Tarif
Tarif ist die Listung vonPreisen oderGebühren fürLieferungen oderDienstleistungen alsGegenleistung in einem meist standardisiertenVertrag.
Etymologie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Das WortTarif kommt aus demarabischentaʿrīfa / تَعْرِيفَة / ‚Bekanntmachung,Preisliste‘, abgeleitet von dem Verbʿarrafa / عَرَّفَ / ‚bekanntmachen‘ „wissen lassen“, „wissen“.[1] ImKatalanischen erschien erstmals 1315 „tariffa“ als „Geldanteil, den der König jährlich erhält“, 1338 auch in Italien.[2] Seit 1514 gab es die Form „driffas“ oder „triffas“, ab 1517 „tarifa“.[3] Die Ableitung aus der spanischen StadtTarifa, die einen Zolltarif erhob, wird gelegentlich vertreten,[4] ist aber eher unwahrscheinlich, denn als ihr Namensgeber gilt der Berber-HeerführerTarif ibn Malik.[5] In Frankreich tauchte das Wort alsfranzösischtarif erstmals 1641 auf.[6] Seit dem späten 17. Jahrhundert stand das Wort „Tarif“ für jede Art vonPreisliste im kaufmännischen Bereich oder auch fürZölle und wurde später als Fachausdruck weiterentwickelt zumTarifvertrag, den dieTarifvertragsparteien im Rahmen ihrerTarifautonomie abschließen.[7]
Allgemeines
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Meist wird das Wort als Kompositum im Zusammenhang mit der Dienstleistung verwendet wie beimHandytarif,Nulltarif,Ortstarif,Stromtarif, demTarifsystem im ÖPNV oderVersicherungstarif. In diesem Zusammenhang stellen Tarife oft ein gestaffeltes Preissystem dar (Tarifsystem), das nachAbsatzmenge (etwaDatenmenge),Benutzungshäufigkeit (Vielfliegerprogramm),Entfernung (Ferntarif),Region (Verbundtarif),Tageszeit (Mondscheintarif) oderVerbrauch (Kilowattstunden) unterschiedliche Preise vorsieht.[8] Jeder einzelne Tarifpreis ist für sich ein nicht verhandelbarerFestpreis, der oft für längere Zeit gilt. Dies ist derNormaltarif, der signalisiert, dassPreisdifferenzierungen zu hiervon abweichenden Tarifen (Sondertarifen) führen können.
Außerdem gibt esPauschalpreise als einteilige Tarife und zweiteilige Tarife, welche die PreiskomponentenGrundgebühr und nutzungsabhängiges Entgelt miteinander kombinieren.[9] Aus preisoptischen Überlegungen können sich beide Preiskomponenten gegenseitigsubventionieren. DerBlocktarif verzichtet dagegen auf eine Grundgebühr und legt lediglich Mengenintervalle („Blöcke“) mit dazugehörigen Preisstaffelungen fest.[10] Der Preis pro Einheit sinkt hierbei üblicherweise mit zunehmender Absatzmenge – eine Art desMengenrabatts.
Arten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Als Tarif werden meist Gebühren oder Preise bezeichnet, deren zugrunde liegende Dienstleistungen wiederholt in Anspruch genommen werden wie dies beiDauerschuldverhältnissen der Fall ist. Dann sind häufig neben einer Grundgebühr zusätzlich noch verbrauchs- oder nutzungsabhängige Gebühren zu entrichten. Insbesondere gibt es Bahntarife,Bausparkassentarife,Beförderungstarife,Frachttarife,Mobilfunktarife,Posttarife,Steuertarife,Taxitarife oderVersicherungstarife (Basistarife derprivaten Krankenversicherung).Beförderungstarife beiBahnen,Bussen,Fähr- undSchiffslinien bestehen aus denBeförderungsbedingungen und den dazugehörendenTarifbestimmungen.
Sie alle sind geprägt durch teilweise den Kunden verwirrende Preisdifferenzierungen im Rahmen derPreispolitik der Anbieter. Je komplexer ein Preissystem aufgebaut ist, desto geringer dürfte dessen wahrgenommeneMarkttransparenz sein.[11]
Rechtsfragen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Das Wort Tarif ist einunbestimmter Rechtsbegriff. Einseitig festgelegte Vertragsbedingungen wie Tarife unterliegen demAGB-Recht der §§ 305 ff.BGB, Ausnahmen sind diearbeitsrechtlichen Tarifverträge undBetriebs- undDienstvereinbarungen.[12] Eine weitere Ausnahme bilden nach§ 310 Abs. 2 BGB dieKlauselverbote der §§ 308 BGB und§ 309 BGB, die keine Anwendung auf Verträge derElektrizitäts-,Gas-,Fernwärme- undWasserversorgungsunternehmen über die Versorgung vonSonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz finden, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen überAllgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen.
Auf alle übrigen Tarifvereinbarungen wird das AGB-Recht angewandt, mit der Folge, dass sie der richterlichenInhaltskontrolle unterliegen. Einseitige Tariferhöhungen gegenüberPrivathaushalten unterliegen der gerichtlichenBilligkeitskontrolle des§ 315 Abs. 3 BGB. Die Billigkeitskontrolle ermöglicht dem einer einseitigen Preisgestaltung unterworfenen Verbraucher, die getroffene Preisbestimmung überprüfen und gegebenenfalls durchGestaltungsurteil neu treffen zu lassen. Bei § 315 BGB geht es also um die Billigkeit eines privatautonom gestalteten bilateralen Leistungsaustauschs. DerBundesgerichtshof (BGH) geht inständiger Rechtsprechung davon aus, dass Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen derDaseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andereVertragspartner im Bedarfsfall angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und einer Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind, wenn eineMonopolstellung vorliegt[13] oder der Kunde einemAnschluss- und Benutzungszwang unterliegt.[14]
In derprivaten Krankenversicherung muss gemäߧ 152VAG ein branchenweit einheitlicher Basistarif angeboten werden, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen nach den §§ 11 ff.SGB V (gesetzliche Krankenversicherung), auf die ein Anspruch besteht, vergleichbar sind.
Auf Angebote vonWaren, deren Preise üblicherweise auf Grund von Tarifen oder Gebührenregelungen bemessen werden, ist gemäߧ 10 Abs. 5PAngV der§ 12 Abs. 1 und 2 PAngV entsprechend anzuwenden, also insbesondere einPreisverzeichnis imGeschäftsraum anzubringen.
Tarifpflicht
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Tarifpflicht (oderTarifzwang) bedeutet, dass öffentlicheVerkehrsunternehmen, diePersonenbeförderung betreiben, verpflichtet sind, behördlich genehmigte Tarife jederzeit allenBeförderungsverträgen zugrunde zu legen.[15] Behördlich genehmigte Tarife müssen gleichmäßig und einheitlich angewendet werden.[16] Die Tarifpflicht ergibt sich im Eisenbahnverkehr aus§ 12AEG, im übrigen ÖPNV aus§ 39 Abs. 3PBefG und fürTaxis aus§ 51 PBefG.
Diese Tarifpflicht ist eine der vier Hauptpflichten in der Personenbeförderung, wozu noch dieBetriebspflicht (§ 21 Abs. 1PBefG), dieBeförderungspflicht (§ 22 PBefG) und dieFahrplanpflicht (§ 40 PBefG) gehören. ImLinienverkehr müssen Fahrpläne mit Ausgangs- und Endpunkt dieHaltestellen undFahrzeiten enthalten.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Ursula Hermann,Knaurs etymologisches Wörterbuch, 1983, S. 472;ISBN 3-426260743
- ↑Hans Wehr,Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart, 1961, S. 830 ff.
- ↑Gerhard Köbler,Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995, S. 400
- ↑Wilhelm Herschel,Tarifdispositives Richterrecht, in:Recht der Arbeit, 1975, S. 337
- ↑Encyclopedia Americana (Hrsg.),The popular encyclopedia, 1879, S. 469
- ↑Raja Tazi,Arabismen im Deutschen, 1998, S. 222 f.
- ↑Alan Kirkness/Elisabeth Link/Isolde Nortmeyer/Gerhard Strauß/Paul Grebe,Deutsches Fremdwörterbuch, Band 5, 1981, S. 61 f.
- ↑Thoralf Schlüter,Trinkwasserversorgung im internationalen Vergleich, 2006, S. 84
- ↑Hermann Diller,Preispolitik, 1985, S. 249
- ↑Hermann Diller,Preispolitik, 1985, S. 244
- ↑Hermann Diller/Andreas Herrmann (Hrsg.),Handbuch Preispolitik, 2003, S. 88
- ↑Detlef Leenen,BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre, 2015, S. 355 Rn. 5
- ↑BGH, Urteil vom 13. Juni 2007, Az.: VIII ZR 36/06 =BGHZ 172, 315
- ↑BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991, Az. III ZR 100/90 =BGHZ 115, 311
- ↑Walter Spieß,Tarif: Eine Enzyklopädische Studie, 1931, S. 29 f.
- ↑Monique Dorsch,Öffentlicher Personennahverkehr, 2019, S. 20