Unterwäsche oderUnterkleidung (auchLeibwäsche, auchDessous[1],Lingerie [lɛ̃ʒ(ə)riː] oderWeißwaren[2]) bezeichnetKleidungsstücke, die unter derOberbekleidung direkt auf der Haut getragen werden.
Eines der ältesten Kleidungsstücke und die einfachste Form der Unterwäsche ist derLendenschurz. Der Lendenschurz wurde im altägyptischenMittleren Reich zur Unterwäsche, als lange Gewänder aufkamen und der zuvor offen getragene Schurz nun als Unterwäsche diente.[1] Die Völker Kleinasiens, etwa dieHebräer und dieHethiter, nutzten eine beinlose Lendenhose als Unterbekleidung. In derBronzezeit trugen Männer unter dem Rock einen knielangen, um die Hüften gewickelten Schurz, der mit einer Wollschnur gehalten wurde. DieKelten undGermanen trugen die kurzeBracae wahrscheinlich noch als alleiniges Beinkleid, das im Mittelalter alsBruoch zur Unterhose wurde. In altrömischer Zeit trugen Männer und Frauen unter dem Obergewand dasSubligaculum, Frauen zusätzlich noch dasFascia pectoralis (griech.stróphion).
Im Mittelalter wurde die Unterbekleidung beider Geschlechter unter dem BegriffNiderkleit oderNidergewant zusammengefasst.[1] In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts trugen Männer enge Hosen, unter denen wahrscheinlich keine Unterhose getragen wurde.[1]Mieder undUnterrock wandelten sich von einer taillenbetonten Silhouette während des Mittelalters, hin zur schlanken Silhouette des 14. und 15. Jahrhunderts, die mit dem zeitgleich aufkommendenKorsetts möglich wurde.[3]Im 16. und 17. Jahrhundert gab es in Europa sowohl knie- bis wadenlange Unterhosen als auch kurze Unterhosen. Beide Arten waren hinten offen und wurden mit einem Band im Taillenbund vorne zusammengebunden.[1] Um 1600 verbreitete sich aus Italien die knielange Unterhose für Frauen in Europa,Caleçons genannt, die schon ab ca. 1700 allein den Männern vorbehalten blieb.[1][4] Frauen trugen von da an, mit wenigen regionalen Ausnahmen, bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts keine Unterhosen mehr.[1]
Im18. Jahrhundert trugen Frauen Hemden,Strümpfe undUnterröcke (bzw.Unterkleider) als Unterwäsche.Korsetts waren zwar Unterkleidung, aber nicht „Wäsche“, da sie nicht gewaschen werden konnten. Männer pflegten zur gleichen Zeit ihre langen Hemden zwischen den Beinen hindurchzuziehen, so dass sie auch die Stelle der Unterhose vertraten. Ab dem späten 18. Jahrhundert sind spezielle Männerunterhosen belegt, die knie- oder knöchellang sein konnten. Sie hatten ein breites Hüftband oder eine Bundschnur, waren vorne mit Knöpfen verschlossen und mit einer ArtEingriff versehen.[1]
Um 1870 verbreiteten sich lange Unterhosen aus Baumwoll- oder Seidentrikot, um 1880 kam die Wollunterwäsche vonGustav Jäger in Mode.[1] Frauen trugen nach den auch modischen Umwälzungen derFranzösischen RevolutionTrikots unter den durchsichtigen Musselinkleidern derMode à la grecque, sowie knöchellange „Pantalons“, die unter derChemise hervorschauten. Diese auch „Drawers“ oder „Pantalettes“ genannten langen Unterhosen blieben bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in der Kinderkleidung erhalten.[5] Mit Aufkommen derKrinoline in den 1840er Jahren verbreiteten sich Damenunterhosen in fast allen Bevölkerungsschichten der Stadtbevölkerung. Sie waren wadenlang, ab den 1870er Jahren knielang und bestanden meist nur aus zwei von einer Schnur in der Taille zusammengehaltenen Hosenbeinen, die im Schritt offen waren. Ab den 1880er Jahren, im Zuge derReformbewegung, kamen geschlossene Unterhosen für Damen auf, die ausSeide,Flanell,Batist,Musselin,Baumwolle oderWolle sein konnten.
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickeln sich die heute bekannten Formen der Unterwäsche. Im Verlauf des Jahrhunderts entwickelten sich Teile der Unterwäsche zu Oberbekleidung fort, so entsteht z. B. das T-Shirt aus dem Männerunterhemd.
Unterwäsche wurde bis ins 19. Jahrhundert häufig aus weißemLeinen gefertigt und „Weißware“ genannt: Leinen war relativ billig und im Gegensatz zu Wolle gut waschbar. Baumwolle wurde erst im frühen 19. Jahrhundert allgemein erschwinglich. Weiß wurde aus mehreren Gründen gewählt:
Leinen muss (u. a. von Personal) aufwendig gebleicht werden, bis es weiß ist. Daher ist weißer Stoff ein Statussymbol.
Weißer Stoff bleibt nicht lange weiß. Genug Wäsche zu besitzen, um sie wechseln zu können, bevor sie verschmutzt, ist ein Statussymbol.
Nur ungefärbter Stoff konnte mit allen chemischen (z. B.Chlorlauge) und mechanischen (Rubbeln) Mitteln behandelt werden, die nötig waren, um Flecken vollständig zu entfernen. Gefärbter Stoff würde solcher Behandlung nicht standhalten.
Diese Vorliebe für Weiß hat sich bis heute gehalten. Bis ins 20. Jahrhundert wurden (Unter-)Wäschegeschäfte deshalb „Weißwarengeschäfte“ genannt.
Unterwäsche ist heute in der Regel aus bequemen und hautfreundlichen Materialien wie Baumwoll-Feinripp oder Seide hergestellt, war in der Geschichte aber auch aus Leinen, Flanell, Batist, Musselin oder Wolle. Unterwäsche oder auch Bekleidung allgemein ausGestricken oderGewirken wird auchTrikotage genannt.[6] Daneben haben sich in den vergangenen Jahrzehnten Kunstfasern (Polyamid,Polyester) zunehmend verbreitet. Seit jüngerer Zeit werden vermehrt synthetisch hergestellte Materialien alsMikrofaser verwendet.
Besteht aus zwei „Körbchen“ für die Brüste, die durch ein Band verbunden sind. Ein weiteres meist elastisches Band wird auf dem Rücken zusammengeknüpft oder durch Ösen befestigt. Zwei Träger führen über die Schultern.
Im Allgemeinen ist es gebräuchlich Unterwäsche, insbesondere Unterhosen, zu tragen. Anlass für große Diskussionen in der Presse gab etwaSarah Connor, als sie in einer Sendung vonWetten, dass..? scheinbar keine Unterhose unter ihrem Kleid trug.[8]
Torkild Hinrichsen (Hrsg.):Leibhaftig – Doppelripp und Spitzentraum. Zur Kulturgeschichte der Unterwäsche. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2011,ISBN 978-3-89876-571-8.
Almut Junker, Eva Stille:Die zweite Haut – zur Geschichte der Unterwäsche 1700–1960. Ausstellung des Historischen Museums Frankfurt, 28. April bis 28. August 1988. Historisches Museum, Frankfurt am Main 1988,ISBN 3-89282-010-4.
Klaus H. Carl. Parkstone (Redaktion der deutschen Ausgabe):Die Geschichte der Unterwäsche. New York; NY 2010,ISBN 978-1-84484-802-7.
Band 1: Shaun Cole:Die Geschichte der Herrenunterwäsche.
Band 2: Muriel Barbier, Shazia Boucher:Die Geschichte der Damenunterwäsche.
Christel Dietz:Studie über den Einfluß unterschiedlicher Unterwäsche auf die trockene Wärmeabgabe der Haut unter Zimmertemperaturbedingungen Leipzig, 1969 (Dissertation Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, 22. September 1969, 138 Seiten).
↑Weißwaren. In: Brockhaus.de. Abgerufen am 21. Mai 2023.
↑McGaw, Judith A.:Why Feminine Technologies Matter. In: Nina E. Lerman (Hrsg.):Gender and Technology: A Reader. Johns Hopkins University Press, Baltimore; London 2003,ISBN 978-0-8018-7259-4,S.13–36.