Wacker Chemie AG | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
ISIN | DE000WCH8881 |
Gründung | 1914 |
Sitz | München,Deutschland![]() |
Leitung |
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Mitarbeiterzahl | 16.378 (2023)[4] |
Umsatz | 6,40Mrd.€ (2023)[4] |
Branche | Chemie |
Website | www.wacker.com |
Stand: 31. Dezember 2023 |
DieWacker Chemie AG (vor 2006Wacker-Chemie GmbH) mit Hauptsitz inMünchen ist die Muttergesellschaft eines weltweit operierendendeutschenChemiekonzerns, der 1914 gegründet wurde und mehrheitlich von der Familie Wacker kontrolliert wird. Der Konzern betreibt 27 Produktionsstätten in Europa, Amerika und Asien und vertreibt seine Produkte in über 100 Ländern.
Wacker Chemie hat vier Geschäftsbereiche,[5] die von zwei HauptrohstoffenEthen undSilicium ausgehen. Der GeschäftsbereichPolysilicon erzeugt hochreines Polysilizium für den Solar- und Halbleitermarkt.Silicones bedient Märkte in den Bereichen Bauindustrie, Automobil, Farben und Lacke, Textilien und Papier. Ausgehend von Ethen erzeugt der BereichPolymers die Zwischenstufen VAM (Vinylacetat) und VAE (Vinylacetat-Ethylen) und bedient vor allem die Bauindustrie mit Dispersionspulvern.Biosolutions konzentriert sich auf biotechnologisch hergestellte Produkte und wandelt außerdem Ethen inKeten um.
Der Grundstein für das heutige Unternehmen wurde vonAlexander Wacker am 25. März 1903 mit der Anmeldung des ForschungsunternehmensConsortium für elektrochemische Industrie GmbH inNürnberg gelegt. Zuvor war der gelernte Kaufmann Wacker als Generaldirektor und Gesellschafter derS. Schuckert & Co. im schnell wachsenden Sektor der Stromerzeugung beschäftigt.
Im Vorfeld war im Unternehmen die Herstellung vonCalciumcarbid zur Gewinnung vonEthin (Trivialname: Acetylen) verstärkt worden. Dieses sollte die Versorgung der abseits größerer Zentren liegenden Orte mit Licht verbessern und dasPetroleum ablösen. Mit der Errichtung vonÜberlandleitungen wurde dieses Ziel jedoch obsolet, und den noch jungen Carbidfabriken drohte das Aus. Alexander Wacker übernahm zusammen mitHugo von Maffei drei Carbidwerke und das auf dem Nürnberger Schuckert-Gelände gelegene Laboratorium, um möglichst schnell neue Verwertungsmöglichkeiten für das Ethin zu finden. Mit der Entwicklung eines Verfahrens, ausChlor und Ethin wirtschaftlichTetrachlorethan herzustellen, wurde die Rohstoffgrundlage für die Produktion der LösungsmittelTrichlorethen undTetrachlorethen geschaffen. Viele weitere chemische Grundlagenverfahren wurden entwickelt und teilweise von anderen Unternehmen zur Vermarktung übernommen. Bis 1913 wurde ein kontinuierliches Verfahren zur Synthese desAcetaldehyds ausAcetylen und Wasser unterQuecksilber-Katalyse entwickelt (sog.Erstes Wacker-Verfahren) und später auch für die Gewinnung vonEssigsäure in industriellem Maßstab daraus.
Am 13. Oktober 1914 gründete Alexander Wacker im Alter von 67 Jahren dieDr. Alexander Wacker Gesellschaft für elektrochemische Industrie in derRechtsform einerKommanditgesellschaft, die die fehlenden Möglichkeiten für die industrielle Herstellung der Produkte bieten sollte. 1913 erworbene Rechte an der Nutzung derWasserkraft der unterenAlz sollten die Versorgung mit elektrischer Energie sicherstellen, mit der ein Werk inBurghausen betrieben werden sollte. DerErste Weltkrieg unterbrach die Pläne jedoch bis 1915. Bei einem Gespräch mit Vertretern der FarbenfabrikenBayer im August 1915 wurde klar, dass Wacker das dem Unternehmen Bayer für die Produktion dessynthetischen KautschuksMethylkautschuk fehlendeAceton mit der Burghauser Anlage würde liefern können. In Zusammenarbeit mit dem Marineministerium wurde am 15. August 1915 der Bau einer Acetonanlage in Burghausen beschlossen.
Am 1. Dezember 1916 lief dann in Burghausen die Produktion an, am 2. Januar 1917 begann die Herstellung von Aceton. Im Dezember 1916 wurden dieElektrochemischen Werke Breslau inTschechnitz gegründet, um die Carbid-Versorgung des Werks Burghausen zu sichern. 1918 zog das Laboratorium von Nürnberg nach München um und in Burghausen wurde die Trichlorethylen-Anlage in Betrieb genommen sowie dieAlzwerke GmbH gegründet.
In den Zwischenkriegsjahren konnte das Unternehmen seine Produktpalette ausweiten und zahlreiche technologische Fortschritte erzielen, benötigte jedoch auch Kapital zur Errichtung des unterenAlzkanals und des Laufwasser-Kraftwerks derAlzwerke GmbH bei Burghausen. 1921 übernahm dieFarbwerke vorm. Meister, Lucius & Brüning AG (Frankfurt-Höchst) die Hälfte der Unternehmensanteile, die 1926 in den Besitz derI.G. Farben übergingen.[6] Bei der Entflechtung der I.G. Farben 1952 kamen 49 % der Anteile zur wieder ausgegründetenFarbwerke Hoechst AG (seit 1974Hoechst AG).
1924 kam es zum Bruch des Alzkanals auf einer Länge von knapp 200 m. Im selben Jahr wurde dasSalzbergwerk Stetten gepachtet, um den Bedarf an Steinsalz zu sichern; 1960 erfolgte der Kauf des Werks. 1926 wurde dasFerrowerk Mückenberg in derNiederlausitz erworben, es folgte die Inbetriebnahme eines Acetylenwerks in Röthenbach an der Pegnitz (1929), die Inbetriebnahme einer Lehrwerkstatt in Burghausen (1930), die Übernahme derElektroschmelzwerk Kempten AG (1933) von derTüllfabrik Flöha AG sowie die Errichtung desChemowerks Mückenberg (1938). Ebenfalls 1938 begann Wacker auf der Basis der Pionierarbeit vonHerbert Berg die Herstellung vonPolyvinylchlorid (PVC) in Burghausen.[7]
Wie zahlreiche andere Unternehmen profitierte Wacker von der Kriegsproduktion desZweiten Weltkriegs, insbesondere bei der Herstellung vonsynthetischem Kautschuk. In den späten Kriegsjahren wurden Laboreinrichtungen in München durch alliierte Bombardierung zerstört. Zum Kriegsende wurden nahezu alle Produktionsanlagen geschlossen. In Burghausen wurden Produktionsanlagen durch dieBesatzungsmächte abgebaut, die Werke in Mückenberg und Tschechnitz wurden enteignet und verstaatlicht.[8]
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Wacker Forschungsarbeiten zuSilikonen. Im Jahr 1949 wurde ein erster Silanreaktor in Betrieb genommen und in den nächsten Jahren die Silikonproduktpalette deutlich erweitert.[9]
Im Jahr 1953 wurde in Burghausen mit der Produktion von hochreinem polykristallinem Silicium begonnen. 1960 betrug die Produktionskapazität etwa 1 Tonne pro Jahr, 2004 betrug sie 5000 Tonnen und hatte damit einen Weltmarktanteil von knapp unter 20 Prozent. Das Polysilicium, heute von dem GeschäftsbereichWacker Polysilicon hergestellt, dient der Herstellung von Elektronikwafern undSolarzellen. Seit 2000 gibt es eine spezielle Herstellung von Solarsilicium, das nicht ganz so rein sein muss wie das Silicium für elektronische Schaltkreise.
1965 gründete Wacker die Wacker Chemicals Corp., New York, die vier Jahre später einen 33-%-Anteil an der SWS Silicones Corp. inAdrian erwarb.
1969 wurde die Produktion vonpyrogener Kieselsäure (HDK) aufgenommen. Bis 1971 war der Rechtsanwalt und Wirtschaftsberater Karl-Heinz Wacker (* 1918) Geschäftsführer der Wacker-Chemie GmbH; ihm folgtePeter Adolff (* 1933).[10]
Im Jahr 1981 wurde die Produktion von Silikonen in Brasilien aufgenommen. 1985 erhöhte Wacker seine Beteiligung an der SWS-Silicones Corp. auf 50 % und gründete wenige Jahre später die Wacker Silicones Corp. inAdrian. 1998 wurde das bis 1905 in Nünchritz errichtete Zweigwerk derehemals Chemischen Fabrik v. Heyden von derHüls AG erworben, das als Standort in den Folgejahren schrittweise mit weiteren Kapazitäten zu Produktion von Silikonen ausgebaut wird. Ende 2008 gab Wacker bekannt, hier eine weitere Anlage zur Produktion von Polysilizium zu errichten.
1999 begann für Wacker der Einstieg in die biotechnologische Produktion mit der Inbetriebnahme einerCyclodextrinanlage inEddyville, Iowa.
2001 gelang es der Wacker-Familie, ihren Anteil auf 51 % aufzustocken und die Mehrheit am Chemiekonzern zurückzuerlangen.[11]
Im August 2005 kaufte die Familie Wacker die verbleibenden Anteile der Hoechst Beteiligungsverwaltungs GmbH bzw. mittlerweile Sanofi-Aventis Beteiligungsverwaltungs GmbH[12] zurück.[13] Im November 2005 wurde die Wacker-ChemieGmbH in eineAktiengesellschaft umgewandelt. Seither firmiert das Unternehmen als Wacker Chemie AG.
Am 10. April 2006 ging das Unternehmen an die Börse. Zur Finanzierung des Rückkaufes von Hoechst wurden rund 29 % der Stammaktien für rund 1,2 Milliarden Euro verkauft. Zwischen dem 19. Juni 2006 und dem 24. Juni 2019 und wieder seit dem 21. September 2020 ist das Unternehmen im deutschen MidCap-IndexMDAX gelistet, zwischenzeitlich befand es sich imSDAX. Ebenfalls 2006 wurde die Gründung einesJoint Ventures mitDow Corning bekanntgegeben, das zum Ziel hat, eineSiloxaneproduktion in China zu errichten. 2010 erfolgte die Eröffnung der entsprechenden Anlagen.
Anfang 2008 wurden die Anteile derAirproducts Inc. an zwei Gemeinschaftsunternehmen vollständig übernommen. Zur Hauptversammlung im Mai 2008 wechselte der langjährige Vorstandsvorsitzende Peter-Alexander Wacker, Urenkel des Gründers, in den Aufsichtsrat. 2008 erzielte das Unternehmen mit 15.922 Mitarbeitern (per 31. Dezember 2008) einen Erlös in Höhe von 4,298 Milliarden Euro.
Am 4. Juni 2010 unterzeichnete die Wacker Chemie AG einen Vertrag zum Kauf der Siliziumproduktion am StandortHolla (Trøndelag) der norwegischenFESIL Group über rund 65 Mio. Euro.[14] 2010 wurde der koreanischeSilikonherstellerLucky Silicones vonHenkel übernommen; der Anteil am Joint-Venture an Planar Solutions wurde gegen Jahresende an den Joint-Venture-PartnerFujifilm verkauft.[15]
Im Juli 2011 trennte sich Wacker Chemie von seinem Geschäft mit Reifentrennmitteln. Die Rhein Chemie Rheinau GmbH – eine Tochter vonLanxess – erwarb Rechte und Kundenverträge dieses Geschäftes, mit dem Wacker bis dahin mehrere Millionen Umsatz erzielt hatte.[16]
Im Oktober 2011 nahm Wacker Chemie im Werk inNünchritz eine Produktionsanlage in Betrieb, die pro Jahr 15.000 TonnenPolysilizium produzieren soll. Die Investitionen betrugen ca. 900 Mio. Euro.[17]
Am 11. Juni 2015 brachte die Wacker Chemie ihre Wafer-TochterSiltronic an die Börse. Nach dem Börsengang verblieb eine Mehrheit von 57,8 % an Siltronic.[18] 2017 hielt Wacker noch eine Minderheitsbeteiligung von 30,8 %.[19] 2018 war Siltronic kein Geschäftsbereich mehr von Wacker.
Die Wacker Chemie AG ist in vierGeschäftsbereiche gegliedert.[5]Diese tragen für ihren Bereich die unternehmerische Verantwortung. Zur Wacker Chemie gehören 22verbundene Unternehmen, davon vier mitSitz inDeutschland. DieSiltronic AG mit Sitz inMünchen stellt das größte verbundene Unternehmen dar und ist gleichzeitigMuttergesellschaft des gleichnamigen Geschäftsbereiches.
Im Jahr 2018 war das Grundkapital der Gesellschaft in rund 52,2 MillionenInhaberaktien aufgeteilt.[21] Der überwiegende Anteil der Aktien befindet sich im Festbesitz[22] und wird kontrolliert durch die Gründerfamilie.[23]
Aktionär | Anteil |
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Dr. Alexander Wacker Familiengesellschaft mbH | 55,64 % |
Blue Elephant Holding GmbH (Peter-Alexander Wacker, Clara Wacker) | 10,86 % |
eigene Anteile | 4,75 % |
Streubesitz | 28,75 % |
Deutschland:
restliches Europa:
Asien:
Amerika:
Im Oktober 2005 gründete Wacker-Chemie ein Joint Venture mit Dymatic Chemical imchinesischenShunde.
In den USA gründete Wacker mit Air Products and Chemicals die Joint Ventures Wacker Polymer Systems und Air Products Polymers. 2008 wurden die Anteile von Air Products vollständig zurückerworben.
In Japan wurde ein Joint-Venture mit Asahi Chemical Industry gegründet und die Halbleiteraktivitäten von Nippon Steel erworben.
Mitte 2006 vereinbarte die Wacker Chemie mit dem südkoreanischen Konzern Samsung den Bau einer gemeinsamen Fabrik zur Herstellung von Siliziumscheiben (Wafern) für die Halbleiterindustrie.
Gemeinsam mitSchott Solar wurde 2007 ein Joint Venture zur Herstellung vonWafern aus polykristallinem Reinstsilicium gegründet (WACKER SCHOTT Solar GmbH). Zum 30. September 2009 zog sich die Wacker Chemie AG aus dem Joint Venture zurück.[28]
Dow Corning Corporation und Wacker Chemie AG eröffnen nach vierjähriger Bauzeit Mitte 2010 ihren gemeinsamen Produktionsstandort für Silikone inZhangjiagang,China.[29] Aus diesem Standort heraus bedienen die beiden Unternehmen die stark wachsende Nachfrage nach Silikonen in China und Asien. Bei einem gemeinsamen Investitionsvolumen von 1,8 Mrd. USD sollen Nennkapazitäten für Siloxan und pyrogene Kieselsäuren von rund 210.000 Tonnen pro Jahr erreicht werden.
Am 23. November 2020 unterzeichnetenCurevac und Wacker einen Vertrag, der vorsah, dass der Impfstoff CVnCoV ab dem 2. Halbjahr 2021 am Biotech-Standort von Wacker in Amsterdam produziert werden soll.[30] Später wurde ein Zulassungsantrag für den Impfstoff von Curevac zurückgezogen, weil die Wirksamkeit deutlich hinter derjenigen von Konkurrenzprodukten lag.[31] Am 16. März 2022 gaben dasBundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dasBundesministerium für Gesundheit in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt, dass mit fünf potenziellen Impfstoffproduzenten (darunter Wacker/CordenPharma) langfristige Lieferverträge geschlossen werden sollen.[32]