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Tulak

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Aserbaidschanischetutek imMusée d'art et d'histoire deCognac, Frankreich

Tulak, auchtula, tutak, tutek undtutik, tutiq, sind regionale allgemeine Bezeichnungen für verschiedene längs- und quer gespielteFlöten, die im südlichenZentralasien vorkommen und gelegentlich mit dem aus demPersischen stammenden Wortnāy gleichgesetzt werden. Am häufigsten stehentulak odertula eingrenzend für eine kurzeSchnabelflöte im Unterschied zur langen offenen Längsflötenāy. Dietulak wird unter anderem in dertadschikischen Musik der zuTadschikistan gehörenden RegionBerg-Badachschan und in derafghanischen NordostprovinzBadachschan verwendet. Dort unterscheidet sie sich von der ebenfalls in Nordafghanistan und in derMusik Turkmenistans gespielten langen offenen Längsflötetüidük. InAserbaidschan heißt die Kernspaltflötetutak.

Herkunft und Verbreitung

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Die ältesten Flöten warenKnochenflöten, die meist über einenKernspalt angeblasen wurden. Für Sibirien sind solche Knochenflöten aus derJungsteinzeit im Gebiet desBaikalsees nachgewiesen. Zur dortigen Kitoi-Kultur (2500–1500 v. Chr.)[1] gehörten auch durch Gravuren verzierte Röhrenknochen, die zuPanflöten gebündelt waren. Aus einem Frauengrab beiSamarqand stammt der Fund einerbronzezeitlichen Knochenflöte (2. Jahrtausend v. Chr.). Soweit reicht die Kenntnis über die Musik inSogdien, im südlichen Zentralasien, zurück. Seit der Mitte des 1. Jahrtausends tauchen inBaktrien und Sogdien zahlreiche kultisch verwendete Terrakottastatuen auf, die Fruchtbarkeitsgöttinnen, Priester und Musikanten zeigen. Den Statuetten nach zu urteilen, spielten in Sogdien während derKuschanazeit (2. und 3. Jahrhundert n. Chr.) ausschließlich Frauen Längsflöten, während beide GeschlechterQuerflöten bliesen. InAfrasiab nahe Samarqand wurden mehrere bruchstückhaft erhaltene Statuetten musizierender Frauen aus der Mitte des 1. Jahrtausends n. Chr. ausgegraben. Die aufrecht stehenden Musikerinnen, die in lange Mäntel und Pluderhosen gekleidet sind, umgreifen mit beiden Händen ein langes dünnes Blasinstrument, das sie vor dem Oberkörper senkrecht nach unten halten. Im Verhältnis zur Größe der Figuren müsste das leicht konische Blasinstrument etwa 80 Zentimeter lang und verglichen mit anderen Fundobjekten eine randgeblasene Flöte gewesen sein, deren Form der heutigentüidük entsprach. In das 7. bis 9. Jahrhundert datiert das Bruchstück einer Knochenlängsflöte ausBundschikat, von der nicht klar ist, ob es eine randgeblasene Flöte oder eine mit Kernspalt war. Eine seltene und schlecht erhaltene Rohrflöte derselben Zeit aus der nahegelegenen PalastfestungTschilchudschra besitzt drei erkennbare Fingerlöcher.[2]

Die arabische Bezeichnung für eine längsgeblasene Flöte in frühislamischer Zeit lauteteqasāba (qussāba), sie kommt noch in Nordafrika im Namen der Rohrquerflötegasba vor. Ansonsten wird heute die Flöte mit dem persischen Wortnāy bezeichnet. In der Türkei wird dieney der religiösen Musik und Kunstmusik von denkaval genannten Schäferflöten unterschieden. Der osmanische SchriftstellerEvliya Çelebi (1611–1683) schreibt die Erfindung einermahtar dūdūk genannten Flöte dem GelehrtenNasir ad-Din at-Tusi (1201–1274) zu, der das WerkʿIlm al-mūsīqī („Wissenschaft der Musik“) verfasste.[3] Einemizmār duduyī war laut Çelebi eine alte Panflöte, die zu seiner Zeit unter den Osmanen nicht mehr in Gebrauch war. Alsqabā dūduk listet er eine große hölzerne Blockflöte, deren Namen aufTurkmenischtūtik und aufPersischtūtak laute. Çelebi nennt weitereosmanische Namen für „Blockflöte oderFlageolett“: die im 13. Jahrhundert erfundenemihtar duduyī und diechāghirtma dūduk („schreiende Flöte“, aus einem Vogelknochen), dieʿArabī dūduk („arabische Blockflöte“) und diedillīdūduk, ein aus zwei Spielröhren bestehendesEinfachrohrblattinstrument der Schäfer.[4]

Duduk ist nachLaurence Picken einlautmalerisches Wort, das abgewandelt in mehreren Sprachen Osteuropas und Westasiens vorkommt und wie dastürkischedüdük Blasinstrumente allgemein oder eine Vielzahl einzelner Blasinstrumente (Pfeifen, Flöten, Rohrblattinstrumente und Sackpfeifen) bezeichnen kann, unter anderem armenischtutak, aserbaidschanischtutak/tutek,tschuwaschischtutut und georgischduduki, in Osteuropa fernerduda.[5] Dietutut derTschuwaschen an derWolga ist eine aus Birkenrindenstreifen gedrehte Pfeife ohne Fingerlöcher, die Schafhirten blasen.[6]Curt Sachs (1913) leitet Türkischdüdük undKurdischtûtik von Persischtūtak her.[7]

Bauform und Spielweise

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Tutak odertutek ist eine 24 bis 35 Zentimeter lange hölzerne Schnabelflöte mit sieben Fingerlöchern und einem Daumenloch unten, die in deraserbaidschanischen Volksmusik meist solo von (Rinder-)Hirten gespielt wird. Sie eignet sich auch für Volkslieder und zur Begleitung von Tänzen in einem Ensemble. Das Spielrohr besteht aus Aprikosenholz, Walnussholz,Maulbeerbaumholz oder Schilfrohr.[8] Sie ist zylindrisch oder leicht konisch – mit dem größeren Durchmesser am oberen Ende. Der Bohrungsdurchmesser beträgt 18 bis 20 Millimeter; früher wurde das Loch nicht gebohrt, sondern ausgebrannt. Ein Exemplar der aserbaidschanischentutak aus dem 19. Jahrhundert ist 39 Zentimeter lang bei einem maximalen Durchmesser von drei Zentimetern und einem Innendurchmesser von zwei Zentimetern. Eine anderetutak aus dem 19. Jahrhundert hat bei 23 Zentimetern Länge einen Außendurchmesser von 17 und einen Innendurchmerrer von 13 Millimetern. Ein verschiebbarer Metallring am oberen Ende ist dazu da, um die Tonhöhe fein einzustellen. Der Tonumfang umfasst eineOktave bei einerdiatonischen Skala. Er reicht vonb bisc’ ’. Werden die Fingerlöcher nur teilweise abgedeckt, lassen sich bei ausreichend Übung tiefere Töne und einechromatische Tonfolge produzieren. Der Klang ist warm und weich, bei starkem Blasdruck auch laut. Dietutek ist eintransponierendes Musikinstrument, sie wird in der GrundtonleiterG-Dur notiert und erklingt einen Halbton tiefer. Die Flöte heißt aufAserbaidschanisch auchkichik tutak, „kleine Flöte“. Mit dertutak verwandt sind unter anderem die Schnabelflötesalamuri in Ostgeorgien, diesopilka in derUkraine und dievilepilli inLettland. Dietutak wird regional auchblul genannt, wie die armenische Flöte ohne Mundstück.Yan-tutak (yan, „Seite“) ist eine 54 bis 60 Zentimeter lange aserbaidschanische Querflöte.[9]

InNachitschewan wird die aserbaidschanischetutek aus Pflanzenrohr oder Holz übernommen. Die in Nachitschewan für Hirtenweisen und zur Tanzbegleitung eingesetzte Flöte eignet sich fürlegato vorgetragene Melodien und ebenso für schnelle Tonsprünge. Für den Rhythmus sorgt die Zylindertrommelnagara, für einen tiefenBordunton der Dudelsacktulum.[10]

DieTadschiken im afghanischen Teil von Badachschan nennen jede Art von Flötetula oder gelegentlichnai. Die in dieser Region gespielten Flöten sind mittellange Blockflöten mit fünf oder sechs Fingerlöchern an der Oberseite oder sechs Fingerlöchern, wovon sich eins an der Unterseite befindet. Die Längen von fünf gemessenen Exemplaren betragen zwischen 29,2 und 32,5 Zentimeter. Der Durchmesser des Spielrohrs verjüngt sich leicht nach unten. Eine Besonderheit der badachschanischen Flöten sind eingebrannte Streifenmuster, die ringförmig fast die gesamte Oberfläche bedecken. Beim Einbrennen wird das Flötenrohr an einerDrehbank eingespannt und in schnelle Rotation versetzt. Ein leicht an das Rohr gehaltener Dorn erhitzt durch Reibung das Holz und bewirkt braune Brandrillen. Diese Verzierungstechnik kommt auch bei anderen Gebrauchsgegenständen vor, ist in der Region aber selten, weil Muster ansonsten eingeschnitten werden.

Dietula ist in dieser Form typisch für Badachschan. Sie wird in der Amateurmusik auf dem Land und in den Städten von vielen Leuten gespielt; in den Städten kommt jedoch häufiger eine aus Pakistan importierte Querflöte aus Metall zum Einsatz. Die Musik Badachschans unterscheidet sich von derafghanischen Musik der Nachbarprovinzen. Auf der Basis eines 4 + 3Metrums, das auch bei denPaschtunen vorkommt, wird eine Melodie mit einem geringenAmbitus in Halbtonschritten ausgeführt, ein in dieser Weise eigenständiger Musikstil. Auf eine Beziehung zur alten Tradition der Turkvölker verweist der Gesangsvortrag des EposKöroğlu, dessen Held hier Guroğli heißt.[11] Professionelle afghanische Musiker, die in einer vererbten Tradition stehen, spielen Flöten ebenso wenig wie die nur im Norden vorkommende Langhalslautedambura oder die Maultrommeltschang, ein typisches Fraueninstrument.[12]

Die Hirtenflötetutiq (tutak, auchney chuponi) im tadschikischen Berg-Badachschan besitzt ein auf ähnliche Weise wie dietula hergestelltes Muster und ist zusätzlich mit Streifen aus einem anderen Material umwickelt. Dietutiq wird aus Aprikosenholz gedrechselt und ist mit durchschnittlich 20 Zentimetern Länge deutlich kleiner als die afghanische Blockflöte. Im Unterschied zu jener einteiligen Flöte wird dietutiq aus zwei Holzstreifen längs zusammengeleimt. Der in Tadschikistan verbreitete Gesangsstilfalak kann auch instrumental vorgetragen werden, beispielsweise mit der Langhalslautetanbūr oder in Badachschan mit der Flötetutiq.[13]

Südlich von Badachschan, in der ProvinzKapisa (Kohistan), kommt eine 39 Zentimeter lange Blockflöte mit sechs Fingerlöchern und ohne Verzierungen vor. Ihr zylindrisches Rohr aus einem leichten hellen Holz hat einen etwas größeren Durchmesser als die badachschanische Flöte. Ihre Fingerlöcher sind ebenfalls etwas größer.[14]

In der westafghanischen StadtHerat ist dietulak eine Querflöte aus Messing oder Holz, die in der städtischen Unterhaltungsmusik der Paschtunen häufig zusammen mit der Rahmentrommeldaira gespielt wird. Ein großes Rundfunkorchester bestand 1977 unter anderem aus zwei gezupften Lauten (rubab), zwei Langhalslauten (tanbur),Mandoline, spanische Gitarre,Saxophon,Klarinette,tulak,tabla,sitar unddilruba.[15]

Literatur

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  • Mark Slobin:Music in the Culture of Northern Afghanistan. (Viking Fund Publications in Anthropology, 54) The University of Arizona Press, Tucson (Arizona) 1976
  • Tulak. In: Laurence Libin (Hrsg.):The Grove Dictionary of Musical Instruments. Band 5. Oxford University Press, Oxford/New York 2014, S. 111
  • Johanna Spector:Tutek. In: Laurence Libin (Hrsg.):The Grove Dictionary of Musical Instruments. Band 5. Oxford University Press, Oxford/New York 2014, S. 122

Weblinks

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Einzelnachweise

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  1. James B. Griffin:Some Prehistoric Connections between Siberia and America. In:Science, Band 131, Nr. 3403, März 1960, S. 801–812, hier S. 810; Henry N. Michael:The Neolithic Age in Eastern Siberia. In:Transactions of the American Philosophical Society, New Series, Band 48, Nr. 2, 1958, S. 1–108, hier S. 32f; Datierung 4000–3000 v. Chr. in: Masahiko Todoriki:Archaic Oirat substratum of the “circa-Altai musical Kulturkreis” in Tuva. In:The New Research of Tuva, September 2017, S. 147–208, hier S. 168
  2. F. M. Karomatov, V. A. Meškeris, T. S. Vyzgo:Mittelasien. (Werner Bachmann (Hrsg.):Musikgeschichte in Bildern. Band II:Musik des Altertums. Lieferung 9) Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1987, S. 21f, 44, 96, 154
  3. Henry George Farmer:A History of Arabian Music to the XIIIth Century. Luzac & Company, London 1929, S. 226f (London 1967, 1973;bei Internet Archive)
  4. Henry George Farmer (Übersetzung und Kommentar):Turkish Instruments of Music in the Seventeenth Century. As described in the Siyāḥat nāma of Ewliyā Chelebī. Civic Press, Glasgow 1937, S. 20–22 (Longwood Press, Portland, Maine 1976)
  5. Laurence Picken:Folk Musical Instruments of Turkey. Oxford University Press, London 1975, S. 347
  6. Tutut. In: Laurence Libin (Hrsg.):The Grove Dictionary of Musical Instruments. Vol. 5. Oxford University Press, Oxford/New York 2014, S. 123
  7. Curt Sachs:Real-Lexikon der Musikinstrumente zugleich ein Polyglossar für das gesamte Instrumentengebiet. Julius Bard, Berlin 1913, S. 402a
  8. Tutak. Atlas of traditional music of Azerbaijan
  9. Saadat Abdullayeva:Shepherd’s Pipes Sounds in Orchestra. IRS, November 2012, S. 52f, 55
  10. Agida Akperli (Kommentar):Heyva Gülü. Dances and ashug melodies from Nakhichevan. Ensemble Dede Gorgud. (Anthology of Azerbaijanian musik 3) PAN 2021 CD, PAN Records, 1994, Begleitheft, S. 8f
  11. Mark Slobin, 1976, S. 125
  12. Lorraine Sakata:The Concept of Musician in Three Persian-Speaking Areas of Afghanistan. In:Asian Music, Vol. 8, No. 1 (Afghanistan Issue) 1976, S. 1–28, hier S. 9
  13. Vgl.Afghanistan Untouched. Traditional Crossroads, 2003. Doppel-CD mit Aufnahmen von Mark Slobin 1968. Falak mit Flöte: CD 2, Titel 2–6
  14. Mark Slobin, 1976, S. 256–258
  15. John Baily:Music of Afghanistan: Professional Musicians in the City of Herat. Cambridge University Press, Cambridge 1988, S. 19, 82
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