DerWarschauer Pakt – eine imWesten gebräuchliche Bezeichnung, im offiziellen Sprachgebrauch der TeilnehmerstaatenWarschauer Vertrag bzw.Warschauer Vertragsorganisation genannt – war ein von 1955 bis 1991 bestehendesMilitärbündnis des sogenanntenOstblocks unter der Führung derSowjetunion.
Er wurde mit demWarschauer Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand (kurz:Warschauer Vertrag – WV) gegründet und bildete imKalten Krieg das Gegenstück zumUS-amerikanisch geprägtenNATO-Bündnis, dem Nordatlantikpakt. Wirtschaftlich waren die Ostblockstaaten bereits seit 1949 imRat für gegenseitige Wirtschaftshilfe zusammengeschlossen. Mit demFall des Eisernen Vorhangs erodierten die strengen Strukturen des Warschauer Paktes zunehmend, woraufhin sich dieser 1991 offiziell auflöste.
Der Ministerpräsident der DDR,Otto Grotewohl, bei der Vertragsunterzeichnung in Warschau
Der Warschauer Pakt war ein Ergebnis der seit 1947 zunehmenden Spannungen zwischen denAlliierten desZweiten Weltkrieges sowie zwischenWestdeutschland und der UdSSR. Im Westen wurden die Expansion derSowjetunion und die Bildung vonSatellitenstaaten als massive Bedrohung für die westlichenDemokratien empfunden, die man durch die Gründung der NATO im April 1949 einzudämmen versuchte. Die Staaten des späterensozialistischen Lagers in Europa standen seit dem Ende des Krieges und dem Verbleib sowjetischer Truppen 1944/45 unter dem Einfluss der UdSSR.
Die Sowjetunion ihrerseits fürchtete ein Wiederaufleben desMilitarismus in Deutschland und wollte den Beitritt der Bundesrepublik zurNATO verhindern,[2] zumal sie ein Systemkollektiver Sicherheit, wie es dieCharta der Vereinten Nationen vorsah, vorzog und Systemenkollektiver Selbstverteidigung im Prinzip eher ablehnend gegenüberstand. Nach mehrerendiplomatischen Noten und Erklärungen reagierte sie mit einer Sicherheitskonferenz inMoskau,[A 1] die vom 29. November bis 2. Dezember 1954 tagte und an der neben der sowjetischen Delegation Regierungsvertreter aus Albanien, Bulgarien, der DDR, den Volksrepubliken Polen und Rumänien, der Tschechoslowakei und der Volksrepublik Ungarn teilnahmen. Zum Abschluss der Konferenz wurde dieMoskauer Erklärung (auch:Moskauer Deklaration) verabschiedet. Darin warnten die Unterzeichner vor einer Ratifizierung der Pariser Verträge und gaben bekannt, ein eigenesMilitärbündnis gründen zu wollen. Entsprechende Absichtserklärungen zur gemeinsamen Organisation der Streitkräfte sollten folgen. Um die DDR in das Bündnis aufnehmen zu können, wurde der Kriegszustand formell zum 21. Januar 1955 beendet.
Nach der Ratifizierung der Pariser Verträge durch alleMitgliedstaaten traten diese am 5. Mai 1955 in Kraft. Daraufhin wurde im polnischen Staatsratsgebäude inWarschau zum Abschluss der zweiten „Konferenz europäischer Länder zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit Europas“ vom 11. bis 14. Mai 1955 durch Albanien, Bulgarien, die DDR[A 2], dieVR Polen, dieVR Rumänien, dieVR Ungarn, die Sowjetunion und die Tschechoslowakei derVertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand durch die Ministerpräsidenten unterzeichnet; er bestand aus einerPräambel und elf Artikeln. Für dieVolksrepublik China nahm VerteidigungsministerPeng Dehuai als Beobachter an der Konferenz teil.[3] Durch die Gründung des Militärbündnisses sicherte die Sowjetunion ihrenHegemonialanspruch inOst- undOstmitteleuropa. Nach der Hinterlegung derRatifikationsurkunden durch alle Unterzeichnerstaaten bei der Regierung der Volksrepublik Polen trat der Warschauer Vertrag am 4. Juni 1955 in Kraft.[4]
Die DDR war zunächst vom militärischen Teil des Bündnisses ausgenommen. Sie trat diesem am 28. Januar 1956 bei, zehn Tage nach der Unterzeichnung des Gesetzes zur Gründung derNationalen Volksarmee.[5]
Der Organisation lag der multilaterale Vertrag von 1955 zugrunde und das Militärbündnis hieß imSprachgebrauch der DDR „Warschauer Vertrag“ (WV).[6] Gegebenenfalls wurde auf die FormulierungStaaten des Warschauer Vertrages zurückgegriffen, um den Organisationscharakter zu verdeutlichen.[7] Die dafür gegründeteWarschauer Vertragsorganisation (WVO) verstand sich als politisches Bündnis mit dem Auftrag zur Koordination der Außenpolitik (Artikel 3). In der Bundesrepublik und vielen anderen westlichen Staaten wurde von „Warschauer-Pakt-Organisation“ gesprochen, so dass sich „Warschauer Pakt“ als Bezeichnung in der wissenschaftlichen Literatur durchgesetzt hat,[8] auch wenn der Zeithistoriker Wolfgang Mueller darauf hinweist, „dass im allgemeinen Sprachgebrauch der Terminus ‚Pakt‘ oftpejorativ auf die ‚gegnerische‘ Allianz angewendet wurde und auch heute wird.“[9]
Die offizielle Bezeichnung in den Sprachen der Mitgliedstaaten war:
Albanisch:Pakti i miqësisë, bashkpunimit dhe i ndihmës së përbashkët, kurzPakti i Varshavës
Bulgarisch: Договор за дружба, сътрудничество и взаимопомощ, kurz Варшавски договор
Deutsch:Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand, kurzWarschauer Vertrag
Polnisch:Układ o Przyjaźni, Współpracy i Pomocy Wzajemnej, kurzUkład Warszawski
Rumänisch:Tratatul de prietenie, cooperare și asistență mutuală, kurzTratatul de la Varșovia bzw.Pactul de la Varșovia
Russisch: Договор о дружбе, сотрудничестве и взаимной помощи, kurz Варшавский договор
Slowakisch:Zmluva o priateľstve, spolupráci a vzájomnej pomoci, kurzVaršavská zmluva
Tschechisch:Smlouva o přátelství, spolupráci a vzájemné pomoci, kurzVaršavská smlouva
Ungarisch:Barátsági, együttműködési és kölcsönös segítségnyújtási szerződés, kurzVarsói Szerződés
Der Wortlaut des zugrundeliegenden Vertrags ähnelt in weiten Teilen dem desNordatlantikvertrages. Die Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages versicherten einander ihren Willen zurFriedenssicherung und zur gegenseitigen militärischen Hilfeleistung im Falle eines Angriffs auf einen oder mehrere der Teilnehmerstaaten (Artikel 4). Ein gemeinsames Kommando der nationalen Streitkräfte sollte die Effektivität des Bündnisses sichern (Art. 5). Man hatte sich sofort zu beraten, wenn ein Angriff vorhersehbar war (Art. 3). Für den Fall des Abschlusses eines kollektiven Sicherheitspaktes für ganz Europa sollte der Vertrag seine Gültigkeit verlieren (Art. 11).
Die Interpretation dieser Bestimmungen unterschied sich jedoch grundlegend von denen des Nordatlantikvertrages. So unterstanden zum einen die Truppen des Warschauer Pakts fast vollständig dem Vereinten Oberkommando, welches wiederum vollständig dem Kommando des sowjetischen Generalstabes unterstand. Zum anderen wurden die Bestimmungen auch nach innen restriktiv interpretiert und mit Hilfe dieses Vertrages die sowjetische Kontrolle der Vertragsstaaten auch mit militärischen Mitteln durchgesetzt.
Im Unterschied zum Nordatlantikvertrag, welcher in Artikel 2 auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit festschrieb, war im Warschauer Vertrag die militärische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten geregelt, die zivilwirtschaftliche Zusammenarbeit wurde indes im 1949 gegründetenRat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) koordiniert.
Der Warschauer Pakt diente als Stützpfeiler der offiziellen Politik der Sowjetunion durch die Bündnispartner. Die Stationierung sowjetischer Truppen in fast allen Mitgliedstaaten und das Vereinte Oberkommando unter sowjetischer Kontrolle sorgten dafür, dass die Herrschaft der jeweiligenKommunistischen Partei und die Treue gegenüber der Sowjetunion nicht in Frage gestellt werden konnten. Offiziell galten die Armeen dieser Länder alssozialistische Waffenbrüder.
In Fällen, bei denen einzelne Teilnehmerstaaten den von Moskau vorgegebenen Kurs verlassen wollten, wurde dies als Angriff von außen auf dassozialistische Staatensystem ausgelegt und mit einer militärischen Intervention geahndet: Beispielsweise in Ungarn (Ungarischer Volksaufstand, 1956) und in derČSSR (Prager Frühling, 1968) schlugen Truppen des Warschauer Pakts nationale Aufstände nieder. Bereits vor der Unterzeichnung des Vertrags war derAufstand des 17. Juni in der DDR von derSowjetarmee niedergeschlagen worden. Theoretisch und ideologisch untermauert wurde ein solches Vorgehen nach 1968 durch dieBreschnew-Doktrin.
Zu den wichtigsten Prinzipien der Militärdoktrin des Warschauer Vertrages gehörten:[10]
die Forderung nach der Überlegenheit des sozialistischen Lagers gegen jeden denkbaren Aggressor um die Gegenseite durchAbschreckung zum Frieden zu zwingen. Dies galt auch für Kernwaffen.Chruschtschow verkündete 1960 die These von einem „Untergang des Imperialismus“ als Gesellschaftssystem in einem Raketen-Kernwaffenkrieg, die besagte, dass die Sowjetunion über genug Kernwaffen verfüge, um „Länder, die uns überfallen, buchstäblich von der Erde hinwegfegen“ könne, während gleichzeitig die Sowjetunion auch viele Opfer erleiden würde, aber es überstehen würde.
dieSowjetische Angriffsdoktrin, nach der durch strategische Nuklearwaffen und entschlossene Offensivoperationen auf dem Landkriegsschauplätzen gleich in der Anfangsphase des Krieges entscheidende militärische Erfolge erzielt werden sollten. Dies bezog sich jedoch nur auf einen kurz bevorstehenden Angriff des Gegners, dem man möglichst zuvorkommen wollte.
die Entschiedenheit, jeden Angreifer auf seinem eigenen Territorium vernichtend zu schlagen. Eine Lehre, die aus demDeutsch-Sowjetischen Krieg gezogen wurde.
Mit den bilateralen Bündnisverträgen wurde die Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfeleistung unterzeichnet, um alle gewaltsamen militärischen Handlungen, die sich gegen dieterritoriale Integrität undSouveränität einer Vertragspartei richteten, zu verhindern. Den ersten dieser Freundschaftsverträge hatte die Sowjetunion schon während des Krieges am 12. Dezember 1943 mit der tschechoslowakischenExilregierung abgeschlossen, der am 27. November 1963 für die Tschechoslowakei verlängert wurde. Von 1943 bis 1949 gab es bereits 23bilaterale Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand (VFZ) der ersten Generation in Osteuropa. Neben diesem Vertragssystem bestanden ab 1956/57 auch weitere Abkommen:
jeweils mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Aber bereits der Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion vom 20. September 1950 zur Grenzregelung enthielt eine Vereinbarung zur Stationierung von sowjetischen Truppen auf dem Gebiet der DDR.
Im Juli 1963 bat auch dieMongolische Volksrepublik, dem Warschauer Pakt nach Artikel 9 des Warschauer Vertrages beizutreten. Dazu hätte ein Sonderprotokoll gefasst werden müssen, da der Vertragstext nach Artikel 4 sich nur aufEuropa bezog. Das aufkommendeChinesisch-sowjetische Zerwürfnis verhinderte einen Beitritt, und es blieb bei einem Beobachterstatus. Stattdessen wurden ab 1966 sowjetische Truppenstationierungen vereinbart.
Nachdem die Sowjetunion mit der DDR am 12. Juni 1964 einenVertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand schloss, der die volle Einbeziehung der DDR in das bilaterale Bündnissystem vorsah, wurden in der Zeit von 1964 bis 1972 insgesamt 20 Bündnisverträge der zweiten Generation unterzeichnet:[11]
DieHegemonie der Sowjetunion wurde durch die bilateralen Bündnisverträge noch verstärkt, da diese eine unmittelbare Beistandsverpflichtung bei einem bewaffneten Angriff vorsahen, die auch in den meisten Verträgen sich nicht nur auf Europa beschränkte.
In der dritten Generation der Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand erfolgte nach der Unterzeichnung derSchlussakte von Helsinki derKonferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) im August 1975 die Einbeziehung derBreschnew-Doktrin und der ökonomischen Integration. Zudem wurde die Laufzeit der Verträge auf 25 Jahre festgelegt. Die DDR unterzeichnete am 7. Oktober 1975 mit der Sowjetunion diesen neuen Vertrag sowie später weitere mit Ungarn (24. März 1977), Polen (29. Mai 1977), Bulgarien (14. September 1977) und der Tschechoslowakei (3. Oktober 1977).
Truppenstärke der NATO-Mitgliedstaaten (inkl. Kontingente aus denVereinigten Staaten undKanada) und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1959Truppenstärke der NATO-Mitgliedstaaten (mit Kontingenten aus den USA und Kanada) und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1973
Durch den Reformkurs der ungarischen Regierung unterImre Nagy und während des Volksaufstandes vom 23. Oktober bis zum 4. November 1956 proklamierte Nagy am 1. November 1956 die Neutralität Ungarns und den Austritt aus dem Warschauer Pakt. Drei Tage später intervenierte die Sowjetarmee und setzte Panzerverbände zur Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn ein. Bei den Kämpfen, die in Budapest bis zum 15. November dauerten, kamen über 3000[12] Menschen ums Leben.
Intervention in der Tschechoslowakei und Austritt Albaniens
Nach demEinmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR im August 1968, an dem sich die Sowjetunion, Polen, Ungarn und Bulgarien mit Soldaten beteiligten und bei dem 98 Tschechen und Slowaken sowie etwa 50 Soldaten der Interventionstruppen ums Leben kamen, tratAlbanien am 13. September 1968 unter Bruch der Vertragsbestimmungen formell aus dem Bündnis aus. Die Mitgliedschaft ruhte bereits seit dem 1. Februar 1962, als 1961 diediplomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion abgebrochen wurden. Nach dem Austritt aus dem Militärbündnis wurde Albanien zunehmend durch die Volksrepublik China gestützt.
Manöverbesuch im Oktober 1970 vonWalter Ulbricht, Staatsratsvorsitzender der DDR, hier im Gespräch mitIwan Ignatjewitsch Jakubowski, dem Oberkommandierenden der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Vertrages
Vom 12. bis 18. Oktober 1970 wurde das bis dahin größte Manöver des Bündnisses in der DDR erstmals unter der Bezeichnung „Waffenbrüderschaft der Bruderarmeen derLänder der sozialistischen Gemeinschaft“[13] durchgeführt. Im September 1980 wurde anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Militärbündnisses mit dem Großmanöver „Waffenbrüderschaft 80“ und 40.000 Soldaten aus sieben Teilnehmerstaaten das umfangreichste Manöver in der Geschichte des Warschauer Pakts abgehalten.
Laut Rühle seien diese Planungen überraschend gewesen, da man bisher davon ausgegangen sei, dass der Warschauer Pakt zuerst konventionelle Waffen einsetzen würde. Aus freigegebenen polnischen und tschechoslowakischen Dokumenten sowie aus Dokumenten derNVA werde den Autoren zufolge deutlich, dass der Warschauer Pakt ab dem Jahr 1961 einenpräventiven nuklearen Erstschlag gegen die NATO plante. Als Beispiel führen sie die Großübung „Buria“ von 1961 an, bei der trainiert wurde, den Schlag präventiv drei Minuten vor einem beginnenden Angriff der NATO durchzuführen. Dabei sollten laut Rühle 422 nukleare Gefechtsköpfe auf westdeutschem Boden zur Explosion kommen.
Ab etwa 1964 habe der Warschauer Pakt einen begrenzten präventiven Nuklearkrieg mit über 1000 Nuklearwaffen gegen Westeuropa geplant. Konventionelle Truppen hätten später Westeuropa innerhalb weniger Tage besetzen sollen. Dabei wäre die Verstrahlung und die darauf folgende Kampfunfähigkeit der ersten Angriffswelle der eigenen Truppen hingenommen worden.[14]
Erst unterMichail Gorbatschow seien diese Kriegspläne 1986 geändert worden. „Einzig die DDR arbeitete auf alter Grundlage weiter. Noch in der Übung ‚Stabstraining 1989‘ plante sie die Verwüstung grenznaher Landstriche Schleswig-Holsteins durch 76 teilweise großkalibrige Nuklearwaffen“, so Rühle.[14]
Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa
Am 19. November 1990 wurde anlässlich des KSZE-Gipfeltreffens inParis von den 22 Regierungschefs der Mitgliedsländer derNorth Atlantic Treaty Organization (NATO) und des Warschauer Paktes (WP) derVertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) über gegenseitige Rüstungsbeschränkungen unterzeichnet. Am 17. Juli 1992 trat er vorläufig, am 9. November 1992 endgültig in Kraft, als der Warschauer Vertrag längst für aufgehoben erklärt war.
Am 26. April 1985 wurde der Warschauer Vertrag zuletzt um 20 Jahre verlängert[15][16] und hätte sich automatisch um jeweils weitere zehn Jahre verlängert.
Im Zuge der von Gorbatschowin der UdSSR eingeleiteten Perestroika kamen zunehmend Zweifel an der Breschnew-Doktrin auf. Mit dem Fall desEisernen Vorhanges und dersowjetischen Zustimmung zurWiedervereinigung Deutschlands 1990 wurde endgültig klar, dass Freiheitsbestrebungen in den anderen Warschauer-Pakt-Staaten nicht mehr gewaltsam unterdrückt werden konnten. Daraufhin begannen die anderen Mitgliedstaaten, auf einen Abzug der sowjetischen Truppen aus ihren Ländern und die Auflösung des Warschauer Pakts zu drängen. Obwohl die sowjetische Führung eine gleichzeitige Auflösung von NATO und Warschauer Pakt bevorzugt hätte, gab sie schließlich nach.
Am 24. September 1990 unterzeichnetenRainer Eppelmann als Minister für Abrüstung und Verteidigung (MfAV) derDDR und der Oberkommandierende der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Pakts, der sowjetische ArmeegeneralPjotr G. Luschew, inOst-Berlin ein Protokoll über die Herauslösung derNationalen Volksarmee aus der militärischen Organisation des Bündnisses. Am 2. Oktober, unmittelbar vor der Wiedervereinigung, wurde die NVA aufgelöst.
Während desKSZE-Gipfeltreffens vom 19. bis 21. November 1990 in Paris gaben die Staaten der Warschauer Vertragsorganisation und der NATO eine Gemeinsame Erklärung ab, in der sie ihre frühere Verpflichtung zum Nichtangriff bekräftigten. Sie definierten sich gegenseitig nicht mehr als Gegner, sondern als Partner, die gewillt sind, „einander die Hand zur Freundschaft zu reichen“. Die Erklärung schloss sich an den im März 1989 inWien ausgehandeltenKSE-Vertrag an. Auf der Konferenz wurde auch dieCharta von Paris unterzeichnet, ein grundlegendes internationalesAbkommen über die Schaffung einer neuen friedlichen Ordnung in Europa nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Ende der Ost-West-Konfrontation.[17]
Die militärischen Strukturen des Bündnisses wurden am 31. März 1991, der Warschauer Pakt hierzu selbst am 1. Juli 1991 offiziell aufgelöst. Die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn stationierten sowjetischen Truppen wurden abgezogen; in Deutschland blieb auf ehemaligem DDR-Gebiet dagegen bis Ende August 1994 die sowjetische (ab 22. Dezember 1991 russische)Westgruppe der Truppen (WGT, vormals GSSD) stationiert, deren Abzug früher als geplant beendet werden konnte.[18]
Nachdem die NATO bereits 1990 den im Warschauer Pakt zusammengeschlossenen Staaten eine freundschaftliche Zusammenarbeit angeboten hatte, folgte 1991 derNordatlantische Kooperationsrat, bei dem es um die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen den ehemaligen Staaten des Warschauer Vertrags, denGUS-Staaten und den NATO-Staaten ging.[19]
Die Leitung und Koordinierung des Warschauer Pakts war die Aufgabe des einmal jährlich in Moskau tagendenPolitischen Beratenden Ausschusses (PBA), der sich auch als „WP-Gipfeltreffen“ darstellte, als höchstes Entscheidungsgremium des Bündnisses. Der Generalsekretär des PBA war zugleich Leiter desVereinten Sekretariats, das als Exekutivorgan angesehen wurde und unterstützt wurde durch ständige Kommissionen, darunter auch eine Verbindungsstelle zumRat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW).
Die Mitgliedstaaten wurden im PBA vertreten durch:
die Ersten bzw. Generalsekretäre derZentralkomitees (ZK) der sozialistischen und kommunistischen Parteien,
die Regierungschefs und
die Außenminister.
Der Vorsitz wechselte.
Die erste Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses wurde vom 27. bis 28. Januar 1956 inPrag abgehalten. Als Beobachter nahmen auch Vertreter derMongolischen Volksrepublik teil.
Zudem gab es auchKonferenzen der Minister für auswärtige Angelegenheiten der Staaten des Warschauer Vertrages. Erstmals am 27./28. April 1959 in Warschau, an der auch die Volksrepublik China beteiligt war.
Nach der gewaltsamen Niederschlagung desPrager Frühlings, die auch als ein Grund für den Austritt Albaniens aus dem Bündnis gesehen wurde, wuchs auch der Druck auf die Sowjetunion, den Mitgliedstaaten mehr Mitspracherechte zu gewähren. Ab 1969 wurde hierzu das Komitee der Verteidigungsminister als Koordinierungsstelle für militärische Fragen gebildet. Dem Komitee gehörten – neben den Verteidigungsministern als stellvertretende Oberbefehlshaber – der sowjetischeOberkommandierende der Vereinten Streitkräfte und zugleich 1. Stellvertreter des Verteidigungsministers der Sowjetunion sowie derenGeneralstabschef an.
Dem Komitee angegliedert waren ein Militärrat des Vereinten Oberkommandos unter der Führung des Oberbefehlshabers der Vereinten Streitkräfte und der stellvertretenden Verteidigungsminister, die regelmäßig zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte tagten und berieten, sowie einTechnisches Komitee.
Mit der Gründung des Warschauer Paktes 1955 wurde entsprechend den Artikeln 5 und 6 des Warschauer Vertrages ein streng vertrauliches Protokoll zur Schaffung eines Vereinten Kommandos der Streitkräfte der Teilnehmerstaaten gefasst.[20] Die Teilnehmerstaaten waren verpflichtet, Teile ihrer nationalen Streitkräfte für die Vereinten Streitkräfte bereitzustellen. Zu Beginn des Bündnisses stellte die Sowjetunion mit rund 75 Prozent des Personals das größte Kontingent, da die weiteren Teilnehmerstaaten sich erst in der Phase des Aufbaus und der Modernisierung ihrer Streitkräfte befanden. Kontingente der DDR wurden ab dem 24. Mai 1958 den Vereinten Streitkräften zugeordnet, da die NVA erst am 1. März 1956 gegründet wurde und sich ebenfalls noch im Aufbau befand. Danach sollten die Mitgliedstaaten dem Vereinten Oberkommando folgende Kontingente an Landtruppen und Luftwaffenverbänden als Beitrag zur Verfügung stellen:
Die Seestreitkräfte der Mitgliedsländer Bulgarien, Polen und Rumänien wurden alle dem Vereinten Oberkommando eingegliedert. Albanien koordiniert die Maßnahmen ihrer Marine nur mit dem Vereinten Oberkommando. Die Sowjetunion stellte die 4. Flotte und dieSchwarzmeerflotte zur Verfügung. Als 4. Flotte wurde die 4. Baltische Rotbannerflotte bezeichnet, die am 24. Dezember 1955 zusammen mit der 8. Baltischen Rotbannerflotte zurBaltischen Flotte zusammengelegt wurde.
Zum ersten VSK-Oberkommandierenden wurde der Marschall der SowjetunionIwan Stepanowitsch Konew ernannt. Der Oberkommandierende war stets ein sowjetischer General, der zugleich die Funktion des ersten Stellvertreters des sowjetischen Verteidigungsministers ausübte und somit diesem direkt unterstand. Der Stab der Vereinten Streitkräfte (andere Bezeichnung:Stab der Vereinigten Bewaffneten Streitkräfte, OVS) wurde von einem Stellvertreter, gleichfalls einem sowjetischen General, geführt. Erster Chef des Stabes war der sowjetischeArmeegeneralAlexei Innokentjewitsch Antonow. Das Hauptquartier des Vereinten Oberkommandos befand sich ab 1972 in Moskau und in Teilen auch inLwiw (Lemberg).
In Kriegszeiten hatte das Vereinigte Oberkommando keine operativen Aufgaben; die vollständige Befehlsgewalt über alleLand-,Luft- undSeestreitkräfte der Mitgliedstaaten hätte der Generalstab der Sowjetunion übernommen.
Torsten Diedrich,Walter Süß (Hrsg.):Militär und Staatssicherheit im Sicherheitskonzept der Teilnehmerstaaten des Warschauer Paktes. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes und der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Links, Berlin 2010,ISBN 978-3-86153-610-9.
Mary Ann Heiss, S. Victor Papacosma (Hrsg.):NATO and the Warsaw Pact – Intrabloc Conflicts. Kent State University Press, Kent 2008,ISBN 978-0-87338-936-5.
Dieter Krüger:Am Abgrund? Das Zeitalter der Bündnisse: Nordatlantische Allianz und Warschauer Pakt 1947 bis 1991. Parzellers Buchverlag, Fulda 2013,ISBN 978-3-7900-0459-5.
Vojtech Mastny, Malcolm Byrne (Hrsg.):A Cardboard Castle. An Inside History of the Warsaw Pact, 1955–1991. Central European University Press, Budapest 2005,ISBN 963-7326-08-1.
Frank Umbach:Das rote Bündnis. Entwicklung und Zerfall des Warschauer Pakts, 1955–1991. Christoph Links, Berlin 2005,ISBN 3-86153-362-6.
Wilfried Düchs:Die Organisation der Warschauer-Pakt-Staaten als „Partieller Bundesstaat“? Univ. Diss., Würzburg 1976.
Gottfried Zieger:Der Warschauer Pakt. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung, Hannover 1974.
↑Gesetz über die Schaffung der Nationalen Volksarmee und des Ministeriums für Nationale Verteidigung vom 18. Januar 1956 imGesetzblatt der DDR, Teil I Nr. 8 vom 24. Januar 1956, S. 81ff.,Digitalisat.
↑BI-Universallexikon A–Z, VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1988,ISBN 3-323-00199-0.
↑Vgl. unter anderem:Zentraler Ausschuß für Jugendweihe der DDR (Redaktionskollegium), Verlag Neues Leben, Berlin 1983,ISBN 3-355-00493-6.
↑Oliver Bange,Bernd Lemke:Einleitung. In: dies. (Hrsg.):Wege zur Wiedervereinigung: Die beiden deutschen Staaten in ihren Bündnissen 1970 bis 1990 (= Beiträge zur Militärgeschichte, Bd. 75). Oldenbourg, München 2013, S. 1–29, hierS. 1, Fn. 1.
↑Wolfgang Mueller:Der Warschauer Pakt und Österreich 1955–1991. In:Manfried Rauchensteiner (Hrsg.):Zwischen den Blöcken. NATO, Warschauer Pakt und Österreich. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2010, S. 135–191, hierS. 135, Anm. 1.
↑Lothar Schröter:Bedrohungsvorstellungen in der DDR-Führung in den 50er Jahren - Theorieansätze, Reflexionen in der Militärdoktrin und Sichtweisen im historischen Prozeß. In:Jürgen Rohwer (Hrsg.):Feindbilder und Militärstrategien seit 1945. Referate einer Tagung desArbeitskreises für Wehrforschung in Bonn-Bad Godesberg am 28. und 29.11.1990. Bremen 1992, S. 94 f.
↑Sicherheit und Frieden. Handbuch der militärischen Verflechtungen – Militärbündnisse, Rüstungen, Strategien – Analysen zur Sicherheitspolitik,ISBN 3-8132-0266-6, S. 39 ff.
↑Vgl. dazu auch Punkt 1 derOrdnung Nr. 030/9/007 des Ministers für Nationale Verteidigung über die Festigung der Waffenbrüderschaftsbeziehungen zwischen der Nationalen Volksarmee und den Bruderarmeen der sozialistischen Gemeinschaft – Waffenbrüderschaftsordnung – vom 20. September 1983, S. 1 (AMBl. B13-2/1).
↑Vgl. dazuPeter Schlotter:Die KSZE im Ost-West-Konflikt: Wirkung einer internationalen Institution (= Studien der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, Bd. 32), Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 1999,ISBN 3-593-36122-1,S. 90–93.
↑Dazu z. B. Wolfgang Mueller:Die Gründung des Warschauer Pakts und der österreichische Staatsvertrag, in:Manfried Rauchensteiner:Zwischen den Blöcken: NATO, Warschauer Pakt und Österreich, Böhlau, 2010, S. 143 ff.
↑Erklärung des Ministerpräsidenten der DDR,Otto Grotewohl, auf der ersten Sitzung der Warschauer Konferenz vom 11. Mai 1955 (Bundesarchiv; PDF).