Tagesordnung

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Dieser Artikel behandelt die Programmgliederung. Siehe auch:Die Tagesordnung, literarischer Text.
Tagesordnung zur Unterzeichnung desFriedensvertrags von Versailles, 1919, in Französisch und Englisch

Unter einerTagesordnung (in der Schweiz auchTraktandenliste genannt[1]) oderAgenda[2] versteht man dieprogrammatische undzeitlicheGliederung einesGesprächs.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

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Die Tagesordnung ist eine wichtige Hilfe für eineneffizienten undzielorientierten Sitzungsverlauf und kann die „Uferlosigkeit“ von Gesprächen vermeiden.[3] Im Voraus geplante menschlicheKontakte in Gesprächsform (wieSitzungen,Besprechungen,Verhandlungen oderVersammlungen) bedürfen einer vorherigen Planung des Gesprächsablaufs. Dazu kann der zu besprechendeSachverhalt und das Gesprächsziel in Einzelthemen aufgegliedert werden, die alsTagesordnungspunkte (TOP, Schweiz:Traktanden) verkürzt dargestellt werden können. Die Anzahl der Tagesordnungspunkte lässt auf die Komplexität und voraussichtliche Gesprächsdauer schließen. Die Tagesordnungspunkte werden im Regelfall mit der Einladung den Teilnehmern sowie ggf. weiteren Eingeladenen zur Kenntnis gebracht.

Wortherkunft

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Die Tagesordnung ist ein missverstandenesLehnwort aus der Tagesreihenfolge (englischorder of the day).[4] Das englische Unterhaus (englischHouse of Commons) kennt in seinem Sitzungsverlauf (englischorder of business) die erst später zu behandelnde Tagesordnung (englischorder of the day) für die öffentlichen Gesetze (englischbills). Während der Antrag (englischmotion) von einem Parlamentsmitglied zu stellen ist und eineDebatte auslöst, beinhaltet die „order of the day“ die von derVerwaltung getroffene Anordnung, wie die Parlamentslesungen zeitlich abzuhalten waren.[5] Erst 1854 wurde diese ungeschriebeneGeschäftsordnung gesetzlich verankert. Wer einen Antrag stellen wollte, musste diesen in das Antragsbuch (englischorder-book) eintragen lassen. Es gab die Tagesordnung der künftigen Sitzungen bekannt und war ein „Vormerkbuch des Hauses“, das angemeldete Anträge,Interpellationen und bereits festgelegte Verhandlungsgegenstände enthielt.[6]

Die Tagesordnung drang schließlich alsFachwort desParlamentarismus nachFrankreich, wo sie im Jahre 1789 eine Lehnübersetzung zufranzösischordre du jour erfuhr. Alspolitisches Schlagwort kam sie ab Februar 1791 auch in deutschen Texten als „Ordnung des Tages“ vor.[7] FürJohann Wilhelm von Archenholz galt 1793 der Begriff bereits als eingeführt, als er über die Sitzungen der PariserJakobiner ab dem 4. Januar 1793 berichtete.[8]

Tagesordnungen in Gesetzen

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Für wichtige Versammlungen hat der Gesetzgeber eine Tagesordnung vorgeschrieben. Gemäߧ 29 Abs. 2BetrVG setzt derBetriebsratsvorsitzende die Tagesordnung fest und leitet die Verhandlung, dabei hat er denArbeitgeber nach§ 43 Abs. 2 BetrVG zu denBetriebs- undAbteilungsversammlungen unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen. Bei der Einberufung vonHauptversammlungen hat dieAktiengesellschaft nach§ 121 Abs. 3AktG die Tagesordnung anzugeben. Den Ausgangspunkt für die Tagesordnung der ordentlichen Hauptversammlung bildet§ 119 Abs. 1 AktG. Die hier genannten Beschlusspunkte (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 AktG) sind bei jeder ordentlichen Hauptversammlung zu beachten. Auch Satzungsänderungen sowie Maßnahmen der Kapitalbeschaffung sind nach § 119 Abs. 1 Nr. 5 bzw. 6 AktG in die Tagesordnung der ordentlichen Hauptversammlung aufzunehmen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Schaffung einesgenehmigten Kapitals als wiederkehrendem Beschlusspunkt möglich. Die Einberufung zur Hauptversammlung hat nach§ 121 Abs. 3 Satz 1 AktG auch die Tagesordnung zu enthalten.Aktionäre können hierzu nach§ 126 Abs. 1 AktG bis 14 Tage vor Beginn der Hauptversammlung Gegenanträge einreichen.

In allenParlamenten spielt die Tagesordnung eine bedeutende Rolle, so dass sie gesetzlich thematisiert ist. In§ 20Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages ist vorgeschrieben, dassTermin und Tagesordnung jeder Sitzung mit demÄltestenrat zu vereinbaren sind, sie ist den Mitgliedern desBundestags,Bundesrats und derBundesregierung mitzuteilen. Nach§ 15 Abs. 5Geschäftsordnung des Bundesrates (BRGO) sind Ort, Zeit und die vorläufige Tagesordnung jeder Sitzung der Bundesregierung mitzuteilen, er stellt durch Beschluss gemäߧ 23 Abs. 2 BRGO die Tagesordnung fest. Nach § 23 Abs. 5 BRGO darf über Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, nicht verhandelt und beschlossen werden, wenn ein Land widerspricht. Nach § 48 GemO NRW setzt derBürgermeister die Tagesordnung für Sitzungen desGemeinderats fest. Er hat dabei Vorschläge aufzunehmen, die ihm innerhalb einer in der Geschäftsordnung zu bestimmenden Frist von einem Fünftel der Ratsmitglieder oder einer Fraktion vorgelegt werden.

Vereine

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Einladung zur Mitgliederversammlung mit Tagesordnung des Vereins „Freunde des Historischen Archivs der Stadt Köln e. V.“

Auch imVereinswesen kommt der Tagesordnung besondere Bedeutung zu. Sie ist fürMitgliederversammlungen festzulegen und im Regelfall vorab den Beteiligten zur Kenntnis zu bringen. Dabei kann in den Vereinssatzungen eine Regelung überZeitpunkt,Fristen undModalitäten der Bekanntgabe getroffen werden. Ein Fehler bei Erstellung, Versendung oder Beschluss der Tagesordnung kann erheblicheRechtsfolgen haben. Ist etwa die Versendung der Tagesordnung an Versammlungsteilnehmer 14 Tage vor Versammlungsbeginn vorgeschrieben, kann eine verspätete Versendung Beschlüsse der Versammlung ungültig machen, wenn dies in Satzung, Geschäftsordnung oder durch gängige Praxis so geregelt ist. Zu Punkten, die nicht auf der Tagesordnung stehen, kann in der Regel kein Beschluss getroffen werden. Im Gesetz ist festgelegt, dass der „Gegenstand der Beschlussfassung“ bei der Einladung bezeichnet wird (§ 32 Abs. 1BGB).

Regeln zur Tagesordnung

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Aus den gesetzlichen Regeln über die Tagesordnung lassen sich allgemeine Regeln ableiten. Die Tagesordnung wird durch den Versammlungsleiter oder dieVerwaltung aufgestellt, die konkrete Tagesordnungspunkte zusammenstellen sollten („Verschiedenes“ oder „Sonstiges“ sind zu vermeiden). Eine Tagesordnung hat mit dem TOP „Eröffnung“ zu beginnen und mit „Beendigung“ zu enden. Dadurch können nur die zwischen diesen beiden TOP liegendenInhalteRechtswirksamkeit entfalten und beispielsweiseangefochten werden. Ist bei einzelnen Tagesordnungspunkten eineAbstimmung erforderlich, so ist dies kenntlich zu machen. Bei manchen Versammlungen ist die Tagesordnung fristwahrend vor Versammlungsbeginn zu versenden, weil ansonsten die Versammlungnichtig ist. EinVersammlungsprotokoll baut auf den Tagesordnungspunkten auf und erfasst die hierzu von den Teilnehmern vorgebrachten Beiträge.

Mit der Einladung zur Sitzung werden dieTeilnehmer im Regelfall aufgefordert, Tagesordnungspunkte einzubringen. Diese werden dann – wenn keine Verfahrensfragen dagegen sprechen – auf die endgültige Tagesordnung gesetzt. Die Tagesordnung legt häufig auch fest, welche Punkte zur Information, zur Beratung oder zur Abstimmung vorgelegt werden. Wenn zu einem oder mehreren Tagesordnungspunkten ein Beschluss notwendig oder zu erwarten ist, muss diese endgültige Liste der Tagesordnungspunkte um eine festgelegteFrist vor der Sitzung ausgesandt werden, damit sich die Teilnehmer auf die dem Beschluss vorhergehendeAussprache vorbereiten können. Häufig beträgt diese Frist – je nach derGeschäftsordnung – zwei Wochen. Tagesordnungspunkte, die Beschlusscharakter haben, müssen den Beschlussgegenstand eindeutig bezeichnen. Gibt ein Thema Anlass zu Unklarheiten, ist es nicht entscheidungsreif oder ist die Entscheidungsfindung in sonstiger Weise schwierig, kann es auf die nächste Sitzung vertagt werden, um zusätzliche Unterlagen oder gesonderte Beratungen zu ermöglichen.

Inhalt einer Tagesordnung bzw. Traktandenliste

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Bei Sitzungen vonGremien ist folgende Reihenfolge möglich:

  1. Eröffnung
  2. Feststellung der Anwesenheit
  3. Feststellung derBeschlussfähigkeit
  4. Wahl vonStimmenzähler(n) undProtokollführer
  5. Bericht desVorsitzenden/Präsidenten und ggf. weitererAmtsträger
  6. Entlastung / Décharge
  7. Thema 1
  8. Thema 2 usw.
  9. Termin der nächsten Sitzung
  10. Beendigung.

Bei Sitzungen vonArbeitsgruppen entfallen die auf die Fassung von Beschlüssen bezogenen Tagesordnungspunkte. Weitere formale oder teils formale und teils inhaltliche Tagesordnungspunkte wie Informationsrundlauf, Beschluss der Tagesordnung oder Wahl der Sitzungsleitung finden sich auf Tagesordnungen unterschiedlicher Gremien, je nach demokratischer und organisatorischer Struktur und gängiger Praxis.

Zweck

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Die Tagesordnung legt die in der Sitzung zu behandelnden Themen fest, um eine Aussprache und gegebenenfalls eine Beschlussfassung zu ermöglichen. Eine weitere Aufgabe einer Tagesordnung besteht darin, die Mitglieder eines Gremiums oder einer Arbeitsgruppe im Vorfeld über die zu beratenden und zu beschließenden Themen zu unterrichten und diesen dadurch eine ordnungsgemäßeVorbereitung auf die Sitzung zu ermöglichen. Damit ermöglicht eine durch eine Tagesordnung vorbereitete Gremien- oder Arbeitsgruppensitzung im Gegensatz zum bloßenUmlaufverfahren eine Einwirkung auf dieMeinungsbildung anderer Mitglieder. Deshalb ist es bedeutsam, wer Einfluss auf die Aufstellung der Tagesordnung hat, wann den Mitgliedern die Tagesordnung bekanntgemacht wird und ob später die Tagesordnung geändert werden kann. Solche Verfahrensfragen werden häufig in einerGeschäftsordnung festgelegt.

Bei vielen Tagesordnungspunkten dient die Tagesordnung alsGedankenstütze und erinnert an die noch nicht abgearbeiteten Themen. Die Teilnehmer können die Tagesordnung alsroten Faden des Gesprächsablaufs bei ihrer Orientierung verwenden. Sie dient im Rahmen desZeitmanagements als Kontrollinstrument, ob die vorgesehenenZeitspannen eingehalten werden können. Zudem dient sie alsDisziplinierungsinstrument, damit die Teilnehmer weniger leicht vom Thema abweichen können. Geschieht dies doch, kann der Versammlungsleiter jederzeit „zur Tagesordnung aufrufen“.

Literatur

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  • Hermann Meier:Zur Geschäftsordnung. Technik und Taktik bei Versammlungen, Sitzungen und Diskussionen. 3. Auflage. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2011,ISBN 978-3-531-17835-6.

Weblinks

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Wiktionary: Tagesordnung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Traktandum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Verein für das Schweizerdeutsche Wörterbuch (Hrsg.):Schweizerisches Idiotikon. Band XIV, Dch (Tch) bis Dw-rg (Tw-rg). Schwabe Verlag, Basel 1987,ISBN 3-7193-0995-9,Sp. 868,Traktandum (Online).  Das in Deutschland unübliche Wort und sein abgeleitetes Verb „traktandieren“ für „auf die Tagesordnung oder Agenda setzen“ kennt auch derDuden (Traktandenliste,traktandieren).
  2. Duden.
  3. Horst Maeck,Das zielbezogene Gespräch, 1990, S. 129
  4. Gerhard Köbler,Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995, S. 399
  5. Rudolf Haym (Hrsg.),Preußische Jahrbücher, Band 3, 1859, S. 160 f.
  6. Leon Kellner/Gustav Krüger,Bausteine: Zeitschrift für neuenglische Wortforschung, Band 1, 1906, S. 428
  7. Friedrich Kluge,Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 1967, S. 767
  8. Johann Wilhelm von Archenholz,Die Pariser Jacobiner in ihren Sitzungen, 1793, S. 28
Normdaten (Sachbegriff):GND:4627891-6(lobid,OGND,AKS)
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