Tschechien ist ein Industriestaat. SeinBruttoinlandsprodukt pro Einwohner ist das höchste der ehemaligenRGW-Mitglieder. DasEntwicklungsprogramm der Vereinten Nationen zählt Tschechien zu den Ländern mit sehr hoher menschlicher Entwicklung. Sowohl in Bezug auf die politische als auch die wirtschaftliche Transformation belegt Tschechien Spitzenplätze.[5]
Geographie
DieSchneekoppe ist die höchste Erhebung TschechiensDasPrebischtor im Elbsandsteingebirge
Karte Tschechiens mit den regionalen Verwaltungseinheiten(kraje) und dem höchsten Berg
Tschechien grenzt anDeutschland (810,3 km) im Westen und Nordwesten, anPolen (762 km) im Nordosten, dieSlowakei (252 km) im Südosten undÖsterreich (466 km) im Süden. Der Binnenstaat ist in etwa gleich weit vonOstsee und derAdria entfernt. Die West-Ost-Ausdehnung Tschechiens beträgt maximal 493 Kilometer, die Nord-Süd-Ausdehnung 278 Kilometer. Von der Gesamtfläche mit 78.866 Quadratkilometern fallen 67 % auf Flach- und Hügelland bis zu 500 m Seehöhe, 32 % liegen zwischen 500 und 1000 m und etwa 1 % darüber. Der Anteil der Wasserfläche beträgt 3 %. Der tiefste Punkt Tschechiens ist die Elbe beiHřensko (115 m), der höchste Berg dieSchneekoppe (1603 m).
Geomorphologie
Tschechien ist an seinen Rändern von Gebirgszügen umgeben. Deswegen sagt man zum Beispiel inOberösterreich und derOberpfalz „ich fahre ins Böhmischehinein“. An der Südwestgrenze Tschechiens liegt derBöhmerwald (Šumava, 1000 bis 1400 Meter), im Nordwesten dasErzgebirge (Krušné hory,Keilberg 1244 Meter) und im Norden dasRiesengebirge (Krkonoše) und dasAltvatergebirge (Hrubý Jeseník). Die Ostgrenze zur Slowakei bilden dieBeskiden undWeißen Karpaten und dieMarch. Nur die Südgrenze zuNiederösterreich verläuft großteils entlang eines Flusses – der starkmäandrierendenThaya.
DieElbe(Labe) entwässert einen großen Teil Tschechiens in die Nordsee. Ihr Nebenfluss, dieMoldau(Vltava), ist mit 433 Kilometern der längste Fluss auf tschechischem Gebiet.
In Schlesien entwässert dieOder(Odra) mit derOpava in die Ostsee.
DieMarch(Morava) entwässert nach Süden über die Donau ins Schwarze Meer. Ihr größter Nebenfluss ist dieThaya(Dyje).
In Tschechien gibt es relativ wenige natürliche Seen, der größte ist derČerné jezero im Böhmerwald. Seit dem 12. Jahrhundert wird jedochTeichwirtschaft betrieben. Das größte System von Fischteichen befindet sich im südböhmischenTřeboňsko. Im 20. Jahrhundert entstanden durch den Bau vonStauanlagen zahlreiche künstliche Seen, die dem Hochwasserschutz, der Energiegewinnung und der Erholung dienen. Die größten Stauseen sind entlang derMoldau-Kaskade zu finden.
In Tschechien gibt es vier Nationalparks. Der größte, derNationalpark Šumava (Böhmerwald), bildet mit angrenzenden Schutzgebieten einen der artenreichsten Naturräume Mitteleuropas. Die NationalparksRiesengebirge,Böhmische Schweiz undThayatal grenzen an Schutzgebiete in den Nachbarländern. Daneben sind die RegionenTřeboňsko,Křivoklátsko, dieWeißen Karpaten und das untereMarchtal alsBiosphärenreservate ausgewiesen. Die 26 Landschaftsschutzgebiete sind großflächige naturbelassene Landschaften, die 109 nationalen Naturreservate kleinräumig streng geschützte einzigartige Ökosysteme. Tschechien liegt amGrünen Band Europas.
In letzter Zeit ist eine Rückkehr größerer Wildtiere zu beobachten. Im Böhmerwald leben wiederLuchse undElche. Vor allem in der Karpatenregion werden durchziehende Wölfe und Braunbären beobachtet. Wolfsrudel haben sich seit 2014 um denMácha-See sowie umBroumov niedergelassen.[7] Im Böhmerwald leben derzeit geschätzte 36 Wölfe.[8]
Städte
Im Jahr 2023 lebten 75 Prozent der Einwohner Tschechiens in Städten.[9]
Bevölkerung TschechienBevölkerungspyramide Tschechien 2016
Tschechien hatte 2022 10,7 Millionen Einwohner.[11] Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug + 1,6 %. Trotz eines Sterbeüberschusses (Geburtenziffer: 9,5 pro 1000 Einwohner[12] vs. Sterbeziffer: 11,3 pro 1000 Einwohner[13]) wuchs die Bevölkerung durch Migration. Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2022 statistisch bei 1,6, die der Europäischen Union betrug 1,5.[14] DieLebenserwartung der Einwohner Tschechiens ab der Geburt lag 2022 bei 79 Jahren[15] (Frauen: 82[16], Männer: 76,2[17]). DerMedian des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2021 bei 42,6 Jahren.[18] Im Jahr 2023 waren 15,8 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahre,[19] während der Anteil der über 64-Jährigen 20,8 Prozent der Bevölkerung betrug.[20]
Die Mehrheit der Tschechen wohnt in eigenen Immobilien: 2008 bewohnten rund 40 Prozent der Haushalte in Tschechien ihr eigenes Haus und 20 Prozent der Haushalte die eigene Wohnung. 23 Prozent wohnten zur Miete, weitere 12 Prozent in Genossenschaftswohnungen. 1995 wohnten nur 2 Prozent in der eigenen Wohnung, 2005 waren es schon 18 Prozent. Im gleichen Zeitraum sank der Anteil der Haushalte, die zur Miete wohnten, von 40 auf 25 Prozent.[23]
Bevölkerungsstruktur
Bei der Volkszählung 2011 bildeten dieTschechen mit 64,3 Prozent die größte Gruppe, gefolgt von denMährern mit 5,0 Prozent und denSlowaken mit tschechischer Staatsbürgerschaft mit 1,4 Prozent (etwa 25 % machten keine Angabe zur Nationalität; in vorherigen Zählungen bezeichneten sich meist über 90 % als Tschechen).[24] Tschechen und Mährer wurden bis 1991 nicht getrennt erfasst. Die Angabe der mährischen Nationalität in der Volkszählung wird eher als Ausdruck des mährischen Patriotismus verstanden. So gaben 1991 bei der ersten Erhebung noch 13,2 Prozent der Bevölkerung an, mährisch zu sein. 0,1 Prozent der Bevölkerung gaben bei der Erfassung 2001 an,Schlesier zu sein (1991 noch 0,4 %).
Die Tendenz ist bei nahezu allen ethnischen Minderheiten rückläufig. So sank in denselben zehn Jahren die Zahl der (offiziell gezählten)Polen – besonders imTeschener Gebiet wohnhaft – von 59.383 (0,6 %) auf 51.968 (0,5 %), die derDeutschen (ohne deutsche Staatsbürger mit Aufenthaltsrecht, aber einschließlich Deutsche mit doppelter Staatsbürgerschaft) von 48.556 (0,5 %) auf 39.106 (0,4 %).[25]
Der tatsächliche Bevölkerungsanteil derRoma dürfte weit höher liegen, als bei dieser Volkszählung angegeben. Man vermutet rund 250.000 bis 300.000 Roma in Tschechien,[26] was etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung wären. Viele Roma wohnen in den Randgebieten des Landes und in sozial schwächeren Großstadtvierteln. Aus verschiedenen Gründen (schwaches nationales Bewusstsein, Diskriminierung, Identifizierung als Tschechen) tendieren viele ihrer Angehörigen dazu, in Volkszählungen eine andere Ethnie anzugeben.
Die Zahl der Ausländer stieg seit 2000 stetig an und hat sich binnen neun Jahren bis 2008 auf 410.000 mehr als verdoppelt. Zum Stichtag 31. Dezember 2016 lebten 493.441 Ausländer in Tschechien. Das entsprach 4,66 Prozent der Bevölkerung, eine Zahl, die trotz des starken Anstiegs immer noch deutlich unter dem EU-weiten Schnitt liegt. Unter den ausländischen Staatsbürgern bildeten dieUkrainer mit 107.418 und die Slowaken mit 107.251 die größten Gruppen. Es folgten diein Tschechien lebenden Vietnamesen mit 57.650, dieRussen mit 33.970, dieDeutschen mit 21.216 und diePolen mit 20.305 Personen. Die Zahl der EU-Ausländer betrug insgesamt 208.166.[27] Im Jahre 2017 waren 4,1 % der Bevölkerung Migranten.[28][29]
Die drei Volkszählungen nach der Wende des Jahres 1989 verzeichneten einen deutlichen Rückgang der Zugehörigkeit zu den traditionellen christlichen Kirchen. Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede.[30]
Einer Erfassung der Universität Luzern aus den Jahren 2006 bis 2015 zufolge gehörten 71 % der tschechischen Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft an. Dies war der höchste Wert in Europa vor dem Vereinigten Königreich (50,6 %) und Frankreich (50,5 %). 27,1 % deklarierten sich als Christen.[31]
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Europäischen Kommission im Rahmen desEurobarometers ergab 2020, dass für 19 Prozent der Menschen in Tschechien Religion wichtig ist, für 22 Prozent ist sie weder wichtig noch unwichtig und für 59 Prozent ist sie unwichtig.[32]
Anteil jener, die sich als „gläubig“ bezeichnen (2011)
Eine Besonderheit stellt dieOrthodoxe Kirche der tschechischen Länder und der Slowakei dar, die nach der Auflösung derTschechoslowakei bis heute eine binationale Glaubensgemeinschaft bildet. Von den insgesamt 77.053 orthodoxen Tschechen und Slowaken bekannten sich 2001 23.053 Tschechen zu dieser Glaubensgemeinschaft.
Ein wichtiger Feiertag fürChristen ist der 5. Juli, der an die Ankunft der SlawenapostelKyrill undMethod inGroßmähren im Jahr 862 erinnert. Neben dem NationalheiligenWenzel werden die HeiligenLudmilla,Adalbert undAgnes verehrt. Der ReformatorJan Hus hat einen hohen Stellenwert im tschechischen Selbstverständnis.
Die Mehrheit des nach dem Zweiten Weltkrieg enteigneten Eigentums der Kirchen wird seit 2013 schrittweise zurückerstattet. Im Gegenzug wird die Subventionierung der Kirchen zurückgefahren.[35]
Das Schulwesen ist in Tschechien dreistufig organisiert. Die Grundschule(Základní škola) dauert neun Jahre und deckt den gesamten Pflichtschulbereich ab. Nach der fünften oder siebten Klasse kann jedoch nach einer Aufnahmeprüfung in ein acht- beziehungsweise sechsjährigesGymnasium gewechselt werden. Daneben gibt es das vierjährige Oberstufengymnasium. Das Gymnasium wird mit derMatura(maturita) abgeschlossen, die zum Hochschulstudium berechtigt. Neben dem Gymnasium gibt esKonservatorien für musische Fächer und mittlere Fachschulen(Střední odborná škola), die auf technische, kaufmännische oder andere Fachrichtungen spezialisiert sind und ebenfalls mit Matura abschließen. Die Lehrlingsausbildung erfolgt an dreijährigen Berufsschulen(Střední odborné učiliště).[36]
ImPISA-Ranking von 2015 erreichen Tschechiens Schüler Platz 28 von 72 Ländern in Mathematik, Platz 28 in Naturwissenschaften und Platz 30 beim Leseverständnis. Tschechien liegt damit minimal unter dem Durchschnitt derOECD-Staaten.[37]
Landesname
Im Tschechischen
Čechy ist dastschechische Wort fürBöhmen, es wird gelegentlich auch vereinfachend für das gesamte Tschechien (inklusive Mähren und Schlesien) verwendet. Die Eigenschaftswörtertschechisch undböhmisch heißen in der tschechischen Sprache identischčeský. Nach einer Sage ist der UrvaterČech (Tschech) der Gründer des Volkes derTschechen.
Česko ist das tschechische Kurzwort des offiziellen NamensČeská republika. Der Begriff ist seit 1777 belegt, wurde aber vor 1992 – außer in Fachkreisen und als Äquivalent zuSlovensko (Slowakei) in den politischen Diskussionen um 1918 und 1968 – selten verwendet. Obwohl er im offiziellen Wörterbuch der tschechischen Sprache sowie in Terminologie-Listen enthalten war, war der Begriff in der Öffentlichkeit weitestgehend ungebräuchlich und galt als archaisch. Seit der Eigenstaatlichkeit setzte sich diese Kurzform zwar mehr und mehr durch, jedoch versäumte die Tschechische Republik zuerst, die Etablierung einer Kurzform offiziell zu verkünden.[38] Erst am 11. Mai 2004 empfahl dertschechische Senat inoffiziell in einer Sondersitzung die Verwendung vonČesko zusätzlich zur Langform.
Obwohl der kurze Name von den Experten der „Nomenklaturkommission des tschechischen Vermessungsamtes und Katasteramtes“Český úřad zeměměřický a katastrální gemäß dem Gesetz 200/1994 Sb.[39] ausgewählt worden war,[40] wurde dieses erst 2016 der UNO gemeldet. Zugleich wurden die Übersetzung des Begriffes „Česko“ für mehrere Sprachen registriert.[38][41]
Im Deutschen
Angesichts derTeilung derTschechoslowakei am 1. Januar 1993 musste ein deutscher Name für den neuen Staat gefunden werden. In Erwägung der obigen Argumente schlug eine staatliche Kommission damals „Tschechien“ vor, unterstützt von deutschen und österreichischen Sprachforschern sowie Historikern.[42] Dementsprechend ist seit 1992 in deutschen Nachschlagewerken ausschließlich „Tschechien“ als Kurzform zu finden, während die Bezeichnung als „Tschechei“ heute überholt und ungebräuchlich ist.[43] Bereits 1993 empfahl das deutsche Außenministerium in einem Memorandum an die tschechischen Botschaften die Verwendung der Kurzform „Tschechien“ in deutscher Sprache als legitim und äquivalent. In den aktuellen Verzeichnissen der Staatennamen für den amtlichen Gebrauch wird von Deutschland, Österreich und der Schweiz „Tschechien“ als Kurzform genannt.[44]
Seit Frühjahr 2017 benutzt dasAuswärtige Amt in Deutschland in der offiziellen Länderliste die Bezeichnung „Tschechien“, bei einigen Artikeln teilweise „Tschechische Republik“',[45][46][47] nachdem 2016 die tschechische Regierung dies selbst geändert hatte.[38] Auf Antrag des tschechischen Außenministeriums wurde der Kurzname Mitte 2016 in die Datenbank der UN eingetragen.[48]
Die heute veraltete Bezeichnung „Tschechei“ wurde nach der Bildung der Tschechoslowakei 1918 verwendet. Eine breitere Verwendung dieser Bezeichnung (nebenBöhmen) war seit den 1930er Jahren festzustellen. Der BegriffTschechei besitzt jedoch eine negativeKonnotation wegen der Verwendung im NS-Sprachgebrauch, insbesondere in der Bezeichnung „Rest-Tschechei“ im Sinne von „Rest-Tschechoslowakei“. Vor allem die älteren Tschechen verbinden den Begriff daher mit dem Nationalsozialismus.[49]
Im Englischen
Im Englischen war bis 2016 die einzige allgemein akzeptierte BezeichnungCzech Republic. Die FormCzechia wurde seit den 2010er Jahren intensiv diskutiert und hat vermehrt Akzeptanz gefunden. Sie wurde dann am 17. Mai 2016 als offizielle englische Übersetzung des Kurznamens zusammen mit der arabischen (تشيكيا), chinesischen (捷克), deutschen (Tschechien), französischen (la Tchéquie), russischen (Чехия) und spanischen (la Chequia) Kurzform[41][50] – in den DatenbankenUNGEGN undUnterm[51] der UN eingetragen.[48] Außerdem ist „Czechia“ in der ISO-Ländercodeliste und in der offiziellen EU-Länder-Liste registriert.[52]Die WebdiensteOpenStreetMap,Google Maps,[53]Apple Maps undBing nutzen die Kurzform. Das deutscheAuswärtige Amt benutzt auf seiner englischsprachigen Seite „Czech Republic“ in der offiziellen Länderliste, „Czechia“ in den meisten Artikeln.[54][55]
Ab 5300 bis 4500 v. Chr. ist eine weitreichendeneolithische Besiedlung belegt. Am Ende des Spätneolithikums ist dieSchnurkeramik mit mehreren großen Gräberfeldern in Nordböhmen und dieGlockenbecherkultur vertreten. In derBronzezeit ist besonders dieAunjetitzer Kultur zu nennen. Es folgen Hügelgräberkulturen undUrnenfelderkulturen. In derLatènezeit besiedelte derkeltische Stamm derBoier Teile des Gebiets des heutigen Tschechiens, dessen lateinischer Name,Boiohaemum, der Ursprung der Landesnamens Böhmen ist. Den Kelten folgten am Beginn des ersten Jahrhunderts nach Chr.germanische Stämme, die Markomannen in Böhmen und die Quaden in Mähren. Während derVölkerwanderungszeit wird nach archäologischen und historischen Quellen von einer Entvölkerung des Gebietes ausgegangen. Um 550 wandertenSlawen ein, ihr Ursprung wird östlich desDnepr vermutet. Sie herrschten von 623 bis 658 über ein erstes Herrschaftsgebilde, das sogenannte Reich desSamo. Von 768 bis 814 lagBöhmen wahrscheinlich in der fränkischen Herrschaftssphäre unterKarl dem Großen.
Spätestens im ersten Drittel des 9. Jahrhunderts entstand unter FürstMojmir I. dasMährerreich; ihm folgten die FürstenRastislav im Jahr 846 undSvatopluk I. im Jahr 870. 864 kamen die byzantinischen MöncheKyrill undMethod in Mähren an. Sie begründeten die slawische Liturgie. 869 starb Kyrill, was das Ende der byzantinischen Mission bedeutete. Von 888/890 bis 895 war Böhmen Teil des Mährerreiches. 894 starb Rastislavs Nachfolger Svatopluk I., dies bedeutete den Beginn des Zerfalls des Mährerreiches, und die Rückkehr zur westlichen lateinischen Kirche und Kultur. 895 akzeptierte der MährerfürstSpytihněv inRegensburg die ostfränkische Oberherrschaft über Böhmen. 907 zerfiel das Reich.
Die Přemyslidendynastie
Wappen der Přemysliden
Ende des 9. Jahrhunderts ließ sich der erste belegte Herzog aus derPřemyslidendynastie,Bořivoj I., taufen. Der PřemyslideWenzel wurde 929 (935) von seinem BruderBoleslav ermordet und dadurch der Schutzheilige des Landes. 973 erteilte BischofWolfgang von Regensburg seine Erlaubnis zur Gründung einesBistums in Prag. Der erste Bischof warThietmar, zweiter Bischof derHeilige Adalbert (Vojtěch). 1003 eroberteBolesław I. von Polen Böhmen (bis 1004), 1031 wurde Mähren an Böhmen angeschlossen (und 1182 zurMarkgrafschaft erhoben). 1038 fielBřetislav I. von Böhmen in Polen ein und entführte die Gebeine Adalberts ausGnesen.
1085 krönte der römisch-deutsche KaiserHeinrich IV. den PřemyslidenVratislav II. zum ersten böhmischen König. Im 12./13. Jahrhundert kam es zur Zuwanderung von deutschen Siedlern in die böhmischen Randgebiete. In derSizilischen Goldenen Bulle von 1212 sprach KaiserFriedrich II. dem böhmischen HerrscherOttokar I. Přemysl die Erblichkeit des Königstitels zu. Fortan war das Königreich Böhmen in dasHeilige Römische Reich eingegliedert, jedoch mit weitreichender Autonomie. Die böhmischen Herrscher gehörten zu den siebenKurfürsten. Als Mitglied dieses Kollegiums besaß der böhmische König oft eine große politische Bedeutung innerhalb des Reiches. UnterOttokar II. Přemysl erreichten die Přemysliden den Gipfel ihrer Macht.
Ab 1300 bestand für eine kurze Zeit eine Böhmisch-PolnischePersonalunion unterWenzel II. undWenzel III. (Titularkönig in Polen). 1306 wurde Wenzel III. inOlmütz ermordet, dies bedeutete das Ende der Dynastie.
Herrschaft der Luxemburger
Böhmen und andere Besitzungen Karls IV.Statue Karls IV. bei der Karlsbrücke
1310 heirateteJohann von Luxemburg, Sohn KaiserHeinrichs VII., die böhmische PrinzessinElisabeth, Tochter vonWenzel II., und wurde böhmischer König bis 1346. Nach seinem Tod in derSchlacht von Crécy folgte ihm 1347 sein SohnKarl IV. als König von Böhmen nach. 1348 gründete Karl IV. dieKarls-Universität Prag als erste Universität nördlich der Alpen. 1355 wurde Karl IV. in Rom zum Kaiser desHeiligen Römischen Reiches gekrönt. Er wähltePrag zu seiner Residenzstadt. Im Jahr 1356 erließ Karl IV. eineGoldene Bulle, das wichtigste der „Grundgesetze“ des Heiligen Römischen Reiches bis zum Ende des Alten Reiches 1806. In der Goldenen Bulle Karls IV. wurden u. a. die Modalitäten der Wahl der römisch-deutschen Könige durch die Kurfürsten und ihrer Krönung geregelt. Im Jahr 1378 teilte Karl IV. in seinem Testament seine Erblande unter seinen Söhnen auf. Das Kerngebiet Königreich Böhmen erhielt sein SohnWenzel IV., der auch deutscher König wurde. Diesem folgte 1420Sigismund als böhmischer König nach.
Die Hussitenbewegung
Jan Hus wurde 1415 während des Konstanzer Konzils auf dem Scheiterhaufen verbranntLänder der Böhmischen Krone im 15. Jahrhundert
1415 wurde der KirchenreformatorJan Hus während desKonstanzer Konzils alsHäretiker verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dies markierte den Beginn derHussitenbewegung, die zwischen 1415 und 1434 die politische und religiöse Situation inBöhmen maßgeblich bestimmte, und führte zu denHussitenkriegen. Nach mehreren Niederlagen seiner Heere in Böhmen war der Machtbereich des böhmischen undungarischen Königs und römischen KaisersSigismund in seinen Erblanden zeitweilig nur auf einige Randgebiete (u. a. Südböhmen unter der Herrschaft der AdelsfamilieRosenberg, auf die beidenLausitzen,Schlesien und auf Teile desMarkgraftumsMähren) beschränkt. Die wichtigsten Feldherren der Hussiten warenJan Žižka und nach seinem Tod 1424Prokop Holý. Zentrum der Hussitenbewegung war die neugegründete StadtTábor. Der radikale Flügel der Bewegung wurde erst 1434 in derSchlacht von Lipan entscheidend besiegt. 1458 wählten die böhmischen StändeGeorg von Podiebrad (tschechisch: Jiří z Poděbrad) zum König von Böhmen und damit zum ersten proto-protestantischen König in Europa.
Herrschaft der Jagiellonen
Nach dem Tod des Königs Jiří z Poděbrad 1471 entschieden sich die böhmischen Stände für diepolnisch-litauische Dynastie derJagiellonen als neue Herrscher des Königreiches. Zuerst warVladislav II. der gewählte König von Böhmen. Der zweite Herrscher aus dieser DynastieLudwig II. starb in derSchlacht bei Mohács gegen die Türken, die mit einer folgenreichen Niederlage seines Heeres endete. Dadurch waren die böhmische und die ungarische Krone wieder frei.
Herrschaft der Habsburger
Von 1526 bis 1918 war das Königreich Böhmen mit allen Ländern derWenzelskrone Teil des Herrschaftsgebiets derHabsburger. Die böhmischen Stände akzeptierten 1526 den HabsburgerFerdinand I. als König. 1547 kam es zu einem Aufstand der böhmischen Stände gegen Ferdinand I. Nach dessen Niederschlagung wurden erste Einschränkungen der bisherigen Sonderrechte des Königreiches Böhmen, nicht jedoch der faktischen Religionsfreiheit, verfügt.
1583 zog KaiserRudolf II., der Enkel Ferdinands I., mit dem gesamten Hof vonWien nachPrag. Die Hauptstadt Böhmens stieg wieder zum bedeutenden Zentrum von Politik, Kunst und Wissenschaft auf. 1609 erließ Rudolf II. denMajestätsbrief über die Religionsfreiheit. Am 23. Mai 1611, noch zu Lebzeiten Rudolfs II., übernahm sein BruderMatthias die Macht im Königreich Böhmen. Nach Rudolfs Tod wurde Matthias am 20. Januar 1612 zum römischen Kaiser gewählt. Matthias verlegte den Hof zurück nach Wien und überließ die Politik weitgehend seinem KanzlerKhlesl, der weiter auf Ausgleich zwischen den Konfessionen setzte. Die Konfessionszwistigkeiten in Böhmen entflammten jedoch aufs Neue, als Matthias’ Vetter und designierter NachfolgerFerdinand (als Kaiser 1619–1637) die Macht im Königreich übernahm. Die Stände wählten ihn 1617 zum böhmischen König, obwohl er für seine streng gegenreformatorische Politik bekannt war.
Auf dem Höhepunkt der Unzufriedenheit mit der Politik der Habsburger gegenüber ihrem Land drangen 1618 mehrere Vertreter der überwiegend protestantischen böhmischen Stände in die Kanzlei derPrager Burg (desHradschin) und warfen zwei kaiserliche Statthalter und einen Schreiber aus dem Fenster. Alle drei Personen überlebten das Attentat kaum verletzt. Dieser sogenanntezweite Prager Fenstersturz leitete denBöhmischen Aufstand ein. Dieser Aufstand war der Auftakt zumDreißigjährigen Krieg (1618–1648), der weite Teile Europas und vor allem Deutschlands und Tschechiens verwüsten sollte.
1619 starb KaiserMatthias. Im August wählten die böhmischen Stände den deutschen ProtestantenFriedrich von der Pfalz zum neuen König von Böhmen. Als Friedrich sich im Herbst in Prag krönen ließ und dort seine Residenz aufnahm, wurde der Konflikt mit den Habsburgern zu einer Reichsangelegenheit. 1620 endete dieSchlacht am Weißen Berg bei Prag mit einer entscheidenden Niederlage der böhmischen Stände und einem Sieg des kaiserlichen Heeres.
Friedrich von der Pfalz floh aus dem Land („Winterkönig“, da er nur einen Winter regierte). Die Anführer des Aufstandes, insgesamt 27 Adlige und Prager Bürger sowohl tschechischer als auch deutscher Abstammung, wurden am 21. Juni 1621 auf demAltstädter Ring in Prag, einige von ihnen auf grausame Art und Weise, hingerichtet. Viele Protestanten, unter ihnen bedeutende Vertreter des böhmischen Adels und des geistigen Lebens wie der Bischof derBöhmischen BrüderJohann Amos Comenius, verließen das Land und wählten das Exil. Ihre umfangreichen Güter wurden konfisziert und den Parteigängern der katholischen Seite und bedeutenden Heerführern des Kaisers, z. B.Wallenstein, zugeteilt.
Die nach der für Böhmen schicksalshaftenSchlacht am Weißen Berg beginnende Epoche wird in der tschechischen Historiographie als die Epoche destemno, die Zeit der Dunkelheit, bezeichnet. Noch während desDreißigjährigen Krieges setzte Kaiser Ferdinand II. eine rigorose Unterdrückungspolitik gegen die Nicht-Katholiken in seinem Herrschaftsbereich, insbesondere in den Habsburger Erblanden einschließlich des Königreiches Böhmen, durch. In den böhmischen Ländern wurde Deutsch zunächst zur zweiten Amtssprache erhoben, drängte aber Tschechisch bald aus den Ämtern und auch aus dem gehobenen Gebrauch fast vollständig hinaus. Die staatsrechtliche Sonderstellung des Königreiches Böhmen im Reich war zwar formal nur teilweise eingeschränkt, die Unabhängigkeit des Landes faktisch jedoch auf lange Zeit beseitigt. Die Herrschaft über das Land übten von dieser Zeit an bis 1918 der kaiserliche Hof und die Reichsregierung inWien aus.
Zwischen 1780 und 1790 führte KaiserJoseph II. unter dem Leitsatz „Alles für das Volk; nichts durch das Volk“ seineJosephinischen Reformen im Sinne desAufgeklärten Absolutismus durch. Eine bedeutende Reform war beispielsweise 1781 die Aufhebung derLeibeigenschaft. Da der böhmische Adel dadurch seine Gewohnheitsrechte gefährdet sah, entwickelte er im Gegenzug dazu das Konzept desBöhmischen Staatsrechts, das später auch bürgerliche Politiker aufgriffen.
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ungefähr 1885 kam es zur Nationalen Wiedergeburt der Tschechen. Als Reaktion auf den Wiener Zentralismus formierten sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts Intellektuelle in der tschechischen Nationalbewegung (Wiedergeburt). Sie förderten die Pflege, Anerkennung und Verwendung der tschechischen Sprache (unterstützt von den deutschen Romantikern). Dem folgte später das Verlangen nach politischer Autonomie. Der Wunsch nach kultureller Autonomie führte zur Gründung von wissenschaftlichen Gesellschaften, wieMatice česká undMatice moravská, sowie der TurnbewegungSokol.
Nachdem KaiserFranz Joseph I. denNeoabsolutismus mit demSilvesterpatent von 1851 sanktioniert hatte, gab es mit demOktoberdiplom von 1860, demFebruarpatent von 1861 und derDezemberverfassung von 1867 mehrere Ansätze, den Tschechen gewisse Freiheiten zu verschaffen. Nach wie vor waren und fühlten sie sich allerdings gegenüber den Deutschen und Ungarn zurückgesetzt. Zwar bestand das Königreich Böhmen bis 1918, aber nicht alle Habsburger hielten es der Mühe wert, sich überhaupt in Prag zumKönig von Böhmen krönen zu lassen. Während Ungarn als Königreich in Personalunion mit Österreich viele nationale Rechte gewährt wurden, durften in denLändern der Böhmischen Krone (Böhmen, Mähren,Österreichisch-Schlesien) nicht einmal tschechischsprachige Zeitungen verlegt werden.
Im Sinne eines angestrebtenÖsterreichisch-tschechischen Ausgleichs erließ der österreichische MinisterpräsidentBadeni 1897 eine Nationalitätenverordnung, wonach alle politischen Gemeinden in Böhmen und Mähren zweisprachig zu verwalten waren. Damit avancierte Tschechisch in beidenKronländern von einer Minderheitensprache zur Nationalsprache. Daraufhin legten deutsche Abgeordnete denÖsterreichischen Reichsrat lahm. 1899 wurde die Nationalitätenverordnung wieder aufgehoben. DerMährische Ausgleich von 1905 erzielte keine dauerhaften Erfolge, so dass derBöhmische Landtag schließlich durch kaiserliches Patent vom 26. Juli 1913 aufgelöst wurde.
Tschechoslowakei 1918–1938T. G. Masaryk, der erste Präsident
Von 1914 bis 1918 kämpften Tschechen imErsten Weltkrieg. Gegen die Monarchie bildeten sich im Exil eine tschechische und slowakische, vonTomáš Garrigue Masaryk angeführte Opposition. Nach demZerfall der Habsburgermonarchie gründeten führende tschechische Unabhängigkeitskämpfer am 28. Oktober 1918 dieTschechoslowakei mit Masaryk als erstem Staatspräsidenten. Die bis dahinUngarn administrativ unterstellteSlowakei schloss sich unter der FederführungMilan Rastislav Štefániks dem neuen Staat an. Der Beitritt derKarpatoukraine (1946 fiel sie an die Sowjetunion) erfolgte im Jahre 1919, und 1920 der AnschlussTeschens.
Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg
Von 1918 bis 1938 bestand dieErste Tschechoslowakische Republik. Vor der Trennung der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik erhielten Frauen in der Tschechoslowakei am 29. Februar 1920 das allgemeine aktive und passive Wahlrecht. Damit war dasFrauenwahlrecht auf nationaler Ebene eingeführt.[57][58] Die Wahl zur Nationalversammlung der Tschechoslowakei fand am 18. und 25. April 1920 statt.[59]
Es gab eine großedeutsche Minderheit, die imSudetenland die Mehrheit bildete. Bei der Volkszählung im Jahre 1930 betrug der Bevölkerungsanteil auf dem Gesamtgebiet der heutigen Tschechischen Republik 29,5 %.[60] Die Deutschen in der Tschechoslowakei waren seit 1919 durch dieDeutsche Nationalpartei vertreten. Diedeutschen Sozialdemokraten waren von 1920 bis 1935 die stärkste deutsche Fraktion im Prager Abgeordnetenhaus und wurden ab 1929 mit ihrem VorsitzendenLudwig Czech, der verschiedene Ministerposten bekleidete, auch Regierungspartei. 1933 gründeteKonrad Henlein dieSudetendeutsche Partei (SdP). Mit deutscher Unterstützung forderte die SdP immer weitergehende Autonomie und Abtrennung des deutschsprachigen Landesteils von der Tschechoslowakei und verschärfte mit demKarlsbader Programm vom 24. April 1938 dieSudetenkrise.
Nach dem „Anschluss Österreichs“ (März 1938) drohteAdolf Hitler mit dem Einmarsch in das Sudetenland. Großbritannien und Frankreich hatten als Schutzmächte nach demVertrag von Saint-Germain Schutzpflichten gegenüber der Tschechoslowakei. Außerdem gab es noch zusätzliche Bündnisverträge Frankreichs und der Sowjetunion mit der ČSR. Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens waren der Auffassung, durch Nachgeben („Appeasement-Politik“) einen drohenden Krieg verhindern zu können. Ohne die Beteiligung der tschechoslowakischen Regierung unterzeichneten Hitler,Mussolini,Chamberlain undDaladier am 29. September 1938 dasMünchner Abkommen, nach dem die Tschechoslowakei das Sudetenland an Deutschland abtreten musste. Die Tschechen nennen diese Vereinbarung das „Münchner Diktat“ oder den „Münchner Verrat“. Etwa ein Drittel des Staatsgebietes fiel damit an dasDeutsche Reich. Am 1. Oktober entstand darauf die föderativeZweite Republik.
1945 fand die faktische Wiederherstellung der Tschechoslowakei durch dasKaschauer Programm der neuen Regierung unter PremierministerZdeněk Fierlinger statt. US-amerikanische, sowjetische und tschechoslowakische Truppen befreiten das Land. Die in derErklärung von Jalta vereinbarteDemarkationslinie zwischen dem von den USA und dem von der UdSSR verwalteten Gebiet verlief entlang der StädteBudweis,Pilsen undKarlsbad.
Ende des Zweiten Weltkriegs und Realsozialismus
MarschallKonew bei der Befreiung von Prag, 8. Mai 1945
Am 5. Mai 1945 begann derPrager Aufstand gegen die deutsche Besatzungsmacht, am 8. Mai war derWeltkrieg zu Ende. Am 9. Mai marschierten sowjetische Truppen in Prag ein. Präsident Beneš übernahm wieder dieRegierungsgewalt. Im Zuge der Wiederherstellung des Staates wurden die sogenanntenBeneš-Dekrete erlassen. Neben gewöhnlichen Verwaltungsangelegenheiten regelten diese Gesetze auch die Vermögensenteignung undVertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei, die nach dem Krieg als „Staatsfeinde“ angesehen wurden.
Am 26. Mai 1946 gewann dieKommunistische Partei der Tschechoslowakei (KSČ) die Wahlen, wurde Bestandteil der Regierung und konnte mithilfe der Unterstützung durch die UdSSR einen gewaltigen politischen Einfluss ausüben.Klement Gottwald (KSČ) wurde in der Folge Ministerpräsident.
Mit demFebruarumsturz 1948 kam es zur vollständigen Machtergreifung der Kommunisten, gefolgt von einer Verfassungsänderung und Umgestaltung des Landes nach sowjetischem Muster. Erster sog. „Arbeiterpräsident“ war Klement Gottwald. Im November 1952 wurde der frühere ParteisekretärRudolf Slánský zusammen mit elf weiteren Angeklagten im „Slánský-Prozess“ zum Tode verurteilt. Der 1957 gewählte StaatspräsidentAntonín Novotný steht für diestalinistische Repression zu dieser Zeit. Auf derKafka-Konferenz 1964 inLiblice wurde der bis dahin weitgehend verboteneFranz Kafka rehabilitiert. Rufe nach Reformen vermehrten sich und kulminierten auf dem vierten tschechischen Schriftstellerkongress im Juni 1967 in direkter Kritik an der politischen Führung.
Prager Frühling und militärische Intervention 1968
Einmarsch der Truppen der Warschauer-Pakt-StaatenDerEiserne Vorhang riegelte die Tschechoslowakei bis 1989 nach Westen ab
Zwischen dem 3. und dem 5. Januar 1968 setzte dasZentralkomitee der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei KSČ den Präsidenten Novotný ab.Alexander Dubček wurde Vorsitzender der KSČ, GeneralLudvík Svoboda Präsident. Anfang März folgte die Aufhebung derZensur. Der „Prager Frühling“ begann, die Weiterentwicklung verlief überwiegend spontan. Am 5. April 1968 wurde ein Aktionsprogramm der KSČ unter Alexander Dubček verabschiedet. Ziel war ein „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ (verbürgteVersammlungsfreiheit, kleines Unternehmertum, Freilassung der politischen Gefangenen).
Am 21. August 1968 begann die militärische Intervention gegen den Prager Frühling: Sowjetische und weitere Truppen desWarschauer Pakts[Anm. 1] besetzten die Tschechoslowakei.
Im Zuge dieser Besetzung erließ Moskau dieBreschnew-Doktrin der „Begrenzten Souveränität der sozialistischen Staaten“. In der Folge emigrierten viele Tschechen. Die nachfolgende politische Etappe wurde „Normalisierung“ genannt. Am 1. Januar 1969 entstand mit dem Inkrafttreten des Verfassungsgesetzes über die tschechoslowakische Föderation dieTschechische Sozialistische Republik als eine der beiden Teilrepubliken der Tschechoslowakei. Am 17. April 1969 erfolgte die Ablösung Dubčeks und die WahlGustáv Husáks zum Generalsekretär der KSČ.
Aufsehen erregten die Selbstverbrennungen der StudentenJan Palach undJan Zajíc (16. Januar und 25. Februar 1969) als Protest gegen den Beginn der „Normalisierung“. Die ČSSR war in der Folge einer der konservativsten Mitgliedsstaaten desOstblocks. Am 1. Januar 1977 wurde die oppositionelle Bürgerbewegung „Charta 77“ gegründet.
Am 17. November 1989 unterdrückte die Polizei brutal eine Studentendemonstration, was Großdemonstrationen von bis zu 750.000 Menschen nach sich zog. Am 19. November 1989 wurde dasBürgerforum zur tragenden Kraft der „Samtenen Revolution“ in der Tschechoslowakei. Am 10. Dezember 1989 erklärte Staatspräsident Gustáv Husák seinen Rücktritt.
Václav Havel, der letzte tschechoslowakische und erste tschechische Staatspräsident
Die Föderalversammlung wählte am 28. Dezember 1989 Alexander Dubček zu ihrem Präsidenten. Am 29. Dezember 1989 wurde der BürgerrechtlerVáclav Havel von der Föderalversammlung zum Präsidenten der ČSSR gewählt. Am 23. April 1990 – nach dem sogenanntenGedankenstrich-Krieg – folgte die Umbenennung der Tschechoslowakei inTschechische und Slowakische Föderative Republik (ČSFR).
Am 8. Juni 1990 fanden die ersten freien Parlamentswahlen in der ČSFR statt. Das neu gewählte Parlament bestätigte am 5. Juli 1990 Václav Havel als Staatspräsidenten. Am 21. Februar 1991 trat die ČSFR demEuroparat bei. Am 16. Dezember 1991 folgte die Unterzeichnung desEG-Assoziierungsabkommens.
Am 5. Juni 1992 fanden Parlamentswahlen in der ČSFR statt. Der ÖkonomVáclav Klaus (ODS) wurde tschechischer Ministerpräsident. Er vertrat eine vomThatcherismus inspirierte Wirtschaftspolitik („Marktwirtschaft ohne Adjektiv“). Durch eineCoupon-Privatisierung wurden 8 Mio. Tschechen Anteilseigner von privatisierten Firmen. Klaus undVladimír Mečiar, der Ministerpräsident der Slowakei, vereinbarten gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung[61] eine Teilung der Tschechoslowakei in zwei Staaten. Am 20. Juli 1992 trat Präsident Havel von seinem Amt zurück. Am 25. November 1992 verabschiedete das föderale Parlament das Gesetz über die Auflösung der ČSFR.
Am 16. Dezember 1992 wurde die neue Verfassung der Tschechischen Republik als „demokratischer Rechtsstaat“ verabschiedet. Die Charta der Grundrechte und -freiheiten, die nach dem Umbruch im Januar 1991 von der tschechoslowakischen Bundesversammlung beschlossen worden war, wurde unverändert von Tschechien übernommen. Nach der Unabhängigkeit 1992 wurde das allgemeine Wahlrecht für Frauen und Männer 1993 bestätigt.[57]
Am 1. Januar 1993 wurde die Tschechoslowakische Republik einvernehmlich aufgelöst und die Tschechische Republik sowie die Slowakische Republik als unabhängige Staaten ausgerufen. Am 2. Februar 1993 fand die Vereidigung des neugewählten tschechischen Präsidenten Václav Havel statt. Am 30. Juni 1993 trat Tschechien demEuroparat bei. 1994–1995 war das Land nicht-ständiges Mitglied desSicherheitsrats der Vereinten Nationen. Tschechien unterschrieb 1995 das neue EU-Assoziierungsabkommen und trat 1995 derOECD und 1999 derNATO bei. Die Auseinandersetzungen um die Besetzung des Intendanten des Tschechischen FernsehensČeská televize löste die größten Demonstrationen in Tschechien seit 1989 aus. Am 28. Februar 2003 wurde Václav Klaus zum Staatspräsidenten gewählt.
Am 1. Mai 2004 trat die Tschechische Republik derEuropäischen Union bei (siehe:EU-Erweiterung 2004). Bei einer Wahlbeteiligung von 55,21 % hatten zuvor imReferendum über den Beitritt 77,33 % der Wähler dafür gestimmt. Seit dem 21. Dezember 2007 entfallen aufgrund des Beitritts zumSchengen-Raum alle Grenzkontrollen zu den vier Nachbarländern. Die Tschechische Republik übernahm 2009 den EU-Ratsvorsitz und organisierte 2022 einen weiteren Vorsitz.
In der Tschechischen Republik hat sich das politische System nach etwa acht Jahren auf einen ziemlich regelmäßigen Wechsel von Mitte-rechts- und Mitte-links-Regierungen eingestellt.
Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus des Parlaments der Tschechischen Republik im Jahr 2021 gewann die Mitte-Rechts-Liberal-Konservative KoalitionSPOLU unter Führung des Politikwissenschaftlers und ehemaligen BildungsministersPetr Fiala.[62] Anschließend wurde er neuer Ministerpräsident und ersetzte seinen Vorgänger, den zentristischen PopulistenAndrej Babiš. Die KoalitionSPOLU bildete eine Regierung mit der liberalenPiratenpartei und der zentristischen BewegungBürgermeister und Unabhängige.
Im Jahr 2023 gewann der ehemalige Chef des Generalstabs der Armee der Tschechischen Republik und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, GeneralPetr Pavel, die Präsidentschaftswahl und ersetzteMiloš Zeman im Amt.[63]
DerPräsident ist das Staatsoberhaupt, das bis 2013 vom Parlament gewählt wurde. 2013 wurde der Präsident erstmals direkt gewählt.[64] Die Amtszeit beträgt 5 Jahre, Wiederwahl ist einmal möglich. Der Präsident ernennt oder entlässt den Ministerpräsidenten und weitere Regierungsmitglieder. In bestimmten Krisensituationen kann er das Abgeordnetenhaus auflösen.
Im Legislativverfahren verfügt der Präsident über einsuspensives Veto und kann so einen Gesetzesentwurf an das Parlament zurückleiten. Der Präsident kann ebenfalls Strafen erlassen oder mildern, des Weiteren anordnen, ein Strafverfahren einzustellen beziehungsweise nicht einzuleiten. Zusammen mit demSenat ernennt er die Verfassungsrichter. Der Präsident kann nicht strafrechtlich verfolgt werden und er trägt von Amts wegen keine Verantwortung.
DerSenat besteht aus 81 Senatoren und wird nach einemMehrheitswahlverfahren gewählt. Die Legislaturperiode eines Senators beträgt 6 Jahre. Das Mindestalter der Kandidaten beträgt im Fall des Senats 40 Jahre. Die Wahlen erfolgen im Abstand von zwei Jahren, wobei jeweils in einem Drittel der 81 Wahlkreise gewählt wird. Der Kandidat, der im betreffenden Wahlkreis im ersten Wahlgang mehr als 50 % der Stimmen erhält, wird zum Senator gewählt. Falls kein Kandidat im ersten Wahlgang die nötige Stimmenzahl erhält, findet ein zweiter Wahlgang statt, an dem die zwei erfolgreichsten Kandidaten des ersten Wahlgangs teilnehmen. Im zweiten Wahlgang genügt einerelative Mehrheit.
Wahlberechtigt ist jeder Staatsbürger Tschechiens, der das 18. Lebensjahr vollendet hat.
DieRegierung ist das höchste Organ derExekutive und besteht aus demMinisterpräsidenten und denMinistern. Der Ministerpräsident wird vom Präsidenten der Republik ernannt. Nach seinem Vorschlag ernennt der Präsident daraufhin die weiteren Regierungsmitglieder. Die Regierung muss sich danach einer Vertrauensabstimmung im Parlament unterziehen.
In der Hierarchie folgen der Regierung und deren zentralen Behörden die Selbstverwaltungsgebietseinheiten.Höhere selbstverwaltende Gebietseinheiten sind die14 Regionen(kraj),elementare selbstverwaltende Gebietseinheiten sind die Gemeinden.
EineAmtssprache ist in Tschechien nicht allgemein festgelegt (im Gegensatz zur Vorkriegs-Tschechoslowakei, wo die Staatssprache mit dem Gesetz 122/1920 Sb. geregelt war).Tschechisch als Amtssprache ergibt sich erst aus einzelnen Gesetzen für konkrete Bereiche.
Im Verwaltungsverfahrensgesetz (500/2004 Sb., § 16/1) und im Finanzverwaltungsgesetz (337/1992 Sb., § 3/1) wirdSlowakisch der tschechischen Sprache ausdrücklich gleichgestellt. Ausgehend aus dem Art. 25/2 der tschechischen „Charta der Grundrechte und Grundfreiheiten“ räumt § 9 des Gesetzes 273/2001 Sb. in Tschechien lebenden Minderheiten, „die traditionell und langfristig auf dem Gebiet der Tschechischen Republik leben“, das Recht ein, ihre eigene Sprache gegenüber Ämtern zu benutzen, ohne jedoch diese Minderheiten zu benennen. Allgemein wird darunter ein Recht auf eine Übersetzung oder einen Dolmetscher verstanden, teilweise auf Staatskosten (§ 16/4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes 500/2004 Sb., § 3/2 des Finanzverwaltungsgesetzes 337/1992 Sb., § 18 der Zivilprozessordnung 99/1963 Sb., § 2 der Strafprozessordnung 141/1961 Sb.).
Höhere selbstverwaltende Gebietseinheiten in Tschechien mit historischer Einteilung
Böhmen
Mähren
Schlesien
Das Staatsgebiet Tschechiens umfasst die drei historischen LänderBöhmen,Mähren undSchlesien. Der Art. 99 der tschechischen Verfassung gliedert die Tschechische Republik in Gemeinden(obec), welche sogenannte elementare selbstverwaltende Gebietseinheiten sind, und in Regionen(kraj), welche sogenannte höhere selbstverwaltende Gebietseinheiten sind. Die 14 höheren selbstverwaltenden Gebietseinheiten wurden durch das Verfassungsgesetz zum 1. Januar 2000 errichtet. Die Grenzen der Regionen orientieren sich an den Grenzen derOkresy und des Stadtgebiets Prags.
Neben der staatlichen Polizei der Tschechischen Republik(Policie České republiky) existieren uniformierte Gemeindepolizeien(obecní policie) bzw. Stadtpolizeien(městská policie) und die für das Militär zuständige Militärpolizei(Vojenská policie).
DieTschechischen Streitkräfte (Armáda České republiky, kurzAČR) sind eine Berufsarmee. Die Hauptbereiche sind in den Gemeinsamen Kräften(Společné síly) zusammengefasst, welche aus den OrganisationsbereichenHeer(Pozemní síly),Luftwaffe(Vzdušné síly) undUnterstützungsstreitkräfte(Podpůrný komplet společných sil) bestehen.Oberster Befehlshaber ist der Staatspräsident.
Tschechien verfügt aktuell etwa über 21.100 Soldaten und ca. 11.000 Reservisten. Das Land hat derzeit 123 Kampfpanzer. Die Luftstreitkräfte verfügen über 44 Kampfflugzeuge.[65]
Tschechien gab 2017 knapp 1,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung oder 2,2 Milliarden Dollar für seine Streitkräfte aus.[66]
Im Vergleich mit demBIP der EU ausgedrückt in Kaufkraftstandards nähert sich Tschechien immer mehr dem Durchschnitt der EU-27 an. Schwankte das BIP pro Kopf zwischen 1997 und 2003 zwischen 68,4 % und 73,4 % des EU-Durchschnitts, stieg es seit dem EU-Beitritt 2004 stetig an. Im Jahr 2014 erreichte Tschechien 84 % des EU-Durchschnitts[72] und im Jahr 2023 91 %.[73] Bemerkenswert dabei sind jedoch die starken Unterschiede zwischen den Regionen. So erreichte die Hauptstadt Prag in der regionalen Aufschlüsselung des Jahres 2023 einen Wert von 193 % des Durchschnittes (viertstärkste EU-Region), während dieStatistikregion Nordwesten, bestehend aus demKarlovarský kraj und demÚstecký kraj, lediglich 63 % des EU-Durchschnitts erreichte.[74]
Die Arbeitslosenquote betrug im Dezember 2015 4,5 %.[75] Im Februar 2019 betrug sie 2,0 Prozent (1,8 Prozent bei Männern und 2,2 Prozent bei Frauen) und war damit die niedrigste in der Europäischen Union.[76] Im Jahr 2017 betrug die Jugendarbeitslosigkeit 8,3 %.[77] 2015 arbeiteten 2,8 % aller Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, 38,0 % in der Industrie und 59,2 % im Dienstleistungssektor. Die Gesamtzahl der Beschäftigten wird für 2017 auf 5,4 Millionen geschätzt; davon sind 44,4 % Frauen.[78]
Im Jahr 2017 verfügte das Land überWährungsreserven in Höhe von 148 Milliarden US-Dollar. Das Land gehört damit zu den europäischen Ländern mit den höchsten Reserven.[81]
Im Mittelalter entwickelte sich Böhmen zu einem bedeutenden Zentrum für Bergbau und Metallverarbeitung, insbesondere für Silber, Kupfer und Gold. Im 19. Jahrhundert standen die böhmischen Länder an der Spitze der Industrialisierung der Habsburgermonarchie, zunächst in der Zucker- und Textilindustrie, später auch im Maschinenbau und der Chemie. Städte wie Prag (Ringhoffer-Eisenbahnwerke,Českomoravská), Pilsen (Škoda), Liberec (Liebieg Weberei) und Brünn (Textilindustrie,Zbrojovka Waffenfabrik) wurden zu wichtigen Industriestandorten.Ostrava war ein Zentrum der Kohle- und Stahlindustrie im alten Österreich. Das 1859 gegründete Maschinenbau-Unternehmen Škoda hatte im Jahr 1900 schon etwa 3500 Mitarbeiter; es war der größte Rüstungskonzern Österreich-Ungarns. 1914 arbeiteten bei Škoda etwa 10.000 Menschen, 1917 waren es 32.000. Die ersten Nachkriegsprodukte waren Lokomotiven. Es entstanden die Geschäftsfelder Lebensmittel-, Tabak-, Automobil- und Flugzeugindustrie. Im Jahr 2017 war Škoda das größte Unternehmen im Land.[82]
Werbeplakat für Baťa-Schuhe aus der Zwischenkriegszeit
Die Wirtschaft der Tschechoslowakei gehörte traditionell zu den am meisten entwickelten in Europa. Sie erreichte insbesondere in der Zeit von 1918 bis 1939 einen hohen Stand. Der SchuhkonzernBaťa stieg in den 1930er Jahren zum Weltmarktführer auf. Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten 1948 gehörte die Tschechoslowakei zwar zu den meistentwickelten Ländern desOstblocks, infolge der Übernahme derZentralverwaltungswirtschaft als die herrschende Wirtschaftsform und infolge der aufgezwungenen Ausrichtung auf die Bedürfnisse desRGW konnte sie sich mindestens seit Mitte der 1950er nicht mehr stark entwickeln, und fiel im Vergleich mit dem Westen zurück.
Nach derSamtenen Revolution Ende 1989 wurde die Wirtschaft des Landesprivatisiert und erfreute sich, nach einer kurzen anfänglichen Rezession, erneut einer schnellen positiven Entwicklung. Das Gros des Bruttoinlandsproduktes wird heute im Dienstleistungssektor erzeugt.
Die tschechischen Exporte entsprachen 2021 80,6 Prozent des BIP. Der bilaterale Handel mit Deutschland hatte 2021 ein Volumen von rund 97 Mrd. Euro. Tschechien wickelt nahezu ein Drittel seines Außenhandels mit Deutschland ab, das damit der mit Abstand wichtigste Handelspartner ist. Umgekehrt liegt Tschechien an 8. Stelle der deutschen Handelspartner.[83] Das Land strebt eine stärkere geographische Diversifizierung seiner Exporte durch Zuwächse auch auf Märkten außerhalb der EU an (z. B. China oder Indien). Tschechien ist für seine Exportwirtschaft noch sehr stark auf ausländische Unternehmen angewiesen, die dort investieren und produzieren lassen.
Entwicklung des Außenhandels (Außenhandel in Mrd. US-Dollar und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
Škoda ist ein wichtiger industrieller Arbeitgeber in Tschechien.
Die tschechische Wirtschaft ist stark auf die Industrie (über 37 % Industrieanteil am BIP) und insbesondere auf die Automobilindustrie ausgerichtet. Einen großen Teil der Industrie bildet die Erzeugung moderner Industrieanlagen und Industriekomplexe, die überwiegend für Westeuropa und andere hochentwickelte Staaten der Welt bestimmt sind, sowie die Automobilindustrie (dieŠkoda-Auto-Werke gehören zu den größten Betrieben des Landes und bilden den wesentlichen Teil des tschechischen Exportes). Weitere wichtige Bereiche: die Metallurgie, Maschinen-, Lebensmittel- und Holzindustrie, ferner die chemische,petrochemische undpharmazeutische Industrie, Glas- und Keramikerzeugung.
In Böhmen hat die Glasindustrie Tradition. Viele derGlashütten können besichtigt werden, allerdings ist die Glasindustrie heute nur noch von geringer wirtschaftlicher Bedeutung.
Energie
Im Jahr 2024 betrug derAnteil der Kraftwerksarten an der Stromerzeugung (brutto) von insgesamt 68Terawattstunden (zum Vergleich: In Deutschland wurden 414 TWh erzeugt): Atomenergie 41 %, Kohle: 35 %, Erdgas 5 %, Andere Nicht-Erneuerbare: 1 %, Solarenergie 6 %, Wasserkraft 3,8 %, Biomasse 3,3 %, Windkraft 1,0 %, Sonstige Erneuerbare 3,5 %.[85]
Zur Wärmeerzeugung wurden 2015 hauptsächlich Kohle (62,6 %) und Gas (25,9 %) verwendet; der Anteil von Öl war gering (0,9 %).
In Tschechien werden zwei Kernkraftwerke betrieben. DasKernkraftwerk Dukovany hat vier Kernreaktoren russischer Bauart (WWER-440/213, je 471 MW Nettoleistung); sie gingen in den Jahren 1985 bis 1987 in Betrieb. DasKernkraftwerk Temelín hat zwei Kernreaktoren (WWER-1000/320) mit je 1000 MW Nettoleistung. Beide Kernkraftwerke liegen im Süden des Landes nahe derGrenze zu Österreich.[86]
Die Tschechische Republikexportierte 2024 rund 20 Prozent ihrer Stromproduktion. Stromexporten von 13,5 TWh standen Importe von 9,3 TWh gegenüber.[87] Gegenüber 2015 bedeutet dies einen Rückgang des Exportüberschusses um 8,8 TWh auf nur noch 4,2 TWh.[88] Nach bereits 2014 veröffentlichten Prognosen des Industrieministeriums wird sich dieser Trend fortsetzen und Tschechien perspektivisch Netto-Importeur werden. Grund seien fallendeBörsenstrompreise durch denAusbau erneuerbarer Energien in Nachbarländern (vor allemin Deutschland undin Österreich), sodass vielefossile Kraftwerke und Kernkraftwerke sich nicht mehr wirtschaftlich betreiben ließen. DieStromproduktion aus Kohle solle schrittweise reduziert werden; Neubaupläne für Kernkraftwerke verschoben oder verworfen werden. Der halbstaatliche EnergiekonzernČEZ zog 2014 die Ausschreibung für zwei neue AKW-Blöcke am Standort Temelín zurück, nachdem dieRegierung Sobotka keine staatlich garantierten Strompreise zusagen wollte.[89]
Die tschechischen Beckenlandschaften sind sehr fruchtbar. Die Landwirtschaft betreibt vorwiegend den Anbau von Weizen, Mais, Gerste, Zuckerrüben, Kartoffeln, Rüben, Raps, Gemüse und Obst. Besonders wichtig ist die Hopfenproduktion, vor allem imSaazer Becken, als Grundlage dertschechischen Braukultur. Böhmen ist ein traditionelles Bierbrauerland, vor allem inSüdmähren wird hingegenWein angebaut. Rinder, vorrangigFleckvieh, Schweine und Hühner machen den größten Teil der Viehzucht aus. Von Bedeutung ist auch die Zucht von Süßwasserfischen, insbesondereKarpfen. 54 % der Gesamtfläche Tschechiens wird landwirtschaftlich genutzt. Ein Drittel der Fläche bedecken Wälder, die Holz für den Export produzieren.
Die Landwirtschaft ist in Tschechien außergewöhnlich großstrukturig organisiert. Ein Betrieb wirtschaftet im Schnitt auf 152 Hektar, während der EU-weite Schnitt nur 14 Hektar beträgt. Hauptgrund dafür ist das Genossenschaftswesen (JZD) und die erzwungeneKollektivierung in den 1950er Jahren. Überdurchschnittlich groß ist der Anteil verpachteten Bodens, auch wenn der Anteil von Grundeigentum kontinuierlich steigt (2014: 22 %).[90] Der Anteil von Beschäftigten in der Landwirtschaft beträgt ungefähr drei Prozent der Bevölkerung.
Mit über 12 Millionen Touristen stand Tschechien 2016 auf Platz 29 der meistbesuchten Länder der Welt. Die Tourismuseinnahmen beliefen sich im selben Jahr auf 6,3 Mrd. US-Dollar. Wichtigstes Touristenziel in Tschechien ist die Hauptstadt Prag. Wichtige Sparten sind der Kultur- und Städtetourismus, Sommer- und Wintersport sowie der Kurtourismus, beispielsweise imWestböhmischen Bäderdreieck. Im Land gibt es insgesamt 12UNESCO-Welterbestätten.[91] 2018 waren die meisten Touristen aus Deutschland, der Slowakei, Polen, China und den USA.
In Tschechien werden Stein- und Braunkohle,Kaolin, Ton, Graphit, Kalkstein und Quarzsand gefördert. Der Kohleabbau verliert kontinuierlich an Bedeutung, er ging in den letzten 25 Jahren um gut die Hälfte zurück.[92] Bis zum Jahr 2017 wurde beiDolní Rožínka Uran gefördert. Der Großteil des Erdöls und Erdgases wird aus Russland eingeführt.
Finanzwirtschaft
Bankwesen
Der Bankensektor der Tschechischen Republik liegt nach einer Privatisierungswelle in den 1990er Jahren mehrheitlich in der Hand ausländischer, oft europäischer, strategischer Investoren. Diese Banken, zu denen Größen wie dieČeská spořitelna (Tschechische Sparkasse),ČSOB undKomerční banka gehören, agieren in der Regel konservativ und auf dem heimischen Markt. DieZentralbank des Landes, dietschechische Nationalbank (ČNB) überwacht den Markt und hat die Stabilität des Systems im Blick.[93]
Kapitalmarkt
Trotz der Dominanz des Bankensektors ist der Kapitalmarkt mit derPrager Börse (PSE)[94] vergleichsweise klein und verzeichnete zuletzt ein verhaltenes Wachstum. Der Leitindex der Börse ist derPX Index, der vomCzech Traded Index ergänzt wird.
Staatshaushalt
DerStaatshaushalt umfasste 2016 Ausgaben von umgerechnet 74,7 Mrd.US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 73,7 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich einHaushaltsdefizit in Höhe von 0,5 % desBIP.[95] DieStaatsverschuldung betrug 2016 55,2 Mrd. US-Dollar oder 37,6 % des BIP.[96]
Tschechische Staatsanleihen werden von der RatingagenturStandard & Poor’s mit der Note AA- bewertet (Stand: Dezember 2018).[97]
Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:
Das Land verfügt über eine gute Verkehrsanbindung an seine Nachbarstaaten. ImLogistics Performance Index, der von derWeltbank erstellt wird und die Qualität der Infrastruktur misst, belegte Tschechien 2018 den 22. Platz unter 160 Ländern. Von allen Ländern in Zentral/Osteuropa belegt es damit den ersten Rang.[99]
Autobahnen und Schnellstraßen in Tschechien 2015AutobahnD1
Der Bau destschechischen Autobahnnetzes reicht bis zum Jahr 1967 zurück. Während bis 1990 weitgehend nur die StreckenPrag–Brünn undBrünn–Pressburg fertiggestellt wurden, wurde das Netz in den folgenden Jahren stetig ausgebaut. Aktuell umfasst das Netz Autobahnen mit einer Länge von ca. 1.300 Kilometern (Stand 2020).
Seit 1990 wurden die AutobahnD5Prag–Pilsen–deutsche Grenze/A6–Nürnberg (vollständige Inbetriebnahme 2006) undD8 Prag–deutsche Grenze/A17–Dresden (vollständige Inbetriebnahme 2016) fertiggestellt. Mit Ausnahme eines ca. 10 Kilometer langen Teilstücks beiPřerov ist auch dieD1 zwischenBrünn undOstrava mit Anschluss an diepolnische Autobahn A1 fertiggestellt (Stand Ende 2022). Die komplette Fertigstellung ist für das Jahr 2026 geplant.
In Bau befinden sich aktuell weite Teile derD3 auf der Trasse vonPrag überTábor nachBudweis mit Anschluss an dieMühlviertler Schnellstraße in Österreich. Einzelne Abschnitte sind hier bereits in Betrieb. Das trifft auf dieD6 zu, die im Endzustand von Prag überKarlovy Vary undCheb mit Anschluss an das deutsche Straßennetz beiMarktredwitz führen soll.
In Bau befindet sich ebenfalls der noch fehlende Abschnitt derD11 zwischenJaroměř undTrutnov sowie weiterführend zur polnischen Grenze. Dieser soll bis 2026 errichtet werden.
Für die Benutzung der Autobahnen sowie der Schnellstraßen ist bis auf wenige Streckenabschnitte eine Maut zu bezahlen. Die Maut ist für Fahrzeuge bis zu 3,5 Tonnen als elektronische Vignette (Elektronická dálniční známka) ausschließlich online erhältlich. Motorräder und Trikes benötigen keine Vignette.
Unterhalb des Autobahnnetzes existiert ein über 55.000 km langes Straßennetz, welches sich in 336 km Schnellstraßen, 6156 km Straßen erster Ordnung, 14.669 km Straßen zweiter Ordnung und 34.128 km Straßen dritter Ordnung gliedert.Grundvorschriften im Straßenverkehr
Die Geschwindigkeitsbeschränkungen betragen innerorts 50 km/h, außerorts 90 km/h und auf den Autobahnen 130 km/h.
Seit dem 1. Juli 2006 muss ganzjährig mitAbblendlicht gefahren werden, bei neueren Kraftfahrzeugen ist dabei dasTagfahrlicht ausreichend.
Kinder bis 36 kg oder kleiner als 150 cm müssen durch einen Kindersitz gesichert werden.
Es gilt absolutes Alkoholverbot beim Lenken von Fahrzeugen.
Telefonieren ist dem Lenker während der Fahrt nur mit einerFreisprechanlage erlaubt.
Der Schienenverkehr in Tschechien hat eine 160-jährige Tradition. Beim Stand von 2010 ist das Streckennetz mit 9.620 Kilometern, gleichauf mit derSchweiz und abgesehen von den StadtstaatenMonaco undVatikanstadt dasdichteste Eisenbahnnetz der Welt. Die meisten Strecken werden von der derzeit noch 100 % staatlichen AktiengesellschaftČeské dráhy (Tschechische Bahnen) betrieben. Bedingt durch die Lage in Mitteleuropa, ist die Tschechische Republik zu einem wichtigen Transitland geworden. Durch das Staatsgebiet führen verschiedeneEuroCity-Korridore (z. B. Berlin–Prag–Wien oder Hamburg–Berlin–Prag–Bratislava–Budapest). Die meisten Strecken werden im Halbstunden-, Stunden- oder Zweistundentakt befahren. Seit 2005 wird der tschechischePendolino BR 680 alsSuperCity von Prag nachOstrava eingesetzt. Seit 2014 verkehrt derRailjet von Prag nach Wien undGraz. Die České dráhy konkurrieren auf mehreren Strecken mittlerweile mit den privaten VerkehrsunternehmenRegiojet undLeo Express.
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Prager HauptbahnhofČD - Railjet mit anderen Zügen zum Bahnhof in Kolín
Aktuell wird das Streckennetz auf vier sogenannten „Transitkorridoren“ ausgebaut, die im Endzustand mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h befahren werden sollen, teilweise wird ein weiterer Ausbau für Tempo 230 km/h angestrebt:
Der vierte Korridor durchquert das Land in Nord-Süd-Richtung: Er teilt sich zwischenDěčín und Prag die Trasse mit dem ersten Korridor und wird vonPrag überTábor nachČeské Budějovice geführt. Von dort wird der Korridor inRichtung Linz weitergeführt.
In Tschechien ist der Wasserverkehr auf den FlüssenElbe undMoldau und auf geschlossenen Wasserflächen (Stauseen und Seen), die für die Schifffahrt geeignet sind, nur zum Teil erschlossen. Die Abschnitte der Elbe und Moldau mit internationalem Status sind mit dem europäischen Wasserwege-System verbunden, das heißt mit Flüssen zu den Seehäfen (Elbe-Hamburg) und mit dem System der europäischen Kanäle zu anderen Flüssen und ihren Binnen- und Seehäfen (Magdeburg, Duisburg, Rotterdam).
Mit demMoldauhafen besitzt die Tschechische Republik im Hamburger Hafen einen Freihafen mit direktem Zugang zur Nordsee. Dieses 30.000 Quadratmeter große Gebiet ist bis 2028 an Tschechien, als Rechtsnachfolger der ČSSR verpachtet.
In größeren Städten sindStraßenbahnen, Busse und auchOberleitungsbusse die üblichen öffentlichen Verkehrsmittel. In kleineren Städten fahren nur Busse beziehungsweise O-Busse. In der Hauptstadt Prag betreiben die dortigenVerkehrsbetriebe diePrager Metro mit drei U-Bahnlinien, die das Zentrum mit den Stadträndern verbindet. Die Preise der Fahrkarten sind in den einzelnen Städten unterschiedlich; Senioren fahren fast überall kostenlos, wobei die Altersgrenze in der Regel bei 65 oder 70 Jahren liegt. In einigen kleineren Städten, etwa inKolín, ist der ÖPNV generell kostenlos. Fahrkarten werden an Schaltern, Automaten und teilweise in den Fahrzeugen selbst angeboten. In Prag und anderen größeren Städten sind Touristenkarten für mehrere Fahrten im Verkauf. Beim Betreten der Verkehrsmittel müssen die Tickets in der Regel sofort entwertet werden.
In den Hauptzentren des Fremdenverkehrs und in den Städten wird ein ausgedehntes Radwegenetz ausgebaut, dort kann man auch Straßenräder oder Mountainbikes leihen. Eine Anzahl europäischer Radwege durchquert Tschechien. Viele Radwege führen durch hügeliges Terrain, wie die vielen Routen im Böhmerwald, die weiter in den Bayerischen Wald führen. Fahrradfahren ist in Tschechien weit verbreitet, in den letzten Jahren wurde daher intensiv an einem nationalen Radnetz gearbeitet. Eine landesweit einheitliche Ausschilderung mit gelben Radweg-Schildern und nummerierten Radwegen ist Fahrradtouristen sehr hilfreich.
Feuerwehr
In derFeuerwehr in Tschechien waren im Jahr 2019 landesweit 12.963Berufs- und 67.149freiwillige Feuerwehrleute organisiert, die in 7.039 Feuerwachen undFeuerwehrhäusern, in denen 4.755Löschfahrzeuge und 415Drehleitern bzw.Teleskopmasten bereitstehen, tätig sind.[101] Der Frauenanteil beträgt ein Prozent.[102] Die tschechischen Feuerwehren wurden im selben Jahr zu 2.298.681 Einsätzen alarmiert, dabei waren 18.813Brände zu löschen. Hierbei wurden 128 Tote von denFeuerwehren bei Bränden geborgen und 1.388 Verletzte gerettet.[103] Der nationale FeuerwehrverbandČeský národni výbor repräsentiert die tschechische Feuerwehr im WeltfeuerwehrverbandCTIF.[104]
In Tschechien erscheinen 75 Tageszeitungen, die von 19,9 % der Bevölkerung gelesen werden. Daneben werden 62 Periodika herausgegeben, die von 8,9 % der Einwohner konsumiert werden. Über insgesamt 3.405.834 Fernsehanschlüsse – durchschnittlich 33,2 je 100 Einwohner – können 150 Fernsehsender empfangen werden; der durchschnittliche tägliche Fernsehkonsum beträgt 194 Minuten.[105]
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen heißtČeská televize und umfasst die ProgrammeČT1 (allgemein),ČT2 (Bildung und Kultur),ČT24 (Nachrichten),ČT sport,ČT art und den KindersenderČT :D. Der öffentlich-rechtliche Hörfunk heißtČeský rozhlas und umfasst unter anderem ČRo 1 (Informationskanal mit Nachrichten und Minderheitensendungen), ČRo 2 (Familienkanal mit Reportagen, Hörspielen, Wissenschafts- und Religionssendungen),ČRo 3 (Kultur + Hörspiele), ČRo 7 (Auslandsprogramm „Radio Prag“ mit Sendungen in mehreren Sprachen) und über 10 Regionalprogramme die von Regionalstudios produziert werden.
Im Jahr 2023 nutzten 86 Prozent der Einwohner Tschechiens das Internet.[106]
Das staatliche Postunternehmen ist dieČeská pošta. Dastschechische Postleitzahlensystem besteht in seiner heutigen Form seit 1973. Für telefonischeOrtsgespräche ist die ehemalige Vorwahlnummer erforderlich, sie gehört nun zur Anschlussnummer, die internationaleTelefonvorwahl ist +420.
Prag wird „Die Stadt der 100 Türme“ und „Goldene Stadt“ genannt. Hier sind architektonisch bedeutsame Bauten aus den verschiedenen Epochen der europäischen Kulturgeschichte vereint. Doch auch außerhalb der Hauptstadt finden sich herausragende Bauten und Kulturdenkmäler.16 Stätten in Tschechien sind alsUNESCO-Welterbe ausgewiesen, darunter die historischen Altstädte vonČeský Krumlov,Kutná Hora undTelč.
Die moderne Architektur beginnt mit dem PragerJugendstil, dessen prächtigstes Bauwerk dasPrager Gemeindehaus ist.Josef Gočár und andere entwickelten die Stilartkubistische Architektur. Diese spezifische Richtung entwickelte sich zu einer Art Nationalarchitektur und brachte die Sonderform desRondokubismus hervor. Sie wurde in den 1920er Jahren jedoch von derfunktionalistischen Architektur abgelöst. Brünn, woBohuslav Fuchs wirkte und dieVilla Tugendhat steht war das Zentrum des Funktionalismus. Mit der Architektur der kommunistischen Zeit werden oftPlattenbauten assoziiert, sie ist umstritten. Architektonische Leistungen dieser Zeit sind derFernsehturm Žižkov und derFernsehturm Ještěd. Das bekannteste Bauwerk der Zeit nach 1989 ist dasTanzende Haus.
Im 9. Jahrhundert führtenKyrill und Method inGroßmähren diealtkirchenslawische Sprache als ersteslawische Schriftsprache ein. Daraus entwickelte sich die alttschechische Sprache, die im Mittelalter neben Latein und Deutsch zur Literatursprache in Böhmen und Mähren aufstieg. Die ersten Belege für alttschechische Literatur stammen aus dem 12. und 13. Jahrhundert, zur kulturellen Blütezeit kam es unter der HerrschaftszeitKarls IV. Jan Hus führte 1406 diediakritischen Zeichen in der tschechischen Sprache ein. DieKralitzer Bibelübersetzung aus dem 16. Jahrhundert hatte großen Einfluss auf das tschechische Schrifttum. Herausragende Literaten der Barockliteratur sind der Pädagoge und UniversalgelehrteJohann Amos Comenius und der JesuitenpredigerBedřich Bridel. Ende des 18. Jahrhunderts setztenJosef Dobrovský undJosef Jungmann mit ihren sprachwissenschaftlichen Arbeiten den Grundstein für die nationale Wiedergeburt. Es folgten dieRomantik mitKarel Hynek Mácha als Hauptvertreter und derRealismus mitBožena Němcová undJan Neruda(Kleinseitner Geschichten).
Dietschechische Moderne greift die zahlreichen literarischen Strömungen auf, die um die Jahrhundertwende in Europa entstehen. Die Entstehung der Tschechoslowakei belebte den Kulturbetrieb enorm. Namhafte Autoren der Zwischenkriegszeit sind beispielsweiseJaroslav Hašek(Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk) undKarel Čapek. Die Ära des Kommunismus brachte erneut Zensur oder veranlasste die Schriftsteller ins Exil zu gehen, wieJosef Škvorecký undMilan Kundera. Die im Land Verbleibenden, wieBohumil Hrabal oderLudvík Vaculík publizierten imSamizdat. Seit 1989 ist die freie Literaturproduktion wieder möglich.
Musik
Abschrift vonHospodine pomiluj ny aus dem 14. Jahrhundert
Von internationaler Bedeutung ist das jährliche klassische MusikfestivalPrager Frühling. Weltbekannt sind tschechische Hersteller und Marken von Musikinstrumenten wieAmati Kraslice,V. F. Červený & synové (Blechblasinstrumente),Jolana (E-Gitarren und -Bässe),Petrof (Klaviere) undRieger-Kloss (Orgeln). Die westböhmischen OrteKraslice undLuby sind Teil desMusikwinkels, bis 1945 eines der weltweit größten Zentren des Musikinstrumentenbaus. Nach der Vertreibung siedelten sich zahlreiche deutsche Musikinstrumentenbauer in Westdeutschland an.
Bier gilt als Nationalgetränk. Tatsächlich ist der Bierkonsum in Tschechien weltweit am höchsten, das Bierbrauen hat eine jahrhundertealte Tradition. Weltweit bekannte Marken sindPilsner Urquell undBudweiser. Besonders in Mähren wird auch Weinbau betrieben. Bekannte Spirituosen sindSliwowitz undBecherovka.
In Tschechien sind mehrere historische Gedenktage zu staatlichen Feiertagen erklärt worden. Dazu zählen der Tag der tschechischen Staatlichkeit am Todestag desHeiligen Wenzel am 28. September, der Tag derEntstehung des tschechoslowakischen Staates am 28. Oktober und der Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie am 17. November. Bis auf den Karfreitag, den Ostermontag und die Weihnachtsfeiertage (24., 25. und 26. Dezember) sind diechristlichen Feiertage in Tschechien nicht arbeitsfrei.
Schätzungsweise 15 Prozent der tschechischen Bevölkerung sind in Sportvereinen organisiert.
Wintersport
Jaromír Jágr bei den Olympischen Winterspielen 2010
Der wichtigste Sport (auch als Nationalsport bezeichnet) istEishockey. In diesem Sport erzielt die Tschechische Republik regelmäßig internationale Erfolge (Weltmeisterschaften,Olympische Spiele).
Dieerste Liga umfasst 16 Mannschaften. Das schlechteste Team steigt am Ende der Saison ab, 2 weitere Teams spielen in der Relegation gegen den Abstieg. Die landesweite FNL (Fotbalová národní liga, „Fußballnationalliga“) ist die zweithöchste Liga, aus der der Meister aufsteigt. Die dritthöchste Spielklasse ist zweigeteilt. Den westlichen Teil (Böhmen) deckt die ČFL (Česká fotbalová liga, „Böhmische Fußballliga“, 18 Teams) ab, den östlichen Teil des Landes (Mähren und Schlesien) die MSFL (Moravskoslezská fotbalová liga, „Mährisch-Schlesische Fußballliga“, 16 Teams). Der jeweilige Meister der beiden dritten Ligen steigt in die zweite Liga auf. Der Abstieg aus der zweiten Liga bestimmt den Abstieg aus den Ligen darunter mit, denn es können zum Beispiel zwei Mannschaften aus der FNL absteigen, die beide in den Bereich der ČFL oder eben der MSFL fallen, womit dort eine Mannschaft zu viel wäre. Es muss also noch eine zusätzliche Mannschaft absteigen.
Der Unterbau des dritten Levels ist fünfgeteilt. Unterhalb der ČFL gibt es drei Gruppen (A, B, C) der Divize, unterhalb der MSFL zwei (D und E). Von diesen Ligen steigt jeweils der Meister in die ĆFL beziehungsweise MSFL auf, die jeweils letzten zwei in einen der regionalen „Krajský přebor“ ab, je nach Zugehörigkeit. Insgesamt gibt es nach einer Reform 2002/03 nun 13 Gruppen solcher fünften Ligen (zuvor lediglich 10), 9 als Unterbau der ČFL beziehungsweise der Divize A, B, C und 5 als Unterbau der MSFL beziehungsweise der Divize D und E.
Motorsport
BeiŠternberk findet jährlich ein Lauf zurEuropa-Bergmeisterschaft statt(Ecce Homo). Josef Kopecký (1994),Otakar Krámský (1995, 1997, 1998), Robert Šenkýř (2003, 2004), Miroslav Jakeš (2008) und Václav Janík (2009) wurden Meister dieser Serie. 2008 und 2009 belegten tschechische Fahrer Platz eins bis drei der EBM. Weitere Bergrennstrecken sind beiÚstí nad Orlicí(Ústecká 21),Lanškroun undMalá Bystřice.
Mit dem „Automotodrom Brno“ steht beiBrünn eine internationalen Ansprüchen genügende Rundstrecke zur Verfügung, die von derDTM genutzt wurde, und im Rahmen derWTCC angefahren wird. Des Weiteren findet hier im Rahmen derFIM-Motorrad-Weltmeisterschaft ein Rennen derMotoGP statt. In Most besteht eine Rennstrecke (Autodrom Most). Die wird international vor allem für die Truck Race Serie sowie zum Teil auch für Tourenwagen genützt. Im Marketa Stadion vonPrag findet seit mehreren Jahren im Rahmen der Speedway-Einzel-Weltmeisterschaft der Grand Prix von Tschechien statt. InPardubice findet seit etlichen Jahrzehnten das traditionelle Internationale Speedwayrennen um den Goldhelm von Pardubice („Zlatá přilba Pardubice“) statt.
InMarienbad fand auf der 1000 Meter langen Sandbahn in den Jahren 1976, 1979, 1983, 1989, 1991 und 1994 das Finale zurLangbahn-Weltmeisterschaft statt. Seit 1997 der Langbahn-WM Grand Prix eingeführt worden ist, gab es auch schon einige Male den Langbahn-WM Grand Prix der Tschechischen Republik in Mariánské Lázně.
Weitere Sportarten
Petra Kvitová
Von internationaler Bedeutung ist das alljährlich stattfindende Pferderennen vonPardubice. Dieser Wettbewerb findet unter dem NamenVelká Pardubická seit 1874 statt und ist wegen seiner besonderen Härte berüchtigt.
↑Die DDR beteiligte sich an der Aktion nur begrenzt; die rumänische Regierung verurteilte öffentlich den Einmarsch und Albanien trat anlässlich des Einmarsches offiziell aus dem Warschauer Pakt aus – beide Länder beteiligten sich an der Invasion nicht
Einzelnachweise
↑Population, total. In: World Economic Outlook Database.Weltbank, 2025, abgerufen am 17. November 2025 (englisch).
↑European Roma Rights Centre, zit. nachSoučasná romská komunita v Evropě (Gegenwärtige Roma-Gemeinschaft in Europa)romove.radio.cz, tschechisch, abgerufen am 31. März 2010
↑Origins and Destinations of the World’s Migrants, 1990-2017. In:Pew Research Center's Global Attitudes Project. 28. Februar 2018 (pewglobal.org [abgerufen am 30. September 2018]).
↑Hans Lemberg:Haben wir wieder eine „Tschechei“? Oder: Wie soll das Kind denn heißen? In:Bohemia. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der böhmischen Länder.Band34,Nr.1, 1993,ISSN0523-8587,S.106–114,doi:10.18447/BoZ-1993-1557.
↑abKonec dohadů. Česko už má v databázích OSN anglický název Czechia, Nachrichtenportal iDnes.cz, 11. Juli 2016 (online).
↑Alexander Stich:Čech, Český, Čechy, Česko. Ein Land und seine Namen. In: Walter Koschmal (Hrsg.):Deutsche und Tschechen. Geschichte, Kultur, Politik. C.H. Beck, München 2001,ISBN 3-406-45954-4, S. 14–23, hier S. 19.
↑Karel Valoch:Paläolithische Archäologie in der ehemaligen Tschechoslowakei und ihr Beitrag zur mitteleuropäischen Forschung. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte 19, 2010, S. 71–115.
↑Mart Martin:The Almanac of Women and Minorities in World Politics. Westview Press Boulder, Colorado, 2000, S. 102.
↑Dana Mulilová:Mothers of the Nation: Women’s Vote in the Czech Republic. In: Blanca Rodríguez-Ruiz, Ruth Rubio-Marín:The Struggle for Female Suffrage in Europe. Voting to Become Citizens. Koninklijke Brill NV, Leiden und Boston 2012,ISBN 978-90-04-22425-4, S. 207–223, S. 216.
↑Nikolai Brushlinsky, Marty Ahrens, Sergei Sokolov, Peter Wagner: Welt-Feuer-Statistik Ausgabe Nr. 26-2021. (PDF) Tabelle 1.13: Personal und Ausstattung der Feuerwehren der Staaten in 2010–2019. WeltfeuerwehrverbandCTIF, 2021, abgerufen am 18. Februar 2022.
↑Nikolai Brushlinsky, Marty Ahrens, Sergei Sokolov, Peter Wagner: Welt-Feuer-Statistik Ausgabe Nr. 26-2021. (PDF) Tabelle 1.14: Personal der Feuerwehren der Staaten nach Gender in 2010–2019. Weltfeuerwehrverband CTIF, 2021, abgerufen am 18. Februar 2022.
↑Nikolai Brushlinsky, Marty Ahrens, Sergei Sokolov, Peter Wagner: Welt-Feuer-Statistik Ausgabe Nr. 26-2021. (PDF) Tabelle 1.2: Verdichtete Kennzahlen der Brandsituation in den Staaten für das Jahr 2019. Weltfeuerwehrverband CTIF, 2021, abgerufen am 18. Februar 2022.
↑Czech Republic. Members. Comité technique international de prévention et d’extinction du feu (CTIF), abgerufen am 12. Juli 2022 (englisch).