Werwolf

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Der Holzschnitt zeigt einen Mann auf allen vieren, der mit dem Mund ein Kleinkind gepackt hält; um ihn herum liegen zerrissene Leichen.
Werwolf (Holzschnitt vonLucas Cranach, 1512)

EinWerwolf (vongermanischwer ‚Mann‘;niederländischweerwolf,altenglischwer[e]wulf,in den skandinavischen Sprachenvarulv) ist inMythologie,Sage undDichtung ein Mensch, der sich in einenWolf verwandeln kann. Als Phänomen gehört die Verwandlung von Menschen in Wölfe, dieLykanthropie (vonaltgriechischlýkos: ‚Wolf‘, ἄνθρωποςánthrōpos: ‚Mensch‘), zum großen Komplex derWertiere (Therianthropie), der sich inReligion und Mythologie weltweit findet. Die Beschreibungen von Werwölfen variieren je nach Zeit und Ort; einige Details moderner Werwolferzählungen kamen erst im 20. Jahrhundert hinzu.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

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Dieser Holzschnitt zeigt einen knienden Menschen, der mit den Händen fuchtelt und seinen raubtierhaften Kopf mit offenem Maul und weit aufgerissenen Augen nach hinten gedreht hat; der Oberkörper ist fellbedeckt, der Unterkörper mit Hosen und Schuhen normal angezogen.
Darstellung eines Werwolfs (deutscher Holzschnitt aus dem Jahr 1722)

Berichte über Lykanthropie kommen in allen Epochen der abendländischen Kulturgeschichte vor.[1] BereitsZwitterwesen inHöhlenmalereien oder als Skulpturen lassen sich entsprechend interpretieren, könnten aber auchHundsköpfige darstellen. Das älteste schriftliche Zeugnis ist dasGilgamesch-Epos, in dem die GöttinIštar einen Schäfer in einen Wolf verwandelt (Tafel 6, Vers 58–61).

Antike

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NachHerodot könnten Berichte derSkythen über die Neuren, ein nördliches Nachbarvolk, eine Quelle des Mythos sein:

„[D]ie Skythen und die im Skythenland wohnenden Hellenen behaupten, jährlich einmal verwandle sich jeder der Neuren für wenige Tage in einen Wolf und trete dann wieder in den menschlichen Zustand zurück.“[2]

Aus dergriechischen Literatur und denMetamorphosen desOvid ist der griechische KönigLykaon bekannt, der vonZeus in einen Wolf verwandelt wurde, da er und seine Söhne dem Gott Menschenfleisch vorsetzten.Petronius Arbiter, ein Satiriker des 1. Jahrhunderts, erzählte imGastmahl des Trimalchio von einem Mann, der sich bei Vollmond in einen Werwolf verwandelt.[3] Sein ZeitgenossePlinius der Ältere berichtet in seinerNaturalis historia die von ihm selbst für unwahrscheinlich gehaltene Geschichte, einOlympioniken namens Demaenetus habe nach einemMenschenopfer für Jupiter Lycaeus von dem Fleisch des getöteten Kindes gekostet und danach für zehn Jahre als Wolf gelebt, bevor er wieder alsFaustkämpfer erfolgreich war.[4]

Altnordische Literatur

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In deraltnordischen Literatur kommen Werwölfe in verschiedenen literarischen Gattungen vor.[5] In deraltisländischenEgils saga wird vom Großvater Egils berichtet, dass er ein Werwolf sei und daher den NamenKveldulf (‚Abendwolf‘) erhalten habe:

„En dag hvern, er að kveldi leið, þá gerðist hann styggur, svo að fáir menn máttu orðum við hann koma; var hann kveldsvæfur. Það var mál manna, að hann væri mjög hamrammur; hann var kallaður Kveld-Úlfur.“

„Aber jedes Mal, wenn es zum Abend ging, wurde er so unwirsch, dass nur wenige Leute mit ihm ins Gespräch kamen. Beim Dunkelwerden pflegte er schläfrig zu werden. Man erzählt sich, dass er des Nachts häufig in verwandelter Gestalt umging. Die Leute nannten ihn Abend-Wolf.“[6]

Auch in derVölsunga saga ist von Werwölfen die Rede.Sigmund lebt mit seinem SohnSinfiötli im Wald, und beide verwandeln sich zeitweise in Wölfe. Diese Überlieferung ist noch inRichard Wagners OperDie Walküre angedeutet, für deren Inhalt dieVölsunga saga eine wesentliche Quelle ist. In dieser Oper erzählt Siegmund von seinem Leben im Wald mit seinem Vater. Er nennt seinen Vater dabei „Wolfe“, und von sich selbst zusammen mit seinem Vater spricht er sogar als Wolfspaar. Beim Bericht über den Verlust des Vaters heißt es:„Eines Wolfes Fell nur traf ich im Forst: leer lag das vor mir, den Vater fand ich nicht.“

Nicht klar abgegrenzt von Werwölfen sind dieWolfskrieger, die in der altnordischen Literatur neben denBerserkern auftauchen und auch durch Abbildungen auf archäologischen Fundstücken aus Skandinavien und Deutschland bekannt sind.[7] ImMittelalter galt sie als Gottesstrafe und erblicher Fluch für schwere Verbrechen, der durchSühnehandlungen aufgehoben werden konnte.[1]

Mittelalter und Frühe Neuzeit

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Inhöfischen Romanen des zwölften Jahrhunderts (z. B.Bisclavret vonMarie de France) werden Werwölfe positiv gezeichnet: Es handelt sich um Menschen, die durchSchadenzauber oder die List einer Frau in eine Bestie verwandelt werden. In derFrühen Neuzeit werden Werwölfe dagegen stets negativ dargestellt, da ihre Verwandlung in verschiedenen Sagen auf einenTeufelspakt zurückgeführt wird.[8]

François Rabelais (1494–1553) erzählt in seinem RomanzyklusGargantua und Pantagruel von dem schrecklichen Loup Garou (in der deutschen Übersetzung „Wärwolf“), der für Chaos, Unordnung und Unvernunft steht.[9]Olaus Magnus betonte im 16. Jahrhundert in seinem WerkHistoria de gentibus septentrionalibus (‚Geschichte der nördlichen Völker‘) es gebe im Norden sehr wohl Menschen, die sich beiVollmond in Wölfe verwandelten. Diese brächen in die Häuser von Menschen ein und verzehrten deren Vorräte. An der Grenze zwischen ihrer eigentlichen HeimatLitauen undKurland hätten sie eine Mauer errichtet, bei der sie sich jedes Jahr versammelten und ihre Kraft dadurch zeigten, dass sie darüber sprängen. Wer zu fett sei, diese Probe zu bestehen, werde von den übrigen verhöhnt. Auch Adlige und Vornehme gehörten dazu. Nach einigen Tagen würden sie sich wieder in normale Menschen zurückverwandeln.[10]

Im Zuge der frühneuzeitlichenHexenverfolgungen wurden auch zahlreiche Männer vor Gericht gebracht und hingerichtet. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen wurde der Werwolfverwandlung bezichtigt, vor allem Hirten. Nach einer Reihe von Verfahren imHerzogtum Burgund fand 1589 inBedburg beiKöln der in der Kriminalgeschichte bekannteste Werwolfprozess statt: Dem BauernPeter Stump (1525–1589) wurden neben der Verwandlung in einen Wolf und dem Teufelspakt auchInzest undVergewaltigung vorgeworfen. Am 31. Oktober 1589 wurde ergerädert und anschließendenthauptet.[11]

In Werwolfprozessen spielte häufig die aggressive Sexualität der Angeklagten eine Rolle: Neben ihrer angeblichen Lykanthropie wurde ihnen etwaEhebruch vorgeworfen. Frauen, die als Werwölfinnen angeklagt waren, wurden dabei zudem beschuldigt,Geschlechtsverkehr mit dem Teufel gehabt zu haben. In den Prozessen ging es häufig auch um den Vorwurf derHexerei.[12] Ein wiederkehrenderTopos in diesen Prozessen ist eine Salbe, die der Angeklagte vom Teufel oder von anderen Personen erhalten haben soll, mit der er sich in einen Wolf verwandeln konnte.[13] Solche Prozesse traten meist wellenförmig in Gegenden auf, die unter einer Wolfsplage litten, z. B. dieFranche-Comté und der französischeJura, derHunsrück, derWesterwald und dasNassauer Gebiet. In der zumeistpopulärwissenschaftlichen Literatur ist häufig von ca. 30.000 Werwolfangriffen bzw. 30.000 Werwolfprozessen (in einem Zeitraum zwischen 1520 und 1630 und meistens in Frankreich) die Rede, doch ist diese Zahl historisch nicht belegt. Sie wird von Fachleuten in Sachen Hexen- und Werwolfprozesse als publikumswirksame Spekulation abgelehnt. In der ersten Hälfte des15. Jahrhunderts gestanden mehrere der Hexerei bezichtigte Menschen unterFolter, auf Werwölfen geritten zu sein.[1]

1691 musste sich ein etwa 86-jährigerlettischer Bauer namens Thiess wegen Lykanthropie nach einerDenunziation vor dem Amtsgericht in Jürgensburg verantworten. Zur Verblüffung der Richter gestand er, ein Werwolf zu sein, auch wenn er diese Praxis aber schon zehn Jahren zuvor aufgegeben habe. Gleichzeitig widersprach er der dämonologischen Werwolf-Theorie seiner Zeit: Seine Artgenossen und er seien durchaus nicht mit dem Teufel im Bunde, sondern bekämpften ihn und seine Zauberer vielmehr und mehrten Wohlstand und Fruchtbarkeit im Lande. Die Richter hielten Thiess für senil oder dement und verurteilten ihn lediglich zu einerKörperstrafe.[14]

Die meisten Fallberichte von Menschen, die Gestalt von Wölfen angenommen haben sollen, finden sich in moralisierenden Werken werden, die vor den Mächten der Finsternis warnen wollten und daher deren Fallstricke schilderten. Dies lässt sich etwa anhand des WerksDe Magorum Daemonomania des französischen StaatstheoretikersJean Bodin (1530–1596) zeigen, in der er die Fälle mehrerer namentlich genannter Franzosen ausbreitet, die sich in Wölfe verwandelt und über Tiere und Menschen, oft auch Kinder, hergefallen sein sollen. Dabei betont er, dass die Verwandlungen physisch real und nicht nur Einbildung seien. Ähnliches schrieben der deutsche AbtJohannes Trithemius (1462–1516) oder der kurmainzische Chronist Heinrich Kornmann (1570–1627).[15] Viele frühneuzeitliche Juristen und Theologen glaubten aber nicht wirklich daran glaubten, dass sich die geständigen Menschen tatsächlich in Wölfe verwandelt hatten. Eine solche Möglichkeit hatte derKirchenvaterAugustinus von Hippo im 18. Buch vonDe civitate Dei explizit ausgeschlossen, ebenso derCanon episcopi. Sie erklärten sich die Phänomene mit der Fähigkeit des Teufels, die Selbst- undFremdwahrnehmung der Menschen zu manipulieren und sie zu täuschen. Weil sich die Betroffenen damit aber eines Pakt mit dem Teufel schuldig gemacht, sich die Verwandlung gewünscht oder gar den Teufel zu Tötungshandlungen angestiftet hätten, wurden sie dennoch verurteilt.[16] 1508 hielt der TheologeJohann Geiler von Kaysersberg inStraßburg eine Fastenpredigt, in der er Werwölfe als Ausgeburten der Hölle und als Gottesstrafe darstellte. Dass Menschen sich in Wölfe verwandelten, tat er aber als Hirngespinst ab.[17] Der deutsche PhilosophJakob Thomasius (1622–1684) hielt die Verwandlungen für Einbildungen, die der Teufel den betroffenen Menschen eingeben würde. Weil dadurch aber die Schwierigkeit entstand, dass die realen Verbrechen nicht durch bloße Einbildungen erklärt werden konnten, hielt er es gleichzeitig für möglich, dass der Teufel dabei Tierhäute oder ähnliche Hilfsmittel aus der physischen Welt benutzt haben könnte.[18]

Seit der Spätantike boten einige Ärzte auch rationalere Erklärungen an: Für sie war Lykanthropie eine Krankheit, die auf ein Ungleichgewicht dervier Körpersäfte zurückzuführen sei. Als Therapie empfahlen sie eine Kur aus Milchspeisen oderOpium. Seit dem 16. Jahrhundert findet sich auch die DiagnoseGeisteskrankheit.[19]

Volksglaube

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ImVolksglauben und inVolkssagen wird in sehr unterschiedlichen Variationen von Werwölfen erzählt. So heißt es, dass Menschen vomTeufel einenGürtel ausWolfsfell erhalten haben sollen, mit dessen Hilfe sie sich verwandeln konnten. Nach der weitgehenden Ausrottung der Wölfe in Deutschland ist in den Sagen nurmehr von einem Lederriemen die Rede.[20] Dieses Motiv findet sich etwa in einer Sage, die dieGebrüder Grimm 1816/1818 in ihre SammlungDeutsche Sagen aufnahmen.[21] In Ungarn wurde erzählt, ein Schäfer, dem sein Herr Unrecht antat, würde ihm als Werwolf erscheinen.[22] Von Selbstmördern, Zauberern und anderen für böse gehaltenen Menschen heißt es, sie müssten nach ihrem Tod als Werwolfspuken.[23] Es wird auch erzählt, wer in denzwölf Nächten geboren sei, würde sich später in einen Werwolf verwandeln.[24] Laut eineralemannischen Sage wurde ein junger Mann, der mit dem Teufel im Bunde gestanden habe, in einen Werwolf verwandelt worden, nachdem er zwei Schweinesodomisiert habe.[25]

Auch die Mittel der Werwolfabwehr variieren stark: Angeführt werden das Schlagen mit dem Stock, das Nennen seines Namens, Beschimpfungen und die Entfernung der Zaubersalbe, die seine Verwandlung in das Raubtier bewirkte: Dadurch soll sich der Werwolf jeweils in einen Menschen zurückverwandeln.[26] Im deutschenAberglauben wird teilweise empfohlen, aus Leichenteilen Neugeborener eine Salbe herzustellen, mit der die Rückverwandlung erzwungen werden könne.[27] Auch ist überliefert, ein Werwolf in Menschengestalt werde entlarvt, indem man ihn dreimal umkreise.[28] Er könne durch eineKugel, in die das Kreuzzeichen eingeritzt sei, getötet werden.[29] Die verbreitete Vorstellung, die Kugel müsse aus ererbtemSilberkugel sein, findet sich imDeutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm.[30]

DerAufhocker ist eine Variante der Werwolffigur, die sich vor allem im Rheinland, in Westfalen, Lippe, in den Niederlanden und in Belgien findet. Er wird hier auch Kludde oderStüpp genannt und springt seinen Opfern auf den Rücken, lässt sich nicht mehr abschütteln und wird dabei immer schwerer.[31] In diesen Gebieten ist auch die Wandersage vom Werwolfgatten bzw. -liebhaber verbreitet: In einer deutschen Variante handelt sie von einem Ehemann, der seine Frau verlässt, als Werwolf zurückkehrt, ihr ein Stück aus der Schürze oder dem Rock beißt und nach seiner erneuten Rückkehr in menschlicher Gestalt an dem Stofffetzen identifiziert wird, der er noch zwischen den Zähnen hat. In der flämisch-niederländischen Variante handelt es sich um den Liebhaber der jungen Frau, der er vor seiner Verwandlung rät, wenn sich etwas Gefährliches nähere, ihre Schürze hinzuwerfen. In dieser Variante stirbt die junge Frau nach der Aufdeckung des Werwolfs. In Norddeutschland ist die Variante verbreitet, wo ein Landarbeiter sich in einen Wolf verwandelt und Vieh reißt, während er glaubt, dass seine Kameraden schlafen.[32] In diesen Sagen ist der Werwolf immer männlich.[33]

Bezug zum Vampirismus

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Der im 17. und frühen 18. Jahrhundert auftretende verjüngteVampirismus wird oft als Fortsetzung der Lykanthropie angesehen. Die Verwandtschaft zwischen Werwolf undVampir wird in der Bezeichnung „wudodalak“ in allen seinen Unterarten deutlich. Das in griechischen und slawischen Sprachen gleichermaßen fürWerwolf undVampir gebräuchliche Wortvrykolakas bedeutet wolfhaarig. In Serbien lautet es „vukodlak“, in Polen „wilkolak“, in Bulgarien und Slowenien „vrkolak“ und in Belarus heißt es „wawkalak“. In Vampirsagen verwandelt sich der zum Werwolf mutierte Mensch nach seinem Tod in einen Vampir, eine umgehende Leiche.[34] Während der Vampir in der Popkultur meist alsAristokrat dargestellt wird, erscheint der Werwolf als seinproletarisches Pendant.[30]

Erklärungsansätze

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Behauptungen, der Begriff habe Menschen beschrieben, die an einer extremen Form der „Wolfskrankheit“, demSystemischen Lupus Erythematodes (SLE), litten, sind nicht belegt. Eine übermäßige Gesichtsbehaarung tritt beiHypertrichose auf. Eine Krankheit mit verschiedenen Erscheinungsformen, die unter Umständen Werwölfen zugeschriebenen Eigenschaften ähneln, istPorphyrie.[35]

Tollwutkranke seien für Werwölfe gehalten worden, da hier die Infektion häufig durch den Biss eines Tieres erfolgt.[36] Die Symptome dieser Krankheit passen zur Beschreibung von Werwölfen: Anfälle, bei denen der Erkrankte wild um sich zu beißen beginnt, Angst vor Wasser, aber gleichzeitig starker Durst, was zuspastischen Schluckkrämpfen führt etc. Berichte über Menschen, die sich wie Wölfe aufführten und heulten und auf allen vieren herumkrochen, lassen sich auch begreifen als Schilderungen von Menschen mit einer individuellenPsychose oder von Ereignissen (vielleichtRitualen im Rahmen von bäuerlichen Feldkulten), die von den Gelehrten in ihren Studierstuben nicht verstanden und deshalb in ein vorhandenes, den Mythen entnommenes Interpretationsmuster gepresst wurden, nämlich diearkadische Wolfsverwandlung. Versuche von Medizinern (z. B.Rudolf Leubuscher:Über die Werwölfe und Tierverwandlungen im Mittelalter, Berlin 1850) und Volkskundlern (z. B.Richard Andree) des 19. Jahrhunderts, aus den spärlichen und oft auch verzerrten Darstellungen ein genau umrissenes Krankheitsbild herauszufiltern, waren zum Scheitern verurteilt. Heutzutage spricht man von einer Form derGeisteskrankheit, ohne dass Mediziner oder Psychiater sich einig sind über Krankheitsbild, Symptome und vor allem über die Ursachen. Mitunter dient der Begriff nur der Beschreibung einer Psychose oder der ihr spezifischen Symptomatik, die entweder aus Mangel an einem geeigneten Namen oder auch aus Sensationslust alsLykanthropie etikettiert werden. Auch Fälle, in denen Wölfe oder andere Raubtiere Menschen angriffen, wurden bisweilen Werwölfen zugeschrieben, so derWolf von Ansbach oder dieBestie des Gévaudan.

Kulturwissenschaftlich werden die verschiedenen Erzählungen über Menschen, die sich in Wölfe verwandeln, alsMetapher für seine animalischen Anteile, namentlich Gewalttätigkeit und Sexualität, verstanden.[30][37]

Moderne Werwolfdarstellungen

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Der Werwolf gehört heute zu den typischen Figuren derHorrorliteratur und desHorrorfilms.[30] Zu den Klischees, die durchvolkskundliche Überlieferungen nicht gestützt werden, gehört dabei die Verwandlung eines Menschen, der von einem Werwolf verletzt worden ist. Sowohl die Akten der frühneuzeitlichen Prozesse als auch die unzähligen Sagen aus verschiedenen Teilen Europas sprechen einheitlich davon, dass die Opfer von Werwolfattacken zerrissen und teilweise auch gefressen wurden. Von einer auf den Angriff folgenden Verwandlung in einen Wolf ist erstmals inCurt Siodmaks Drehbuch zumHollywoodfilmDer Wolfsmensch (1941) die Rede.

Filme

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Siehe auch:Liste von Werwolffilmen und -serien

Das heutige westliche Bild des Werwolfes wurde vor allem durch Filme geprägt.Wolf Blood: A Tale of the Forest von 1925 gilt als der älteste erhaltene Werwolffilm.Der Wolfsmensch (1941) gilt als Klassiker des Subgenres. Weitere bekannte Filme zum Thema sindDer Werwolf von Washington(1973),American Werewolf (1981) undWolf – Das Tier im Manne (1994). In der ab 2003 entstandenenUnderworld-Filmreihe herrscht Krieg zwischen Werwölfen und Vampiren.

In Werwolffilmen wieDer Tod hat schwarze Krallen (1957),Das Tier (1981),Teenwolf (1985),Ginger Snaps – Das Biest in Dir (2000) oderVerflucht (2005) ist die unheimliche Verwandlung des Körpers des Protagonisten ein immer wiederkehrendes Klischee. Er kann sie nicht kontrollieren und bekommt dabei Haare an Stellen, wo vorher keine waren. Typischerweise findet diese Metamorphose vor einem Badezimmerspiegel statt, weshalb der Kulturwissenschaftler Arno Meteling hier Assoziationen zum Unbehagen Jugendlicher gegenüber den Veränderungen ihres Körpers in derPubertät sieht.[38]

Literatur

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In neuen Werken wird das Thema oft ironisch behandelt, etwa beiChristian Morgenstern, der ihn lyrisch in seinenGalgenliederndekliniert („des Weswolfs“ usw.),[39] oder inTerry PratchettsHelle Barden, wo die Werwölfin Angua als Vertreterin einerethnischen Minderheit in die „Wache“ („The Watch“) aufgenommen wird. InDer Talisman vonStephen King undPeter Straub freundet sich der Protagonist Jack mit einem Werwolfjungen an, der beim Übergang in unsere Welt kurzsichtig wird. Der britische SchriftstellerMartin Millar behandelt das Motiv in seinem RomanLonely Werewolf Girl (2007). InJoanne K. RowlingsHarry-Potter-Serie ist der LehrerRemus Lupin ein sympathischer Werwolf. Ebenfalls eine große Rolle spielen Werwölfe inStephenie MeyersTwilight-Reihe.

Rollenspiele

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In demRollenspielWerewolf: The Apocalypse vonWhite Wolf spielen Werwölfe die Rolle tragischer Helden, die halb Mensch, halb Wolf für die Rettung der Welt kämpfen.

In demMMORPGWorld of Warcraft haben Werwölfe alscomputergesteuerte Gegner als „Worgen“ ihren Weg ins Spiel gefunden und wurden später auch als spielbare Rasse integriert.

In demKartenspielDie Werwölfe von Düsterwald sollen mithilfe von diversen Spezialrollen und den Dorfbewohnern die Werwölfe ausgerottet werden, bevor diese die anderen Mitspieler töten.

Musik

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Auch in derRockmusik ist der Werwolf ein wiederkehrendes Thema, so etwaWerewolves of London vonWarren Zevon,She Wolf vonMegadeth oder derPower-Metal-BandPowerwolf.

Literatur

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  • Hermann von Bruiningk:Der Werwolf in Livland und das letzte im Wendenschen Landgericht und Dörptschen Hofgericht i. J. 1692 deshalb stattgehabte Strafverfahren, In:Mitteilungen aus der livländischen Geschichte 22 (1922–1928), S. 163–220.
  • Richard Buxton:Wolves and Werewolves in Greek Thought. In:Jan N. Bremmer (Hrsg.):Interpretations of Greek mythology. Taylor & Francis, 1987,ISBN 0-7099-3270-7, S. 60–79,(online).
  • Chantal Bourgault du Coudray:The Curse of the Werewolf. I.B.Tauris & Co. Ltd, New York 2006,ISBN 1-84511-157-5. 
  • Eva Hackenbroch:Die Lykanthropie. Mythos, Aberglaube, Krankheit. Ein Beitrag zur Geschichte psychopathologischer Begriffe. Med. Diss. Köln 1968.
  • Arno Meteling:Werwolf, der. In: Christian Kassung,Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.):Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012,ISBN 978-3-7705-5454-6, S. 438–442.
  • Jan Niklas Meier:Verwandlungen. Der Werwolf in der neueren deutschen Phantastik. Oldib, Essen 2015,ISBN 978-3-939556-50-3.
  • Nadine Metzger:Wolfsmenschen und nächtliche Heimsuchungen. Zur kulturhistorischen Verortung vormoderner Konzepte von Lykanthropie und Ephialtes. Gardez, Remscheid 2011,ISBN 978-3-89796-233-0.
  • Sabine Richter:Werwölfe und Zaubertänze. Vorchristliche Vorstellungen in Hexenprozessen der frühen Neuzeit. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2004,ISBN 3-631-51386-0 (zugl. Phil. Diss., Univ. Gießen, 1998)
  • Harry Anthony Senn:Were-Wolf and Vampire in Romania. (= East European Monographs; Band 99). Boulder, New York 1982,ISBN 0-914710-93-1.
  • Homayum Sidky:Witchcraft, lycanthropy, drugs, and disease: an anthropological study of the European witch-hunts (= American university studies: Series 11, Anthropology and sociology; Band 70). Lang, New York u. a. 1997,ISBN 0-8204-3354-3.
  • Christian Stiegler:Vergessene Bestie – Der Werwolf in der deutschen Literatur (= Wiener Arbeiten zur Literatur, Bd. 21, hrsg. v. Wendelin Schmidt-Dengler) Braumüller-Verlag, Wien 2007 (basierend auf der fast gleichlautenden Diplomarbeit Stieglers an der Uni Wien 2006),ISBN 978-3-7003-1598-8.
  • Michael Stolberg:Lykanthropie. In:Der Neue Pauly 15/1 (2001), Sp. 243–246.

Weblinks

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Wikisource: Werwölfe – Quellen und Volltexte
Commons: Werwolf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Werwolf – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. abcNordian Nifl Heim:Werwolf. In:Enzyklopädie der Neuzeit Online. J.B. Metzler, Stuttgart 2019, Zugriff am 3. März 2024.
  2. Historien des Herodot IV, 105, referiert bei Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024,ISBN 978-3-8376-7448-4, S. 100.
  3. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 99 f.
  4. Plinius,Naturalis historia VIII, 82, referiert bei Arno Meteling:Werwolf, der. In: Christian Kassung,Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.):Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012,ISBN 978-3-7705-5454-6, S. 438–442, hier S. 440.
  5. Vgl. Aðalheiður Guðmundsdóttir:The Werewolf in Medieval Icelandic Literature. In:Journal of English and Germanic Philology.Band 106,Nr. 3, 2007,S. 278,JSTOR:27712657 (englisch). 
  6. Felix Niedner (Hrsg./Übers.):Die Geschichte vom Skalden Egil. Eugen Diederichs, Jena 1911, Kap. 1.
  7. Vgl. Aðalheiður Guðmundsdóttir:The Werewolf in Medieval Icelandic Literature. In:Journal of English and Germanic Philology.Band 106,Nr. 3, 2007,S. 282,JSTOR:27712657 (englisch). 
  8. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 100.
  9. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 109.
  10. Wiedergegeben auf S. 173f. in Britt-Mari Näsström:Bärsärkarna. Vikingatidens Elitsoldater, Stockholm 2006 (schwedisch).
  11. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 110 f.
  12. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 115 f.
  13. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 122, 125, 128 u.ö.
  14. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 111 f.
  15. Bernd Roling:Schlafwandler und Werwölfe. Frühneuzeitliche Konfrontationen mit dem Menschen außer sich. In: Matthias Pohlig, Barbara Schlieben (Hrsg.):Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne. Wallstein Verlag, Göttingen 2022,ISBN 978-3-8353-5235-3, S. 185–210, hier S. 186 f.
  16. Michael Stolberg:Lykanthropie. In:Der Neue Pauly 15/1 (2001), Zugriff am 3. März 2024.
  17. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 114 f.
  18. Bernd Roling:Schlafwandler und Werwölfe. Frühneuzeitliche Konfrontationen mit dem Menschen außer sich. In: Matthias Pohlig, Barbara Schlieben (Hrsg.):Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne. Wallstein Verlag, Göttingen 2022, S. 185–210, hier S. 193 f.
  19. Bernd Roling:Schlafwandler und Werwölfe. Frühneuzeitliche Konfrontationen mit dem Menschen außer sich. In: Matthias Pohlig, Barbara Schlieben (Hrsg.):Grenzen des Sozialen. Kommunikation mit nicht-menschlichen Akteuren in der Vormoderne. Wallstein Verlag, Göttingen 2022, S. 185–210, hier S. 195–198.
  20. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1932/1933, Sp. 998, s. v.Leder.
  21. Willem de Blécourt:„I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In:Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 23.
  22. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 9, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 574, s. v.Wiedergänger
  23. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 1166, s. v.Leichenzug
  24. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 9, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 992, s. v.Zwölften.
  25. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 9, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1938–1941, Sp. 749 f., s. v.Wolf
  26. Petra Himstedt-Vaid:Der Werwolf in norddeutschen Sagen. In:Fabula 63 (2022), S. 143–163, hier S. 148–152.
  27. Eva Labouvie:„Gauckeleyen“ und „ungeziemende abergläubische Seegensprüchereyen“. Magische Praktiken um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. In:Eva Kreissl (Hrsg.):Kulturtechnik Aberglaube. Zwischen Aufklärung und Spiritualität. Strategien zur Rationalisierung des Zufalls. transcript, BielefeldISBN 978-3-8376-2110-5, S. 271–298, hier S. 284.
  28. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1932/1933, Sp. 475, s. v.Kreis.
  29. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 5, Walter de Gruyter, Berlin/Leipzig 1932/1933, Sp. 545, s. v.Kreuzzeichen.
  30. abcdArno Meteling:Werwolf, der. In: Christian Kassung, Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.):Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012, S. 438–442, hier S. 440.
  31. Willem de Blécourt:„I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In:Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 26 ff.
  32. Willem de Blécourt:„I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In:Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 28–31.
  33. Willem de Blécourt:„I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In:Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 32.
  34. Markus Heitz:Vampire! Vampire! – Alles über Blutsauger. Piper Verlag, München 2008. S. 136–137
  35. Günter Thiele,Heinz Walter (Hrsg.):Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete.Urban & Schwarzenberg, Loseblattsammlung 1966–1977, 6. Ordner (S–Zz), München / Berlin / Wien 1974,ISBN 3-541-84006-4, S. W 39 und W 68.
  36. Norbert Finzsch:Abjekte Körper. Zur Kulturgeschichte der Monstrositäten. transcript, Bielefeld 2024, S. 130–133.
  37. Ähnlich Willem de Blécourt:„I Would Have Eaten You Too“. Werewolf Legends in the Flemish, Dutch and German Area. In:Folklore 118, Heft 1, (2007), S. 23–43, hier S. 32–40.
  38. Arno Meteling:Werwolf, der. In: Christian Kassung, Jasmin Mersmann, Olaf B. Rader: (Hrsg.):Zoologicon. Ein kulturhistorisches Wörterbuch der Tiere. Fink, München 2012, S. 438–442, hier S. 441.
  39. Original auf Wikisource;Der Werwolf als Audioaufnahme
Normdaten (Sachbegriff):GND:4189721-3(lobid,OGND,AKS) |LCCN:sh85146117
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