The Complete „Is“ Sessions | ||||
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Studioalbum vonChick Corea | ||||
Veröffent- | ||||
Aufnahme | ||||
Label(s) | Solid State Records | |||
Format(e) | LP, 2 CD | |||
(LP) | ||||
Besetzung |
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Sonny Lester,Michael Cuscuna (Wiederveröffentlichung) | ||||
Studio(s) | Malcolm Addey Studio, New York City | |||
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The Complete „Is“ Sessions ist der Titel einer 2002 vonBlue Note Records veröffentlichten 2-CD-Edition mit über zwei Stunden Material, das bei der Aufnahme der LangspielplatteIs des PianistenChick Corea entstand. Die Aufnahmen fanden vom 11. bis 13. Mai 1969 im Malcolm Addey Studio in New York City statt. Sie erschienen 1969 auf dem PlattenlabelSolid State Records (Is) und 1972 auf Groove Merchant (Sundance).
Obwohl die Aufnahme von Chick CoreasThe Complete „Is“ Sessions im Mai 1969 stattfand, hatte die Rhythmusgruppe, bestehend aus dem Bassisten Dave Holland, dem Schlagzeuger Jack DeJohnette und dem Pianisten Chick Corea, ihre Grundlage sieben Monate zuvor in den Sessions fürIn A Silent Way unter Leitung vonMiles Davis gehabt.[1]
Das über drei Tage in New York aufgenommene Material wurde zunächst auf zwei Langspielplatten auf verschiedenen Musiklabels veröffentlicht; die Titel „Is“, „This“, „Jamala“ und „I“ wurden unter dem TitelIs auf Solid State Records veröffentlicht. Die restlichen Titel der Sessions kam alsSundance bei Groove Merchant heraus; dies waren die Titel „The Brain“, „Song of the Wind“, „Converge“ und der Titelstück. Blue Note hat mit dem 2003 erschienenen Album nicht nur die beiden veröffentlichten Aufnahmen auf einer Doppel-CD-Edition zusammengestellt, sondern auch die alternativen Aufnahmen. Mitwirkende Musiker waren neben Chick Coreas Trio ausDave Holland (Bass) undJack DeJohnette (Schlagzeug) de TrompeterWoody Shaw, der TenorsaxophonistBennie Maupin, der FlötistHubert Laws und als zusätzlicher SchlagzeugerHorace Arnold.[2]
Die erste CD beginnt mit „It“, einem 28-sekündigen klassischen Duett zwischen Flötist Laws und Corea, das auf einer ursprünglichen Corea-Komposition namens „Trio for Flute, Bassoon und Piano“ basiert. „The Brain“ und „This“ fügen den Saxophonisten Bennie Maupin zur meist avantgardistischen Natur von Coreas Spiel hinzu, das nach Ansicht von Thom Jurek an das VorgängeralbumNow He Sings, Now He Sobs von 1968 erinnere. „The Brain“ gibt das Head-Arrangement viermal im Gleichklang wieder, Bass und Schlagzeug „starten und stoppen wie ein Motor, der sich nicht drehen lässt. Corea knalltBlockakkorde wie sein klassisches VorbildChopin, und die Rhythmusgruppe beginnt mit der Intensität eines Sommergewitters zu kochen.“ Corea spiele lange, französisch-impressionistische Linien gemischt mit abstrakter Improvisation, während Maupin Motive mitColtrane-beeinflussten Tenorlinien über den Rhythmus lege.[2]
Das folgende „This“ bricht nach Ansicht Aaron Rogers’ in das Gebiet desFree Jazz ein, als Bennie Maupin in CoreasLinien auf dem E-Piano einschwenke und wieder ausschere. Es sei nicht überraschend, dass Coreas Solo auf „This“ die scheinbar chaotischen, aber kontrollierten Intonationen vonHerbie Hancock aufweise, wenn man bedenke, dass beide in Miles Davis freiem Bop-Quintett aufFilles de Kilimanjaro 1968 spielten. Mehr als fünf Minuten von „This“ widmen sich der gleichzeitigen Improvisation zwischen Holland und Corea. Der vierte Titel auf der ersten CD ist „Song of the Wind“; dessen lyrische und kontemplative Interpretation handele „von einem nie endenden Thema, das wie ein Tongedicht von Coreas Rückkehr aus der Ewigkeit klingt.“[1]
Woody Shaw, der Anfang der 60er Jahre mit Corea inWillie Bobos Band spielte, ist auf dem letzten Track von CD 1 zu erleben. „Sundance“ beginnt mit einer Improvisation zwischen Holland und Corea, die an den eindringlichen Beginn vonWayne Shorters „Sanctuary“ erinnere, mit dem beide vier Monate später beiBitches Brew mitwirken sollten. Perkussionist Horace Arnold erweitert DeJohnettes aggressives Schlagzeugspiel in „Sundance“. Der Höhepunkt derAlternate Takes auf CD 1 ist nach Ansicht des Autors eine weichere Version von „Sundance“, geprägt durch ein leichteres Spiel seitens Jack DeJohnettes. „Jamala“ führt den Stil der freien Form ein, der in Disc 2 der „IS“-Sessions vorherrscht. „Converge“ entspinne sich auf geheimnisvolle Weise aus einem Thema aus vier Tönen und Corea spiele dann ohne Zusammenhang weitere Noten hinzu, so der Autor.[1]
„Is“ ist eine 28-minütige freie Assoziation, ein freies Jazzopus, das die experimentelle Haltung symbolisiere, die in den späten 60er-Jahren in der amerikanischen Musik und Gesellschaft präsent war. Der alternative Track von „Jamala“ ist auf weniger als neun Minuten verkürzt, was dazu beitrage, die „IS“-Sessions kohärenter zu beenden.[1]
Scott Yanow rezensierte das AlbumIs inAllmusic und verlieh ihm 4½ (von 5) Sterne. Der Kritiker war der Ansicht, dass „die Hörer, die Chick Corea durch seine Arbeit mit Return to Forever und der Elektric Band am besten kennen, sehr überrascht sein dürften, wenn sie über diese LP stolpern. Die Musik der Sextett-Formation sei oft recht frei und explorativ und erforsche eine Vielzahl von Stimmungen (von denen einige eher gewalttätig sind). Dieses Set sei zwar nicht bezwingend, aber habe durchaus interessante Momente. Dabei gehe es besonders während des 29-minütigen Titelstücks unruhig und uneben zu“.[4]
Thom Jurek schrieb zur EditionThe Complete „Is“ Sessions, Corea, der auf diesen Platten sowohl akustisches als auch elektrisches Klavier spielt, „treibt seinen eigenen Sinn für melodische Erfindungen mit der rechten Hand an die Grenze“. Stilistisch sei dieses Material in keiner Weise eineJazz-Rock-Session, [Jurek bezieht sich wohl auf die zeitgleich erschienene LPIn a Silent Way vonMiles Davis] denn so außen vor („outside“) es auch sein mag, es war formal in der Konzeption, wenn nicht beabsichtigt – diese Spieler swingen hart, auch wenn sie es nicht beabsichtigten. Ein Beispiel dafür ist „The Brain“, bei dem Maupin und Corea denKontrapunkt in einemBlues-Fragment verwenden, um eine Spur für einen harten Swing-Rhythmus zu öffnen. Bei „This“ und seinem längeren Alternativ-Take würden eckige Fender-Rhodes-Soli vom Bassisten Holland auf atemberaubende Weise in eine polyrhythmische Masse zurückgespiegelt. Coreas Läufen werde in Rhythmus und Harmonie begegnet. „Song of the Wind“, von Anfang an eine Ballade, werde zu einer Art Midtempo-Stück, das dank Coreas Glissandi und Hubert Laws' wunderschönem Einzeltonspiel Modus und formale Komposition verwende, um durch fast pastorale Klanglandschaften einen mäandrierenden Wind zu erzeugen. Alles in allem sei dies Jazz, den jeder Jazzfan zu schätzen weiß. Sie respektiere nicht nur die moderne Tradition, sondern nutze sie auch, um ihre eigenen Ziele zu erreichen, resümiert der Autor. „Dies ist die Art von Sachen, die Blue Note öfter machen sollte“.[2]