Physik

DiePhysik (bundesdeutsches Hochdeutsch: [fyˈziːk],[1]österreichisches Hochdeutsch: [fʏˈsɪk],[2]Schweizer Hochdeutsch: auch [fɪˈziːk][3]) ist eineNaturwissenschaft, die grundlegendePhänomene derNatur untersucht. Um derenEigenschaften und Verhalten anhand vonquantitativenModellen und Gesetzmäßigkeiten zu erklären, befasst sie sich insbesondere mitMaterie undEnergie und derenWechselwirkungen inRaum undZeit.
Erklären bedeutet hier einordnen, vergleichen, allgemeineren Erscheinungen zuordnen oder aus allgemein gültigenNaturgesetzen folgern.[4] Dazu ist häufig die Bildung neuer geeigneterBegriffe nötig, teilweise auch solcher, die der unmittelbaren Anschauung nicht mehr zugänglich sind. Erklärungen in dem philosophischen Sinn, „warum“ die Natur sich so verhält, kann die Physik nicht leisten. Stattdessen setzt sie sich mit dem „wie“ auseinander. Zum Beispiel kann sie nicht erklären, warum Massen einander anziehen. Dieses Verhalten kann lediglich mit verschiedenen Modellen beschrieben werden. Newton tat dies, indem er annahm, dass zwischen Körpern eine Anziehungskraft herrscht. Eine ganz andere Vorstellung hatte Einstein, der die Gravitation damit erklärte, dass Materie die Raumzeit krümmt.
Die Arbeitsweise der Physik besteht in einem Zusammenwirkenexperimenteller Methoden und theoretischerModellbildung. PhysikalischeTheorien bewähren sich in der Anwendung auf Systeme der Natur, indem sie Vorhersagen über spätere Zustände erlauben, wenn ein früherer Zustand bekannt ist. Erkenntnisfortschritte ergeben sich durch das Wechselspiel von Beobachtung oder Experiment mit der Theorie. Eine neue oder weiterentwickelte Theorie kann bekannte Ergebnisse besser oder überhaupt erstmals erklären und darüber hinaus neue Experimente und Beobachtungen anregen, deren Ergebnisse dann die Theorie bestätigen oder ihr widersprechen. Unerwartete Beobachtungs- oder Versuchsergebnisse geben Anlass zur Theorieentwicklung in verschiedener Gestalt, von schrittweiser Verbesserung bis hin zur völligen Aufgabe einer lange Zeit akzeptierten Theorie.
Erkenntnisse und Modelle der Physik werden intensiv in derChemie,Geologie,Biologie,Medizin und denIngenieurwissenschaften genutzt.
Geschichte von Begriff und Disziplin der Physik
Die Disziplin der Physik in ihrer heutigen Gestalt hat ihre Ursprünge in derPhilosophie, die sich seit derAntike im weitesten Sinne mit den Gründen und Ursachen aller Dinge befasst. VonAristoteles bis ins beginnende 19. Jahrhundert wurde die Physik als das Teilgebiet der Philosophie verstanden, das sich alsNaturlehre, Naturgeschichte, Chemie oderangewandte Mathematik mit den Gegebenheiten der Natur beschäftigt.[5] Gegenüber den rein philosophischen Erklärungsversuchen der Naturvorgänge spielte die Art von Erkenntnis, die durch systematische und genaue Beobachtung, alsoempirisch zu gewinnen ist, lange Zeit keine Rolle. Ab Mitte des 13. und im Laufe des 14. Jahrhunderts plädierten dann einige von den die Natur erforschenden Philosophen – wie etwaRoger Bacon – für ein größeres Gewicht der durch Beobachtung zu erlangenden Naturerkenntnis. Diese Tendenzen mündeten ab dem frühen 17. Jahrhundert, namentlich mitGalileo Galilei undIsaac Newton, in die Entwicklung einer Methodologie der physikalischen Erkenntnis, die vorrangig an empirischen und sogar experimentellen Standards orientiert ist und diesen vor überkommenen philosophischen Grundsätzen im Zweifelsfall sogar den Vorrang einräumt. Dieser Ansatz wurde zunächst als „experimentelle Philosophie“ bezeichnet und führte beim Verständnis vieler unterschiedlicher Naturvorgänge rasch zu bedeutenden Erfolgen. Dennoch dauerte es noch bis ins 19. Jahrhundert, dass er sich endgültig in der Physik durchsetzen konnte und sie damit als eigenständige Disziplin in ihrem heutigen Sinn etablierte.
Hinsichtlich ihrer Methode, ihres Gegenstandsbereichs, ihrer wissenschaftssystematischen und institutionellen Verortung teilt sich die Physik im Wesentlichen in zwei große Gebiete auf. Dietheoretische Physik beschäftigt sich vorwiegend mit formalen mathematischen Beschreibungen und denNaturgesetzen. Sie abstrahiert Vorgänge und Erscheinungen in der wirklichen Natur in Form eines Systems vonModellen, allgemeingültigen Theorien und Naturgesetzen sowieinduktiv gewähltenHypothesen. Bei der Formulierung von Theorien und Gesetzen bedient sie sich vielfach der Methoden derMathematik und derLogik. Ziel ist, das Verhalten einesSystems theoretisch vorherzusagen, damit dies durch Vergleich mit den Vorgängen und Erscheinungen in der wirklichen Natur überprüft werden kann. Diese Überprüfung in Form reproduzierbarerMessungen an gezielt gestalteten physikalischen Experimenten oder durchBeobachtung natürlicher Phänomene ist das Gebiet derExperimentalphysik. Das Ergebnis der Überprüfung bestimmt über die Gültigkeit und Vorhersagekraft des Modells und der darin gewählten Begriffe, Hypothesen und Methoden.
Die Physik steht in enger Verbindung zu denIngenieurwissenschaften und den anderenNaturwissenschaften von derAstronomie undChemie bis zurBiologie und denGeowissenschaften. Die Physik wird dabei häufig als grundlegende oder fundamentale Naturwissenschaft aufgefasst, die sich am stärksten mit den Grundprinzipien befasst, die die natürlichen Vorgänge bestimmen. Die Grenzziehung zu den anderen Naturwissenschaften hat sich historisch ergeben, wird jedoch insbesondere mit dem Aufkommen neuer Wissenschaftsdisziplinen immer schwieriger.
In der heutigen Physik ist vor allem die durchAtom- undMolekülphysik undQuantenchemie markierte Grenze zur Chemie fließend. Zur Abgrenzung gegenüber der Biologie wurde die Physik oftmals als die Wissenschaft von der unbelebten im Gegensatz zur belebten Natur bezeichnet, womit jedoch eine Beschränkung impliziert wird, die so in der Physik nicht existiert. Die Ingenieurwissenschaften sind durch ihren engen Bezug zur praktischen technischen Anwendung von der Physik abgegrenzt, da in der Physik das Verständnis der grundlegenden Mechanismen im Vordergrund steht. Die Astronomie hat keine Möglichkeit, Laborexperimente durchzuführen, und ist daher allein auf Naturbeobachtung angewiesen, was hier zur Abgrenzung gegen die Physik herangezogen wird.
Methodik
Der Erkenntnisgewinn in der Physik verläuft in enger Verzahnung von Experiment und Theorie, besteht also ausempirischer Datengewinnung und -auswertungund gleichzeitig dem Erstellen theoretischer Modelle zu ihrerErklärung. Dennoch haben sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts Spezialisierungen herausgebildet, die insbesondere die professionell betriebene Physik heute prägen. Demnach lassen sich grob Experimentalphysik und theoretische Physik voneinander unterscheiden.
Experimentalphysik

Während manche Naturwissenschaften wie etwa die Astronomie und dieMeteorologie sich methodisch weitgehend aufBeobachtungen ihres Untersuchungsgegenstandes beschränken müssen, steht in der Physik das Experiment im Vordergrund. Die Experimentalphysik versucht durch Entwurf, Aufbau, Durchführung und Auswertung von Experimenten Gesetzmäßigkeiten aufzuspüren und mittels empirischer Modelle zu beschreiben. Sie versucht einerseits physikalisches Neuland zu betreten, andererseits überprüft sie von der theoretischen Physik gemachte Vorhersagen.
Grundlage eines physikalischen Experimentes ist es, die Eigenschaften eines zuvor präparierten physikalischen Systems, zum Beispiel eines geworfenen Steins, eines eingeschlossenen Gasvolumens oder eines Teilchens bei einem Stoßprozess durchMessung in Zahlenform auszudrücken, etwa als Aufprallgeschwindigkeit, als Druck oder als Länge der beobachtbaren Teilchenspuren im Detektor.
Konkret werden entweder nur die zeitunabhängigen (statischen) Eigenschaften eines Objektes gemessen oder es wird die zeitliche Entwicklung (Dynamik) des Systems untersucht, etwa indem Anfangs- und Endwerte einerMessgröße vor und nach dem Ablauf eines Vorgangs bestimmt werden oder indem kontinuierliche Zwischenwerte festgestellt werden.
Theoretische Physik

Dietheoretische Physik sucht dieempirischenModelle der Experimentalphysik mathematisch auf bekannte Grundlagentheorien zurückzuführen oder, falls dies nicht möglich ist,Hypothesen für eine neue Theorie zu entwickeln, die dann experimentell überprüft werden können. Sie leitet weiterhin aus bereits bekannten Theorien empirisch überprüfbare Voraussagen ab.
Bei der Entwicklung eines Modells wird grundsätzlich die Wirklichkeit idealisiert; man konzentriert sich zunächst nur auf ein vereinfachtes Bild, um dessen Aspekte zu überblicken und zu erforschen. Nachdem das Modell für diese Bedingungen ausgereift ist, wird es weiter verfeinert.
Zur theoretischen Beschreibung eines physikalischen Systems benutzt man die Sprache der Mathematik. Seine Bestandteile werden dazu durch mathematische Objekte wie zum BeispielSkalare oderVektoren repräsentiert, die in durchGleichungen festgelegten Beziehungen zueinander stehen. Aus bekannten Größen werden unbekannte errechnet und damit zum Beispiel das Ergebnis einer experimentellen Messung vorhergesagt. Diese aufQuantitäten konzentrierte Sichtweise unterscheidet die Physik maßgeblich von der Philosophie und hat zur Folge, dass nicht quantifizierbare Modelle, wie dasBewusstsein, nicht als Teil der Physik betrachtet werden.
Das fundamentale Maß für den Erfolg einer naturwissenschaftlichen Theorie ist die Übereinstimmung mit Beobachtungen und Experimenten. Durch den Vergleich mit dem Experiment lassen sich der Gültigkeitsbereich und die Genauigkeit einer Theorie ermitteln; allerdings lässt sie sich niemals „beweisen“, bestenfalls in immer mehr Fällen bestätigen. Um eine Theorie zu widerlegen oder die Grenzen ihres Gültigkeitsbereiches zu zeigen, genügt im Prinzip ein einziges Experiment mit unerklärbarem Ergebnis, sofern es sich alsreproduzierbar erweist.
Experimentalphysik und theoretische Physik stehen also in steter Wechselbeziehung zueinander. Es kann allerdings vorkommen, dass Ergebnisse der einen Disziplin der anderen vorauseilen: So sind derzeit viele Voraussagen derStringtheorie nicht experimentell überprüfbar; andererseits sind viele teilweise sehr genau gemessene Werte aus dem Gebiet derTeilchenphysik zum heutigen Zeitpunkt (2022) durch die zugehörige Theorie, dieQuantenchromodynamik, nicht berechenbar.
Weitere Aspekte
Zusätzlich zu dieser grundlegenden Teilung der Physik unterscheidet man manchmal noch weitere methodische Unterdisziplinen, vor allem diemathematische Physik und dieangewandte Physik. Auch die Arbeit mit Computersimulationen hat Züge eines eigenen Bereiches der Physik.
Mathematische Physik
Die mathematische Physik wird gelegentlich als Teilgebiet der theoretischen Physik betrachtet, unterscheidet sich von dieser jedoch darin, dass ihr Studienobjekt nicht konkrete physikalische Phänomene sind, sondern die Ergebnisse der theoretischen Physik selbst. Sie abstrahiert damit von jedweder Anwendung und interessiert sich stattdessen für diemathematischen Eigenschaften eines Modells, insbesondere seine tiefer liegendenSymmetrien. Auf diese Weise entwickelt sie Verallgemeinerungen und neue mathematische Formulierungen bereits bekannter Theorien, die dann wiederum als Arbeitsmaterial der theoretischen Physiker in der Modellierung empirischer Vorgänge Einsatz finden können.
Angewandte Physik
Die angewandte Physik steht in (unscharfer) Abgrenzung zur Experimentalphysik, teilweise auch zur theoretischen Physik. Ihr wesentliches Kennzeichen ist, dass sie ein gegebenes physikalisches Phänomen nicht um seiner selbst willen erforscht, sondern um die aus der Untersuchung hervorgegangenen Erkenntnisse zur Lösung eines (in der Regel) nicht-physikalischen Problems einzusetzen. Ihre Anwendungen liegen auf dem Gebiet derTechnik, aber auch zum Beispiel in denWirtschaftswissenschaften, wo imRisikomanagement Methoden der theoretischen Festkörperphysik zum Einsatz kommen. Auch gibt es die interdisziplinären Bereiche derMedizinphysik,physikalischen Chemie,Astrophysik undBiophysik.
Simulation und Computerphysik
Mit der fortschreitenden Entwicklung der Rechensysteme hat sich in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, beschleunigt seit etwa 1990, dieComputersimulation als neue Methodik innerhalb der Physik entwickelt. Computersimulationen werden häufig als Bindeglied zwischen Theorie und Experiment verwendet, um Vorhersagen aus einer Theorie zu gewinnen, andererseits können Simulationen auch in Form einereffektiven Theorie, die ein experimentelles Ergebnis nachmodelliert, einen Impuls an die theoretische Physik zurückgeben. Naturgemäß hat dieser Bereich der Physik zahlreiche Anknüpfungspunkte an dieInformatik.
Theoriengebäude
Das Theoriengebäude der Physik beruht in seinem Ursprung auf derklassischen Mechanik. Diese wurde im 19. Jahrhundert um weitere Theorien ergänzt, insbesondere denElektromagnetismus und dieThermodynamik. Die moderne Physik beruht auf zwei Erweiterungen aus dem 20. Jahrhundert, derRelativitätstheorie und derQuantenphysik, die bestimmte Grundprinzipien der klassischen Mechanik verändert und verallgemeinert haben. Beide Theorien enthalten die klassische Mechanik über das sogenannteKorrespondenzprinzip als Grenzfall und haben daher einen größeren Gültigkeitsbereich als diese. Während die Relativitätstheorie teilweise auf denselben konzeptionellen Grundlagen beruht wie die klassische Mechanik, löst sich die Quantenphysik deutlich davon.
Klassische Mechanik

Die klassische Mechanik wurde im 16. und 17. Jahrhundert maßgeblich vonGalileo Galilei und Isaac Newton begründet. Aufgrund der zu dieser Zeit noch recht begrenzten technischen Möglichkeiten sind die Vorgänge, die die klassische Mechanik beschreibt, weitgehend ohne komplizierte Hilfsmittel beobachtbar, was sie anschaulich erscheinen lässt. Die klassische Mechanik behandelt Systeme mit wenigen massiven Körpern, was sie von derElektrodynamik und der Thermodynamik unterscheidet. Raum und Zeit sind dabei nicht Teil der Dynamik, sondern ein unbewegter Hintergrund, vor dem physikalische Prozesse ablaufen und Körper sich bewegen. Wesentliche Grundbegriffe der Physik (wieGeschwindigkeit,Beschleunigung,Masse,Kraft,Energie) sind zuerst in der Klassischen Mechanik gebildet worden. Für sehr kleine Objekte tritt die Quantenphysik an die Stelle der klassischen Mechanik, während die Relativitätstheorie zur Beschreibung von Körpern mit sehr großen Geschwindigkeiten und Massen geeignet ist.
Die mathematische Behandlung der klassischen Mechanik wurde im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert in Form desLagrange-Formalismus und desHamilton-Formalismus entscheidend vereinheitlicht. Diese Formalismen sind auch mit der Relativitätstheorie anwendbar und sind daher ein bedeutender Teil der klassischen Mechanik. Obwohl die klassische Mechanik nur für mittelgroße, anschauliche Systeme gültig ist, ist die mathematische Behandlung komplexer Systeme bereits im Rahmen dieser Theorie mathematisch sehr anspruchsvoll. DieChaostheorie befasst sich in großen Teilen mit solchen komplexen Systemen der klassischen Mechanik und ist derzeit (2009) ein aktives Forschungsgebiet.
Elektrodynamik und Optik

In der Elektrodynamik werden Phänomene mit bewegtenelektrischen Ladungen in Wechselwirkung mit zeitlich veränderlichen elektrischen und magnetischenFeldern beschrieben. Um die Entwicklung der Theorien derElektrizität und desMagnetismus im 18. und 19. Jahrhundert zusammenzuführen, wurde eine Erweiterung des Theoriengebäudes der klassischen Mechanik notwendig. Ausgangspunkt war das vonMichael Faraday entdeckteInduktionsgesetz und die nachHendrik Antoon Lorentz benannteLorentzkraft auf eine bewegte elektrische Ladung in einem Magnetfeld. Die Gesetze der Elektrodynamik wurden im 19. Jahrhundert vonJames Clerk Maxwell zusammengefasst und in Form derMaxwell-Gleichungen erstmals vollständig formuliert. Grundsätzlich wurden elektrodynamische Systeme mit den Methoden der klassischen Mechanik behandelt, allerdings ermöglichen die Maxwell-Gleichungen auch eine Wellenlösung, dieelektromagnetische Wellen wie das Licht beschreiben. Diese Theorie brachte unter anderem in Form derWellenoptik auch einen eigenen Formalismus hervor, der sich grundlegend von dem der klassischen Mechanik unterscheidet. Besonders dieSymmetrien der Elektrodynamik sind mit denen der klassischen Mechanik unvereinbar. Dieser Widerspruch zwischen den beiden Theoriegebäuden wurde durch die spezielle Relativitätstheorie gelöst. Die Wellenoptik ist in Form dernichtlinearen Optik noch heute (2011) ein aktives Forschungsgebiet.
Thermodynamik
Etwa gleichzeitig mit der Elektrodynamik entwickelte sich mit der Thermodynamik ein weiterer Theorienkomplex, der sich grundlegend von der klassischen Mechanik unterscheidet. Im Gegensatz zur klassischen Mechanik stehen in der Thermodynamik nicht einzelne Körper im Vordergrund, sondern einEnsemble aus vielen kleinsten Bausteinen, was zu einem radikal anderen Formalismus führt. Die Thermodynamik eignet sich damit zur Behandlung von Medien allerAggregatzustände. Die Quantentheorie und die Relativitätstheorie lassen sich in den Formalismus der Thermodynamik einbetten, da sie nur die Dynamik der Bausteine des Ensembles betreffen, aber den Formalismus zur Beschreibung thermodynamischer Systeme nicht prinzipiell ändern.
Die Thermodynamik eignet sich beispielsweise zur Beschreibung vonWärmekraftmaschinen aber auch zur Erklärung vieler moderner Forschungsgegenstände wieSupraleitung oderSuprafluidität. Besonders im Bereich derFestkörperphysik wird daher auch heute (2009) noch viel mit den Methoden der Thermodynamik gearbeitet.
Relativitätstheorie

Die vonAlbert Einstein begründete Relativitätstheorie führt ein völlig neues Verständnis derPhänomene Raum und Zeit ein. Danach handelt es sich bei diesen nicht um universell gültige Ordnungsstrukturen, sondern räumliche und zeitliche Abstände werden von verschiedenen Beobachtern unterschiedlich beurteilt. Raum und Zeit verschmelzen zu einer vierdimensionalenRaumzeit. DieGravitation wird auf eineKrümmung dieser Raumzeit zurückgeführt, die durch die Anwesenheit vonMasse bzw.Energie hervorgerufen wird. In der Relativitätstheorie wird erstmals dieKosmologie zu einem naturwissenschaftlichen Thema. Die Formulierung der Relativitätstheorie stellt gleichzeitig den Beginn dermodernen Physik und die Vollendung derklassischen Physik dar.
Quantenphysik
Die Quantenphysik beschreibt dieNaturgesetze imatomaren und subatomaren Bereich und bricht noch radikaler mit klassischen Vorstellungen als die Relativitätstheorie. In der Quantenphysik sind auchphysikalische Größen selbst Teil des Formalismus und keine bloßen Kenngrößen mehr, die ein System beschreiben. Der Formalismus unterscheidet also zwischen zwei Typen von Objekten, denObservablen, die die Größen beschreiben und denZuständen, die das System beschreiben. Ebenso wird der Messprozess aktiv in die Theorie miteinbezogen. Dies führt in bestimmten Situationen zurQuantisierung der Größenwerte. Das heißt, die Größen nehmen stets nur bestimmtediskrete Werte an. In derQuantenfeldtheorie, der am weitesten entwickelten relativistischen Quantentheorie, tritt auch Materie nur in Portionen, denElementarteilchen oderQuanten, in Erscheinung.
Die Gesetze der Quantenphysik entziehen sich weitgehend der menschlichenAnschauung, und über ihreInterpretation herrscht auch heute noch kein Konsens. Dennoch zählt sie hinsichtlich ihresempirischen Erfolges zu dem am besten gesicherten Wissen der Menschheit überhaupt.
Themenbereiche der modernen Physik
Die Theorien der Physik kommen in verschiedenen Themenbereichen zum Einsatz. Die Einteilung der Physik in Unterthemen ist nicht eindeutig und die Abgrenzung der Unterthemen gegeneinander ist dabei ähnlich schwierig wie die Abgrenzung der Physik zu anderen Wissenschaften. Es gibt dementsprechend viele Überschneidungen und gegenseitige Beziehungen der verschiedenen Bereiche zueinander. Hier wird eine Sammlung von Themengebieten nach betrachteter Größenordnung der Objekte dargestellt und im Zuge dessen auf Themengebiete verwiesen, die damit verwandt sind. Die aufgeführten Themen lassen sich nicht eindeutig einer Theorie zuordnen, sondern bedienen sich je nach dem untersuchten Gegenstand verschiedener theoretischer Konzepte.
Teilchenphysik
Die Teilchenphysik befasst sich mit Elementarteilchen und ihren Wechselwirkungen untereinander. Von denvier Grundkräften der Physik
- Gravitation oder Schwerkraft,
- elektromagnetische Wechselwirkung,
- schwache Wechselwirkung, die beispielsweise für bestimmte radioaktive Zerfallsprozesse verantwortlich ist und
- starke Wechselwirkung, die die Atomkerne zusammenhält.
wird die Gravitation derzeit ausgespart, weil es noch keine Theorie derQuantengravitation gibt, die die gravitativen Wechselwirkungen von Elementarteilchen beschreiben kann. Die anderen drei Wechselwirkungen werden durch den Austausch von Elementarteilchen, sogenanntenEichbosonen, beschrieben. In der Teilchenphysik werden relativistische Quantentheorien zur Beschreibung der Phänomene verwendet.
Eines der Ziele der Teilchenphysik ist es, alle Grundkräfte in einem vereinheitlichten Gesamtkonzept zu beschreiben (Weltformel). Bisher ist es jedoch lediglich gelungen, dieelektrische und diemagnetische Wechselwirkung zur elektromagnetischen Wechselwirkung zu vereinigen sowie diese und die schwache Wechselwirkung als Auswirkungen einer sogenanntenelektroschwachen Wechselwirkung darzustellen. Zur Vereinigung der elektroschwachen und der starken Wechselwirkung wurde unter anderem die Theorie derSupersymmetrie erdacht, deren weitere Voraussagen bislang jedoch nicht experimentell bestätigt werden konnten. Die größten Schwierigkeiten treten wie bereits erwähnt im Bereich der Gravitationskraft auf, da einerseits Elementarteilchen nur im Rahmen der Quantentheorie beschrieben werden können, andererseits noch keine Theorie der Quantengravitation vorliegt.
Typische Experimente zur Überprüfung der Theorien der Teilchenphysik werden anTeilchenbeschleunigern bei Kollisionen von Teilchen hoher Energie durchgeführt. Daher wird der Begriff derHochenergiephysik oft nahezu deckungsgleich mit dem Begriff der Teilchenphysik verwendet. Um hohe Kollisionsenergien zu erreichen, werden vor allemCollider-Experimente eingesetzt, bei denen Teilchen nicht auf ein festes Ziel, sondern gegeneinander geschossen werden. Der Teilchenbeschleuniger mit der derzeit höchsten Kollisionsenergie ist der 2011 in Betrieb gegangeneLarge Hadron Collider. Eine andere bedeutende Experimentklasse dient der Erforschung derNeutrinos, wofür spezielleNeutrinodetektoren konzipiert werden wie beispielsweise derSuper-Kamiokande.
Hadronen- und Atomkernphysik
Die Elementarteilchen, die der starken Wechselwirkung unterliegen, die sogenanntenQuarks, kommen nicht einzeln, sondern immer nur in gebundenen Zuständen, denHadronen, vor, zu denen unter anderem dasProton und dasNeutron gehören. Die Hadronenphysik hat viele Überschneidungen mit der Elementarteilchenphysik, da viele Phänomene nur erklärt werden können, indem berücksichtigt wird, dass die Hadronen aus Quarks aufgebaut sind. Die Beschreibung der starken Wechselwirkung durch die Quantenchromodynamik, eine relativistische Quantenfeldtheorie, kann jedoch die Eigenschaften der Hadronen nicht vorhersagen, weshalb die Untersuchung dieser Eigenschaften als eigenständiges Forschungsgebiet aufgefasst wird. Es wird also eine Erweiterung der Theorie der starken Wechselwirkung für kleine Energien angestrebt, bei denen sich die Hadronen bilden.
Atomkerne stellen gegenüber Elementarteilchen die nächste Komplexitätsstufe dar. Sie bestehen aus mehrerenNukleonen, also Protonen und Neutronen, deren Wechselwirkungen untersucht werden. In Atomkernen herrschen die starke und die elektromagnetische Wechselwirkung vor. Forschungsgebiete der Atomkernphysik umfassenradioaktive Zerfälle und Stabilität von Atomkernen. Ziel ist dabei die Entwicklung vonKernmodellen, die diese Phänomene erklären können. Dabei wird aber auf eine detaillierte Ausarbeitung der starken Wechselwirkung wie in der Hadronenphysik verzichtet.
Zur Erforschung der Eigenschaften von Hadronen werden Teilchenbeschleuniger eingesetzt, wobei hier der Schwerpunkt nicht so sehr wie in der Teilchenphysik auf hohen Kollisionsenergien liegt. Stattdessen werdenTarget-Experimente durchgeführt, die zwar geringereSchwerpunktsenergien, aber sehr viel höhere Ereigniszahlen liefern. Allerdings werden auch Collider-Experimente mitSchwerionen vor allem eingesetzt, um Erkenntnisse über Hadronen zu gewinnen. In der Kernphysik werden zur Erzeugung vonTransuranen schwere Atome zur Kollision gebracht undRadioaktivität mit einer Vielzahl experimenteller Aufbauten untersucht.
Atom- und Molekülphysik
Atome bestehen aus dem Atomkern und meist mehreren Elektronen und stellen die nächste Komplexitätsstufe der Materie dar. Ziel der Atomphysik ist es unter anderem, dieLinienspektren der Atome zu erklären, wozu eine genaue quantenmechanische Beschreibung der Wechselwirkungen der Elektronen der Atome notwendig ist. Da Moleküle aus mehreren Atomen aufgebaut sind, arbeitet die Molekülphysik mit ähnlichen Methoden, allerdings stellen insbesondere große Moleküle meist deutlich komplexere Systeme dar, was die Rechnungen sehr viel komplizierter und häufig den Einsatz von Computersimulationen erforderlich macht.
Die Atom- und Molekülphysik stehen über die Untersuchung der optischen Spektren von Atomen und Molekülen mit der Optik in enger Beziehung. So baut beispielsweise das Funktionsprinzip desLasers, einer bedeutenden technischen Entwicklung, maßgeblich auf den Ergebnissen der Atomphysik auf. Da die Molekülphysik sich auch intensiv mit der Theorie derchemischen Bindungen befasst, sind in diesem Themengebiet Überschneidungen mit der Chemie vorhanden.
Ein wichtiger experimenteller Zugang besteht in der Einwirkung von Licht. So werden beispielsweise optische Spektren von Atomen und Molekülen mit ihren quantenmechanischen Eigenschaften in Verbindung gesetzt. Umgekehrt kann dann mit spektroskopischen Methoden die Zusammensetzung eines Stoffgemisches untersucht werden und anhand von Sternenlicht Aussagen über die Elemente in der Sternenatmosphäre getroffen werden. Andere Untersuchungsmethoden betrachten das Verhalten unter dem Einfluss von elektrischen und magnetischen Feldern. Beispiele sind dieMassenspektroskopie oder diePaulfalle.
Kondensierte Materie und Fluiddynamik
Die Physik der kondensierten Materie und die Fluiddynamik sind in dieser Auflistung das Gebiet mit der größten thematischen Bandbreite, von derFestkörperphysik bis zurPlasmaphysik. All diesen Bereichen ist gemeinsam, dass sie sich mit makroskopischen Systemen aus sehr vielen Atomen, Molekülen oderIonen befassen. Dementsprechend ist in allen Bereichen dieses Themengebiets die Thermodynamik ein wichtiger Teil des theoretischen Fundamentes. Je nach Problem kommen aber auch Quantentheorie und Relativitätstheorie zum Einsatz, um die Systeme zu beschreiben. Auch Computersimulationen sind ein fester Bestand der Forschung an solchen Vielteilchensystemen.
Aufgrund der thematischen Bandbreite existieren Überschneidungen mit nahezu allen anderen Gebieten der Physik, zum Beispiel mit der Optik in Form laseraktiver Medien oder nichtlinearer Optik, aber auch mit der Akustik, Atom-, Kern- und Teilchenphysik. Auch in der Astrophysik spielt die Fluiddynamik eine große Rolle bei der Erstellung von Modellen zur Entstehung und zum Aufbau von Sternen sowie bei der Modellierung vieler anderer Effekte. Viele Forschungsbereiche sind dabei sehr anwendungsorientiert, wie dieMaterialforschung, die Plasmaphysik oder die Erforschung derHochtemperatursupraleiter.
Die Bandbreite der experimentellen Methoden in diesem Bereich der Physik ist sehr groß, sodass sich keine typischen Methoden für das ganze Gebiet angeben lassen. Die quantenmechanischen Effekte wieSupraleitung undSuprafluidität, die eine gewisse Bekanntheit erlangt haben, werden derTieftemperaturphysik zugerechnet, die mit typischen Kühlungsmethoden einhergeht.
Astrophysik und Kosmologie
Astrophysik und Kosmologie sind interdisziplinäre Forschungsgebiete, die sich stark mit der Astronomie überschneiden. Nahezu alle anderen Themenbereiche der Physik gehen in die astrophysikalischen Modelle ein, um Prozesse auf verschiedenen Größenskalen zu modellieren. Ziel dieser Modelle ist es, astronomische Beobachtungen auf der Grundlage der bisher bekannten Physik zu erklären.
Die Kosmologie baut insbesondere auf den Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie auf, allerdings sind im Rahmen derQuantenkosmologie auch die Quantentheorien sehr bedeutsam um die Entwicklung des Universums in sehr viel früheren Phasen zu erklären. Das derzeit (2009) am meisten vertretenekosmologische Standardmodell baut dabei maßgeblich auf den Theorien derDunklen Materie und derDunklen Energie auf. Weder Dunkle Materie noch Dunkle Energie konnte bisher direkt experimentell nachgewiesen werden, es existieren aber eine Vielzahl von Theorien, was genau diese Objekte sind.
Da in der Astrophysik nur in sehr beschränktem Ausmaß Experimente möglich sind, ist dieses Teilgebiet der Physik sehr stark auf die Beobachtung unbeeinflussbarer Phänomene angewiesen. Dabei kommen auch Erkenntnisse der Atomphysik und der Teilchenphysik und typische Messmethoden dieser Fachgebiete zur Anwendung, um Rückschlüsse auf astrophysikalische oder kosmologische Zusammenhänge zu ziehen. Beispielsweise geben die Spektren von Sternenlicht Auskunft über die Elementverteilung der Sternenatmosphäre, die Untersuchung derHöhenstrahlung erlaubt Rückschlüsse auf diekosmische Strahlung und Neutrinodetektoren messen nach einerSupernova einen erhöhten Neutrinostrom, der gleichzeitig mit dem Licht der Supernova beobachtet wird.
Interdisziplinäre Themenbereiche
Methoden der Physik finden in vielen Themengebieten Anwendung, die nicht zum Kernthemenbereich der Physik gehören. Einige dieser Anwendungen sind in den vorigen Kapiteln bereits angesprochen worden. Die folgende Aufzählung gibt einen kurzen Überblick über die wichtigsten interdisziplinären Themenbereiche.
- DieAstrophysik wendet physikalische Methoden auf das Studium astronomischer Phänomene an.
- In derBiophysik werden die physikalischen Gesetzmäßigkeiten untersucht, denen Lebewesen und ihre Wechselwirkung mit der Natur unterliegen.
- DieMedizinische Physik nutzt physikalische Phänomene wie zum Beispiel Laser, Radioaktivität,Röntgenstrahlung undKernspinresonanz für medizinische Diagnostik und Therapie.
- Bei derphysikalischen Chemie werden Methoden der Physik auf die Anschauungsobjekte der Chemie angewendet.
- DieGeophysik nutzt physikalische Modelle und Methoden zur Erklärunggeowissenschaftlicher Vorgänge und Fragestellungen.
- DieTechnische Physik befasst sich mit den technischen Anwendungen physikalischen Wissens. Wichtige Teilbereiche sind dieQuantenelektronik und die Theorie derQuantencomputer.
- DieUmweltphysik beschäftigt sich in ihrer Forschung vor allem mit den Bereichen Energie undKlima.
- Soziophysik undÖkonophysik wenden physikalische und statistische Methoden auf gesellschaftliche, wirtschaftliche, kulturelle und politische Phänomene an.
Grenzen der physikalischen Erkenntnis
Der derzeitige Stand der Physik ist nach wie vor mit noch ungelösten Problemen konfrontiert. Zum einen handelt es sich dabei um den weniger grundsätzlichen Fall von Problemen, deren Lösung prinzipiell möglich, aber mit den derzeitigen mathematischen Möglichkeiten bestenfalls annäherbar ist. Zum anderen gibt es eine Reihe von Problemen, für die noch unklar ist, ob eine Lösung im Begriffsrahmen der heutigen Theorien überhaupt möglich sein wird. So ist es bislang nicht gelungen, eine vereinheitlichte Theorie zu formulieren, welche sowohl Phänomene beschreibt, die der elektroschwachen wie der starken Wechselwirkung unterliegen, wie auch solche, welche der Gravitation unterliegen. Erst bei einer solchen Vereinigung von Quantentheorie und Gravitationstheorie (allgemeiner Relativitätstheorie) könnten alle vier Grundkräfte einheitlich behandelt werden, sodass eine vereinheitlichte Theorie der Elementarteilchen resultierte.
Die bisherigen Kandidaten vonQuantengravitationstheorien,Supersymmetrie undSupergravitations-,String- undM-Theorien versuchen, eine solche Vereinheitlichung zu erreichen. Überhaupt ist es ein praktisch leitendes Ziel heutiger Physiker, sämtliche Vorgänge der Natur durch eine möglichst geringe Anzahl von möglichst einfachenNaturgesetzen zu beschreiben. Diese sollen das Verhalten möglichst grundlegender Eigenschaften und Objekte (etwaElementarteilchen) beschreiben, sodass höherstufige (emergente) Prozesse und Objekte auf diese Beschreibungsebene reduzierbar sind.
Ob dieses Ziel prinzipiell oder praktisch erreichbar ist, ist eigentlich nicht mehr Gegenstand der einzelwissenschaftlichen physikalischen Erkenntnisbemühung, ebenso wenig, wie es allgemeine Fragen darüber sind, welchen Gewissheitsgrad physikalische Erkenntnisse grundsätzlich erreichen können oder faktisch erreicht haben. Derartige Fragen sind Gegenstand derEpistemologie undWissenschaftstheorie. Dabei werden ganz unterschiedliche Positionen verteidigt. Relativ unbestritten ist, dass naturwissenschaftliche Theoriebildungen in dem Sinne nur Hypothesen sind, dass man nicht mit Gewissheit wissen kann, ob es sich dabei um wahre und gerechtfertigte Auffassungen handelt. Man kann hier noch in spezifischerer Weise vorsichtig sein, indem man sich auf die Theorie- und Begriffsvermitteltheit aller empirischen Erkenntnisse beruft oder auf die Tatsache, dass der Mensch als erkennendes Subjekt ja unter den Gegenstandsbereich physikalischer Theorien fällt, aber nur als wirklich Außenstehender sicheres Wissen haben könnte. Denn für Beobachter, die mit ihremErkenntnisobjekt interagieren, bestehen prinzipielle Grenzen der Prognostizierbarkeit im Sinne einer Ununterscheidbarkeit des vorliegenden Zustandes – eine Grenze, die auch dann gelten würde,[6] wenn der Mensch alle Naturgesetze kennen würde und die Welt deterministisch wäre. Diese Grenze hat praktische Bedeutung bei deterministischen Prozessen, für welche geringe Änderungen des Anfangszustands zu großen Abweichungen in Folgezuständen führen – Prozesse, wie sie durch dieChaostheorie beschrieben werden. Aber nicht nur eine praktische Voraussagbarkeit ist in vielen Fällen nur begrenzt möglich, auch wird von einigen Wissenschaftstheoretikern eineAussagefähigkeit physikalischer Modelle über die Realität überhaupt bestritten. Dies gilt in verschiedenen Ausarbeitungen eines sogenanntenwissenschaftstheoretischen Antirealismus in unterschiedlichem Ausmaß: für unterschiedliche Typen physikalischer Begriffe wird eine reale Referenz bestritten oder für unwissbar gehalten.[7] Auch eine prinzipielle oder wahrscheinliche Zusammenführbarkeit einzelner Theorien wird von einigen Wissenschaftstheoretikern bestritten.[8]
Beziehung zu anderen Wissenschaften
Die Beziehungen zurPhilosophie sind traditionell eng, hat sich doch die Physik aus der klassischen Philosophie entwickelt, ohne ihr jemals grundsätzlich zu widersprechen, und waren nach heutigen Kategorien zahlreiche bedeutende Physiker zugleich wichtige Philosophen und umgekehrt. Gemäß der heutigen philosophischen Disziplinenunterscheidung ist die Physik insbesondere auf dieOntologie bezogen, welche die Grundstrukturen der Realität in möglichst allgemeinen Begriffen zu beschreiben versucht, darüber hinaus auf dieErkenntnistheorie, welche die Gütekriterien von Wissen überhaupt zu erfassen versucht, spezieller noch auf dieWissenschaftstheorie, welche die allgemeinen Methoden wissenschaftlicher Erkenntnis zu bestimmen versucht und natürlich auf dieNaturphilosophie bzw.Philosophie der Physik, die oftmals als Unterdisziplin der Ontologie oder Wissenschaftstheorie behandelt wird, jedenfalls aber spezieller gerade auf die Einzelerkenntnisse der Physik bezogen arbeitet, deren Begriffssystem analysiert und ontologische Interpretationen physikalischer Theorien diskutiert.
Auch die Beziehungen zurMathematik sind eng. Die gesamte Physik verwendet die mathematische Sprache. Zahlreiche bedeutende Physiker waren nach heutigen Kategorien zugleich wichtige Mathematiker und umgekehrt.
Gemäß der heutigen mathematischen Disziplinenunterscheidung ist die Physik insbesondere auf dieGeometrie bezogen, die die Grundstrukturen des Raumes in möglichst allgemeinen Begriffen zu beschreiben versucht, darüber hinaus auf dieAlgebra, spezieller noch auf dieAlgebraische Geometrie, auf dieDifferentialgeometrie und dieMathematische Physik.
Physik in der Gesellschaft

Da die Physik als die grundlegende Naturwissenschaft gilt, werden physikalisches Wissen und Denken bereits in der Schule meist im Rahmen eines eigenen Schulfaches unterrichtet. Im Rahmen des Schulsystems wird Physik in der Regel als Nebenfach ab Klassenstufe 5–7 unterrichtet und wird in der Oberstufe oft auch als Leistungskurs geführt.
- Die meisten Universitäten bieten dasStudienfach Physik an.
- Seit 1901 vergibt die Schwedische Akademie der Wissenschaften jährlich denNobelpreis für Physik.
- Die Frage nach derEthik naturwissenschaftlicher Forschung wurde erstmals explizit aufgeworfen, als physikalische Entdeckungen Ende der 1930er Jahre auf die Möglichkeit einer Atombombe hindeuteten. Dieses Thema wird auch in derLiteratur, etwa inFriedrich Dürrenmatts TheaterstückDie Physiker aufgegriffen.
- Es gab Versuche, die Physik weltanschaulich zu instrumentalisieren. Beispielsweise gab es in derZeit des Nationalsozialismus die gegen Einstein gewandteDeutsche Physik und dieWehrphysik als angewandte Physik. Repräsentanten solcher Bestrebungen waren die Physikdidaktiker und Schulpolitiker Erich Günther († 1951), dessen LehrbuchWehrphysik (ein Handbuch für Lehrer)[9] bis 1975 benutzt wurde, und der 1959 zum Ehrendoktor der Universität Gießen ernannte Karl Hahn (1879–1963), der als Reichssachbearbeiter die Theorien jüdischer Physiker aus seinen Lehrwerken tilgte und dessen Schulbücher bis in die 1960er Jahre verbreitet waren.[10]
- 2005 war dasJahr der Physik.
Siehe auch
Literatur
Einsteiger
- Paul A. Tipler,Gene Mosca:Tipler Physik: für Studierende der Naturwissenschaften und Technik. Hrsg.: Peter Kersten. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2024,ISBN 978-3-662-67935-7,doi:10.1007/978-3-662-67936-4.
- David Halliday,Robert Resnick,Jearl Walker:Halliday Physik. Hrsg.: Stephan W. Koch. Dritte, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2018,ISBN 978-3-527-41356-0.
Fachbücher
- Die Bücher vonBergmann-Schaefer (Lehrbuch der Experimentalphysik)
- Die Bücher vonWolfgang Demtröder (Experimentalphysik u. a.)
- Die Bücher vonTorsten Fließbach: Theoretische Physik (I bis IV)
- Die Bücher vonRichard P. Feynman (Aktuellste Ausgabe in 5 Büchern auf Deutsch)
- DerGerthsen Physik
- DerKohlrauschPraktische Physik (letzte Ausgabe ist die 24. Auflage), öffentlich freigegeben durch diePTB[11] (3 Bände)
- Die Bücher vonLandau undLifschitz:Lehrbuch der theoretischen Physik (seit 1950; aktuellste Ausgabe beiEuropa-Lehrmittel) (10 Bände)
- Die Bücher vonWolfgang Nolting: Grundkurs Theoretische Physik (9 Bände)
- Die Bücher vonFlorian Scheck (Theoretische Physik u. a.)
Referenzwerke und Monographien
Verschiedene Serien existieren. Einige Beispiele sind:
- Bücher aus den SerienHandbuch der Physik,Hochschulbücher für Physik,Graduate Texts in Physics
- Das ReferenzwerkCRC Handbook of Chemistry and Physics
- Weiterhin existieren Standardwerke und Serien aus Fachgebieten wie derAstrophysik,Festkörperphysik usw.
Lexika und Enzyklopädien
Es existieren verschiedene Werke. Einige der Bekannten sind:
- DasLexikon der Physik (Seit 2000 Online; von Spektrum/Springer)
- DieEncyclopedia of Applied Physics (Seit 2004 Online; Wiley Verlag; begründet vonGeorge L. Trigg)
Sachbücher und Andere
- Werner Martienssen, Dieter Röß (Hrsg.):Physik im 21. Jahrhundert: Essays zum Stand der Physik. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2011,ISBN 978-3-642-05190-6,doi:10.1007/978-3-642-05191-3.
Historische Werke und Klassiker
- Ernst Grimsehl Lehrbuch der Physik (1920)
- Max Planck: Einführung in die Theoretische Physik (1930)
- Friedrich Hund: Einführung in die theoretische Physik (1950)
- Arnold Sommerfeld: Vorlesung über die theoretischen Physik (1950)
Weblinks
- Literatur von und über Physik im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Welt der Physik – Gemeinsames Internetportal derDeutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und desBundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
- lp.uni-goettingen.de – E-Learning-Inhalte zum Kanon des Physikstudiums, Georg-August-Universität Göttingen
- leifiphysik.de – Physikportal auf Schülerniveau
Einzelnachweise
- ↑Eva-Maria Krech,Eberhard Stock,Ursula Hirschfeld, Lutz Christian Anders:Deutsches Aussprachewörterbuch. Berlin / New York: Walter de Gruyter, 2009; S. 63 und 823.
- ↑Österreichisches Wörterbuch. Wien: Österreichischer Bundesverlag / Jugend & Volk,351979; S. 279.
- ↑Hans Bickel,Christoph Landolt (Hg.):Duden Schweizerhochdeutsch. Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz, herausgegeben vomSchweizerischen Verein für die deutsche Sprache. Mannheim/Zürich: Dudenverlag, 2012. S. 87.
- ↑Richard Feynman schrieb dazu:Die Neugier verlangt, dass wir fragen, dass wir … versuchen, die Vielfalt der Gesichtspunkte vielleicht als Ergebnis des Zusammenwirkens einer relativ geringen Anzahl elementarer Dinge und Kräfte zu verstehen … Richard P. Feynman u. a.:Feynman Vorlesungen über Physik. Bd. 1, Teil 1, übersetzt von H. Köhler. Deutsch-engl. Ausgabe, Oldenbourg Verlag 1974, Seite 2–1.
- ↑Rudolf Stichweh:Zur Entstehung des modernen Systems wissenschaftlicher Disziplinen – Physik in Deutschland 1740–1890, Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1984
- ↑Vgl.Esfeld, Naturphilosophie, 128.
- ↑Vgl.Eintrag in Edward N. Zalta (Hrsg.):Stanford Encyclopedia of Philosophy.Vorlage:SEP/Wartung/Parameter 1 und weder Parameter 2 noch Parameter 3
- ↑Vgl.Scientific Progress. In: Edward N. Zalta (Hrsg.):Stanford Encyclopedia of Philosophy.Vorlage:SEP/Wartung/Parameter 1 und Parameter 2 und nicht Parameter 3 undThe Unity of Science. In: Edward N. Zalta (Hrsg.):Stanford Encyclopedia of Philosophy.Vorlage:SEP/Wartung/Parameter 1 und Parameter 2 und nicht Parameter 3; Esfeld, Naturphilosophie, S. 100–115.
- ↑Erich Günther:Handbuch für Wehrphysik. Frankfurt am Main 1936.
- ↑Jörg Willer:Fachdidaktik im Dritten Reich am Beispiel der Physik. In:Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015,ISBN 978-3-86888-118-9, S. 105–121, hier: S. 113 und 119.
- ↑Der Kohlrausch. PTB, abgerufen am 31. Mai 2024.