Ab dem Jahr 1880 änderte sich der europäische Imperialismus. War bis dahin ein „informeller“ Imperialismus angewandt worden, geprägt durch militärische und wirtschaftliche Überlegenheit, kristallisierte sich um das Jahr 1880 immer mehr ein direkter Imperialismus heraus. Sein Merkmal war die direkte Einflussnahmeeuropäischer Staaten in Angelegenheiten Afrikas. Alle Versuche, den imperialistischen Wettbewerb in geregelte Bahnen zu bringen (zum Beispiel durch dieKongokonferenz), scheiterten. Die Konflikte um die afrikanischen Kolonien waren Teil des weltpolitischen Machtstrebens vieler europäischer Staaten, das zum Ersten Weltkrieg führte (sieheKriegsziele im Ersten Weltkrieg).
David Livingstone erforschte weite Teile Afrikas. 1855 entdeckte er die großen Wasserfälle desSambesi und nannte sieVictoriafälle. Er fand jedoch nicht die Quelle desNils.
Zu dieser Zeit waren etwa zehn Prozent Afrikas unter europäischer Kontrolle. Die damals wichtigsten Kolonien warenAlgerien, dessen KolonisationFrankreich bereits seit den 1830er Jahren vorantrieb, dieKapkolonie, die zumBritischen Weltreich gehörte, undAngola, das vonPortugal besetzt war.
Eine der letzten Regionen der Welt, die noch nicht mit dem „informellen“ Imperialismus in Kontakt war, warSubsahara-Afrika. Daher war es für die europäischen Eliten attraktiv, dort neue Märkte zu erobern sowie in moralischem Überlegenheitsgefühl der einheimischen Bevölkerung vermeintliche Errungenschaften ihrer Zivilisation zu bringen. Da sich Europa von 1873 bis 1896 in einer langenDepression („Gründerkrise“) befand und die europäischen Märkte schrumpften, gleichzeitig deren Abschottung aber zunahm, bot sich in Subsahara-Afrika für Großbritannien, Deutschland, Frankreich und andere (europäische) Staaten eine gute Möglichkeit, Waren abzusetzen und die chronisch negativenHandelsbilanzen zu verbessern.
Besonders für Großbritannien, das als erstes Land in daspostindustrielle Zeitalter vorstieß, waren ausländische Märkte von enormer Bedeutung. Durch Finanzexporte und deren Gewinne konnte man die höchst defizitäreHandelsbilanz entlasten. Weltweit wichtige Märkte für Großbritannien waren damals Afrika, Kolonien mit weißen Siedlern, dermittlere Osten, Südasien, Südostasien sowieOzeanien.
Investitionen in Übersee waren oft profitabler als in der Heimat. Das lag an billigen Arbeitskräften, wenig Wettbewerb und sehr leicht verfügbaren Rohstoffen. Neben diesen Vorteilen bot Afrika auch Ressourcen, die die europäischen Staaten brauchten, in Europa aber nicht oder kaum existierten. Hier sind besondersKupfer,Baumwolle,Kautschuk,Tee undZinn zu nennen. Die europäischen Verbraucher hatten sich an die Kolonialprodukte gewöhnt. Beispielsweise war Kupfer für die Ende des 19. Jahrhunderts beginnendeElektrifizierung essentiell.
Allerdings investierten die Europäer relativ wenig Kapital in Afrika im Vergleich zu anderen Kontinenten.Südafrika war die einzige Kolonie mit einer nennenswerten Anzahl weißer Siedler. Die Firmen, die in Afrika investierten, waren relativ klein, ausgenommenCecil Rhodes’ BergbaugesellschaftDe Beers, die inRhodesienDiamanten schürfte. Lange Zeit war es für weiße Siedler, Soldaten, Händler oder Beamte noch gefährlich und unattraktiv, in Afrika zu leben, vor allem in den Tropen. Das änderte sich langsam durch Fortschritte in der Tropenmedizin, die Festigung derFremdherrschaft sowie den Ausbau von Infrastrukturen.
Diese Beobachtungen hätten eigentlich die Argumente der Befürworter des Imperialismus wie denAlldeutschen Verband,Francesco Crispi oderJules Ferry schwächen müssen. Sie nahmen an, dass die Märkte Afrikas die Probleme derÜberproduktion und der niedrigen Preise, initialisiert durch die Depression, lösten.
LautJohn A. Hobson, der immerhin Autoren wieLenin,Trotzki undHannah Arendt beeinflusste, haben gleichwohl die schrumpfenden europäischen Märkte den neuen Imperialismus verursacht. Spätere Historiker vermuten jedoch, dass dies nur Schein-Argumente waren. Tatsächlich habe die Kontrolle über das tropische Afrika in einer Zeit der imperialen Rivalität der Großmächte strategischen Zwecken gedient. Zum Beispiel brauchte eineSeemacht – Großbritannien war damals die mit Abstand führende Seemacht der Welt – einige afrikanische Küstenhäfen mit Infrastruktur als Stützpunkte für den Seeverkehr mit ihren Kolonien in Süd- und Südostasien.Britisch-Indien war Großbritanniens größte Kolonie. Durch die Eröffnung desSuezkanals im November 1869 verlor dieser Aspekt an Bedeutung.
DerGoldrausch inWitwatersrand, der zur Gründung vonJohannesburg führte, war der Hauptgrund für denZweiten Burenkrieg und stellte nachHannah Arendt (1906–1975) ein neues Element des Imperialismus dar. Der Goldrausch hatte zur Folge, dass „überflüssiges Kapital und überflüssige Arbeitskräfte sich die Hand gaben und das Land (in dem Fall Großbritannien) verließen“.
Zwar wurde im tropischen Afrika insgesamt relativ wenig investiert, dafür war es aber strategisch umso wichtiger, den 1869 eröffnetenSuezkanal zu schützen. Dieser war strategisch von enormer Bedeutung, um lukrative Märkte wie Indien, China oder die Ostküste Afrikas zu erreichen. Daher war die britische Regierung großem Druck, besonders von Seiten derKonservativen Partei, ausgesetzt, die Schlüsselwasserwege unter ihre Kontrolle zu bringen. Es gab Rivalitäten zwischen demBritischen Weltreich,Frankreich,Deutschland und anderen europäischen Ländern.
Das geradegegründete Deutsche Reich hatte vor der „neuen Periode“ im Imperialismus noch keine Kolonien zur Verfügung und nahm eifrig am Rennen um Afrika teil. Das Kaiserreich hatte jedoch einige Schwachstellen: Es war noch nicht in der Lage, Überseegebiete zu kontrollieren, da es keine Erfahrungen in modernerNautik besaß, spät geeint wurde und noch immer sehr fragmentiert war. Dies änderte sich jedoch unterBismarck. Nachdem er die Fundamente für die Isolierung Frankreichs durch sein Doppelbündnis mitÖsterreich-Ungarn, das später zumDreibund mit Italien wurde, gelegt hatte, berief er in den Jahren 1884/1885 dieKongokonferenz ein, die Regeln für die effektive Kontrolle ausländischer Territorien festlegte.Deutschlands Expansionsdrang führte schließlich zumTirpitz-Plan, der vorsah, die zweitgrößte Flotte hinter Großbritannien aufzubauen („Risikoflotte“). Großbritannien reagierte gereizt darauf, da es unbedingt auf Kolonialwaren angewiesen war. Es konnte nicht einmal die auf der Insel benötigte Nahrung selbst produzieren. Daher startete im Jahr 1898 einWettrüsten derKaiserlichen Marine und derRoyal Navy. 1914 war die deutsche Marine schließlich die zweitgrößte der Welt, aber immer noch 40 Prozent kleiner als die britische. Laut Tirpitz wurde diese aggressive Flottenaufrüstung eher von derNationalliberalen Partei als von den konservativen Parteien unterstützt. Das deutet darauf hin, dass der Imperialismus seinen größten Rückhalt im Bürgertum hatte.
Publizistisch vorbereitet durchFriedrich Fabri, einen Leitenden Inspektor derRheinischen Mission, und ermutigt durch das national gesinnte Bürgertum begann Deutschland in den 1880er Jahren die weltweite Expansion. Manche forderten Kolonien auf denPhilippinen, andere inTimor und die nächsten wolltenFormosa (heuteRepublik China (Taiwan)) einnehmen. Ende der 1870er Jahre begann man diesen vereinzelten Forderungen nachzugehen. Später sollten sie unter KaiserWilhelm II., mit dem NamenWeltpolitik, in die Geschichte eingehen. Die Argumente dafür lieferten hauptsächlichmerkantilistische Thesen. Im Jahr 1881 veröffentlichteWilhelm Hübbe-Schleiden das WerkDeutsche Kolonisation, in dem er die These aufstellt, dass nationales Bewusstsein eigenständige Überseepolitik benötigt. In den pro-imperialistisch denkenden Kreisen spielte oft auch der „Pangermanismus“ eine wichtige Rolle. Ein Ausdruck dieses Geistes war die Gründung desDeutschen Kolonialvereins, der auch mit dem nationalistischenAlldeutschen Verband „ideenverwandt“ war.
Frankreich okkupierte im Jahr 1881Tunesien und im Jahr 1884Guinea. Dies führte zur AnnäherungItaliens an Deutschland und Österreich-Ungarn und zur Gründung desDreibunds. Im selben Jahr besetzte Großbritannien das offiziell zumOsmanischen Reich gehörendeÄgypten, das zu diesem Zeitpunkt denSudan und TeileSomalias besetzt hielt. Italien besetzte in den Jahren 1870 und 1882 Teile vonEritrea. Das Deutsche Reich erklärteTogo,Kamerun undDeutsch-Südwestafrika (heuteNamibia) zu sogenanntenSchutzgebieten. In Ostafrika versuchten zwischen 1885 und 1890 deutsche Vertreter eineHegemonie des Deutschen Reiches herzustellen, die von derSomaliküste überWituland bis nachDeutsch-Ostafrika reichen sollte. Bis auf die Gründung Deutsch-Ostafrikas scheiterte dies jedoch an britischen und italienischen Kolonialbestrebungen in der Region. Im Jahr 1895 gründete FrankreichFranzösisch-Westafrika und im Jahr 1910Französisch-Äquatorialafrika.
Italien verfolgte weiterhin die Strategie, es müsse einenPlatz an der Sonne (sprich Kolonien) besitzen.Nachdem es einen TeilSomalias in den Jahren 1889 und 1890 sowie ganz Eritrea (1889) okkupiert hatte, wollte es auchAbessinien unterwerfen, unterlag jedoch 1896 imKrieg gegen das Kaiserreich. 1911 provozierte Italien einen Krieg gegen das Osmanische Reich, bei dem es das heutigeLibyen gewann. Der zweiteItalienisch-Äthiopische Krieg in den Jahren 1935/1936 war einer der letzten Kolonialkriege, die eine Kolonialmacht austrug, um ein anderes Land zu besetzen (Unabhängigkeitskriege gab es noch viele).
Anfang des 20. Jahrhunderts befreite sich Großbritannien auch aus seiner Isolation, indem es ein Bündnis mit demJapanischen Kaiserreich einging und diesem somit den Sieg Japans imRussisch-Japanischen Krieg ermöglichte. Im Jahr 1904 verbündete sich Großbritannien mit Frankreich durch dieEntente cordiale, die im Jahr 1907 durchRussland erweitert wurde. Sie war gegen den Dreibund von Deutschland gerichtet.
Die amerikanische Kolonialgesellschaft und Liberia
Auch dieUSA nahmen durch ihre im Jahr 1816 durch Robert Finley gegründeteAmerican Colonization Society am Wettlauf um Afrika teil. Der Plan war, „freie“ Schwarze in ihre „Heimat“ zurückzuführen. Diese „freien“ Schwarzen wurden die erstenBaptisten-Prediger in Afrika. Diese Kolonisation wurde jedoch durch die einheimische Bevölkerung bekämpft.
Der erste Präsident der American Colonization Society war der spätereUS-PräsidentJames Monroe ausVirginia. Ironischerweise begründete derselbe Mann im Jahr 1823 dieMonroe-Doktrin. Sie beinhaltete, dass sich die europäischen Nationen vom amerikanischen Kontinent zurückziehen und sich nicht mehr in die Angelegenheiten souveräner amerikanischer Nationen einmischen sollten. Im Gegenzug blieben die USA zwischen den europäischen Mächten selbst, und zwischen ihnen und ihren Kolonien, neutral. Die Monroe-Doktrin war die Basis der isolationistischen amerikanischen Außenpolitik des 19. Jahrhunderts.
Auch wenn die KolonieLiberia niemals so groß werden sollte wie geplant, war dies nach Meinung der Befürworter nur der erste Schritt in Afrika. Einer der ersten Präsidenten der Gesellschaft warJehudi Ashmun. Er träumte von einem amerikanischen Reich in Afrika. In den Jahren 1825 und 1826 annektierte und kaufte er Stammesland entlang der Küste und den wichtigsten Flüssen des Landes. Schon sein Vorgänger,Robert Stockton, nötigte einen Stammesführer unter Waffengewalt zum Verkauf vonKap Mesurado. Auch Ashmun setzte bei der Expansion auf Gewalt und unlautere Mittel. So kaufte er von einheimischen Königen Land für 500 Barren Tabak, drei Fässer Rum, fünf Behälter Schießpulver, fünf Regenschirme, fünf eiserne Stäbe und zehn Paar Schuhe.
Die Gesellschaft kontrollierte Liberia bis ins Jahr 1847. In diesem Jahr erklärte sich Liberia unter dem Eindruck einer möglichen britischen Invasion für unabhängig. Damit war Liberia der erste dekolonisierte Staat Afrikas. Bis ins Jahr 1867 schickte die Gesellschaft ungefähr 13.000 Emigranten ins Land. Nach demAmerikanischen Bürgerkrieg wollten viele Schwarze nach Liberia emigrieren, doch die finanzielle Unterstützung der Kolonie ließ nach. Während ihrer letzten Jahre konzentrierte sich die Kolonialgesellschaft auf Bildungs- und Missionsaufgaben, weniger auf die Zuwanderung.
David Livingstones Expeditionen, fortgeführt vonHenry Morton Stanley, führten bei den europäischen Nationen bald zu Begehrlichkeiten. Doch vorerst waren die europäischen Mächte, mit Ausnahme des belgischen KönigsLeopold II., nicht an Kolonisation interessiert. Leopold gründete 1876 dieInternationale Afrikanische Gesellschaft und entsandte Stanley von 1879 bis 1884 in geheimer Mission in den Kongo. Stanley schloss Verträge mit den einheimischen Führern ab und sicherte Leopold so eine Fläche von etwa 2.300.000 km² (zum Vergleich:Deutschland hat eine Größe von ca. 357.000 km²). DieKongo-Freistaat genannte Kolonie war Leopolds Privateigentum, er ließ dort ab dem Jahr 1885Elfenbein undKautschuk exportieren. Zugleich errichteten dieKonzessionsgesellschaften einTerrorregime. Durch Massenhinrichtungen,Sklavenarbeit und Krankheiten kamen ca. zehn Millionen Kongolesen ums Leben (sieheKongogräuel). Unter diesem Eindruck entschloss sich Belgien im Jahr 1908, den Kongo-Freistaat zu annektieren.
Im Jahr 1854 erwarbFerdinand de Lesseps vonIsmail Pascha die Lizenz, denSueskanal zu bauen. Während der Bauzeit zwang man 1,5 Millionen Menschen am Bau zu arbeiten. 125.000 starben an Unterernährung, Ermattung und Krankheit, hauptsächlich an derCholera. Kurz vor der Fertigstellung des Kanals lieh sich Ismail Pascha enorme Summen von englischen und französischen Banken zu hohenZinsen. Das Ergebnis waren finanzielle Schwierigkeiten im Jahr 1875. Daher war Ismail Pascha gezwungen, seineAktien des Suezkanals zu verkaufen. Diese wurden vombritischen PremierministerBenjamin Disraeli gekauft, der so Großbritannien die Kontrolle über den strategisch wichtigen Wasserweg sicherte. Als Ismail Pascha im Jahr 1879 die ausländischen Schulden nicht anerkannte, übernahmen Großbritannien und Frankreich die finanzielle Kontrolle über Ägypten und zwangen ihn zurAbdankung. Da den ägyptischen Eliten die Einmischung des Auslandes missfiel, brach derUrabi-Aufstand aus. Im Zuge der Niederschlagung des Aufstandes fiel Ägypten unterbritische Herrschaft.
Die Okkupation Ägyptens und die Besetzung des Kongo waren die ersten großen Schritte im Wettlauf um Afrika. Im Jahr 1884 rief der deutsche ReichskanzlerOtto von Bismarck zur Kongokonferenz, um die Probleme, die bei Annexionen von Ländern Afrikas entstanden, zu beseitigen. Die Konferenz fand unter humanitären Vorwänden, etwa der Verurteilung desSklavenhandels sowie dem Verbot zum Verkauf von Alkohol und Schusswaffen in einigen Gegenden, statt. Zudem sollte dieMissionsarbeit gefördert werden. Wichtiger waren jedoch die festgesetzten Regeln für die Kolonisation Afrikas. Leopold II. von Belgien wurde als Oberhaupt des Kongo anerkannt, dessen Territorium jedoch für neutral erklärt, so dass jeder dort nach Belieben handeln konnte. Weiterhin wurde festgelegt, dass keine Nation in Afrika Grenzen ziehen dürfe, ohne die anderen Großmächte zu informieren, und dass nur Ansprüche auf einTerritorium gestellt werden dürften, wenn dieses auch effektiv kontrolliert werden könne. Trotzdem ignorierten die Großmächte diese Regeln nach Belieben, weshalb kriegerische Konfrontationen oft nur mit Mühe vermieden werden konnten.
Um die Verbindung nachBritisch-Indien zu sichern, wurde Ägypten von den Briten im Jahr 1882 imAnglo-Ägyptischen Krieg besetzt (bis 1914 war es jedoch formell alsProtektorat deklariert). Logische Folge dieser Politik war die Eroberung desSudan, der von Ägypten besetzt und in dem derMahdi-Aufstand ausgebrochen war. In der Folge wurden auchKenia undUganda besetzt. Darüber hinaus besetzten die BritenNigeria.
Die britische Kolonialverwaltung stützte sich auf lokale Eliten, um die Kolonien zu kontrollieren. 1938 waren nur knapp 5.400 britische Verwaltungsbeamte, Sekretäre, Ärzte, Ingenieure und Botaniker in den 14 britischen Kolonien im Einsatz, weshalb von einer „thin white line“ gesprochen wird. Die militärischen Kräfte wurden darauf konzentriert, die afrikanischen Armeen und Aufständische niederzuschlagen.[1]
Änderungen der politischen Landkarte Afrikas von 1880 bis 1913
Als Start des eigentlichen Wettlaufs gelten die Errichtung des französischen Protektorates inTunesien 1881 und die englische Besetzung Ägyptens im Jahre 1882, die bei den anderen „etablierten“ Kolonialmächten, aber auch bei aufstrebenden Ländern wieBelgien undDeutschland zu Begehrlichkeiten führten.Leopold II. hatte Ansprüche auf denKongo angemeldet und Deutschland beanspruchte nach derReichsgründung 1871 auch für sich Kolonialbesitz.
Auf derKongokonferenz (1884–1885) wurde festgelegt, dass nur jene Macht das Recht auf Erwerb einer Kolonie haben sollte, die sie auch tatsächlich in Besitz nahm (Prinzip der Effektivität). Dieser Beschluss bildete die Grundlage für die in den folgenden Jahren deutlich beschleunigte Aufteilung Afrikas in Kolonien durch europäische Mächte. 1896 waren südlich der Sahara nur noch dasKaiserreich Abessinien,Liberia sowie die SiedlungskolonienOranje-Freistaat undSüdafrikanische Republik (nach dem Zweiten Burenkrieg ins britische Kolonialreich eingegliedert) unabhängig.
DieFaschodakrise 1898 gilt als Ende des Wettlaufs, hier kam es zu einem Konflikt zwischen britischen und französischen Kolonialtruppen, der aus einer Kollision französischer Ansprüche, für das Territorium desSudans Anschluss an dasRote Meer zu erlangen, und dem britischen Bestreben, dasNiltal zu kontrollieren, resultierte.
Auch nach Ende des „Wettlaufs um Afrika“ gab es noch Territorialstreitigkeiten.
Streitigkeiten zwischen den Kolonialmächten Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Belgien und Portugal führten bis 1914 nicht zu grundlegenden Änderungen der Kolonialgrenzen.
Steven Press:Rogue Empires: Contracts and Conmen in Europe's Scramble for Africa. Harvard University Press, Cambridge 2017,ISBN 978-0-674-97185-1.
Patricia Clough:Emin Pascha, Herr von Äquatoria. Ein exzentrischer deutscher Arzt und der Wettlauf um Afrika. DVA, München 2010,ISBN 978-3-421-04376-4 (Originaltitel:Emin Pasha and the Scramble for Africa. Übersetzt vonPeter Torberg).
Manfred Hergt, Hermann Kinder,Werner Hilgemann, Harald Bukor, Ruth Bukor, Werner Wildermuth (Illustrationen):dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart.Band2.dtv, München 1966,S.375.
aktuelle Ausgabe: Manfred Hergt, Hermann Kinder, Werner Hilgemann, Harald Bukor, Ruth Bukor, Werner Wildermuth (Illustrationen):dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Aktualisierte Neuausgabe. Sonderausgabe in einem Band, 2. Auflage. dtv, München 2008,ISBN 978-3-423-08598-4.
Hendrik L. Wesseling:Teile und herrsche – Die Aufteilung Afrikas 1880–1914. (=Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte, Band 76), Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1999,ISBN 978-3-51507-543-5.