Vektordesign
Der BegriffVektordesign bezeichnet in derGentechnik die gezielte Anpassung einesVektors (im allgemeinen Sinn) mitmolekularbiologischen Methoden zur Vervielfältigung vonDNA. So wurde schon 1977 dasPlasmidpBR322 aus einem natürlich vorkommenden Plasmid entwickelt. In der Folge wurde dieses und andere Plasmide im Zuge des Vektordesigns verkleinert und mit neuenAntibiotikaresistenzen undReplikationsursprüngen versehen. Der am häufigsten modifizierte Abschnitt umfasst die Klonierungsstelle, häufig ein Bereich in dem viele nur einmal im Plasmid vorkommende (unique)Restriktionsenzym-Erkennungsstellen liegen, der multiplen Klonierungsstelle (mcs,multiple cloning site), auchPolylinker genannt. Sie dient dem gezielten Einbau von DNA Molekülen, mit dem Ziel der Vervielfältigung (Amplifikation) von Fremd-DNA. Zur ErzeugungrekombinanterProteine, codierender odernichtcodierender Ribonukleinsäuren und ihrerin vitro oderin vivo Anwendung werden geeignete flankierende Regulationsstellen inseriert.Dies erfolgt beispielsweise zu transienten Zwecken wie beiImpfstoffen (z. B. transientevirale Vektoren oderDNA-Impfstoffe), der transientenTransfektion oder beionkolytischen Viren sowie zu permanenten Zwecken wie derGentherapie oder der Erzeugung vongentechnisch veränderten Organismen.
DerOrganismus oderZelltyp bei der Herstellung ist nicht notwendigerweise auch der Zielorganismus des Vektors (engl.shuttle vector ‚Pendelvektor‘, z. B.Plasmide miteukaryotischenExpressionskassetten, virale Vektoren zur Verpackung inZellkulturen). Oftmals werden daher Anpassungen an beide Arten vonWirten vorgenommen.
Verfahren und Effekte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zur Steigerung derGenexpression werden auch die DNA-Abschnitte außerhalb der proteincodierenden Sequenz verändert. Die Wahl desPromotors,Enhancers undTerminators kann die Expressionsmenge steigern,[1][2] sofern sie in der zur Proteinexpression eingesetzten Spezies verwendet werden können. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen Säugern, Bakterien und Archaeen.[3][4][5] Ebenso richtet sich das Vektordesign nach der Verwendung alsKlonierungsvektor oder alsExpressionsvektor.
Kernexportsequenzen können beiEukaryoten die RNA-Konzentration imZytosol und somit die Expressionsmenge durch das dortigeRibosom erhöhen.[6] Weiterhin kann durch eineKozak-Sequenz die Erkennung dermRNA am Ribosom verbessert werden.[7] Durch einPolyadenylierungssignal sowie durch die Vermeidung von AUUUA-Sequenzen am 3'-Ende kann der vorzeitige Abbau der mRNA gemindert werden.[8] Die modulare Eigenschaft des Polylinkers kann durch eineInsertion oderDeletion einer Erkennungssequenz fürRestriktionsenzyme modifiziert werden. Gelegentlich werden modular austauschbare Expressionskassetten verwendet, die einen Austausch durchhomologe Rekombination oder durch dasRMCE-Kassettenaustauschverfahren erlauben. Bei einer Expression mehrerer Proteine können mehrere Vektoren, mehrereOperons in einem Vektor,IRES,Inteine oder2A-Peptide verwendet werden.
DieReplikation eines Plasmidvektors kann durch Einfügen eines oder mehrerer Replikationsursprünge und eventuell notwendigerCentromere auf mehrere Arten erweitert werden, wodurch bei Plasmiden eine längerfristige Expression erreicht werden kann, z. B. bei Plasmiden in Säugerzellen.
Die Veränderung der Protein-codierenden Sequenz wird meistens parallel zum Vektordesign durchgeführt. Im Zuge einesProteindesigns können z. B. durch eineCodon-Optimierung derExpressionskassette die Expressionsrate gesteigert oder andere Eigenschaften verändert werden.[9]
Vektorsicherheit
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Eine maßgebliche Anforderung an einen Vektor ist die Sicherheit seiner Anwendung in Lebewesen, die in Bezug auf den Menschen durch diebiologische Schutzstufe gekennzeichnet wird. Die Einteilung der Schutzstufe betrachtet diePathogenität, welche unter anderem durch die Möglichkeit einerReplikation, einer permanentenVeränderung des Genoms (die Insertion begünstigt eineTumorentstehung), sowie durch dieInfektiosität und dieSymptomatik bestimmt wird.
Zur Vermeidung einer überschießendenImmunreaktion werden bei bakteriell erzeugten Vektoren herstellungsbedingtePyrogene untersucht. Ebenso dürfen beiPlasmiden dieAntibiotikum-Resistenz-vermittelndenResistenzgene, welche bei der Herstellung zurSelektion verwendet werden, nicht auf dieMikroorganismen übertragen werden (z. B.Hautflora,Mundflora undDarmflora). Daher werden alternativAuxotrophien zur Selektion der transgenen Organismen verwendet oder die Resistenzgene nachträglich entfernt.
Beiviralen Vektoren werden einige zurReplikation notwendigeGene perDeletion entfernt, so dass eine Erzeugung nur durchKomplementation in einerZelllinie erfolgen kann, die diese Gene zuvor erhalten hat. Dies wird als Replikationsdefizienz bezeichnet. Ebenso kann durch eine Veränderung desRezeptors derTropismus im Zuge einerPseudotypisierung eingeschränkt oder geändert werden. Durch die VerwendungZelltyp-spezifischer Promotoren kann eine lokale Eingrenzung derGenexpression erreicht werden.
Vor der Entwicklung gentechnischer Methoden wurde eine Erhöhung der Sicherheit einesVirus durchAttenuierung erreicht. DieseLebendimpfstoffe umfassen z. B. die Schluckimpfung gegenPoliomyelitis oder die auf demVacciniavirus basierendenPockenimpfstoffe,MVA und NYVAC.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Cornel Mülhardt:Der Experimentator: Molekularbiologie/Genomics. 6. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2008,ISBN 978-3-8274-2036-7.
- Friedrich Lottspeich, Haralabos Zorbas:Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998.ISBN 3-8274-0041-4.
- Hubert Rehm, Thomas Letzel:Der Experimentator: Proteinbiochemie / Proteomics. 6. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2009.ISBN 978-3-8274-2312-2.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑J. Y. Qin, L. Zhang, K. L. Clift, I. Hulur, A. P. Xiang, B. Z. Ren, B. T. Lahn: Systematic comparison of constitutive promoters and the doxycycline-inducible promoter. In:PLOS ONE. 2010, Band 5, Nr. 5, Artikel e10611,PMID 20485554,PMC 2868906 (freier Volltext).
- ↑J. Blazeck, H. S. Alper:Promoter engineering: Recent advances in controlling transcription at the most fundamental level. In:Biotechnology Journal. 2012,doi:10.1002/biot.201200120,PMID 22890821.
- ↑Z. L. Xu, H. Mizuguchi, A. Ishii-Watabe, E. Uchida, T. Mayumi, T. Hayakawa:Strength evaluation of transcriptional regulatory elements for transgene expression by adenovirus vector. In:Journal of Controlled Release. 2002, Band 81, Nr. 1-2, S. 155–63,PMID 11992688.
- ↑J. C. Samuelson:Recent developments in difficult protein expression: a guide to E. coli strains, promoters, and relevant host mutations. In:Methods in Molecular Biology. 2011, Band 705, S. 195–209,PMID 21125387.
- ↑S. Berkner, G. Lipps:Genetic tools for Sulfolobus spp.: vectors and first applications. In:Archives of Microbiology. 2008, Band 190, Nr. 3, S. 217–30,PMID 18542925.
- ↑J. E. Donello, J. E. Loeb, T. J. Hope:Woodchuck hepatitis virus contains a tripartite posttranscriptional regulatory element. In:Journal of Virology. 1998, Band 72, Nr. 6, S. 5085–92,PMID 9573279,PMC 110072 (freier Volltext).
- ↑M. Kozak:An analysis of 5'-noncoding sequences from 699 vertebrate messenger RNAs. In:Nucleic Acids Research. 1987, Band 15, Nr. 20, S. 8125–48,PMID 3313277,PMC 306349 (freier Volltext).
- ↑T. Hamilton, M. Novotny, P. J. Jr. Pavicic, T. Herjan, J. Hartupee, D. Sun, C. Zhao, S. Datta:Diversity in post-transcriptional control of neutrophil chemoattractant cytokine gene expression. In:Cytokine. 2010, Band 52, Nr. 1-2, S. 116–22,PMID 20430641,PMC 2919655 (freier Volltext).
- ↑E. Kotsopoulou, V. N. Kim, A. J. Kingsman, S. M. Kingsman, K. A. Mitrophanous:A Rev-independent human immunodeficiency virus type 1 (HIV-1)-based vector that exploits a codon-optimized HIV-1 gag-pol gene. In:Journal of Virology. 2000, Band 74, Nr. 10, S. 4839–4852,PMID 10775623,PMC 112007 (freier Volltext).