Trypsine
Trypsin-1 | ||
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Trypsin-1 tetramer, Human nachPDB 2RA3 | ||
Eigenschaften des menschlichen Proteins | ||
Masse/LängePrimärstruktur | 224 Aminosäuren | |
Kofaktor | Ca2+ | |
Isoformen | einkettig / zweikettig | |
Bezeichner | ||
Gen-Namen | PRSS1, TRY1 | |
Externe IDs | ||
Arzneistoffangaben | ||
ATC-Code | B06AA07 D03BA01 M09AB52 | |
Enzymklassifikation | ||
EC, Kategorie | 3.4.21.4, Serinprotease | |
MEROPS | S01.127 | |
Reaktionsart | Hydrolyse | |
Substrat | Arginin-, Lysin-Bindungen in Peptiden | |
Produkte | Spaltprodukte | |
Vorkommen | ||
Homologie-Familie | Hovergen | |
ÜbergeordnetesTaxon | Eukaryoten |
HumanesTrypsin ist ein Gemisch dreierVerdauungsenzyme, die imDünndarmProteine zersetzen und zu denPeptidasen zählen:Trypsin-1 (kationisches Trypsin, zwei Drittel),Trypsin-2 (anionisches Trypsin, etwa ein Drittel) undTrypsin-3 (Mesotrypsin, wenige Prozent). Viele ähnliche Enzyme bei Säugetieren, Insekten, Fischen und Pilzen tragen ebenfalls den Namen Trypsin.
Mangel an Trypsin-1 führt beim Menschen zurUnterernährung durchProteinmangel. Ursache kann eineMutation am TRY1-Gen sein. Eine andere Folge einer solchen Mutation ist erblichePankreatitis, bei der körpereigenes Trypsin-1 nicht abgebaut werden kann und dieBauchspeicheldrüse verdaut. Mutation am Gen für Trypsin-2 kann zur chronischen Pankreatitis beitragen.[1]
Biosynthese
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Proteasen Trypsin,Chymotrypsin undCarboxypeptidasen werden als inaktiveZymogen-Vorstufen vomPankreas abgesondert. Das DarmenzymEnteropeptidase, das an dasDarmepithel gebunden ist, steuert die Umwandlung der Vorstufe Trypsinogen zu Trypsin. Trypsin aktiviert sich selbst (positive Rückkopplung) und wandelt Chymotrypsinogen, Proelastase wie auch Procarboxypeptidase und weitere inaktive Enzyme in deren aktive Formen (Chymotrypsin,Elastase und Carboxypeptidase) um.
Biologische Funktion
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Trypsin gehört zu denEndopeptidasen, dieProteine an bestimmten Stellen spalten. Trypsin ist eineSerinprotease. Es spaltet selektiv nach DarmregionPeptidbindungen nach denbasischenAminosäurenLysin,Arginin und auch nach modifiziertemCystein. Proteinasen sind nicht auf bestimmte Proteine spezialisiert, sondern auf bestimmte Aminosäurensequenzen (Strukturmerkmale) innerhalb der Proteine; dies ist für denVerdauungsvorgang wichtig, da ansonsten im Dünndarm für jedes vorkommende Protein ein spezifisches Enzym benötigt werden würde.
Endopeptidasen sind wichtige Substanzen bei der chemisch-analytischenProteinsequenzierung. Die gespaltenen (denaturierten) Proteine werden leichthydrolysiert und binden Wassermoleküle an sich.
Eine ähnliche Funktion und Wirkung hat das von der Magenwand freigesetztePepsin.
Trypsin besitzt einpH-Wert-Optimum von 8–8,5.[2] Es ist eine weit verbreitete falsche Annahme, dass Trypsin ein auf den Dünndarm abgestimmtes pH-Optimum hat.[3] Der pH-Wert im Dünndarm liegt aber im sauren bis schwach alkalischen Bereich.[4][5]
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Enzym bei entzündlichen Prozessen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Wirkung des Trypsins in Form derMadentherapie wurde vonAmbroise Paré,Dominique-Jean Larrey undWilliam Stevenson Baer (1872–1931) bemerkt. Daraufhin wurde ein Extrakt der Maden hergestellt, der lautA. Läwen jedoch keine Wirkung zeigte.[6]
1857 wurde das Trypsin als solches dann vonLucien Corvisart (1824–1882) entdeckt und 1867 vonWilhelm Kühne weitgehend isoliert[7] und benannt. Seit 1955 wurde es bei Entzündungen desMund-Rachen-Raums, derNase und der oberenAtemwege eingesetzt.[6]
Irving Innerfield versuchte 1954 mittelsintramuskulärer Injektion von TrypsindiabetischeZellgewebsentzündungen und Beingeschwüre zu heilen.[6]
Verdauungsenzym
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Dieproteolytische Eigenschaft des Trypsins beobachteten 1836Johannes Evangelista Purkinje undSeligmann Simon Pappenheim (1775–1840) und 1856 auchClaude Bernard.Lucien Corvisart begann 1857 mehrere Versuche mit denPankreassekreten von Hunden und Schafen, um die Wirkung genauer zu beschreiben.[6]
1862 konnteAlexander Jakulowitsch Danilewski das Trypsin dann erstmals durch Verreiben mitSand undKieselgur und anschließender Aufschwemmung inKollodium isolieren. Im Jahr 1875 erkannteRudolf Heidenhain, dass es sich in Form einer inaktiven Vorstufe in denZellen derBauchspeicheldrüse befindet und erst mit der Sekretion in den Zwölffingerdarm wirksam[8] wird. Seinen Namen bekam es dann 1876 vonWilhelm Kühne.[6]
1899 fandIwan Pawlow (1849–1936) heraus, dass dasDünndarmsekret das Trypsinogen aktiviert. DasEnzym hierbei nannte er Enterokinase.[6]
Dass dasHormonSekretin dafür verantwortlich ist, dass der Bauchspeichel sezerniert wird, belegtenErnest Henry Starling undWilliam Maddock Bayliss 1902. Dass es sich bei Trypsin und Pepsin um zwei verschiedene Enzyme handelt, wiesenEmil Abderhalden (1877–1950),V. Hemtiquez und Frankel in den Jahren 1912–1916 jeweils unabhängig voneinander nach.[6]
Im Jahr 1930 entdecktenErnst Kurt Frey,Heinrich Kraut und Eugen Werle einenTrypsin-Inhibitor.[9] 1931 wurde dieKristallstruktur des Trypsins vonJohn Howard Northrop dargestellt.[6]
1941 fanden McClean und Hale heraus, dass unter anderem Trypsin die Fähigkeit hat, das Fortschreiten einerbakteriellen Infektion in einemGewebe zu unterbinden, indem es die bakterielleHyaluronidase inaktiviert. So wurde es in Kombination mit Antibiotika erfolgreich gegen lokale Entzündungen angewendet. Aufzeichnungen hierzu gibt es bei Greuer und Hess aus dem Jahr 1954.[6]
Krebstherapie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]1906 wurde Trypsin vonJohn Beard beiNeoplasmen eingesetzt und schrieb seine Ergebnisse im Werk "The Enzyme treatment of cancer" 1911 nieder. Zur gleichen Zeit führte auch die intratumoraleInjektion durchgeführt vonFerdinand Blumenthal,William Allan Pusey undP. T. Hald zum Erweichen vonTumoren. Britische Ärzte ließen industriell Präparate fertigen und behandelten weitere Patienten damit. Hier blieb jedoch die Wirkung aus, da dieEnzyme bei Lagerung beiRaumtemperatur ihreAktivität verlieren, was damals noch nicht bekannt war, und deswegen wurde dieserTherapieansatz verworfen.
Verwendung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]InZellkulturlabors wird Trypsin zurTrypsinisierung verwendet, umadhärente Zellen vom Boden der Kulturschalen zu lösen bzw. um Zellen zu vereinzeln (Passagierung). Solange man die Zellen nicht zu lange mit Trypsin behandelt, werden sie nicht geschädigt, und nur die extrazellulären Proteine werden gespalten.
In derProteomik ist Trypsin die am häufigsten eingesetzte Protease, um für diemassenspektrometrische AnalysePeptide zu erzeugen, z. B. beimIn-Gel-Verdau.
Für die Chromosomenanalyse in Form einesKaryogramms werden in derGTG-Bänderungstechnik die Chromosomen mit Trypsin behandelt und anschließend nach Giemsa gefärbt.[10]
Pharmazeutisch wird Trypsin nur noch inKombinationspräparaten verwendet. Beispiele hierfür sind Alphintern, Phlogenzym und Wobenzym N.[6]
Nachweisreaktion
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Aktivität von Trypsin kann durchN-Benzoyl-D,L-Arginin-p-nitroanilid (BAPNA) nachgewiesen werden. Dabei wird BAPNA durch das Trypsin am Arginin gespalten, und es entstehtp-Nitroanilin. Die dadurch ansteigende Konzentration vonp-Nitroanilin kann bei einer Wellenlänge von 405 nmspektroskopisch verfolgt werden.

Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Jennifer McDowall/Interpro:Protein Of The Month:Trypsin and Chymotrypsin. (englisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑OMIM: Trypsin-1
- ↑Tibor Sipos, Joseph R. Merkel:Effect of calcium ions on the activity, heat stability, and structure of trypsin. In:Biochemistry.Band 9,Nr. 14, 1970,S. 2766–2775,doi:10.1021/bi00816a003.
- ↑Laurence A. Moran: On the meaning of pH optima for enzyme activity. In: Sandwalk. 9. Dezember 2014, abgerufen am 23. November 2016.
- ↑J. Fallingborg:Intraluminal pH of the human gastrointestinal tract. In:Danish Medical Bulletin.Band 46,Nr. 3, 1999,ISSN 0907-8916,S. 183–196,PMID 10421978.
- ↑L. Ovesen, F. Bendtsen, U. Tage-Jensen, N. T. Pedersen, B. R. Gram, S. J. Rune:Intraluminal pH in the stomach, duodenum, and proximal jejunum in normal subjects and patients with exocrine pancreatic insufficiency. In:Gastroenterology.Band 90,Nr. 4, 1986,S. 958–962,PMID 3949122.
- ↑abcdefghijWolf-Dieter Müller-Jahncke,Christoph Friedrich, Ulrich Meyer:Arzneimittelgeschichte. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2005,ISBN 978-3-8047-2113-5,S. 110.
- ↑K. Zimmermann:Bauchspeicheldrüse. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 89–106, hier: S. 90.
- ↑K. Zimmermann:Bauchspeicheldrüse. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 89–106, hier: S. 90.
- ↑K. Zimmermann:Bauchspeicheldrüse. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 89–106, hier: S. 92.
- ↑GTG-Bänderung (G-bands by trypsin using Giemsa). Institut für Humangenetik imUniversitätsklinikum Jena, abgerufen am 14. März 2011.