EinTobel (das oderder) ist in denoberdeutschen Dialekten ein engesTal bis hin zu einerSchlucht,[1][2][3] in der Fachsprache derGeomorphologie ein trichterförmiges Tal mit engem Ausgang. Regional wird auch die alternative SchreibweiseDobel verwendet.
Der Schweizer FlurnamenforscherPaul Zinsli leitet in seinem BuchOrtsnamen das Wort vonvulgärlateinischtubale aus lateinischtubus ‚Röhre‘ ab. Die alemannischen Einwanderer haben das Gattungswort damit von der ansässigen romanischen Bevölkerung als Lehnwort übernommen.[4] Die Übernahme aus einer vorgängig dort gesprochenen Sprache zeigt sich auch darin, dass der BegriffTobel in so unterschiedlichen Mundarten wie dem östlichenHochalemannisch, demMittelalemannischen, dem östlichenHöchstalemannisch und den westlichstensüdbairischen Dialekten bekannt ist. AufRätoromanisch wird der Tobel auch alsTavon bezeichnet, woher sich der NameMontafon für eine große Talschaft in Vorarlberg ableitet.
Alsgeomorphologischer Fachbegriff wurde das Wort um 1850 vonAdolf Schaubach eingeführt.[7] Hiernach ist das/der Tobel dieLandform eines mehr oder minder sanftenHochtals im Gebirge, mit einemDurchbruchstälchen einesSturzbaches. Durch das größere Einzugsgebiet und das starke Gefälle des Gewässers, und den damit verbundenen Gerölltransport, unterscheidet sich ein Tobel von anderenSchluchtformen, etwa derKlus.
Tobelbildung ist typisch für Einschaltungen von weicheren, wenigererosionsresistenten (meist tonreicheren) Gesteinsschichten oder -intervallen in mehr oder weniger steilgestelltensedimentären Abfolgen. In dem weicheren Material entstehen zunächstRunsen, die einGebirgsbach als Wegsamkeit nutzt, der die Runse zu einem scharfen Einschnitt vertieft. Tobel finden sich daher beispielsweise in den Nordalpen vornehmlich in derMolassezone undFlyschzone zwischen Hochrhein und Donau. Manche Tobel gehen auch auf plötzlicheSchmelzwasserbäche auseiszeitlichenGletschern zurück. Dabei stellt der Tobel selbst keine primärglazialmorphologische Form da, ist also meist nicht eiszeitlich überprägt, sondern postglazial – oder periglazial eisfrei gewesen. In kompakterem Material bildet sich stattdessen als Gletschererosion dasKar aus, ebenfalls ein trichterförmiges Tal, das sich aber entweder abflusslos (endorheisch) mitKarsee darstellt oder inWasserfällen überläuft. ImKalkgestein bilden sich stattdessenDolinen und ähnliche Talformen.
Der Durchbruch des Tobels ist typischerweise V-förmig ausgebildet, wobei die gegenüberliegenden Flanken je nachGesteinshärte unterschiedlicheNeigungen haben können, kann sich aber auch bis zurKlamm eintiefen. Erodiert der Tobelbach den Tobelrückschreitend durch, entstehenCanyons mit darüberliegenden sanftenHangschultern. Umgekehrt kann ein durchbrechendes Kar oderTrogtal ebenfalls tobelartige Talformen ausbilden.
↑Paul Zinsli:Ortsnamen. Siedlungs- und Flurnamen der deutschen Schweiz. Huber, Frauenfeld 1971 (2. Auflage 1975).
↑nachweisbar in der Wanderkarte des Schwäbischen Albvereins e. V. Kirchheim/Teck, Maßstab 1:25.000, Ausgabe 2017, Kartografie LGL Baden-Württemberg
↑Für die Schweiz siehe imSchweizerischen Idiotikon die Anmerkung zum ArtikelTobel (Band XII, Spalten 120–122) sowie inortsnamen.ch, EingabeTobel.
↑„Tobel, ein alemannischer Name, in der Schweiz ganz gewöhnlich und daher auch in diesem Gebiete [Paznaun, Anm.] zu Hause, bezeichnet ein trichterförmiges Thal mit engem Ausgang.“Adolph Schaubach:Handbuch für Reisende durch Nordtirol, Vorarlberg, Oberbaiern. In:Die deutschen Alpen: ein Handbuch für Reisende durch Tyrol, Österreich, Steyermark, Illyrien, Oberbayern und anstossenden Gebiete. 2. Auflage.BandII. F. Frommann, Jena 1866,Das Thal der Sanna,S.70, Anm. 1) (Volltext in der Google-Buchsuche).