Jugendverkehrsschule

Jugendverkehrsschulen (JVS), auchVerkehrsgärten, sind Institutionen, die der Förderung derVerkehrsmündigkeit von Kindern und Jugendlichen dienen sollen. Es handelt sich in der Regel um Einrichtungen inkommunaler Trägerschaft, die in Deutschland fachlich meist von derDeutschen Verkehrswacht e.V. betrieben und betreut werden. Sie finden sich in den Gemeinden häufig an Schulen angegliedert oder zumindest in deren Nähe angesiedelt und können auf diese Weise deren Gelände und deren Räumlichkeiten mitbenutzen sowie auf deren Personal zurückgreifen. Jugendverkehrsschulen stellen keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zu derschulischen Verkehrserziehung dar.

Verbreitung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Jugendverkehrsschulen entstanden bereits in den 1950er Jahren sowohl im Osten als auch im WestenDeutschlands. Es gibt sie ebenfalls inÖsterreich wie auch in derSchweiz sowie nahezu flächendeckend in Europa. Nach Auskunft der hauptverantwortlichenDeutschen Verkehrswacht arbeiteten im Jahre 2013 allein auf deutschem Gebiet etwa 800 Jugendverkehrsschulen. Die auch alsVerkehrsgarten bezeichnete Jugendverkehrsschule vonRostock existiert schon seit 1957, die vonFreiburg im Breisgau, wie auch der damals sogar mit einerStraßenbahn versehene Verkehrsgarten von Frankfurt seit dem Jahr 1960. InMönchengladbach entstand 1961 die erste Jugendverkehrsschule. Angesichts klammer Kassen der Kommunen beklagen allerdings zunehmend Betreiber den langsamen Verfall ihrer Schulungsgebäude wie etwa inRüsselsheim.[1] Neben den stationären gibt es auch sogenannte mobile Jugendverkehrsschulen wie die im österreichischenObertilliach, die den osttiroler Kindern in einem weiteren Umkreis zu ihrer freiwilligenRadfahrprüfung verhilft.[2]
Einrichtungen
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Die Minimalausstattung einer Jugendverkehrsschule besteht aus einemVerkehrsübungsplatz und einem überdachten Schulungsraum. Der Übungsplatz ist dem realen Verkehr, zu dem er hinführen soll, in Miniatur nachgebildet. In einem vom gefährlichenStraßenverkehr getrennten Schonraum finden sich dortStraßen,Gehwege,Einmündungen,Kreuzungen,Verkehrskreisel,Zebrastreifen,Verkehrszeichen,Ampelanlagen wie im richtigen Verkehr. So könnenVorfahrtsregeln, das Abbiegen, Fußgänger- wie Radfahrtechniken gefahrlos auf spielerische Weise erlernt werden.[3]
Die überdachten Räumlichkeiten sind wie klassische Schulzimmer mit beweglichen Stühlen, Tischen, Tafeln, Pinnwänden sowie den notwendigen Anschauungs- und Arbeitsmaterialien ausgestattet. Zudem stellen die Gemeinde bzw. die über Spenden finanzierte Deutsche Verkehrswacht verkehrsspezifische Materialien und Handwerkzeug, etwa für einfache Fahrradreparaturen, oder Bilder, Folien und Filme für Problemdiskussionen zur Verfügung. Der Schulungsraum bietet Gelegenheit für jede Art Fragen und Austausch zur Lebenswelt des Verkehrs und ist Ort der Theorieprüfungen.
Zielsetzungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]DieVerkehrspsychologie sammelt systematisch Erkenntnisse zumVerkehrsverhalten der Verkehrsteilnehmer. Das daraus sich ergebende Spektrum der Zielsetzungen und die geeigneten Vermittlungsformen werden von derVerkehrsdidaktik wissenschaftlich erarbeitet und formuliert.
Im Unterschied zu den vornehmlich vomADAC betriebenenFahrsicherheitszentren, in denen besonders gefährliche Verkehrssituationen wie schwierige Straßenverhältnisse, Straßenglätte, Aquaplaning simuliert und ein entsprechendes Verkehrs- und Fahrverhalten wie Bremsmanöver und Kurventechnik trainiert werden, befassen sich die Jugendverkehrsschulen mit dem alltäglichen Verkehrsgeschehen. Sie bereiten auf dasFußgängerdiplom und dieRadfahrprüfung vor und gestalten die Ausbildung dazu in spannenden Lernepisoden und Aufgaben, etwa in abwechslungsreichen Geschicklichkeitsparcours, in Quizform oder (bei Regen) in kreativen Gestaltungen wie dem Dichten vonVerkehrsfabeln oder dem Spiel mit demVerkehrskasper.[4]
Die Fahrsicherheitszentren wollen keine Konkurrenz zu denFahrschulen und die Jugendverkehrsschulen keine Alternative zu derVerkehrserziehung derAllgemeinbildenden Schulen sein, sondern diese sinnvoll ergänzen.[5] Dazu wird die räumliche Nähe und personelle Kooperation angestrebt.Polizeibeamte undLehrer teilen sich die wichtige Erziehungsaufgabe und profitieren dabei gleichzeitig von den gegenseitigen methodischen Erfahrungen und der verkehrstechnischen Ausstattung.
Zu den Aufgaben zählen neben der physischen, technischen, mentalen und emotionalen Verkehrsertüchtigung auch der selbstständige Umgang mit der Verkehrssicherheit des eigenen Fahrzeugs, etwa der Sicherheitsüberprüfung des Fahrrads einschließlich der Befähigung zu kleineren Reparaturen.[6] Es gehört dazu das Erlernen einer partnerschaftlichen Kommunikation in Form von Verständigungsformen über Verkehrsabsichten im alltäglichen Straßenverkehr. Und es gehört dazu die Stärkung des Bewusstseins, dass sinnvolles Verkehren nie gegeneinander, sondern immer nur miteinander sinnvoll ist und Freude macht.[7]
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Deutscher Verkehrssicherheitsrat (Hrsg.):Vom Spielzeug zum Verkehrsmittel. Bonn o. J.
- Dieter Hohenadel:Radfahrunterricht in der Grundschule und Jugendverkehrsschule. Braunschweig 1997
- Siegbert A. Warwitz:Verkehrserziehung vom Kinde aus. Wahrnehmen-Spielen-Denken-Handeln, Baltmannsweiler (Schneider-Verlag). 6. Auflage 2009.ISBN 978-3-8340-0563-2
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Wir hängen in der Luft (Memento vom 21. September 2013 imInternet Archive),Echo Zeitungen, 13. September 2013.
- ↑Der Führerschein fürs Fahrrad – Osttiroler Kinder machen die Prüfung, Bezirksblätter Obertilliach, 27. Juni 2013.
- ↑Deutscher Verkehrssicherheitsrat (Hrsg.):Vom Spielzeug zum Verkehrsmittel. Bonn o. J.
- ↑Siegbert A. Warwitz:Verkehr als Anlass zum Spielen, Raum zum Entdecken, Adresse geselligen Handelns. In: Ders.:Verkehrserziehung vom Kinde aus. Wahrnehmen-Spielen-Denken-Handeln. 6. Auflage. Baltmannsweiler 2009. Seiten 50–53
- ↑Dieter Hohenadel:Radfahrunterricht in der Grundschule und Jugendverkehrsschule. Braunschweig 1997
- ↑Dieter Hohenadel:Radfahrunterricht in der Grundschule und Jugendverkehrsschule. Braunschweig 1997
- ↑Siegbert A. Warwitz:Verkehr als Lernbereich. In: Ders.:Verkehrserziehung vom Kinde aus. Wahrnehmen-Spielen-Denken-Handeln. 6. Auflage. Baltmannsweiler 2009. Seiten 21–28