Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unterTunnel (Begriffsklärung) aufgeführt.
Yerba-Buena-Tunnel: Tunneleinfahrt in RichtungSan FranciscoSchloßbergtunnel als Fuß- und Radverkehrstunnel in TübingenIm Inneren eines StraßentunnelsU-Bahn-Tunnel inTaipeh.
EinTunnel oderTunnelbauwerk ist ein zumeist unterirdisches Bauwerk ähnlich einer Röhre, die der Unterquerung von Hindernissen wieBergen,Gewässern oder anderenVerkehrswegen dient. Seltener dienen Tunnel anderen Zwecken wie zum Beispiel dem Schutz der Anwohner vorStraßen- oderSchienenverkehrslärm. In diesem Fall werden sie auch alsUnterflurtrasse bezeichnet. Tunnel zählen zu denIngenieurbauwerken.
Bereits in derAntike wurden Tunnel für die Wasserver- und -entsorgung, selten auch für Straßen, die insbesondere militärischen Zwecken dienten, gebaut. Nach dem Ende desRömisches Reiches stagnierte der europäische Tunnelbau, die wenigen Tunnelbauten desMittelalters orientierten sich in Bauweise und Funktion an antiken Vorbildern.
Der Begriff Tunnel, der aus dem Englischen stammt (tunnel), setzte sich seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts im Deutschen durch.
Der Begrifftunnel tauchte erstmals im frühen 15. Jahrhundert imEnglischen auf und bezeichnete ein trichterförmiges Vogelnetz. Es ist nicht klar, ob der Begriff vonfranzösischtonnelle‚Netz‘ oderfranzösischton‚kleines Fass‘ stammt. In den 1540er-Jahren wurdetunnel erstmals für Röhre verwendet und in den 1660er Jahren erstmals fürunterirdischer Durchgang. Aus dem Englischen kam der Begriff zurück ins Französische und verdrängte dort das zuvor für unterirdische Bauwerke verwendete Wortmine.[1]
ImDuden wird neben demStichwortder Tunnel[2] auchdas Tunell[3] aufgeführt als Begriff, der in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz verwendet wird. Im Sprachgebrauch ist die Verwendung als Neutrum nur noch selten.[4] Die bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch typische Endbetonung wie im Französischen ist weitgehend der Betonung auf der ersten Silbe gewichen, mit Ausnahme einiger Sprecher im Süden des deutschen Sprachraums und besonders Südtirols.[5]
InDeutschland werden Tunnel nach der geltendenDIN-Norm1076 – Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen; Überwachung und Prüfung als unterhalb der Erd- oder Wasseroberfläche liegende Bauwerke definiert. OberirdischeEinhausungen von Verkehrswegen mit mindestens 80 m Länge undGaleriebauwerke gelten ebenfalls als Tunnel.Unterführungen zählen nach der Norm nicht zu den Tunnelbauwerken, wenn diese in offener Bauweise hergestellt wurden und kürzer als 80 Meter sind.[6]
Neben der Länge werden bei Tunneln u. a. die folgenden charakteristischen Maße angegeben:
Querschnittsfläche: Durch die Tunnelwände begrenzter Flächeninhalt einer rechtwinklig zum Tunnelverlauf gespannten Fläche.
Ausbruchsfläche: Durch das Gebirgsprofil begrenzter Flächeninhalt einer rechtwinklig zum Tunnelverlauf gespannten Fläche.
Überdeckung: Abstand zwischen der Oberkante des Tunnels und der Oberkante des darüber befindlichen Geländes.
Lichte Höhe: Abstand zwischen der Oberkante und dem Boden des Tunnels. Tunnel werden aus statischen Gründen meist gewölbt ausgeführt, so dass diemaximale lichte Höhe wesentlich größer ist als die von den Fahrzeugen nutzbarelichte Durchfahrtshöhe – die minimal zulässige lichte Höhe im Bereich des Durchfahrtsprofils.
Vorläufer der dem Verkehr dienenden großen Tunnel waren unterirdische Wasserleitungen inStollen- oderKanatbauweise, die bereits seit der Antike errichtet wurden. Seit dem Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. wurde in den verschiedenen Staaten des Orients Grundwasser durch Kanate erschlossen, bei denen auf der Trasse der zukünftigen Wasserleitung senkrechte Schächte in die Tiefe getrieben und dann horizontal miteinander verbunden wurden. Ein Qanat hatte immer ein leichtesGefälle zu einer Siedlung hin. Dadurch konnte unterirdisch das Grundwasser erschlossen und durch das Qanat zur Siedlung geführt werden. Andernfalls hätte dasselbe Grundwasser aus großer Tiefe unterhalb der Siedlung heraufgeholt werden müssen. DieKanaaniter schlugen inMegiddo bereits einen 70 Meter langen Stollen in den Fels, der ihnen einen gedeckten Zugang zu einer unterirdischenZisterne außerhalb der Stadtmauern gewährte.
Wie beim Kanat kam auch im Tunnelbau das sogenannte Gegenortverfahren zur Anwendung. Dabei wurden vom Ausgangs- und vom Endpunkt des Tunnels zunächstSuchstollen geschlagen, die erst nach dem Aufeinandertreffen auf den erforderlichen Querschnitt erweitert wurden. In der frühbronzezeitlichen Siedlung Khirbet ez-Zaraqon inJordanien existiert ein 200 Meter langer Tunnel, an dessenFirste sich die Suchstollen noch gut nachvollziehen lassen. Seine Datierung in die Zeit vor der Verwendung von Eisenwerkzeugen scheint problematisch.[7] Die Griechen bauten beispielsweise aufSamos zur verdeckten Wasserversorgung um 530 v. Chr. den 1063 Meter langen sogenanntenTunnel des Eupalinos. Unter dem judäischen KönigHiskija wurde ebenfalls zur Wasserversorgung bei Belagerungen von derGihon-Quelle zumTeich von Siloah inJerusalem der 533 Meter langeHiskija-Tunnel gegraben. Ein etwa 150 v. Chr. geschlagener 700 Meter langer Tunnel nachQumran amToten Meer diente ebenfalls der Wasserversorgung. DieEtrusker schufen die weniger spektakulären zahlreichenCuniculi, schmale Tunnel, die der Wasserleitung, derDrainage oder der Wassersammlung dienten. Im 6. Jahrhundert v. Chr. errichteten sie in denAlbaner Bergen erste Straßentunnel. Besonders dieRömer führten viele Bauten aus, darunter die Ableitung desFucino-Sees, ein 5623 Meter langer Tunnel von der Mitte des 1. Jahrhunderts.Vespasian ließ im Jahr 77 auf derVia Flaminia einen neuen Tunnel durch den Intercisa-Pass(Furlo) errichten. Besonders bekannt ist ein Aquädukttunnel imalgerischenBejaia aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. durch den römischen Baumeister Nonius Datus, der in einer Inschrift die Schwierigkeiten des Gegenortverfahrens beschrieb.[8] Straßentunnel errichteten die Römer nur in Italien: Der ArchitektLucius Cocceius Auctus errichtete im Bürgerkrieg mitSextus Pompeius 38/37 v. Chr. drei Tunnel umCumae und amAverner See sowie zwei weitere zwischenNeapel undPuteoli, die eine Länge von bis zu 1000 Metern hatten. Auf der InselPonza ist ein Straßentunnel nachweisbar.[9]
Als ältester Verkehrstunnel der Alpen gilt derBuco di Viso (französisch Le Pertuis du Viso) in denCottischen Alpen. Er wurde 1480 fertiggestellt und diente dem Warentransport mitSaumtieren.
Der mitteleuropaweit älteste frühmittelalterliche Wasserstollen ist der Stiftsarm desAlmkanals inSalzburg, der der Nutzwasserversorgung der Stadt diente und 1143 durch denMönchsberg geschlagen worden war. Ein weiterer Tunnel, der vermutlich aus dieser Zeit stammt, ist derFulbert-Stollen amLaacher See, der nach 1164 gebaut wurde und der Konstanthaltung des Wasserspiegels diente.
Traditionell gebauter Tunnel ohne Innenschale aufMadeiraAlter Elbtunnel (erbaut 1911)
Die Einführung des Schwarzpulvers zur Gesteinssprengung machte seit dem 17. Jahrhundert Tunnel beim Bau vonKanälen realisierbar, beispielsweise der 157 Meter langeMalpas-Tunnel für denCanal du Midi (um 1680) und derSchifffahrtstunnel von Weilburg an derLahn. 1708 wurde mit demUrnerloch beiAndermatt der erste Tunnel an einer Alpenstraße (Länge 64 m) für den Güter- und Personenverkehr gebaut. Das 1765 fertiggestellteSigmundstor inSalzburg mit einer Länge von 131 Metern ist der älteste Straßentunnel Österreichs. Der 1789 eröffneteSapperton-Kanaltunnel im Thames & Severn Canal in England war 3,5 Kilometer lang und erlaubte den Transport von Kohlefrachtern. Der 2869 Meter langeNorwood-Tunnel in England, eröffnet 1775, ist ein weiteres Beispiel. Durch den von 1842 bis 1847 erbauten 4880 Meter langenMauvages-Tunnel imCanal de la Marne au Rhin im Elsass wurden Boote und Schiffe mit einem im Jahr 1912 in Betrieb genommenen elektrischenKettenschleppergetreidelt. Die Treideleinrichtung ist jedoch nicht mehr in Betrieb, da der Kanal überwiegend von Freizeitschiffern genutzt wird.
Der erste Verkehrstunnel unter einemFluss wurde unter derThemse inLondon zwischenRotherhithe undWapping von 1825 bis 1841 mit einer Unterbrechung von sieben Jahren erstellt. Nach der Ausrüstung mit Licht, Fahrbahnen, Treppen und einer Maschinenanlage zur Drainage wurde er am 25. März 1843 für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Für Fußgänger wurde er nur bis 1865 genutzt, danach wurde dieserThames Tunnel von der East London Railway als Teil derLondon Underground (zuletztEast London Line) benutzt.
Der erste amerikanische Verkehrstunnel unter einem Fluss wurde am 1. Januar 1869 inChicago eröffnet. 1899 wurde derSpreetunnel Stralau in Berlin in Betrieb genommen. Am 7. September 1911 wurde derElbtunnel inHamburg eröffnet.
Die ersten Eisenbahntunnel schufGeorge Stephenson auf derStrecke Liverpool–Manchester 1826 bis 1830. 1837 bis 1839 wurde auf derStrecke Leipzig–Dresdenbei Oberau der erste Tunnel einer Vollbahn auf dem europäischen Festland gebaut. Die Erfindung desDynamits und der mit Druckluft betriebenen Gesteinsbohrmaschinen ermöglichte den Bau der großen Gebirgstunnel.
Bemerkenswert ist der 1882 unter demCol de Tende hindurchgetriebene 3182 Meter langeCol-de-Tende-Straßentunnel. Er war der erste Straßentunnel unter einem Alpenpass und dürfte seinerzeit einer der längsten für den öffentlichen Verkehr freigegebenen Tunnels der Welt gewesen sein.
Tunnel schrieben auch politische und militärische Geschichte: Gegen Ende desZweiten Weltkriegs lagerte die deutsche Rüstungsindustrie zahlreiche Fertigungsstätten in bombensicher vermauerte Verkehrstunnel im Rahmen des so genanntenU-Verlagerungsprogramms aus. In den 1960er Jahren wurden geheimeFluchttunnel aus Ostberlin und derDDR nach Westberlin undSpionagetunnel vice versa während der Zeit derBerliner Mauer gebaut. Während desVietnamkrieges besaß derVietcong in den 1970er Jahren eine Vielzahl von Tunneln bis in die Nähe der südvietnamesischen HauptstadtSaigon, in welche die Soldaten derVietnamesischen Volksbefreiungsarmee sich bei amerikanischen Luftangriffen und Patrouillen versteckten, Nachschublager unterhielten und Verwundete operierten und pflegten. Während desBosnienkrieges in den 1990er Jahren bauten die bosnischen Truppen einen geheimen Tunnel vonSarajevo unter dem serbischen Belagerungsring hindurch, durch den sie bescheidenen Nachschub erhielten.
Tunnel für Verkehrswege könnenein-,zweispurig oder mehrspurig sein. Tunnel können im wechselweisen Richtungsverkehr betrieben werden. Bei Autobahnen ist das die Regel, zwei parallele Röhren können dann als ein Tunnel angesehen werden.
Eisenbahntunnel dienen in erster Linie der Umgehungtopografischer Hindernisse. Im Gegensatz zu Straßenfahrzeugen könnenAdhäsionsbahnen nur geringe Steigungen überwinden und großeBögen befahren, weshalb die Trasse oft nicht über oder um Hindernisse herumgeführt werden kann.
BeiGebirgsbahnen werdenKehrtunnel eingesetzt, die dem Höhengewinn der Strecke dienen, indem die Strecke durch einen Tunnel im Gebirge künstlich verlängert wird. Kehrtunnel kommen bei extremen topografischen Verhältnissen wie beiZahnradbahnen vor.
Da Straßenfahrzeuge größere Steigungen als Schienenfahrzeuge überwinden können, begann der Bau von Straßentunneln in größerem Umfang erst im Zuge des Baus von Autobahnen und anderen Schnellstraßen. Vorher waren Straßentunnel nur im Gebirge anzutreffen und meist nur kurz.
Seit neuerer Zeit werden Tunnel aus Gründen des Landschafts- und Umweltschutzes errichtet. So wurde beispielsweise im Zuge derBundesautobahn 4 westlich vonJena in Thüringen der 2014 in Betrieb genommeneJagdbergtunnel gebaut, um das ökologisch wertvolleLeutratal vom Autoverkehr zu befreien.
Weiter haben einigeGrünbrücken so große Längen, dass sie als Tunnel gelten.
Diese Tunnelart wird hauptsächlich in Städten angewendet. Dort dienen Fußgängertunnel häufig als Ersatz für Fußgängerüberführungen über breite Straßen oder als Verbindung von U-Bahn-Stationen. Insbesondere in Bahnhöfen werdenPersonentunnel angelegt. In Städten in kälteren Klimazonen gibt es größere Netze aus Fußgängertunneln, welcheUntergrundstädte genannt werden. Beispiele für Fußgängertunnel sind dieBerliner Fußgängertunnel oder derEiertunnel inBad Kleinen. DerSchlossbergtunnel inTübingen ist dagegen 1974 für Fußgänger zur Durchquerung dieses natürlichen Höhenzuges gebaut worden.
In derLamprechtshöhle im Land Salzburg wurde vor Jahrzehnten ein Tunnel in den Fels gesprengt und später mit einer eisernen Tür verschließbar gemacht, um einenSiphon umgehen zu können, der temporär den trockenen Weg versperrt.
In Städten werden mitunter Tunnel als Fußgängerbereiche angelegt, um ganzjährig angenehme „Außen“-Temperaturen vor Geschäftslokalen zu schaffen, in der ost-kanadischen StadtToronto als Schutz vor großer Kälte im Winter.
Tunnel werden auch bei Besetzungen genutzt, da es besonders schwierig ist, diese zu räumen ohne die körperliche Unversehrtheit der Besetzenden zu riskieren.[12]
AlsKanaltunnel (Schiffstunnel) werden Bauwerke bezeichnet, mit denen einschiffbarer Kanal unter Landschaftserhebungen wie Hügeln oder Bergen hindurchgeführt wird. Bei der Planung von Kanälen werden Anhöhen, die nicht mit einem Geländeeinschnitt zu durchqueren sind, wenn immer möglich mit einer längeren Strecke auf gleichbleibender Höhe umgangen oder mitSchleusenreihen überschritten. Wo beides nicht in Frage kommt oder für eine solche Lösung eine zu große Massenbewegung erforderlich wäre, kann der Bau eines Tunnels die wirtschaftlich optimale Variante sein.
Kanaltunnel sind meist für einspurigen Verkehr ausgelegt. Vor beiden Portalen sind ausreichende Warteräume undSignaleinrichtungen für die Verkehrsregelung erforderlich. In einigen Tunneln wird der Wasserweg von einemBankett über dem Wasserniveau begleitet, das für Kontrollgänge und dasZiehen von Kähnen diente. Der erste Kanaltunnel wurde im 17. Jahrhundert für den Canal du Midi gebaut.
Der einzige schiffbare Tunnel in Deutschland ist der 195 Meter langeWeilburger Schifffahrtstunnel an der Lahn, der am 18. September 1847 eröffnet wurde.
Scheiteltunnel bezeichnen Bauwerke, die über Zufahrtsrampen erreicht werden und meist unter einemGebirgspass hindurchführen. Dabei befindet sich der höchste Punkt des Verkehrsweges – die Passhöhe – oft innerhalb des Tunnels.
Beispiele für Passrouten mit Scheiteltunnel:
Straße über denCol du Galibier: die 1890 erbaute Straße unterquert den 2645 m hohen Pass mit einem Scheiteltunnel von 363 m Länge, in dem die Straße eine Höhe von 2556 m erreicht.
Großglockner-Hochalpenstraße: Die 1930 bis 1932 erbaute Straße unterquert das 2576 m hohe Hochtor mit einem Scheiteltunnel von 311 m Länge, dessen höchster Punkt auf 2504 m liegt.
MitBasistunnel werden Tunnelbauwerke bezeichnet, die ohne Rampen mit nur geringer Steigung durch ein Gebirge führen, dafür wesentlich länger und aufwändiger herzustellen sind als Scheiteltunnel.
Beispiele für Basistunnel in den Alpen:
Mont-Blanc-Tunnel: Der 11,6 km lange Straßentunnel wurde 1965 eröffnet.
Scheitel- wie Basistunnel können beachtliche Längen erreichen. Um die Verkehrswege möglichst leistungsfähig zu gestalten, wurden meist Lösungen gewählt, die mit der damaligen Technik gerade noch machbar waren oder an die Grenzen der Finanzierungsmöglichkeiten stießen. Die bei großer Länge nur mit dem für die Entwässerung nötigen Gefälle verlaufenden Tunnel haben meist keine gute natürliche Entlüftung, weil der höchste Punkt des Tunnels im Berg liegt. Dies führte beispielsweise beimFurka-Basistunnel zu Nebelbildung, welche die Schienen korrodieren ließ, so dass sie vorzeitig ausgetauscht werden mussten.[15] Sicherheitstechnisch sind die langen Tunnel eine besondere Herausforderung, da sie oft in entlegenen Gebieten liegen und die Rettungsdienste lange Anfahrtswege bei Störfällen im Tunnel haben. Bei manchen Tunneln, wie etwa beim Elbtunnel Hamburg, existieren spezielle Tunnelfeuerwehren. Im Mont-Blanc- und imTauerntunnel (Autobahn) ereigneten sich 1999 schwere Tunnelbrände, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Tunnelsicherheit nach sich zogen.
Unterwassertunnel können zur Querung von Wasserflächen eingesetzt werden. Generell sind Unterwassertunnel kostspieliger als Brücken, können dafür größere Distanzen überwinden. Bei Schifffahrtswegen können Brücken oft nur eingeschränkt eingesetzt werden, weil sie die Schifffahrt behindern.
Beispiele für Tunnel, die aus Schifffahrtsgründen an Stelle von Brücken erbaut wurden:
Unterwassertunnel können alsAbsenktunnel gebaut werden, indem vorgefertigte Tunnelabschnitte eingeschwommen und abgesenkt werden; wenn sie am Grund liegen werden sie miteinander verbunden, abgedichtet und leer gepumpt.
Beispiele für Tunnel, die als Absenktunnel gebaut wurden:
Versorgungstunnel (engl.utility vault), auch als Kabeltunnel oder Leitungstunnel bezeichnet, werden überwiegend zur Führung von Rohrleitungen sowie von elektrischen Kabeln und Leitungen genutzt.Als Komponente derVersorgungstechnik dienen sie dem Transport von Flüssigkeiten und Gasen sowie der Signal- und Energieübertragung.Versorgungstunnel können begehbar oder alsKriechgang ausgebildet sein. Zugänglich sind sie überEinstiegsschächte. Beispiele sind derFernwärmetunnel Kiel sowie derDartford-Kabeltunnel.
Zunehmend werden Tunnel als Unterführungen von Straßen gebaut, um die Wanderung vonWildtieren zu erleichtern. Dies kompensiert vor allem die zunehmendeFragmentierung von Lebensräumen und damit die Abnahme und den Verlust vonBiodiversität. InCosta Rica wurden vier solcher Tunnel über drei Wochen mittelsKamerafallen überwacht. Die Tunnel wurden in diesem Zeitraum von zwölfSäugetier-Arten und insgesamt 108 Exemplaren durchquert.[16] Man kann daraus schließen, dass solche Tunnel einen effektiven Beitrag zum Natur- undArtenschutz leisten, insbesondere wenn nicht nur Säugetiere betrachtet werden (und damit und pro Jahr Hunderten oder gar Tausenden von Tieren mehr Bewegungsmöglichkeiten bieten). In Deutschland werden u. a. Amphibientunnel und Dachsröhren geschaffen.[17]
DerBau eines Tunnels ist kostenintensiv und oft eine Herausforderung an die Ingenieurskunst. Lange Tunnel werden üblicherweise von beiden Seiten her imGegenortvortrieb gebaut, dies gilt vor allem imGebirge oder unter demMeer. Inzwischen gibt es Bauwerke, bei denen auch von Zwischenangriffen, die beispielsweise mit Schächten erschlossen wurden, gebaut wurde (als Beispiel derGotthard-Basistunnel). Damit lässt sich die Bauzeit verkürzen, da dann 4 statt nur 2 Vortriebe vorhanden sind.
Der Bau von Tunneln erfolgt in geschlossener oder in offener Bauweise. Bei der geschlossenen Bauweise erfolgt die Herstellung bergmännisch in derNeuen Österreichischen Bauweise mittelsBohr- undSprengvortrieb oder maschinell mittels einerTunnelbohrmaschine also imSchildvortrieb oder im offenen Vortrieb. Beim Tunnelbau inoffener Bauweise wird das Tunnelbauwerk in einer offenen Baugrube hergestellt, die anschließend wieder verfüllt wird.
Bei längeren Tunneln im Gebirge und imHochgebirge kommt oft nur derGegenortvortrieb, eventuell ergänzt um weitere Vortriebe von Zwischenangriffen aus, als Bauweise in Frage, um die Bauzeit zu reduzieren. Die Grundlage für einen erfolgreichen Tunnelbau ist eine präziseVermessung des zu bauenden Tunnels.
Bei einem langen Tunnel (mit geradlinigem Streckenverlauf) weicht die Linie des konstanten Gefälles bereits deutlich von einerGeraden ab. Diese Linie liegt dank derErdkrümmung näherungsweise auf einem Kreis mit demErdradius. Die Abweichung von der Geraden beträgt auf 10 km Länge bereits 8 m. Etwa ab 1 km langen Bauwerken ist daherHöhere Geodäsie nötig, um ausreichende Genauigkeit zu erreichen. Der entdeckte Vermessungsfehler beim Zusammentreffen der beiden je etwa 10 km langenRichtstollen desSimplontunnels betrug etwa 22 Zentimeter.
Der Bau von Tunneln ist sehr investitionsintensiv. So schlägt in Deutschland ein einröhriger, zweistreifiger Straßentunnel, welcher bergmännisch in mittelschweren Bodenverhältnissen hergestellt wird, im Schnitt mit 20.000 Euro pro Meter zu Buche. Dies ist nur ein Durchschnittswert, der nach unten, vor allem stark nach oben hin abweichen kann. Hinzu kommen 15 bis 20 Prozent für die Ausstattung des Tunnels, zum Beispiel Beleuchtung, Entlüftung, Löschwasserleitungen, Betriebsgebäude etc. Neben den zum Teil enormen Baukosten ist dieUnterhaltung des Tunnels ebenfalls kostspielig. Im Schnitt wird mit jährlich 180.000 Euro pro Kilometer Tunnelstrecke gerechnet.
Um Menschen beim Bau eines Tunnels ausreichende Sicht und atembare Luft bereitzustellen, ist eine Belüftung notwendig, z. B. durch eine an der Stollendecke abgehängteLutte oder über einen Parallelstollen und Querschlag oder quer verlaufende Zu- oder Abluftstollen. Die bauzeitliche Belüftung dient insbesondere auch der Abführung der Sprenggase beim Sprengvortrieb und der Abführung der Abgase der verwendeten Baumaschinen.
DieBetriebssicherheit stellt einen wesentlichen Aspekt bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Tunnelbauwerken dar.[18] Im Vergleich zu Unfällen im offenen Gelände können sich bei Unglücken in Inneren von längeren Tunneln folgende besondere Herausforderungen ergeben:
In Tunneln kann ein funktionierendes Sicherheitssystem bei Unfällen oderBränden Leben retten. Folgende bauliche und technische Maßnahmen erhöhen die Sicherheit in Tunnelanlagen:
Abflusssystem für brennbare Flüssigkeiten,
Anlage zur automatischen Branddetektion (Brandmelder),
Lautsprecheranlage für Sprachdurchsagen durch Leitwartenpersonal und Feuerwehr, insbesondere für Evakuierungsaufforderungen im Brandfall und weitere Sicherheitshinweise. Seit 2009 wird in Deutschland für Straßenverkehrstunnel fast nur noch die von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) empfohlene synchronisierte Längsbeschallung (SLASS-Technik = synchronized longitudinal announcement speaker system) mit Grenzflächenhornlautsprechern installiert, mit der erstmals trotz der extremen akustischen Verhältnisse eine akzeptable Sprachverständlichkeit solcher Durchsagen erreicht wird.
Bei Tunnelbauwerken ist ein intensives Sicherheitsmanagement notwendig, welches das Erstellen vonAlarmplänen und Durchführungen von Übungen mit den ansässigen Feuerwehren beinhaltet. Feuerwehren, in deren Schutzgebiet Tunnelbauwerke für Verkehrswege liegen, werdenPortalfeuerwehren genannt. Sie verfügen über spezielle Ausrüstung für den Einsatz im Tunnel. Zahlreiche schwere Unfälle in Tunneln zeigen, dass viele Tunnel nur über ein schlechtes Sicherheitssystem verfügen.
Um die Sicherheit in Straßentunneln zu erhöhen, werden laufend Tests von denVerkehrsclubs durchgeführt, bei denen ungefähr 30 Tunnel in ganz Europa miteinander verglichen werden. Durch Veröffentlichung der Resultate soll auf die Tunnelbetreiber öffentlicher Druck ausgeübt werden. 2005 begann das von derEuropäischen Union geförderte SicherheitsprojektEuroTAP (European Tunnel Assessment Programme) desÖAMTC, an dem sich Verkehrsclubs aus zehn weiteren Ländern beteiligen. Die Europäische Union hat zur Verbesserung der Tunnelsicherheit in Straßentunneln die Richtlinie 2004/54/EG erlassen, deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten bis zum 30. April 2016 abgeschlossen sein musste. In Österreich wurde dazu das ab 1. Mai 2006 gültige Tunnelsicherheitsgesetz erlassen, das für alle Straßentunnel auf denAutobahnen und Schnellstraßen mit einer Länge von 500 Metern oder mehr gültig ist.
Trotz aller dieser Maßnahmen kann vor allem in Straßentunneln keine hundertprozentige Sicherheit gewährleistet werden. Auch die Benutzer müssen sich der Gefahren bewusst sein und sich an die Regeln halten, wie:
Michael Hascher:Tunnel. In:Enzyklopädie der Neuzeit Online. Im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und in Verbindung mit den Fachherausgebern herausgegeben von Friedrich Jaeger.doi:10.1163/2352-0248_edn_COM_368091.
Ralf Roman Rossberg:Sicherheit hat ihren Preis. Teure Tunnel. In:eisenbahn magazin.Nr.4/2011. Alba Publikation, April 2011,ISSN0342-1902,S.26–29.
↑DIN 1076:1999-11:Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen. Abs. 3, Begriffe.
↑Holger Sonnabend:Mensch und Landschaft in der Antike. J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 2006,ISBN 3-476-02179-3,S.569.
↑Holger Sonnabend:Mensch und Landschaft in der Antike. J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 2006,ISBN 3-476-02179-3,S.570.
↑Holger Sonnabend:Mensch und Landschaft in der Antike. J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart 2006,ISBN 3-476-02179-3,S.571.
↑Bern-Zürich: Mitten durchs Land. In:Beobachter.Band2007, 7. November 2007, Beobachter 23,ISSN1661-7444 (Link [abgerufen am 8. Oktober 2015]).
↑Tom Burggraf:Tunnel-Experte zur Räumung von Lützerath: Wie damals im Hambacher Wald. In:Die Tageszeitung: taz. 13. Januar 2023,ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 14. Januar 2023]).
↑Über uns. Felbertauernstraße AG, abgerufen am 7. Februar 2025.
↑Gustav Peter, Marc Ladner, René Muntwyler:Baustofflehre. Springer-Verlag, 2013,ISBN 978-3-322-86783-4 (Google Buch [abgerufen am 8. Oktober 2015]).
↑Eleanor R. Terner:Mammal use of underpasses to cross Route 606 in Guacimal, Costa Rica. In:Neotropical Biology and Conservation.Band18,Nr.2, 8. Februar 2023,ISSN2236-3777,S.107–117,doi:10.3897/neotropical.18.e102809 (pensoft.net [abgerufen am 3. August 2023]).
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