Sprühnebel-Gebläse werden zur Kühlung der Luft in öffentlichen Räumen genutzt. Die zum Verdunsten der Wassertropfen benötigte Verdampfungsenthalpie wird der Umgebungsluft entzogen, die sich dadurch abkühlt.
DieVerdampfungsenthalpieΔHv, nicht-fachsprachlich auchVerdampfungswärme, im Zusammenhang mitVerdunstung umgangssprachlichVerdunstungskälte genannt, ist diejenige Energie, die benötigt wird, um eine bestimmte Menge einer Flüssigkeit zuverdampfen, also vomflüssigen in dengasförmigenAggregatzustand zu überführen. DieKondensation (Verflüssigung) als Umkehrung der Verdampfung setzt denselben Betrag an Energie wieder alsKondensationsenthalpie (früher auch alsKondensationswärme oderlatente Wärme bezeichnet) frei.
Die Energie kann dem System in Form vonWärme und/oderArbeit zugeführt werden. Imoffenen System ist die Verdampfungisotherm undisobar, während das Volumen des Stoffs zunimmt. Die Verdampfungsenthalpie ist ein wichtiger Stoffwert in derDampfdruckkurve. Sie nimmt mit zunehmendem Druck und zunehmender Temperatur ab und wird am sogenannten „Kritischen Punkt“ zu Null. Technisch wird die Verdampfungsenthalpie z. B. zur Kühlungangewendet.
Für den Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand muss – auch falls sich die Flüssigkeit schon am Siedepunkt befindet – Energie in Form von Wärme und/oder Arbeit zugeführt werden. Diese Abtrennarbeit dient zur Überwindung derAnziehungskräfte zwischen denFlüssigkeitsteilchen. Dabei geht die zugeführte Energie aufgrund desEnergieerhaltungssatzes nicht verloren, sondern wird zu einem Teil der im Gas gespeicherten und bei der Kondensation wieder frei werdenden Energie.
Beispiel: Um ein Kilogramm Wasser bei 100 °C und 1013 mbar zu verdampfen, ist die AbtrennarbeitΔW = 2088 kJ aufzuwenden. Dieser vergleichsweise hohe Wert resultiert aus denWasserstoffbrückenbindungen zwischen den Wassermolekülen im flüssigen Aggregatzustand.
Außerdem hängt der Betrag der zuzuführenden Verdampfungsenthalpie von den Prozessbedingungen ab. Geschieht die Verdampfung oder Verdunstungisobar bei konstantem Druckp, wie es oft der Fall ist, so muss das entstehende Gas, um sich vom FlüssigkeitsvolumenVF auf das GasvolumenVG auszudehnen, gegen den äußeren Druckp dieVerschiebungsarbeitp·(VG-VF) = p ΔV leisten. Die zugeführte Energie wird also sowohl für Abtrennarbeit als auch für Verschiebungsarbeit verbraucht:ΔHv = ΔU + p·ΔV (Erläuterung der Formelzeichen im folgenden Kapitel).
Beispiel: Bei 1013 mbar (Normaldruck) und 100 °C (Siedepunkt bei Normaldruck) hat ein Kilogramm Wasser
im flüssigen Zustand ein Volumen von 1,04 dm3 = 0,00104 m3
im gasförmigen Zustand ein Volumen von 1,673 m3; dies entspricht einer Wasser-Konzentration bzw.Dichte der Gasphase bzw. desWasserdampfes von598 g/m3 (sieheDampfdruckkurve).
Die Volumenzunahme beim Verdampfen beträgt also 1,672 m3 und die bei der Ausdehnung gegen den äußeren Luftdruck geleistete Verschiebungsarbeit 169 kJ. Die unter isobaren Verhältnissen bei 100 °C und 1013 mbar pro kg Wasser zuzuführende Verdampfungsenthalpie beträgt daherΔHv = ΔU + p·ΔV = 2088 kJ + 169 kJ = 2257 kJ = 2,257 MJ.
Unter anderen Bedingungen, wie z. B. Verdampfen ins Vakuum, Verdampfen bei konstantem Volumen usw. gelten andere Gesetzmäßigkeiten.
heißtEnthalpie. Ändern sich, und um die Beträge, und, so ändert sich um den Betrag
.
Bleibt der Druck, wie im hier betrachteten Fall, konstant, so ist
.
In diesem isobaren Fall ist die zugeführte und auf Abtrenn- sowieVerschiebungsarbeit verteilte Energie
also gleich der Enthalpieänderung des Systems
und wird entsprechendVerdampfungsenthalpieΔHv genannt.
Beispiel: die Verdampfungsenthalpie von 1 kg Wasser beträgt 2257 kJ (bei 100 °C).
Zahlreiche alltägliche Verdampfungs- und Verdunstungsvorgänge finden imoffenen System unter isobaren und isothermen Bedingungen statt, weil die betreffenden Systeme dem atmosphärischen Luftdruck ausgesetzt sind.
Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie von Wasser,Methanol,Benzol undAceton
Die stoffspezifische Verdampfungsenthalpie hängt von der Temperatur, nicht dagegen vom äußeren Luftdruck ab. Tabellenwerte finden sich meist für die Siedetemperatur des Stoffes (Dampfdruck des Stoffs ist dann 1013 mbar). Die spezifische Verdampfungsenthalpie bezieht sich auf 1 kg (bzw. 1 g), die molare Verdampfungsenthalpie auf 1 mol des verdampfenden Stoffs.
Für beliebige Temperaturen kann die molare Verdampfungsenthalpie über den gemessenen Dampfdruck (des zu destillierenden Stoffs) mit der Beziehung vonClausius-Clapeyron berechnet werden (Sättigungsdampfdruck).
Temperaturen berechneter Verdampfungsenthalpie für Wasser
Diemolare Verdampfungsenthalpie (in kJ/mol) kann in diespezifische Verdampfungsenthalpie (in kJ/g) umgerechnet werden, indem man sie durch die molare Masse (hier: 18,02 g/mol für Wasser) teilt.
Die molare Verdampfungsenthalpie von Wasser kann im Temperaturbereich von 273 bis 473 K (0 bis 200 °C) durch folgende empirische Formel berechnet werden:
Kondensiert das Gas unter denselben Bedingungen wieder, so wird die zum Verdampfen aufgewandte Verdampfungsenthalpie in Form der betragsmäßig identischenKondensationsenthalpie auch wieder frei. Man spricht dann umgangssprachlich davon, dass diese Energie in Form nicht fühlbarerLatentwärme im Gas gespeichert gewesen sei. Dabei handelt es sich jedoch nicht umthermische Energie, sondern um diejenige Energie (Abtrenn- und Verschiebungsarbeit), die bei der Verflüssigung durch die Abnahme des Volumens wieder frei wird.
Bei derSublimation (Phasenumwandlung von fest nach gasförmig) spricht man vonSublimationsenthalpie, die zusätzlich zur Verdampfungsenthalpie auch dieSchmelzenthalpie des Stoffes beinhaltet. Auch Wassereis kann sublimieren, daher trocknet Wäsche auch bei Temperaturen unter 0 °C.
die Kühlung beispielsweise des menschlichen Körpers durchSchwitzen.
Kältemaschine/Wärmepumpe: die Verdampfungsenthalpie wird an der (zu) kühlenden Seite aufgenommen (Verdampfer) und an der (zu) heizenden Seite abgegeben (Kondensation).
Bei derHeizung durchVerbrennung vonKohlenwasserstoffen fällt das Wasser als Reaktionsprodukt der Verbrennung gasförmig an. Dessen Verdampfungsenthalpie ist im Abgas gespeichert.Brennwertkessel kondensieren den Wasserdampf zum größten Teil und gewinnen die dabei frei werdende Kondensationsenthalpie zurück.
Negativbeispiele sind:
Verdunstungskälte:
weiteres Abkühlen der Autoscheiben bei fahrtwindbegünstigter Verdunstung alkoholhaltiger Scheibenwaschzusätze; daher müssen diese Mischungen für sehr viel tiefere Temperaturen ausgelegt sein als die Außentemperatur im Winter
Frieren bei nasser Haut oder Kleidung
Bei der Entnahme von Gas aus Flüssiggasbehältern, wie bei Kohlendioxid, Stickstoff und Propangas, kühlen die Rohrleitungen stark ab und müssen oft zum Beispiel mittels Metallrippen durch Konvektion der Umgebungsluft erwärmt werden.
Kondensationsenthalpie:
Zur Verflüssigung von Gasen müssen hohe Energiemengen zur Kühlung und/oder zur Erhöhung des Drucks eingesetzt werden, weil Gase unter Umgebungsdruck erst bei sehr niedrigen Temperaturen kondensieren.
DieDampfmaschine und auch dasGas- und Dampfkraftwerk (GuD) haben eine um die Verdampfungsenthalpie des Wassers verminderten Wirkungsgrad, weil die Abwärme desKondensators (falls vorhanden) meist nicht genutzt wird.
Tropische Wirbelstürme beziehen ihre Energie hauptsächlich aus der Wärme, die bei der Kondensation riesiger Wassermassen freigesetzt wird.
Übersicht Verdampfungsenthalpien der chemischen Elemente
Spezifische VerdampfungsenthalpieΔhv [kJ/g] und die molare VerdampfungsenthalpieΔhv [kJ/mol] der reinenchemischen Elemente für die Siedetemperatur des Elements und einen Druck von 1013 hPa. Alle Angaben wurden von den jeweiligen Datenübersichten der im Einzelnen genannten Elemente übernommen.
Nebengruppenelemente:(alle Daten konsistent mit den bei den einzelnen Elementen genannten. Die spezifische Verdampfungsenthalpie wurde aus der molaren Verdampfungsenthalpie berechnet; sie gelten am Siedepunkt der Elemente)
Roy Bergdoll, Sebastian Breitenbach:Verbrennen und Löschen (= Die Roten Hefte. Heft 1). 18. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2019,ISBN 978-3-17-026968-2.}
↑Yiming Zhang, Julian R. G. Evans, Shoufeng Yang:Corrected Values for Boiling Points and Enthalpies of Vaporization of Elements in Handbooks. In:Journal of Chemical & Engineering Data. 56, 2011, S. 328–337;doi:10.1021/je1011086.