Theismus (gr.θεόςtheós „Gott“) bezeichnet denGlauben anGötter bzw. eine göttliche Ordnung hinter allem Existierenden im Universum. Spezieller bezeichnet derMonotheismus den Glauben an einen personifizierten und absolutistischenGott und derPolytheismus den Glauben an mehrere Götter.[1] In dieser Sichtweise bezeichnet der Theismus eine Art Überbegriff für Gottesvorstellungen aller Art. Einer anderen Sichtweise nach entspricht der Theismus einer Vorstellung Gottes, welche (im Gegensatz zum absolutistischen Gott in den monotheistischen Vorstellungen) zwar omnipräsent und „regelgebend“ wirkt, jedoch nicht aktiv in das Weltgeschehen eingreift, bzw. eingreifen kann, da sonst das Prinzip vonActio und Reactio auf der einen und die Existenz desFreien Willens auf der anderen Seite gestört würden. Ein theistisches Weltbild lässt demnach auch die Vorstellung monotheistischer Gottesbilder zu, verneint aber gleichzeitig nicht andere Ausprägungen desselben (absoluten) Gottes.Allah,JHWH undVishnu schließen sich nach dieser Vorstellung nicht gegenseitig aus. „Monotheismus ist der Glaube an einen einzigen Gott. Theismus ist der Glaube an einen absoluten Gott.“[2]
Ein Teil der theistischen Religionen begreift Gott als Schöpfer derWelt, der sie auch erhält und lenkend in sie eingreift. Darin unterscheiden sie sich vomDeismus, der jeden Eingriff eines Gottes in die Welt bestreitet.[3] Der Gott theistischer Religionen ist überwiegendtranszendent; teilweise hat er auchimmanente Erscheinungsformen oder Elemente. Er wirkt zwar in der Welt (etwa durchWunder undOffenbarungen), ist jedoch in derSubstanz komplett von ihr verschieden (Dualismus von Schöpfer undSchöpfung). Darin unterscheidet der Theismus sich vomPantheismus undPanentheismus.
Die Bezeichnung wurde als ein kategorisierender Begriff derReligionsphilosophie in derAufklärung (18. Jahrhundert) geprägt gegenüber demAtheismus, aber auch als Abgrenzung zum Deismus.
Innerhalb des Theismus kann unterschieden werden zwischen
- Monotheismus (es gibt nur einen Gott)
- Henotheismus (es gibt einen höchsten Gott, andere Götter können aber auch verehrt werden)
- Monolatrie (es gibt mehrere Götter, aber es wird nur einer verehrt)
- Polytheismus (es gibt mehrere Götter/Göttinnen); der Polytheismus entspricht aber meist nicht der obigen Definition, da Polytheisten oft keine explizite Schöpfung (im Sinne eines „die Welt aktiv bauen“) kennen und ihre Götter als innerweltliche Mächte verstehen.
- Sonderform:Bitheismus (es gibt zwei Göttinnen/Götter)
- Sonderform:Tritheismus (es gibt drei Göttinnen/Götter)
- Polylatrie: die kultisch-religiöse Verehrung einer Vielzahl von Gottheiten und transzendenter Mächte.
- Offener Theismus (englisch:open theism): Es gibt einen liebenden Gott, der aber dieEntscheidungsfreiheit der Menschen respektiert und somit ein „Risiko“ eingeht, indem er seineAllmacht undAllgegenwart einschränkt und Kontrolle und Vorhersehbarkeit des menschlichen Handelns aufgibt.[4]
Theistische Religionen sind u. a.
sowie einige historische, meist demHenotheismus zuzuordnende Religionen; unter anderen
Ein wichtiger Einwand gegen den theistischen Gottesbegriff entsteht aus demTheodizeeproblem. Wenn ein Gott lenkend und leitend in den Lauf der Welt eingreifen kann, so stellt sich die Frage, warum er es dann zulässt, dass Unschuldige großes Leid erfahren. Dabei werden bei diesem Gott die Eigenschaften Allmacht und Allgüte vorausgesetzt.[5]
Ein mögliches Eingreifen eines Gottes in die Welt wird auch deswegen von einigen abgelehnt, weil dies darauf hinausliefe, „aus Gott ein Seiendes neben anderen zu machen“.[6]
Der Theismus wird unterschieden von anderen Positionen zurExistenz Gottes oder zum Wesen des Göttlichen, beispielsweise
- vonWeltanschauungen, die keiner Götter bedürfen, insbesondere
- vomAgnostizismus, der die Frage der Existenz oder Nicht-Existenz von Göttern für nicht beantwortet respektive nicht beantwortbar hält
- vomIgnostizismus, der fordert, dass eine einheitliche Definition für „Gott“ gegeben wird, bevor man die ansonsten sinnlose Frage nach seiner Existenz überhaupt beantworten kann
- vomAtheismus, der den Glauben an Gottheiten ablehnt oder die Existenz von Gottheiten verneint
- vomAntitheismus, der Gottheiten bzw. den Glauben daran als schädlich ansieht
- vomKosmotheismus, der die Welt als eine Einheit begreift, die sich selbst ordnet, ohne des gewollten Aktes eines Schöpfergottes zu bedürfen
- vomNihilismus, der jede Erkenntnismöglichkeit von etwas abstreitet
- von Weltanschauungen, bei denen Gottanders wahrgenommen wird
- vomDeismus, der zwar einen Gott als Schöpfer der Welt annimmt, aber nicht an seine weitere Einwirkung auf sie glaubt
- vomPandeismus, der zwar einen Gott als Schöpfer der Welt annimmt, aber nicht an seine weitere Einwirkung auf sie glaubt, weil Gott in der Schöpfung/Welt aufgegangen sei
- vomPantheismus, der die Natur und Gott als vollständig (und seit jeher) identisch ansieht
- vomPanentheismus, der die Welt als Teil einer sich entwickelnden (bzw. sich selbst erfahrenden) Gottheit sieht
- vomPaneismus, der an die Existenz einer göttlichen Energie glaubt, ohne sie näher zu definieren[7]
- von derTheothanatologie, wonach Gott zwar einmal existierte, aber gegenwärtig tot ist und somit nicht mehr in die Welt eingreifen kann
Eine scharfe Abgrenzung ist häufig nicht möglich, da es vielfache Überschneidungen gibt.
- Gregory A. Boyd:God of the Possible. A Biblical Introduction to the Open View of God. 2000,ISBN 0-8010-6290-X.
- Norbert Hoerster:Die Frage nach Gott. becksche reihe 1635, München 2005,ISBN 3-406-52805-8.
- John Leslie Mackie:The Miracle of Theism. Arguments for and against the Existence of God. Clarendon Press, Oxford 1982 (deutschDas Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1985).
- John A. T. Robinson:Gott ist anders. Honest to God. Chr. Kaiser, München 1970.
- John E. Sanders, Clark Pinnock, Richard Rice, David Basinger, William Hasker:The Openness of God: A Biblical Challenge to the Traditional Understanding of God. Paternoster und IVP, 1994.
- John E. Sanders:The God Who Risks: A Theology of Providence. IVP 1998/2007.
- John E. Sanders, Chris Hall:Does God have a Future? A Debate on Divine Providence. Baker Academic, 2003.
- Manuel Schmid:Gott ist ein Abenteurer. Der Offene Theismus und die Herausforderungen biblischer Gottesrede. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2020,ISBN 978-3-525-55669-6.
- Richard Swinburne:Gibt es einen Gott? ontos, Frankfurt 2005,ISBN 3-937202-91-9.
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- Theismus. In: Friedrich Kirchner:Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe. 5. Auflage. Leipzig 1907.
- Theismus. In:Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19, 6. Aufl., Leipzig 1909.
- ↑Armin Risi:Der radikale Mittelweg Überwindung von Atheismus und Monotheismus; das Buch zum aktuellen Paradigmenwechsel. 3. Auflage. Rottenburg 2020,ISBN 978-3-938516-99-7,S. 22.
- ↑Peter Knauer SJ:Der Glaube kommt vom Hören. Ökumenische Fundamentaltheologie. Styria, Graz/Wien/Köln 1978, S. 50 ff.
- ↑Christof Bauernfeind:Gott hat keinen Plan für dein Leben!ideaSpektrum, Liestal/Wetzlar, 24. Januar 2018, S. 8–11.
- ↑Norbert Hoerster:Die Frage nach Gott. becksche reihe 1635, Beck, München 2005, S. 87–111.
- ↑Peter Knauer:Der Glaube kommt vom Hören. Ökumenische Fundamentaltheologie. Styria, Graz 1978, S. 52.
- ↑Paneism.org, abgerufen am 20. März 2021