Viedma liegt im Tal des wasserreichenRío Negro, dennoch hat dasUmland wegen der steinigen Böden, des windigen Klimas und der geringen Niederschläge (ca. 350 bis 400 mm/Jahr) einen nahezu halbwüstenählichen Charakter. Deshalb wird heute dortBewässerungslandwirtschaft betrieben. Das Umland ist Teil despatagonischen Schichtstufenlands, einerDornbuschsteppe mit fast völliger Abwesenheit von Bäumen.
Der Name Viedma geht zurück aufFrancisco de Viedma y Narváez, der den Río Negro erforschte, um am Flusslauf eine Festung zu errichten. 1779 wurde auf seine Anweisung dem Gebiet eine Festung namensNuestra Señora del Carmen[1] gegründet, die jedoch bald aufgegeben und ans Nordufer des Río Negro (heutiges Carmen de Patagones) verlegt wurde. Dennoch wurde nach einiger Zeit hier eine landwirtschaftliche Kolonie angelegt. 1878 wurde der Ort Hauptstadt des Nationalterritoriums Río Negro (ab 1955 zur Provinz) und erhielt 1880 vom Gouverneur Álvaro Barros[1] den Namen Viedma.
Mit seiner Ankündigungsrede in Viedma am 16. April 1986 wollte der StaatspräsidentRaúl Alfonsín im Rahmen einesDezentralisierungsplans die Hauptstadt Argentiniens vonBuenos Aires nach Viedma verlegen.[1] Damit wollte er nach dem Ende derMilitärdiktatur (1976–1983) den demokratischen Neuanfang verdeutlichen und den Süden stärker entwickeln, sowie den argentinischen Anspruch auf dieIslas Malvinas (Falklandinseln) untermauern. Neben mehreren erfolgreichen Gesetzesvorlagen im Senat und in der Abgeordnetenkammer gehörte dazu auch eine Einladung an PapstJohannes Paul II.,[1] der Viedma im Rahmen dieses Regierungsprogramms besuchte. Eine eigene Behörde, die ENTECAP (Ente para la Construcción de la Nueva Capital[1]) wurde zunächst mit 2 und 1989 mit fast 5 Milliarden USD ausgestattet, um den Umzug voranzutreiben. Die Wirtschaftskrise (1987–1991) mitHyperinflation und der darauffolgende Machtwechsel machten die Umsetzung des Plans zunichte.
In der zweiten Hälfte der1980er-Jahre wurden weite Ländereien rund um Viedma von Bodenspekulanten in der Hoffnung auf einen Hauptstadtwechsel gekauft, ebenfalls stieg die Zahl der Zuwanderer sprunghaft an. Dies hatte zur Folge, dass breite Sektoren der Armut entstanden und dieArbeitslosigkeit heute die höchste von ganz Patagonien ist.
Während Carmen de Patagones und sein Umland schon lange ein Zentrum derLand- undViehwirtschaft sind, war die Wirtschaft Viedmas lange von den Verwaltungsposten abhängig. Heute wird im Tal des Río Negro ebenfalls mit Hilfe von künstlicher Bewässerung Landwirtschaft betrieben, gleichzeitig konzentrierten sich die Investitionen im Tourismusbereich, vor allem in den 28 Kilometer südlich gelegenen, landschaftlich sehr reizvollenBadeortEl Cóndor und dieSeelöwenkoloniePunta Bermeja.
Etwa 9 Kilometer südlich der Stadt befindet sich derFlughafen Viedma.
In Carmen de Patagones haben sich mehrere Bauten aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten, welche im kolonialen und neokolonialen Stil erbaut sind. Dazu zählen dasHaus La Carlota, der Festungsturm und die KircheNuestra Señora del Carmen. Die Stadt Viedma dagegen ist modern und – bis auf dieKathedrale – ohne architektonische Sehenswürdigkeiten.
↑abcdeFrank Tétart, Pierre-Alexandre Mounier, cartes de Gaëlle Sutton:Atlas historique des capitales déplacées : 70 capitales qui ont déménagé au fil des siècles. Éditions Autrement (Flammarion), Paris 2025,ISBN 978-2-08-047289-2,S.250ff.