Wasserbau
AlsWasserbau werden Maßnahmen, technische Eingriffe und Bauten im Bereich desGrundwassers, derOberflächengewässer und derMeeresküsten bezeichnet. Heute weniger gebräuchlich ist die BezeichnungHydrotechnik für dieses Fachgebiet.
Der Wasserbau nimmt ober- und unterirdische Eingriffe amGelände sowie anGewässern vor und schafftWasserbauwerke in Form von technischen,wasserwirtschaftlichenAnlagen.
Übersicht
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ein Kerngebiet des Wasserbaus ist dieWasser- undSiedlungswasserwirtschaft. Als Teil derVersorgungstechnik bewirtschaftet sie Trink- und Brauchwasser und stelltAbwasserableitung und-reinigung sicher. Gewässerausbau undFlussbau als weitere Kerngebiete befassen sich mit der Gewässerunterhaltung, mit der Gewässerqualität und demHochwasserschutz.
Der landwirtschaftliche Wasserbau unterstützt die landwirtschaftliche Produktion durch Einrichtungen und Maßnahmen zur Verbesserung derBodenbewirtschaftung durch Entwässerung undBewässerung.
DerVerkehrswasserbau nutzt die Binnen- und Küstengewässer für den Schiffstransport durch Hafen-, Kanal- und Küstenschutzbauwerke. Die Energie des Wassers wird imEnergiewasserbau erschlossen durch Stauanlagen, Wasserkraftanlagen und Speicherbecken.[1]
Die vielfältigen Arbeitsfelder des Wasserbaus lassen sich anhand der Aufgaben und Zielsetzungen untergliedern:
- beobachtende und analysierende Fachbereiche:Hydrologie, Wassermengenwirtschaft (dabei besonders Grundwasser), (in fachlicher Verbindung zurMeteorologie,Geologie undGeographie),
- schützende und erhaltende Fachbereiche: Trinkwasser- und Grundwasserschutz, Hochwasser- und Küstenschutz, Gewässerunterhaltung und -ausbau (in fachlicher Verbindung zurÖkologie[2]),
- wasserversorgende Fachbereiche: Wasserversorgung mitTrinkwassergewinnung und -aufbereitung, Siedlungswasserbau mit Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung (in fachlicher Verbindung zurMikrobiologie,Biochemie,Umwelt- undVerfahrenstechnik),
- infrastrukturbildende Fachbereiche:Verkehrswasserbau mitKanal-,Schleusen- undHafenbau und den zugehörigenKüstenschutzmaßnahmen (in enger Verbindung zumErd- undGrundbau).
Die Fachrichtungen des Wasserbaus greifen als Teil desBauingenieurwesens auf die grundlegenden ingenieurtechnischen Berechnungs- und Planungsmethoden zurück. Die Grundlagen für die Beurteilung der ober- und unterirdischen Wassermengen werden mit Methoden der Hydrologie erfasst, zu denen dieHydrometrie und dieGewässerkunde gehören. Dieses Fachgebiet ist eng mit derMeteorologie,Geologie undGeographie verbunden.
Besondere Bedeutung für den Wasserbau haben die hydraulischen Berechnungsverfahren für Wasser in Ruhe (Fluidstatik) und in Bewegung (Fluiddynamik).[3] Diese rechnerischen Methoden werden ergänzt durch ein ausgeprägtes wasserbauliches Versuchswesen, insbesondere zur Erkundung grundlegender hydraulischer Vorgänge, zur Erkundung von Abflussverhältnissen in vielgliedrigen Flusssystemen und an Hafenanlagen sowie zur Erkundung der Dynamik von Meereswellen, da sich diese Vorgänge der rein mathematisch-analytischen Beurteilung verschließen. Diese physischen Modellierungen werden ergänzt bzw. mittlerweile ersetzt durch computergestützte Modellierungen, die in den letzten Jahren mit fortschreitender Leistungsfähigkeit von Großrechneranlagen möglich wurden.[4][5]
- Wasserhochbehälter (innen) zur Trinkwasserversorgung
- Kläranlage zur Abwasserreinigung
- Küstenschutz –Eidersperrwerk
- Mess-Kontrollpunkt – Dresden – 0285
Wortkombinationen mit dem BestandteilHydro- kennzeichnen den Zusammenhang mit Wasser (vom altgriechischen Wort ὕδωρ (hydōr) für Wasser). In der fachtechnischen Anwendung sind Kombinationen beispielsweise alsHydrologie oderHydraulik gebräuchlich. Mit Hydrotechnik wird auch der Wasserbau gekennzeichnet, allerdings ist die fachtechnische Verwendung wenig gebräuchlich geworden.[6]Weitere Wortkombinationen mitHydro sind von Firmen zur Namensgebung genutzt worden, um eigene Tätigkeitsschwerpunkte in der Wasserwirtschaft zu kennzeichnen (Hydrotech, Hydrotechnik). Im englischsprachigen Raum sind Wortkombinationen mitHydro fachtechnisch weiter verbreitet und vor allem im Bereich der Energieerzeugung geläufig.
Geschichtliche Entwicklung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die heutigen Hauptrichtungen des Wasserbaus haben sich mit der Siedlungsgeschichte des Menschen entwickelt: Zeugnisse für wasserbauliche Maßnahmen sind daher in allen Kulturkreisen der Erde zu finden. Die ersten größeren menschlichen Ansiedlungen und Städte in Europa um 3000 v. Chr. führten zu einem Wasserbedarf, der nur durch künstliche Eingriffe in den natürlichen Wasserkreislauf gedeckt werden konnte. Dazu wurden dieersten Talsperren als Speicher in Mulden und Tälern aus Erddämmen angelegt, die der Wasserversorgung der Siedlungen und der Bewässerung dienten. Zur Bewässerung sollen schon 600 v. Chr. technische Systeme in denhängenden Gärten von Babylon eingesetzt worden sein.
DieBewässerungslandwirtschaft hat ebenfalls frühe Zeugnisse von wasserbaulichen Tätigkeiten mit Speichern, Zuleitungskanälen und Regelungsbauten hinterlassen. Die Siedlungen waren außerdem – besonders in Flussnähe – vorHochwasser zu schützen. Ein frühes Beispiel ist der Hochwasserschutz an der Stadt Tiryns auf dem Peloponnes um ca. 2000 v. Chr.[7]
Mit zunehmendem Handel und Fischfang waren Aufgaben des Hafenbaus und des Küstenschutzes zu lösen. Frühzeitig wurde auch die Nutzung des Wassers als Energieträger durch den Bau vonMühlen erschlossen. Eine besondere Bedeutung kam wasserbaulichen Maßnahmen imBergbau zu – sowohl bei der Entwässerung der Gruben als auch bei der Energieversorgung zu.
Wasserbauliche Bauwerke[1] | Wasserbauliche Grundlagen[1] | |||
---|---|---|---|---|
v. Chr. | v. Chr. | |||
ab ca. 5000 | Haus- und Brauchwasserversorgung (Fischerei, Transport, Erholung) | |||
ca. 3200 | Talsperre Jawa (Jordanien) zur Trinkwasserspeicherung | |||
ca. 3100 | System von Dämmen, Kanälen und Wasserreservoirs imJangtse-Delta alsHochwasserschutz und zur Bewässerung in derchinesischenLiangzhu-Kultur[8] | |||
ca. 2600 | Bau der TalsperreSadd-el-Kafara in Ägypten für den Hochwasserschutz | |||
ca. 1600 | Schifffahrtskanal am1. Nilkatarakt | |||
1055 | Abwasserleitungen inJerusalem | |||
5. Jh. | Han-Kanal, erste Teile des bis heute in Betrieb befindlichenKaiserkanals, China | |||
427–347 | Platon: Wasserkreislauf, Erosion, Sedimentation | |||
ca. 200 | Trinkwassersystem mitDruckrohrleitungen inPergamon[9] | 287–212 | Archimedes: Grundlagen der Hydrostatik, Auftrieb und Stabilität von Schwimmkörpern | |
134 | Aquädukt mit einer Druckleitung aus Bleirohren inAlatri, Italien | |||
104–102 | Rhone–Marseille-Kanal (Fossa Marina) | |||
100 | nachgewiesene Wasserkraftnutzung zum Betrieb vonMühlen | |||
10 | Kanäle undDeiche in Holland | |||
n. Chr. | n. Chr. | |||
60 | Versuch einesDurchstichs der Landenge vonKorinth durchKaiser Nero | |||
783 | Karl der Große versucht den Bau eines Kanals zwischen Rhein- und Donaugebiet (Fossa Carolina) | |||
1100–1200 | Bau von Deichen und Entwässerungsanlagen anOder undWeichsel | |||
1325 | Bau der erstenKammerschleuse in Deutschland | |||
ca. 1450 | Einführung vonWasserrohren aus Gusseisen in Deutschland und England | |||
1564–1642 | Galileo Galilei:Kraftwirkung in strömenden Flüssigkeiten | |||
1650 | ErsteWildbachverbauung in Tirol | 1577–1644 | Benedetto Castelli:Abflussbestimmung und Kontinuität | |
1660 | ErsteWasserklosetts in Frankreich und England | 1642–1727 | Isaac Newton:Bewegungssätze | |
1784–1833 | Errichtung desRhein-Rhône-Kanals | 1700–1782 | Daniel Bernoulli:Energieerhaltungssatz | |
1836 | Baubeginn für einen Kanal zwischen Main und Donau (Ludwig-Donau-Main-Kanal) | |||
1830–1890 | Ausbau derDonau | |||
1859–1869 | Bau desSuez-Kanals | |||
1873 | Nutzung von elektrischem Strom ausWasserkraft (Beleuchtung Schloss Linderhof, Bayern) | |||
1891 | Inbetriebnahme der ersten deutschenTrinkwassertalsperre bei Remscheid | |||
1895 | ErstesKlärbecken in Deutschland in Frankfurt am Main[10] | |||
1904–1914 | Bau desPanamakanals | |||
1934 | Schiffshebewerk Niederfinow dem Verkehr übergeben | |||
1924 | Walchensee-Kraftwerk in Betrieb genommen | |||
1931–1936 | Bau desHoover Dam am Colorado (Nevada/Arizona) | |||
1939 | Bau desGroßen Ferghanakanals zur Bewässerung des Ferghanatals (Usbekistan) | |||
1960–1970 | Bau desAssuan-Hochdammes | |||
1960–1992 | Bau desMain-Donau-Kanals | |||
1962 | Fertigstellung derTalsperre Grande Dixence, Schweiz (Höhe 285 m) | |||
1993–2008 | Drei-Schluchten-Damm, China |
Fachleute im Wasserbau
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Aufgaben des Wasserbaus werden meist vonWasserbauingenieuren wahrgenommen, die sich im Rahmen desBauingenieur- oder Umweltingenieurstudiums auf dieses Gebiet spezialisiert haben, und handwerklich oft vonWasserbauern ausgeführt.
Die vielfältigen Aufgabenstellungen werden meist in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen und Fachleuten gelöst, wie Informatikern, Verfahrenstechnikern, Mikrobiologen, Biochemikern oder Erd- und Grundbauingenieuren, Landschaftsplanern, Geologen und Geographen.[11]
Sonstiges
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Deutschen Bundestag hat sich Mitte 2007 eineParlamentarische Gruppe „Frei fließende Flüsse“ gebildet. Ihr gemeinsames Ziel ist es, den Ausbau der Donau und anderer Flüsse zu verhindern. Sie hatte in der 17. Legislaturperiode (2009–2013) etwa 41 Bundestags-Abgeordnete als Mitglieder.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Wasserbau im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
Deutschland:
- Bundesanstalt für Wasserbau
- Bundesanstalt für Gewässerkunde
- Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- Definitionen für wasserbauliche Begriffe im Methodenwiki derBundesanstalt für Wasserbau
- Hydraulic Engineering Repository Dokumentenserver für den Wasserbau
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abcTheodor Strobel, Franz Zunic:Wasserbau: aktuelle Grundlagen – neue Entwicklungen. Springer Verlag, Berlin 2006,ISBN 3-540-22300-2.
- ↑Michael Hütte:Ökologie und Wasserbau – Ökologische Grundlagen von Gewässerverbauung und Wasserkraftnutzung. Parey-Buchverlag, Berlin 2000.
- ↑Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) – Wasserbauwerke. Abgerufen am 21. September 2018.
- ↑Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) – Forschung & Entwicklung Wasserbau. Abgerufen am 21. September 2018.
- ↑BfG – Aufgaben. Abgerufen am 21. September 2018.
- ↑Josef R. Ritter Lorenz von Liburnau:Was thut dem Wasserbau noth? Vorschläge für den Fortschritt der Hydrotechnik in Lehre und Dienstorganisation. Faesy & Frick–Verlag, Wien 1879.
- ↑Günther Garbrecht:Wasserbauten im Königreich Urartu, 9. bis 7. Jahrhundert vor Christus, Schriften derDeutschen Wasserhistorischen Gesellschaft e. V., Band 5, Siegburg 2004,ISBN 3-8334-1502-9.
- ↑Riesige Wasserbauanlage aus dem alten China entdeckt. In: Der Standard. 9. Dezember 2017, abgerufen am 9. Dezember 2017.
- ↑Günther Garbrecht:Meisterwerke antiker Hydrotechnik, Teubner Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1995,ISBN 3-8154-2505-0
- ↑Stadt Frankfurt am Main:Historisches Klärwerk mit Fotos Internetdarstellung, Frankfurt 2012
- ↑Kurt Lecher, Hans-Peter Lühr, Ulrich Zanke:Taschenbuch der Wasserwirtschaft. 8. Auflage, Parey-Buchverlag, Berlin 2001,ISBN 3-8263-8493-8.