TK-Elevator-Testturm | |
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Daten | |
Ort | Deutschland![]() |
Architekt | Helmut Jahn,Werner Sobek |
Bauherr | Krupp Hoesch Stahl GmbH im Auftrag derThyssenKrupp Elevator AG |
Baustil | Moderne |
Baujahr | 2014–2017 |
Höhe | 246 m |
Grundfläche | 2830 m² |
Koordinaten | 48° 10′ 45,2″ N,8° 37′ 30,2″ O48.179238.62506Koordinaten:48° 10′ 45,2″ N,8° 37′ 30,2″ O |
Besonderheiten | |
• Höchstes Bauwerk mit Textilfassade • Erstes Bauwerk, das aktiv in Schwingungen versetzt werden kann • Höchste Aussichtsplattform Deutschlands |
DerTK-Elevator-Testturm (Eigenschreibweise:TK Elevator Testturm Rottweil[1]) inRottweil ist ein 246 Meter hoherAufzugstestturm fürExpress- und Hochgeschwindigkeitsaufzüge. Der 2014 bis 2017 vonThyssenkrupp Elevator errichtete Turm bietet mit 232 Metern die höchsteBesucherplattform Deutschlands und ist der weltweit zweithöchste Testturm für Aufzugsanlagen. Mit den Tiefgeschossen, die als Testumgebung für die Aufzugschächte mitverwendet werden, hat derSchaft eine Gesamtlänge von 275,5 Metern.[2]
Der Turm hat zahlreicheArchitektur-, Ingenieurs- und Designpreise gewonnen und bietet einige Alleinstellungsmerkmale. So ist er das weltweit erste Bauwerk, das durch einSchwingungspendel im Inneren des Turmschafts in Schwingungen versetzt werden kann. Auf diese Art werden realeWindlasten simuliert. Der Schaft ist mit einerspeziellen Glasfaser-Textilie entlang eines Wendelrohrs ummantelt, welche die eigentliche Außenform des Turms festlegt. Der Turm ist dadurch gleichzeitig das höchste textilverkleidete Gebäude der Welt.[3][4]
Ursprünglich war geplant, den Turm im Industriegebiet Neckartal zu errichten.[5] Doch es erwies sich aufgrund der Ergebnisse von geologischen Untersuchungen und Probebohrungen am 17. Juli 2013 als ungeeignet. Stattdessen schlug Thyssenkrupp am 11. September 2013 das Industriegebiet Berner Feld oberhalb des Tales als alternativen Standort vor, etwa eineinhalb Kilometer nördlich des Stadtzentrums von Rottweil.[6]
Der ProduktionsstandortNeuhausen war aufgrund der Nähe zumFlughafen Stuttgart nicht als Standort möglich gewesen. Neben der nicht allzu großen Entfernung von rund 100 Kilometern vom Produktionsstandort sprachen die große Zahl an Studenten und Fachkräften in der Region und nicht zuletzt der Zuspruch der Stadt Rottweil für den gewählten Standort.[7]
Nach einer nichtöffentlichen Information des Gemeinderates am 24. April 2013 wurde einen Tag später die Öffentlichkeit über das Bauvorhaben informiert. Am 6. Mai 2013 wurde eine Bürgerversammlung abgehalten, zu der sich rund 420 Interessierte einfanden.[8]
In der Bevölkerung gab es im Vorfeld Diskussionen darüber, ob der markante Turm das historischeStadtbild Rottweils, einer derältesten Städte Deutschlands, oder die Landschaft zwischenSchwarzwald undSchwäbischer Alb beeinträchtige.[9][10]Letztlich stimmte derStadtrat für das Bauprojekt, in der Hoffnung auf Touristen, die den örtlichenEinzelhandel, dieGastronomie und dieHotellerie beleben sollen.
Am 25. September 2013 beantragte der Gemeinderat die Vorbereitung des Planverfahrens. Am letzten Septemberwochenende führte man auf dem Berner Feld einen sogenannten Ballontest aus. Man ließ einen Ballon exakt auf die Höhe der geplanten Bauwerkshöhe ansteigen, um anschaulich die Wirkung des Bauvorhabens zu illustrieren. Nach einer weiteren Bürgerversammlung beschloss am 23. Oktober der Gemeinderat, den Einstieg ins Planverfahren vorzunehmen, und gab schließlich am 11. Dezember desselben Jahres grünes Licht für den Grundstücksverkauf an Thyssenkrupp.[8]
Ebenfalls in der zweiten Jahreshälfte 2013 wurde mit dem Wettbewerb begonnen. Nach einem mehrstufigen Bieterverfahren fiel im März die Entscheidung über die beteiligten Firmen und Architekten.[11] Das Gebäude ist ein Entwurf der ArchitektenHelmut Jahn undWerner Sobek, die ihren Entwurf am 11. April 2014 der Öffentlichkeit in Rottweil vorstellten.[12] AlsGeneralunternehmer wurde das Stuttgarter BauunternehmenZüblin bestimmt.[13]
Nach den ersten Ankündigungen des Bauvorhabens im April 2013 brachte der RottweilerOberbürgermeisterRalf Broß die BezeichnungPowertower ins Gespräch.[14] Der ArchitektHelmut Jahn bezeichnete den Turm alsTower of light.[15]
Im Oktober 2014 startete eine Lokalzeitung[16] eine Aktion, bei der Leser Namensvorschläge einreichen konnten. Parallel sammelte eine privateFacebook-Seite Vorschläge für die Bezeichnung des Turms. Beide Aktionen waren für die tatsächliche Namensgebung irrelevant, da sie weder mit dem Bauherrn noch mit der Stadtverwaltung abgesprochen waren.[17]
Thyssenkrupp und die Stadt Rottweil bezeichneten das Bauwerk schlicht als Testturm oder Testturm Rottweil, auf EnglischRottweil Test Tower.[18] Seit 2017 nannte Thyssenkrupp den Turmthyssenkrupp Testturm. Durch die Abspaltung der Aufzugssparte von Thyssenkrupp und den neuen Namen TK Elevator trägt der Testturm seit 2021 den NamenTK Elevator Testturm.
Der ersteSpatenstich zurGründung des Turmes erfolgte am 2. Oktober 2014. Den rund 30 Meter tiefen Schacht hat ein Bagger mit Schaufel und einem Abbauhammer immer tiefer gegraben. Der Baugrund besteht ausLettenkeuper und einer darunterliegenden SchichtMuschelkalk.[3] Aufgrund der guten Tragfähigkeit des Muschelkalks konnte auf einePfahlgründung verzichtet werden.[19] Nach dem Aushub derBaugrube wurde am 16. Dezember 2014 die feierlicheGrundsteinlegung begangen.[8]
Die Schachtwände wurden laufend mit Bewehrungsnetzen undSpritzbeton gesichert. Aufgrund der vorgegebenen Situation konnte keine Rampe für die Baugrube errichtet werden, so dass am Ende der Arbeiten der Bagger mit einem Autokran wieder aus der Grube gehievt wurde.[20] Im Februar 2015 waren dasFundament und der 30 Meter tief in den Boden ragende Teil der Betonröhre fertiggestellt.[21]
Der Turm wurde mithilfe der sogenanntenGleitschalbauweise errichtet. Bei dieser werden Schalung und Arbeitsplattform langsam nach oben gezogen und die vertikale Struktur laufend betoniert. Der Turm ist auf diese Weise im Dreischichtbetrieb täglich um bis zu 5,6 Meter[2] angewachsen. Der erste Gleitabschnitt begann am 10. März 2015 und erreichte nach neun Tagen die Oberfläche. Von da an mussten alle Schalungen abgenommen und für den zweiten Abschnitt neu montiert werden.[20]
Aufgrund eines sehr heißen Sommers im Jahr 2015 mit Temperaturen von anhaltend über 30 Grad Celsius musste eineSprinkleranlage eingerichtet werden, welche die Bewehrungseisen auf der Arbeitsplattform abkühlte. Mit Hilfe eines eigens für das Bauvorhaben reserviertenSilos im ZementwerkDotternhausen konnte genug Beton vorrätig gehalten werden. Mit dieser Maßnahme konnte man die Arbeiten weiter aufrechterhalten und den Baustoff zwischen 21 und 24 Grad Celsius halten.[20] DasRichtfest fand am 29. Juli 2015 statt.[22]
Der Innenausbau des Turms, der auch die Zwischengeschosse umfasst, musste in einem zweiten separaten Bauabschnitt erstellt werden, da horizontale Teile mit der Gleitschalbauweise nicht realisierbar sind. Daher wurden die Geschossdecken später eingebaut; dafür wurde der erforderliche Beton von unten hochgepumpt. Ein Einbringen des Betons für die Zwischendecken von außen durch einen Kran wäre aufgrund der langen Hubwege und der engen Platzverhältnisse deutlich ineffizienter gewesen. Aufgrund von baulich notwendigen Aussparungen am Schaft gelangt als Nebeneffekt auf diese Weise Licht in die so entstandenenFlure.[20] Nachdem sämtliche Innen- und Außenwände fertiggestellt waren, konnte dasPendel eingebaut werden und zum Schluss folgte dasSockelbauwerk.[23]
Dieser spezielle Bauablauf erforderte zusätzliche Nachweise. Die kritische Phase war die nach der Fertigstellung desRohbaus einschließlich der Decken, aber vor Anschluss des Sockelbaus und vor Inbetriebnahme des Pendels. Dies aus dem Grund, weil der Turm lediglich im Baugrund eingespannt war und die auf die Struktur einwirkendenWindlasten ohne den Hebelarm des Sockelbaus weitergeleitet werden mussten. Es musste während dieser Phase sichergestellt sein, dass der Baugrund keine dauerhafte plastische Verformung erfährt. Rechnerisch konnte nachgewiesen werden, dass der Baugrund elastisch genug war, um den Sicherheitsanforderungen zu genügen.[24]
Im Dezember 2016 wurde der Turm offiziell in Betrieb genommen, es fehlte zwar noch die Verkleidung, aber sowohl der Büro- wie Testbetrieb konnte beginnen.[25] Wegen technischer Probleme mit der Verkleidung wurde die Aussichtsplattform erst am 7. Oktober 2017 offiziell eröffnet.[26][27] Zur Montage der Stahl- und Membrankonstruktion wurde eine zweistöckige, 50 Tonnen schwere Montagefähre angebracht, welche an dreiTriebstockschienen hochfuhr. Die verbaute Stahlmenge für die Fassadenkonstruktion betrug 300 Tonnen. Die Konstruktion wie auch die Kunststoffmembran wurde mit Hilfe von rund 30Industriekletterern segmentweise im Zweischichtbetrieb angebracht.[28] Zu diesem Zweck wurde abschnittsweise eine Schlittenkonstruktion wie eine Krause am Turmschaft montiert, von der aus die Kletterer von oben nach unten arbeiten konnten. Am 24. November 2017 konnte das letzte 22 × 12 Meter große Membranstück am Turmfuß angebracht werden.[29]
Das Investitionsvolumen betrug insgesamt 40 Millionen Euro.[30] Am Bau beteiligt waren über den gesamten Zeitraum rund 150 Ingenieure und 160 Arbeiter auf der Baustelle.[7]
Seit dem 13. Oktober 2017 ist die Plattform von freitags bis sonntags und an Feiertagen allgemein zugänglich.[31] Am darauf folgenden Wochenende wurde der Turm mit einem Stadtfest feierlich eröffnet. Unter den Gästen befand sich auch der MinisterpräsidentWinfried Kretschmann.[32] Mit einem kulturellen und sozialen Rahmenprogramm unter dem Namen „Jahr der Türme – Gute Aussichten“ verwies die Stadt 2017 auf diverse andere, teilweise auch historische, Turmbauwerke und machte mit diesem Programm prominent auf die Eröffnung aufmerksam.[33]
Mitte Dezember 2017 wurden die letzten Baustellengerüste demontiert, der Bau galt damit offiziell als fertiggestellt. Seit seiner Eröffnung besitzt der Turm die höchste öffentlich zugänglicheAussichtsplattform Deutschlands und verwies damit den bisherigen Rekordhalter, die Besucherplattform des 337 Meter hohenEuropaturms, auf den zweiten Platz. Auch europaweit gehört die Plattform zu denhöchsten ihrer Art. Bis zur Eröffnung des zwei Meter höheren, ebenfalls von Thyssenkrupp gebauten Turms im März 2018 im chinesischenZhongshan war der Rottweiler Turm auch derhöchste Aufzugstestturm der Welt.[34] Damit übertrumpfte der Turm in Rottweil den bisherigen Rekordhalter, den im April 2010 fertiggestelltenHitachi G1 Tower, welcher dem UnternehmenHitachi als Aufzugstestturm dient.[35]
Am 31. Oktober 2018 wurde der Kran auf der Spitze mit einem Hubschrauber abtransportiert.[36]
Mit dem Eigentümerwechsel der Thyssenkrupp Elevator auf die Gesellschaft TK Elevator teilte am 25. Februar 2021 das Unternehmen mit, dass auch der Testturm künftig alsTK-Elevator-Testturm bezeichnet wird.[37]
Der Turm befindet sich 1,5 Kilometer nördlich der historischen Innenstadt Rottweils im von einerNeckarschleife eingegrenzten Gewerbegebiet Berner Feld auf einer kleinen Anhöhe von rund595 m ü. NN. Nur wenige hundert Meter nördlich seines Standorts verläuft dieTalbrücke Nordumgehung Rottweil derBundesstraße 27, von der aus eine Abzweigung in das Gewerbegebiet führt.
Der Turm ist von Norden her als markanteLandmarke weithin sichtbar, zum Beispiel von der rund 30 Kilometer Luftlinie entfernten, nordöstlich liegendenBurg Hohenzollern. Von den drei übrigen Himmelsrichtungen aus gesehen steht der Turm in einerSenke, die vomSchwarzwald im Westen, derBaar im Süden und demGroßer Heuberg genannten Teil der Schwäbischen Alb im Osten begrenzt wird. Das Ortszentrum des Luftlinie elf Kilometer entfernten OrtesGosheim liegt auf 850 Meter, also neun Meter höher als die Spitze des Turms (841 Meter).
Nördlich des Testturms befinden sich kostenpflichtige öffentliche Parkplätze für die Besucher derAussichtsplattform. Innerhalb des Gewerbegebietes befindet sich der Turm am westlichen Rand, zu dem eine Stichstraße führt, die mit einemWendekreis endet. Von diesem zweigt ein asphaltierter Weg, der um den Turm herumführt, ab. Dieser ist jedoch nur für Betriebsangehörige und mit einer Schrankenanlage von der öffentlichen Straße getrennt. Der Eingangsbereich für den Publikumsverkehr befindet sich am nordöstlichen Teil des Schaftes am Einfahrtsbereich des privaten Grundstücks. Westlich befindet sich eine Anlieferrampe für Güterverkehr. Um den Turm gruppieren sich weitere Parkplätze, die für Mitarbeiter und Kunden reserviert sind. Das gesamte Areal des Turms umfasst eine Fläche von 10.000 Quadratmetern.[38]
Das 246 Meter hohe Bauwerk ragt unterirdisch 29,5 Meter[20] in die Tiefe, sodass der Betonschaft eine Länge von 275,5 Meter aufweist. Die Aufzugschächte ragen unterirdisch bis 14 Meter in den Fundamentschacht. Da im Kern zwölf Schächte verbaut sind, verlaufen insgesamt 2,1 Kilometer Teststrecke im Turm. Insgesamt stehen im Turmbauwerk auf 260 Höhenmeter Testschächte zur Verfügung.[2] Da ein Teil der Aufzüge eine geringere Strecke zurücklegt, enden die entsprechenden Schächte bereits nach 115 Metern Höhe.[19] Davon ist einer alsFeuerwehraufzug konzipiert und einer dient als verglaster Panoramaaufzug für die Besucher der Aussichtsplattform.[4] Die Treppenhäuser im Bauwerk haben insgesamt 1617 Stufen.[32] In einem Abstand von etwa 10 Metern sind Decken ausOrtbeton eingezogen, die den Zugang zu den einzelnen Schächten ermöglichen. Die weitgespannten Halbkreisdecken sind bis zu 40 Zentimeter dick.[19]
Für den Bau des Turmes wurden insgesamt 15.300 Kubikmeter Beton, 200 Felsnägel und 2640 Tonnen Stahl verbaut. Die Masse des Bauwerks beträgt 40.000 Tonnen,[2] was rund 30 % mehr ist als beimBerliner Fernsehturm.
Werner Sobek war an diesem Bauwerk außer als Architekt auch alsTragwerks- und Fassadenplaner beteiligt.[39]
Die zwei Meter dicke Fundamentplatte besteht aus 700 Kubikmetern Beton. Sie wurde in einem Arbeitsvorgang eingebracht und verdichtet. Neben einem hohenBewehrungsgrad weist die Bodenplatte Sensoren zur Temperaturmessung auf.[20]
DieBetonqualität ist in Abhängigkeit von der Höhe unterschiedlich gestaffelt. Da die Eigenschaft desBetons eine moderate Wärmeentwicklung gewährleisten sollte, wählte man alsFestigkeitsklasse für den Baustoff maximal C50/60. Die unteren 80 Meter desTurmschafts bestehen wie die Fundamentplatte aus Beton der Klasse C50/60, die weiteren 50 Meter aus C40/50, bis zur Spitze verwendete man den Festigkeitsgrad C30/37. Lediglich auf der Höhe von 190 Metern (29. Etage) wurde ebenfalls Beton der Sorte C50/60 verwendet, weil an dieser Stelle einePendelmasse eingebaut wurde.
DerSchwingungstilger soll beiAuslenkungen den Turm entsprechend dämpfen.[20] Dazu wurde an einem rund neun Meter langen Seil im Hohlraum des Wärmespeichers eine 240 Tonnen schwere Betonplatte[40] aufgehängt, die sowohl passiv wirkt als auch über zweiAktuatoren (Linearmotoren) aktiv betrieben werden kann. Darüber hinaus enthält das Systemviskose Dämpferelemente zur Energiedissipation.[41] Die Schwingungsmasse war notwendig geworden, weil Versuche imWindkanal bereits in der frühen Planungsphase die Erkenntnis erbrachten, dass die Neigung des zylindrischen Turmschaftes zu Querschwingungen nicht vollständig durch dieFassadenmembran beseitigt werden kann.[42]
Mit Hilfe der passiven Nutzung des Tilgers lassen sich windbedingte Turmbewegungen von 76 Zentimeter auf unter 15 Zentimeter reduzieren;[43] dieEigenfrequenz des Bauwerks beträgt 0,2 Hz.[41] Die aktive Nutzung simuliert während der Aufzugtestfahrten eine real angeregte Windbelastung. Mit einem verhältnismäßig kleinen Kraftaufwand von 35Kilonewton sind künstlich hervorgerufene Auslenkungen amTurmkopf bis 20 Zentimeter möglich.[43] Der TK-Elevator-Testturm war das erste Bauwerk weltweit, das aktiv in Schwingungen versetzt werden kann, um eine reale Windbelastung zu simulieren.[44][39]
Da der aktive Gebrauch des Pendels theoretisch bis zurSelbstzerstörung des Bauwerks führen könnte, wurden strenge Grenzwerte errechnet, die den Zeitraum und die maximale horizontale Auslenkung begrenzen. Die errechneten Spannungsbreiten und Schwingungsspiele bilden den notwendigenErmüdungsnachweis. Damit stellen 20 Zentimeter in der Kopfauslenkung des Testturms für die Bewehrung und den Beton keine Einschränkungen in der Dauerfestigkeit dar und gelten damit als unbedenklich.[39]
Am Turmfuß befindet sich einFoyerbereich, der von einem kegelstumpfförmigen Randbauwerk umschlossen wird. Dessen Durchmesser beträgt 48 Meter. Ein Teil dieses Bauwerks wurde als Glasdach, der andere Teil mit einerDachbegrünung realisiert. Das als Sockel fungierende Randbauwerk ragt bis 4,5 Meter unter die Erde.[20] Das Randbauwerk erfüllt diestatische Funktion einer horizontalen Aussteifung: Zehn radial angebrachteSchottwände vergrößern denHebelarm des Turmes und wandeln einen Teil der Horizontalkräfte in Vertikalkräfte um, die wiederum über das Fundament in den Boden abgeleitet werden.[19] Neben dem statischen Nutzwert vergrößert das Randbauwerk die räumlichen Nutzungsmöglichkeiten. Dort befindet sich neben der Empfangshalle für das Besucherpublikum auch ein Medienraum für Präsentationen.
Im Turm verteilen sich in einer Höhe von 120 bis 220 Metern weitere Büro- und Konferenzräumlichkeiten.[30] Die Wandstärke desTurmschaftes verringert sich ab einer Höhe von 110 Metern von 40 auf 25 Zentimeter.[45]
An der Spitze befindet sich ein Konferenzraum, darüber eine überdachte Aussichtsplattform auf 232 Meter Höhe. Diesen Bereich bezeichnet der ArchitektWerner Sobek alsPenthouse. Es handelt sich um eine leichte Stahlkonstruktion mit Trapezblecheindeckung. Um das Penthouse herum verläuft bis zur Außenkante des Turms ein unbedachter Terrassenbereich. Dieser Freiluftbereich ist von Glasscheiben umschlossen, die angevouteten Stahlprofilen befestigt sind und im Abstand von jeweils 1,5 Metern zueinander stehen.[24]
Vier Meter über der Aussichtsplattform schließt ein gedämmtesFlachdach mit leichtemGefälle das Turmbauwerk ab. Die etwa 2-prozentige Neigung sorgt zusammen mit einer Punktentwässerung in zwei Abflüssen dafür, dass das Regenwasser abgeleitet wird.[46]
Der TK-Elevator-Testturm hat eine runde Grundfläche mit einem Durchmesser von 21 Metern, die sich ohneVerjüngung nach oben fortsetzt. Die Betonfassade wird dabei von einem engmaschigen, halbdurchsichtigen, spiralförmig aufwärtsstrebenden Glasfasergewebe mit einer Beschichtung ausPolytetrafluorethylen (PTFE) verkleidet, was den Durchmesser des Bauwerks auf 24,8 Meter ansteigen lässt. Neben dem ästhetischen Aspekt hat die PTFE-Membran eine Isolierungsfunktion, die das Turminnere vor starker Überhitzung und starker Auskühlung schützen soll.[47] Gleichzeitig entsteht mit der Kunststoffmembran die sogenannteScruton-Wendel, welche die Wirbelablösung am Turmschaft positiv beeinflusst und damit die für diese Bauwerke typischen Querschwingungsbeanspruchungen um etwa 40 Prozent reduziert.[11]
Das insgesamt mehr als 16.000 Quadratmeter[48] umfassende PTFE-Glas-Gittergewebe ist auf einer Stahl-Unterkonstruktion angebracht. Diese besteht aus sechs Stahlrohrwendeln, die, aufA-Böcken gelagert, im Abstand von 1,8 bis 2,7 Meter von der Betonoberfläche von unten nach oben um den Turm herumgeführt werden. Die rund 800 Ankerplatten wurden mittels Dübel- oder Anschweißmontage rund um den Turm montiert. Die Wendelrohre tragen am oberen Ende ein Abschlussrohr. Dieses verläuft im Aufriss von Süden nach Norden angeschrägt und ist über 40 Meterkonkav gekrümmt. Die Membranen sind von einem Wendelrohr zum nächsten gespannt und in ihren Mittellinien zusätzlich gegen Windeinflüsse unterstützt. Die vier verschiedenen Materialien verlaufen stufenweise von unten nach oben und werden dabei transparenter.[28] An der Spitze läuft die Membran schräg aus und gibt das obere Ende des Turmschaftes optisch mit den nach Süden ausgerichteten Fensterreihen frei.
Die im Turminneren verbauten Aufzüge sind an ein Stromrückgewinnungssystem gekoppelt, das umso effizienter ist, je stärker die Kabinen beladen sind. So können bis zu 30 % der Energie wiederverwendet werden. Darüber hinaus wird die Wärme, die alle Komponenten und Ausstattungen im Turm produzieren, über einenWärmetauscher mithilfe von elektronischerMess-, Steuerungs- und Regelungstechnik und von zweiWärmepumpen in die beheizten Räumezurückgeführt. Dafür dient der Schachtbereich oberhalb der 120-Meter-Marke als Luftwärme-Energiespeicher. Die elektrische Anspeisung der sechs im Turm verteiltenInformationsschwerpunkte – der tiefste liegt auf −4 Meter im Kellerbereich, der höchste auf 206 Meter – wurde mit Aluminiumkabeln realisiert. Der Selbstversorgungsgrad an Wärme ist damit hoch.[2][49]
Der Turm verfügt etagenweise über punktförmige Mehrfachmeldesensoren; insgesamt sind 421 dieser Meldeanlagen im Bauwerk verbaut. Zusätzlich existieren rund 40 Handfeuermelder. Das Meldesystem ermöglicht im Brandfall, der Feuerwehr die Information zu geben, in welchem Stock der Brand ausgebrochen ist, und fährt den Feuerwehraufzug im Ernstfall nur bis zur Ebene unterhalb derjenigen, in welcher der Alarm ausgelöst wurde. Neben diesen passiven Maßnahmen werden Lüftungs- und Entrauchungsklappen entsprechend der Notwendigkeit gesteuert. Daneben gibt es auch eineSprinkleranlage.[38]
Eine weitere Brandschutzmaßnahme stellt der Einbau einer 36 Zentimeter dickenSteinwolledämmung auf dem Dach des Testturms dar. Die Dämmung sorgt auch dafür, dass die im Luftspeicher aufgefangene Wärme über einenWärmetauscher an die Räume zurückgeführt wird. Der Werkstoff wurde allerdings vor allem wegen seinerhohen Temperaturbeständigkeit bis 1000 °C verwendet, weil das Löschen in derartigen Höhen für die Feuerwehr schwierig ist.[50]
Am 14. Februar 2019 gingen die 44 Strahler, die die Membran beleuchten, erstmals in Betrieb. Mit der Stadt wurde ein bestimmtes Leuchtschema vereinbart. Vom 15. Februar bis zum 15. Mai wird der Turm nur bei Abenddämmerung beleuchtet, um Vogelschwärme nicht zu irritieren. Zudem hat der Turm einen Nebelsensor, der die Beleuchtung bei Nebel ausschaltet.[51][52]
Aufgrund der Höhe gilt der Turm alsLuftfahrthindernis und verfügt deshalb alle 50 Höhenmeter über roteFlugbefeuerungen, die von allen Seiten sichtbar sind. Bei entsprechender Witterung wird tagsüber zudem ein blinkendes, weißes Feuer(Medium Intensity Obstacle Light, Type A) an der Turmspitze eingesetzt. Dieses ist z. B. beiNebel oderHochnebel, wenn der Kontrast des Bauwerks zum Himmel selbst aus der Nähe gering ist, in Betrieb.
Der Testturm in Rottweil hat für das UnternehmenTK Elevator eine Schlüsselfunktion bei der Umsetzung der globalen Innovationsstrategie. Zusammen mit dem Aufzugswerk inNeuhausen auf den Fildern und als Teil des Forschungs- und Entwicklungsstandorts inPliezhausen bildet der Testturm das Innovationszentrum für Aufzugstechnologien in Deutschland.[53]
Im Turm werden einerseits Hochgeschwindigkeitsaufzüge mit einer Geschwindigkeit von bis zu 18 m/s getestet, entwickelt und abgenommen. Der Test der Hochgeschwindigkeitsaufzüge ist auch ein Grund für die enorme Höhe dieser Testanlage. Um auf die entsprechende Geschwindigkeit zu kommen, benötigt man einen Beschleunigungsweg von 90 Metern. So könne der Aufzug in voller Geschwindigkeit zwischen 10 und 20 Meter weit fahren.[7] Andererseits kommen die SystemeTWIN mit zwei Kabinen im gleichen Schacht sowieMULTI zum Einsatz, bei dem sich mehrere Aufzugskabinen seillos unabhängig voneinander bewegen können. Zum Einsatz kommt hier dieselbe Technik wie beiMagnetschwebebahnen.[54] Der Einsatz vonMagnetfeldern ermöglicht neben einer rein vertikalen Bewegung derAufzugskabinen, wie bei konventionellen Systemen ausschließlich möglich, auch eine Horizontalbewegung. Zusätzlich werden in der Anlage in Rottweil auch Fall- und Bremsversuche an konventionellen Aufzügen durchgeführt.[7]
Im Rottweiler Testturm befinden sich insgesamt zwölf Aufzugschächte, neun davon sind für den konventionellen Testbetrieb vorgesehen. Drei Schächte dienen dem Test des neuen MULTI-Systems, in welchem Kabinen auf zwei miteinander verbundenen vertikalen Schienen in die Höhe fahren. Aus Sicherheitsgründen dürfen auch im Testturm bis zurTÜV-Freigabe vorerst keine Personen mit dem MULTI-System befördert werden.[55]
Um die Akzeptanz des auffälligen und hohen Testbauwerks in der Bevölkerung zu verankern, entschied das Unternehmen, den Testturm auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und mit der Errichtung der höchsten Aussichtsplattform in Deutschland einen Besuchermagneten für die Region zu schaffen.Am Turmgelände wurde für den Besucherandrang eine entsprechende Infrastruktur mit Parkplätzen geschaffen. Außerdem ist eine Anbindung des Turmareals mit der Rottweiler Altstadt über eine Fußgänger-Hängebrücke geplant.[56][57]
Die öffentlich zugängliche, bodentief verglaste 125 Quadratmeter große Besucherplattform bietet Platz für bis zu 199 Menschen[58] und ermöglicht einen 360-Grad-Panoramablick bis auf dieSchwäbische Alb und bei idealen Wetterbedingungen bis zu denSchweizer Alpen. Mit einem zehnfach vergrößernden Fernglas ist aufgrund der Turmhöhe und Standort bei optimalen Sichtvoraussetzungen eine Fernsicht bis 210 Kilometern möglich. In der überdachten Besucherplattform sind in den zugehörigen Himmelsrichtungen digitale Infostelen in Fernglasoptik installiert, die Daten und Fakten zu verschiedenen Städten mit großer Ansammlung von Hochhäusern geben.
Der Turm verzeichnete im ersten Jahr seiner Öffnung 2018 knapp 210.000 Besucher.[59]
Auch die Stadt Rottweil bietet zwei Führungen zum Turm an.[60]
Der Betreiber bietet diverse Räumlichkeiten für Veranstaltungen zur Vermietung an. Neben einem großen Konferenzraum mit 157 Quadratmetern auf 220 Meter Höhe und einem kleinen mit 65 Quadratmetern auf 216 Meter gibt es eine 37 Quadratmetern großeLounge auf demselben Stockwerk. Eine Medienlobby auf der Erdgeschossebene mit 82 Quadratmetern bietet eine extrabreite Präsentationsleinwand. Auch die Besucherlobby (146 Quadratmeter) und die Kundenlobby (160 Quadratmeter) sind grundsätzlich anmietbar.[61]
Am 16. September 2018 fand erstmals ein Lauf namensthyssenkrupp Towerrun durch das Treppenhaus vom Erdgeschoss hinauf zur Besucherplattform statt: Rund 700 Läufer und Läuferinnen bewältigten 1390 Stufen. Schnellster Läufer war Christian Riedl, der die 232 Höhenmeter in 6:56 Minuten bewältigte, schnellste Frau Martina Nagel, sie schaffte den Treppenhauslauf in 9:53 Minuten.[62] DerTreppenlauf wird seither jährlich durchgeführt.[63][64][65] Der Treppenlauf am Testturm in Rottweil, an dem man einzeln, im Zweierteam oder in einer Zweierstaffel teilnehmen kann, ist bis dato der höchste in Westeuropa. Zusätzlich gibt es Spezialwertungen für Feuerwehrleute und Polizeibeamte.[66]
Am 15. September 2019 fand der 2. Treppenlauf mit rund 1000 Teilnehmern am Rottweiler Testturm statt, der gleichzeitig Austragungsort der Deutschen Meisterschaften im Treppenlaufen war.[67][68]
Der TK-Elevator-Testturm erhielt am 17. Mai 2018[69] denBalthasar-Neumann-Preis derDeutschen Bauzeitschrift (DBZ) und demBund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure, der für Bauwerke verliehen wird, die sich durch nachhaltiges Bauen auszeichnen. Der alle zwei Jahre verliehene und mit 10.000 Euro dotierte Preis wurde verliehen für die gelungene Zusammenarbeit im Bereich Architektur, Tragwerk und Energie-/Nachhaltigkeitskonzept.[70] Die Jury erkannte an, dass Bauwerk und Bauausführung sehr hohe technisch komplexe Anforderungen erfüllen mussten und sowohl Form wie Konstruktion sich auf bemerkenswerte Weise verschränken.[3]
Die außergewöhnliche Fassadengestaltung des Turms durch diePTFE-Membran erhielt 2018 durch die Gesellschaft, die denDeutschen Fassadenpreis für vorgehängte hinterlüftete Fassaden vergibt, eine Anerkennung.[71]
Am 13. Juni 2018 erhielt der Testturm den Deutschen Ingenieurbaupreis 2018, der als Staatspreis als der bedeutendste Preis für Bauingenieure in Deutschland gilt. Das Bauwerk setzte sich bei der Jury aus insgesamt 20 Einreichungen durch. Gewürdigt wurden dabei seine innovative Fassade und Konstruktion.[72] Der Präsident derBundesingenieurkammer, Hans-Ulrich Kammeyer, führte als weiteren Grund aus:
„Das Siegerprojekt zeichnet sich dadurch aus, dass es innovative Ingenieurbaukunst auch der Öffentlichkeit zugänglich macht. Und genau das ist es, was wir mit dem Preis wollen: Beeindruckende Ingenieurleistungen erlebbar machen.“
Der Siegerentwurf war mit einem Preisgeld von 30.000 Euro dotiert.[73]
Für die besondere Ausgestaltung des Besucherbereichs erhielt das Bauwerk drei Designpreise. Am 24. April 2018 erhielt das Besucherzentrum des Testturms durch denArt Directors Club eine Auszeichnung im Rahmen des Kreativfestivals Deutschland. Am 16. August 2018 zeichnete ein Juryteam aus 24 Mitgliedern ebenfalls das Besucherzentrum mit demRed Dot Design Award aus. Das Projekt, welches in der Disziplin Communication Design überzeugte, setzte sich aus einer Auswahl von 8610 Einreichungen aus 45 Ländern durch. Am 30. Januar 2019 wurde deriF Award für die Ausstellungen im Foyer des Testturms prämiert. Gewürdigt wurde dabei die Disziplin Interior Architecture.[74]
Bereits am 9. Februar 2018 wurde die im Testturm erprobte Kabine des seillosen AufzugsystemsMULTI mit demGerman Design Award ausgezeichnet.[75]