Thylacoleo carnifex | ||||||||||||
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![]() Lebendrekonstruktion vonThylacoleo carnifex | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Pleistozän | ||||||||||||
1,81Mio. Jahre bis 45.000 Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Thylacoleo carnifex | ||||||||||||
Owen, 1858 |
Thylacoleo carnifex (auch „Beutellöwe“ genannt) ist eineausgestorbeneBeuteltierart aus der Ordnung derDiprotodontia. Er war das bekannteste und größte Tier der Familie derBeutellöwen (Thylacoleonidae), die seit dem spätenOligozänfossil belegt ist.Thylacoleo carnifex erschien vor rund 1,8 Millionen Jahren im Pleistozän und starb erst vor etwa 45.000 Jahren aus.
Dieses Tier erreichte eine Länge von rund 1,5 m und einKörpergewicht von mehr als 110 kg; einzelne Schädelfunde lassen aber auf Einzeltiere von deutlich mehr als 150 kg schließen.[1] Thylacoleo carnifex war ein überaus kräftig gebautes Raubtier mit einer ausgeprägten Muskulatur, weshalb er trotz seiner eher kurzen Körperlänge ein sehr hohes Gewicht erreichte. Besonders die Vorderbeine und Schultern waren kräftig ausgebildet und die dicken Knochen gaben kräftigen Muskeln Halt. Etwa in der Mitte desHumerus (Oberarmknochen) saß ein regelrechter Höcker, an dem sehr starke Muskeln ansetzten. Sie erlaubten dem Tier, sich mit seinen Daumenklauen selbst an großen und wehrhaften Beutetieren festzuhalten. Eines seiner auffälligsten Merkmale war der abspreizbare Daumen der Vorderpfote, der wohl zum Festhalten der Beute diente. Mit den langen Schneidezähnen der Unterkiefer wurde die Beute wahrscheinlich regelrecht erdolcht und mit den zu gewaltigen Schneidescheren ausgeformten Backenzähnen zerteilt.Thylacoleo carnifex hatte von allen bekannten Säugetieren die gewaltigstenReißzähne. Selbst bei den ebenfalls auf Großtiere spezialisierten Großkatzen, wieLöwen undTigern oder auch den verschiedenen ausgestorbenenSäbelzahnkatzen, waren diese Zähne nicht so stark ausgeprägt. Überdies verfügte Thylacoleo über eine sehr hoheBeißkraft, möglicherweise stärker als bei allen anderen bekannten Raubsäugern.[2] Allerdings war sein Schädel in dieser Hinsicht vollkommen anders gebaut als bei den plazentalen Säugern oder den meisten räuberischen Beuteltieren wie etwaBeutelteufel oder Beutelmarder. Denn anstatt des sonst stark entwickelten, an den Schläfen entspringendenMusculus temporalis, hatten diese Tiere einen gewaltigenMusculus masseter, der am Oberkiefer seinen Ursprung hat. Eine derartige Ausformung findet man eigentlich eher beiPflanzenfressern, doch dass Thylacoleoniden Fleischfresser waren, steht außer Frage. Ursächlich ist die Evolution der Thylacoleoniden, denn tatsächlich waren diese hochspezialisierten Fleischfresser Nachfahren von pflanzenfressenden Beuteltieren, dieKoalas ähnlich waren. Erst vor entwicklungsgeschichtlich kurzer Zeit fingen diese Tiere an, sich von Pflanzenfressern zu Allesfressern und schließlich zu hochspezialisierten Fleischfressern zu entwickeln. Einige frühe Formen waren nur so groß wie Katzen und scheinen eher Insekten und kleineWirbeltiere gefressen zu haben, während die jüngste und größte Art,Thylacoleo carnifex, anscheinend sogar die nashorngroßenDiprotodonten jagte, wie Bissspuren an den Knochen dieser gewaltigen Beuteltiere zeigen. Ein CNN-Bericht aus 2020, der am 29. Juli 2024 upgedated wurde, hält die Spezies für den möglichen Ursprung der australischen, humoristischenDrop-Bear-Legende[3].
Die Ernährung vonThylacoleo carnifex war lange umstritten. Während alle anderen Tiere der Ordnung der Diprotodontia Pflanzen- oder Allesfresser sind, deuten die Zähne des Beutellöwen an, dass er sich von Fleisch ernährte. Sein Erstbeschreiber, der PaläontologeRichard Owen, bezeichnete ihn 1859 als „eines der wildesten Raubtiere überhaupt“. Andere Forscher meinten, er habe sich von Aas oder gar, weil Diprotodontia keine Fleischfresser sind, von Pflanzen ernährt. Jüngere Untersuchungen des Schädels und des Kiefers haben gezeigt, dass er eindeutig ein Fleischfresser war, vielleicht einer der bestangepassten des ganzen Säugetierreiches.
Die ersten Ureinwohner Australiens (Aborigines) trafen möglicherweise noch auf diese Tiere, aber diese Diskussion wird seit den 1980ern kontrovers in der Wissenschaft geführt, ebenso wie die Gründe für die Aussterbewelle deraustralischen Megafauna und obHomo sapiens dabeieine Rolle spielte.[4]EineFelszeichnung inKimberley, Westaustralien, wurde als Abbildung einesThylacoleo carnifex interpretiert.[5] Das würde bedeuten, dass Menschen, die vor mehr als 45.000 Jahren (andere Angaben: mehr als 60.000 bzw. 65.000 Jahre)Sahul (die Bezeichnung des Schelfgebietes von Australien und Neuguinea) besiedelten,[6] mitThylacoleo carnifex zusammentrafen,[7] der vor etwa 45.000 Jahren ausstarb.[8] Dem widersprechen andere Interpretationen.