen.

Spengler starb am 1. April 1961 in Oldenburg.

Schriften

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  • Auf deutschen Schiffen rund um das Mittelmeer. Hans Rösler, Augsburg 1935.
  • Die Frau im germanischen und im christlichen Weltbild. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1937. Sonderdruck ausVolk im Werden. Hrsg.Ernst Krieck, H. 4, 1937, S. 232–265.[2]
  • als Herausgeber mitHans Schwerte:Forscher und Wissenschaftler im heutigen Europa. Stalling, Oldenburg u. a. 1955;
    • (1):Weltall und Erde. Physiker, Chemiker, Erforscher des Weltalls, Erforscher der Erde, Mathematiker (=Gestalter unserer Zeit. 3,ZDB-ID 533746-X). 1955;
    • (2):Erforscher des Lebens. Mediziner, Biologen, Anthropologen (=Gestalter unserer Zeit. 4). 1955.

Literatur

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  • Michael Grüttner:Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik (=Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte. 6). Synchron, Heidelberg 2004,ISBN 3-935025-68-8, S. 163–164.
  • Lutz Hachmeister:Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six. Beck, München 1998,ISBN 3-406-43507-6.
  • Lutz Hachmeister:Die Rolle des SD-Personals in der Nachkriegszeit. Zur nationalsozialistischen Durchdringung der Bundesrepublik. In:Mittelweg 36. Bd. 11, Nr. 2, 2002, S. 17–36.
  • Isabelle Haffter:Glück und wahrer Reichtum. „Rassenhygienisches“ Glückswissen in Wilhelm Spenglers naturheilkundlichen Ratgebern im Kontext der NS-Rassen- und Geschlechterpolitik. In:Historische Anthropologie. Kultur. Gesellschaft. Alltag, Bd. 30 (2022), Heft 2, S. 180–202.
  • Christian Ingrao:Hitlers Elite. Die Wegbereiter des nationalsozialistischen Massenmordes. Aus dem Französischen von Enrico Heinemann und Ursel Schäfer. Propyläen, Berlin 2012,ISBN 978-3-549-07420-6 (Lizenzausgabe: (=Bundeszentrale für Politische Bildung. Schriftenreihe. 1257). Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2012,ISBN 978-3-8389-0257-9 (zuerst Paris 2010)).
  • Joachim Lerchenmueller:Die Geschichtswissenschaft in den Planungen des Sicherheitsdienstes der SS. Der SD-Historiker Hermann Löffler und seine Denkschrift „Entwicklung und Aufgaben der Geschichtswissenschaft in Deutschland“ (=Archiv für Sozialgeschichte. Beiheft. 21). Dietz, Bonn 2001,ISBN 3-8012-4116-5.
  • Katarzyna Leszczyńska:Hexen und Germanen. Das Interesse des Nationalsozialismus an der Geschichte der Hexenverfolgung (=GenderCodes. 10). Transcript, Bielefeld 2009,ISBN 978-3-8376-1169-4 (Zugleich: Frankfurt (Oder), Universität, Dissertation, 2008).
  • Werner Schröder:"... Eine Fundgrube der Schrifttumsinformation". Die Leipziger „Arbeitsstelle für Schrifttumsbearbeitung beim Sicherheitshauptamt (SD)“ und die „SD-Verbindungsstelle an der Deutschen Bücherei“, in: Monika Gibas (Hrsg.), Arisierung in Leipzig, Leipziger Universitätsverlag 2007,ISBN 978-3-86583-142-2, S. 117 ff., 126 ff., 145.
  • Michael Wildt:Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hamburger Edition, Hamburg 2002,ISBN 3-930908-75-1.

Weblinks

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Anmerkungen

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  1. Bernd-A. Rusinek:Ende des Zweiten Weltkrieges lokal, regional, international. Forschungsstand und Perspektiven. In:Kriegsende 1945. Verbrechen, Katastrophen, Befreiungen in nationaler und internationaler Perspektive. Hrsg. von Bernd-A. Rusinek. Wallstein, Göttingen 2004,ISBN 978-3-89244-793-1, S. 7–23, hier S. 11.
  2. Auch mit „kirchlichen“ anstatt „christlichen“ im Titel überliefert. Die häufigen Sonderdrucke erschienen üblicherweise im Verlag der Zeitschrift, also beiArmanen, Leipzig. Spengler wählte den NS-Verlag in Hamburg. Zum Komplex: Katarzyna Leszczynska:Hexen und Germanen. 2008, S. 58, Anm. 85: Archivalien in Posen betr. Spengler.
Personendaten
NAMESpengler, Wilhelm
KURZBESCHREIBUNGdeutscher SS-Standartenführer
GEBURTSDATUM19. März 1907
GEBURTSORTBühl am Alpsee
STERBEDATUM1. April 1961
STERBEORTOldenburg
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