Animation eines Stirlingmotors in Alpha-Konfiguration, das diagonale Rohr stellt denRegenerator dar, der etwa mit wärmespeichernder keramischer Masse gefüllt sein kann und verhindert, dass das strömende Gas die Wärmeenergie zwischen kalten und warmem Kolben mitführtEin mittels Spiritusbrenner betriebener Demonstrations-StirlingmotorStirlingmotor in Betrieb
Im Stirlingmotor wird ein Gas durch von außen zugeführte Wärme in einem durch einenKolben abgeschlossenen Raum (Zylinder) erhitzt und expandiert, in einem anderen, ebenfalls durch einen Kolben abgeschlossenen Raum (Zylinder) gekühlt und komprimiert. Das Gas pendelt zwischen diesen beiden Räumen und wechselt dabei Temperatur und Druck. Der Stirlingmotor arbeitet mit einem Kreisprozess (Stirling-Prozess). Weil die Wärme von außen zugeführt wird, kann er mit einer beliebigen externen Wärmequelle betrieben werden. Weil das Gas nicht ausgetauscht wird, kann ein besonders gut geeignetes Gas verwendet werden, wieHelium oderWasserstoff.
Gängige Stirlingmotoren („Standardmaschine“) speichern die im Arbeitsgas enthalteneinnere Energie auf dem Weg vom heißen zum kalten Raum in einem Speicher (Regenerator), um den Wirkungsgrad zu verbessern. Der Regenerator gibt die Wärme wieder ab, wenn das Gas vom kalten zum heißen Raum strömt. Stirlingmotoren werden meistens als Kolbenmaschinen ausgeführt, es gibt jedoch weitere Bauformen.
Bei manchen Bauformen genügt als Antrieb bereits eine geringe Temperaturdifferenz, zum Beispiel die zwischen menschlichem Körper und der Umgebung.[1]
Eine erste Blüte erlebte der Motor am Ende des 19. Jahrhunderts als Einzelenergiequelle in denPrivathaushalten des aufkommendenBürgertums. In kleinen Ausführungen war er ein Massenprodukt des FabrikantenLouis Heinrici und stellte ungefähr dasPendant zu unseren heutigenElektromotoren dar. Er wurde beispielsweise für den Antrieb vonVentilatoren verwendet.
Philips MP1002CA Stirlinggenerator von 1951 …… mit 180 Watt und 9,5 bar Arbeitsdruck
In den 1930er Jahren entwickelte dasniederländische UnternehmenPhilips Stirlingmotoren zum Antrieb kleiner Generatoren. Das Unternehmen baute in dieser Zeit große MengenRadios für den Export und suchte nach einer leicht zu bedienenden transportablenKraftmaschine für dieStromversorgung derElektronenröhren in Gegenden ohne Versorgung mit elektrischer Energie. In diesem Zusammenhang entwickelte man denPhilips-Stirlingmotor, einen Motor mit einem Zylinder und zweiKolben. Während das Pleuel des Arbeitskolbens direkt auf die Kurbelwelle wirkt, wird der Verdrängerkolben über ein um 90° versetztes Pleuel, einen Winkelhebel und ein elastisches „Messer“-Pleuel angetrieben, das durch einen Schlitz im Arbeitskolben geführt ist. Später verwendete Philips ein Rhombengetriebe, bei dem beide Kolben auf Kolbenstangen wirkten, die über Joche und 4 Doppelpleuel mit zwei gegenläufigen Kurbelwellen verbunden waren; dieKolbenstange des Verdrängerkolbens wirkte dabei durch diehohlgebohrte Kolbenstange des Arbeitskolbens.
Diese Bauart läuft völlig ohneUnwucht, ist also frei von Massenkräften und -momenten erster und zweiter Ordnung, lässt sich beinahe beliebig verkleinern und eliminiert die Radiallasten aus dem Kurbeltrieb auf den Kolben, was die Reibung und den Verschleiß minimiert. Jedoch war anfangs dieDauerfestigkeit derDichtung zwischen den beiden Kolbenstangen gering.
In den 1970er und 1980er Jahren wurden Stirlingmotoren als Automobilantrieb erforscht, insbesondere weil die kontinuierliche Verbrennung bei den Abgasen Vorteile brachte und für andere Motorbauarten keine ausgereiften Abgasnachbehandlungssysteme verfügbar waren. Philips hatte dazu Kooperationen mit GM, Ford und der NASA. Allerdings ließen sich zahlreiche Probleme des Stirling-Motors im Automobil nicht befriedigend lösen, insbesondere die Regelbarkeit (langsames Ansprechverhalten), Aufheizzeit von Kaltstart bis zum Losfahren und die geringe Leistungsdichte. Dazu kamen Wirkungsgrade, die im Bestpunkt 38 % und unter Testbedingungen bis 28 % erreichten. Unter dem NamenStir-Lec 1 hatte GM 1969 eine Studie eines seriellen Hybrids mit Stirling-Motor entwickelt.[4] Das Fahrzeug basierte auf einem 1969erOpel Kadett mit stirling-elektrischem Antrieb sowie Akkumulatoren und wurde von GM im öffentlichen Straßenverkehr erprobt.[5]
In Verbindung mit demKraft-Wärme-Kopplung-Gesetz sind Vorhaben bekannt geworden, den Stirlingmotor wieder einer breiteren Anwendung zuzuführen. EineFreikolben-Wärmekraftmaschine, bei der die Arbeitsmaschine (zum BeispielGenerator) von einem Stirlingmotor angetrieben wird (sie besteht also aus zwei Teilen, dem Generator und dem Stirlingmotor),[6] hat den großen Vorteil, dass nur noch zwei axial belastete Teile vorhanden sind und beim Betrieb keine Radialkräfte auftreten.
Die NASA entwickelt lineare Stirling-Konverter mit integriertem Lineargenerator, die ihre Betriebswärme über Heatpipes von einem kleinen Festkörper-Kernspaltungsreaktor zugeführt bekommen, in einem Leistungsbereich von 100W-1kW elektrisch, zur dauerhaften Energieversorgung von Raumsonden, die entfernte Planeten erforschen oder einer menschlichen Basis auf Mond oder Mars über viele Jahre hinweg.[7]
Wie dieGasturbine (ein bewegtes Teil) ist der Freikolben-Stirlingmotor-Generator (zwei bewegte Teile) eine Wärmekraftmaschine, die ohne weitere reibungsbehaftete Teile wiePleuel,Kurbelwelle und Ventilsteuerung auskommt.
Das im Stirlingmotor eingesetzte Arbeitsgas durchläuft denStirling-Kreisprozess. Der ideale Stirlingprozess hatisotherme Expansion, in der Praxis wird aufgrund hoher Drehzahlen nur eineadiabate Expansion realisiert.
Ein Stirlingmotor kann von außen angetrieben werden und arbeitet dann alsWärmepumpe, die – je nachdem, ob der heiße oder der kalte Bereich genutzt wird – alsKältemaschine oderWärmepumpenheizung dienen kann.
Ein Vorteil des Stirlingmotors liegt in seiner kontinuierlichen und leisen Wärmezufuhr. Die Verbrennung lässt sich schadstoffarm gestalten oder durch eine emissionsfreie Strahlungsquelle ersetzen, wie
die Sonne,
radioaktive Zerfallswärme oder
heißes Wasser oder Dampf aus der Geothermie.
Während bei einem Otto- oder Dieselmotor ein hoher Aufwand zu betreiben ist und ein hochwertiger Brennstoff benötigt wird, um die innere diskontinuierliche Verbrennung sowohl effizient als auch schadstoffarm zu betreiben, kann die kontinuierliche Wärmezufuhr beim Stirlingmotor auf einfache Weise geschehen. Geschieht die Wärmezufuhr durch äußere Verbrennung, so kann hierzu ein beliebiger Brennstoff verwendet werden. Ein Stirlingmotor ist prinzipiell einVielstoffmotor.
Der Stirlingmotor ist ein Heißgas-Motor, bei dem das Arbeitsgas, anders als zum Beispiel beiVerbrennungsmotoren, innerhalb des Motors verbleibt und nicht ausgetauscht wird. Je nach verwendeter Wärmequelle kann ein Stirlingmotor so auchabgas- undemissionsfrei betrieben werden.
Das Arbeitsgas im Stirlingmotor kann frei gewählt werden. Es befindet sich in einem geschlossenen System ohne Verschmutzungen von außen. Allerdings wird es durch den Abrieb der gleitenden Teile undSchmierstoffe verunreinigt.
Die Wärme- und Kühlenergie zum Betrieb des Stirlingmotors muss durchWärmeleitung zu- und abgeführt werden. Dabei entstehen Wärmeverluste, die bei der direkten Wärmezufuhr durch innere Verbrennung in einem Otto- oder Dieselmotor nicht auftreten. Auch lassen die verwendeten Werkstoffe im Stirlingmotor in der Regel einen Betrieb bei Temperaturen von über 1000 °C nicht zu, die in Verbrennungsmotoren auftreten.Ebenso können die hohen Temperaturen im Brennpunkt eines auf die Sonne gerichteten Hohlspiegels die Metall-Legierung des Wärmetauschers zum Schmelzen bringen. Bei höherer Leistung umgeht man dieses Problem, indem der Verdrängerkolben das Arbeitsgas durch dünne beheizte Röhrchen drückt. Das hat den Nachteil, dass das „Totvolumen“ VUT recht groß ist und die erreichbareLeistungsdichte in W/kg verringert wird. Stirlingmotoren mit hoher Leistung haben deshalb einen sehr hohen mittleren Betriebsdruck.
Als Arbeitsgase werden in der Regel Wasserstoff oder Helium gewählt. Diese besitzen die größteWärmeleitfähigkeit undWärmekapazität aller Gase.
Ein als Zwischenspeicher für Wärmeenergie eingesetzterRegenerator vermindert den Übertritt der Wärme auf die kalte Seite. Kühl- und Heizflächen können verkleinert werden. Die Position und Ausführungsart des Regenerators hängt vom Bautyp des Motors ab. Die im Regenerator zwischengespeicherte Wärmemenge kann bis zum Vierfachen der pro Zyklus zugeführten Wärme betragen.
Beim Alpha-Typ sind zwei Kolben (bei der Hubkolbenbauweise) in separaten Zylindern untergebracht und wirken um ca. 90° bis 170° versetzt auf eine gemeinsame Kurbelwelle (Empfohlene Phasenwinkel siehe im Kasten unten). Der Kurbeltrieb mit zwei Kolben und Pleueln auf einem Kurbelwellenzapfen und der Versatz des gekühlten Zylinders sorgt dafür, dass das Gas von einem Kolben expandiert oder komprimiert werden kann, während sich der andere Kolben in der Nähe vom oberen oder unteren Totpunkt wenig bewegt. Da beide Zylinder durch Rohrleitung und Regenerator miteinander verbunden sind, setzt sich der Arbeitstakt (Expandieren und auch Komprimieren) im Folgetakt auf der anderen Kolbenoberseite fort. Eine verbreitete Bauart ist der doppeltwirkende Vierzylinder-V-Motor, bei dem der Kurbeltrieb vom hohen Druck des Arbeitsgases entlastet wird und die „heißen“ Kolbenoberseiten mit benachbarten „kalten“ Kolbenunterseiten zusammenwirken. Die Erfindung des Alpha-Typs geht eigentlich nicht auf Robert Stirling zurück, sondern auf einen Personenkreis um Charles Louis Felix Franchot in der Zeit von 1840 bis 1853 in Paris. Es ist abgesehen von dessen Patenten nicht bekannt, dass damals in Paris auch solche Motoren gebaut wurden. Erst ab 1870 wurden von Alexander Kirk Rider in New York 80.000 Motoren dieses Typs hergestellt, weshalb der Alpha-Typ auch Ridermotor genannt wird.
Beide Kolben laufen im selben Zylinder, wobei der Verdränger bei kleinen Leistungen als Regenerator wirken kann. Der andere Kolben ist der Arbeitskolben; er wandelt die Druckamplituden in kinetische Energie um und schließt den Arbeitsraum ab. Der Arbeitskolben bewegt sich in der fortwährend gekühlten Kaltzone, während sich der Verdrängerkolben zwischen der Heißzone und der Kaltzone befindet.
Beim als ersten von Stirling verwirklichten Gamma-Typ sind Arbeits- und Verdrängerkolben in verschiedenen miteinander verbundenen Zylindern untergebracht.
Alphagamma-Typ
Das österreichischeUnternehmen Frauscher Thermal Motors hat den Alpha- und Gamma-Typ kombiniert. Die als Alphagamma-Technologie[8] bezeichnete Bauweise ist als „Stirlingmaschine mit Stufenkolben“ patentiert.[9]
Kern der Innovation ist ein Expansionskolben, der als Stufenkolben ausgebildet ist. DerPleuel ist durch den kleinen Durchmesser des Stufenkolbens durchgeführt und gemeinsam mit dem Pleuel des Kompressionskolbens an einem Kurbelzapfen angelenkt. Dadurch wird die Arbeit des Expansionskolbens im Vergleich zum Alpha-Typ um etwa die Hälfte und im Vergleich zum Beta- und Gamma-Typ um ca. 30 % gesenkt. Beide Kolben leisten positive Arbeit. Einhergehend sinken die Kolbenkräfte, die Kolbenreibung und die Lagerbelastung bei den Pleuel- und Kurbelwellenhauptlagern.[10]
Die einfache Konstruktion in Verbindung mit den reduzierten Kolbenkräften ermöglicht einen schmierölfreien und langlebigen Betrieb bei gleichzeitig hohem Wirkungsgrad. Die Vorteile der Alphagamma-Technologie wurden in wissenschaftlichen Gutachten von Bernd Thomas[11] von derHochschule Reutlingen und Michael Gschwendtner[12] von derAuckland University of Technology bestätigt.
Ein Alphagamma-Stirlingmotor mit 6,5 kW elektrischer Leistung wurde mit verschiedenen Gas-Brennstoffen getestet. Die erzielten elektrischen Gesamt-Wirkungsgrade (Elektrische Leistung/Brennstoffleistung Hu) erreichten beim Betrieb mitBiogas 28,1%[13], mitDeponiegasen 30,0%[14] und mit Klärgasen 31,1%[15].
Alle Bauformen basieren auf den gleichen vier Schritten, die den Stirlingmotor wahlweise als Wärmekraftmaschine oder Wärmepumpe arbeiten lassen. Allgemein lassen sich die jeweilige Schrittfolge und die zugehörigen Volumina folgendermaßen beschreiben:
Wärmekraftmaschine
Wärmepumpe
1→2 Expansion des Gases im heißen Raum bei Wärmezufuhr aus dem Heißreservoir 2→3 Verschieben des Gases vom heißen zum kalten Raum (Geringe Volumenänderung) 3→4 Kompression des Gases im kalten Raum bei Wärmeabgabe an das Kaltreservoir 4→1 Verschieben des Gases vom kalten zum heißen Raum (Geringe Volumenänderung)
1→2 Expansion des Gases im kalten Raum bei Wärmezufuhr aus dem Kaltreservoir 2→3 Verschieben des Gases vom kalten zum heißen Raum (Geringe Volumenänderung) 3→4 Kompression des Gases im heißen Raum bei Wärmeabgabe an das Warmreservoir (Kühlung) 4→1 Verschieben des Gases vom heißen zum kalten Raum (Geringe Volumenänderung)
Zeitdiagramm für einen Stirlingmotor als Wärmekraftmaschine
Zeitdiagramm für einen Stirlingmotor als Wärmepumpe
Im Folgenden wird der Stirlingmotor als Wärmekraftmaschine beschrieben. Zur Vereinfachung zeigen die meisten Grafiken, die den Stirlingmotor abbilden, zwei um 90° versetzte Kolben. Abhängig von der Anwendung und dem vorhandenen Temperaturgefälle werden jedoch auch viele andere Bauformen verwendet.
Die Alpha-Konfiguration besteht aus zwei Kolben in getrennten Zylindern. Ein Zylinder wird kontinuierlich erhitzt und/oder der andere kontinuierlich gekühlt.EinRegenerator (Wärmespeicher) sitzt zwischen warmem Zylinder und kaltem Zylinder und begrenzt den Wärmeverlust, der durch den Übertritt des warmen Gases in den kalten Zylinder entsteht.Der Nachlauf des kalten Kolbens beträgt theoretisch 90°, wird aber meist vergrößert, um die erforderlichen Temperaturen am heißen Zylinder reduzieren zu können und um die Kräfte auf die Kurbelwellenlager zu minimieren (siehe Kasten „empfohlene Phasenwinkel“).
Der Großteil des Gases ist im heißen Zylinder und expandiert durch Wärmezufuhr.
Kurz vor der Stellung der größten Expansion, bei der sich in beiden Zylindern das gleiche Gasvolumen befindet.
Das Gas im kalten Zylinder zieht sich aufgrund der Wärmeableitung zusammen. Zugleich wird Gas vom Kolben im warmem Zylinder nachgeführt.
Kurz vor der Stellung der größten Kompression, bei der sich in beiden Zylindern das gleiche Gasvolumen befindet.
Die Alpha-Stirling-Konfiguration ist auch als Ridermotor bekannt.[16]
Der Beta-Typ besteht aus einem Zylinder mit Arbeitskolben am kalten und Verdrängerkolben am warmen Ende
Stirling-Kreisprozess mit einer Beta-Konfiguration
Bei der Beta-Konfiguration laufen in der Regel zwei Kolben in einem gemeinsamen Zylinder. DerVerdrängerkolben kann hier alsRegenerator ausgebildet sein, er ist dann von vielen dünnen Kanälen axial durchzogen. DerArbeitskolben läuft wie bei anderen Konfigurationen auf einer um 90 Grad versetzten Kurbel der gemeinsamenKurbelwelle. Die nutzbare Arbeit bringt allein der Arbeitskolben auf, der Verdrängerkolben wird nur bewegt, um das Gas zwischen dem heißen und dem kalten Raum zu verschieben und dessen Wärmeenergie zwischenzuspeichern. Der Arbeitsablauf kann in die folgenden vier Schritte unterteilt werden:
Bild 1→ Bild 2: Der Regenerator ist am oberen Totpunkt, das Gas unten im heißen Bereich. Durch Wärmezufuhr wird es erhitzt, dehnt sich aus und schiebt den Arbeitskolben nach oben. Durch die Bewegung des Arbeitskolbens wird auch der Verdrängerkolben bewegt aber das Heißvolumen überwiegt stets. In diesem Takt wird das Schwungrad angetrieben, weil der Druckp des Gases auf die FlächeA des Arbeitskolbens eine KraftF ausübt.
Bild 2→ Bild 3: Das Schwungrad dreht sich aufgrund seinerMassenträgheit weiter, das Gesamtvolumen bleibt in diesem Schritt fast unverändert am oberen Punkt. Der Verdrängerkolben schiebt nun das Gas vom heißen in den kalten Bereich, wodurch es den Regenerator erwärmt und selbst abkühlt. Der Verdrängerkolben übernimmt die wichtige Aufgabe eines Wärmespeichers und muss deshalb ausreichend Masse besitzen. Im kalten Bereich wird das Gas durchKühlrippen oder durch einen wassergekühlten Mantel weiter abgekühlt, wodurch der Druck sinkt.
Bild 3→ Bild 4: Nun gilt es zu unterscheiden: Bei hohem Innendruck muss Arbeit zugeführt werden, um den Arbeitskolben wieder zurückzuschieben, weil dafür das unter hohem Druck stehende aber kalte Gas komprimiert werden muss. Die zuzuführende Arbeit ist deutlich geringer als die abgeführte Arbeit bei der Heißexpansion und wird vom Schwungrad aufgebracht. Bei niedrigem Innendruck kann dagegen auch bei diesem Takt Arbeit verrichtet werden, indem die Außenluft auf den Kolben des Stirlingmotors drückt.
Bild 4→ Bild 1: Das Schwungrad dreht sich weiter, der Regenerator wird nach oben bewegt und verschiebt das Gas aus dem oberen kühlen Bereich in den heißen Bereich und erwärmt es dabei mit der Wärme, die im zweiten Takt gespeichert wurde. Der Zyklus beginnt von vorne.Einen prinzipiellen Nachteil der „sanften“ Bewegung des Regenerators erkennt man im Schritt von Bild 1→ Bild 2. Obwohl dieser seinen oberen Totpunkt durchlaufen hat, bewegt sich der Kolben weiter nach oben. Dadurch kann Gas nach oben entweichen und wird dort gekühlt statt unterhalb des Regenerators aufgeheizt zu werden. Dieser systematische Fehler ließe sich vermeiden, wenn der Regenerator in diesem Schritt eng am Kolben anliegen würde. DerFlachplatten-Stirlingmotor ist hier besser konstruiert.
Es gibt Stirlingmotoren, die nur wenige Kelvin Temperaturdifferenz benötigen, zum Beispiel derFlachplatten-Stirlingmotor von Ivo Kolin (Universität Zagreb 1982). Auch ein Betrieb mit Eiswasser als Kühlmittel ist möglich.
Die Verbrennung ist kontinuierlich und ergibt so günstige Abgaswerte.
Stirlingmotoren sind leise, da sie weder Explosions- noch Auspuffgeräusche produzieren.
Der Verbrauch anSchmieröl in den Zylindern ist gering oder gleich null.
Der realeWirkungsgrad eines Stirlingmotors ist in hohem Maße abhängig vom Wirkungsgrad derWärmeübertrager für Wärmeeintrag und Wärmeabfuhr. Je größer diese ausgelegt werden, desto besser. Die Größe und Masse des Motors steigen entsprechend an, weshalb Stirlingmotoren praktisch nur stationär eingesetzt werden. Neben den Materialkosten bedeutet das resultierendeLeistungsgewicht Einschränkungen der Nutzbarkeit.
Die Wärmeübertrager müssen außerdem für den Druck des Arbeitsfluids ausgelegt sein, wobei zu Gunsten einer hohen Leistung auch ein hoher Druck erwünscht ist. Dies stellt besondere Anforderungen an die verwendeten Materialien wie eine geringeKriechneigung und Widerstandsfähigkeit gegenüber Korrosion durch die Wärmequelle. Die Kosten für einen geeigneten Hochtemperaturwärmetauscher können typischerweise 40 Prozent der Gesamtkosten des Motors betragen.[17]
Für einen wirtschaftlichen Betrieb wäre grundsätzlich eine hohe Temperaturdifferenz erwünscht. Aus materialtechnischen Gründen, und weilKohlenwasserstoffe in Verbrennungsmotoren einen besseren Wirkungsgrad bei geringeren Investitionskosten ermöglichen, ist der Einsatz von Stirlingmotoren auf billige Brennstoffe oder andere Wärmequellen angewiesen.
Ein Stirlingmotor kann nicht sofort anlaufen. Bevor die thermodynamischen Prozesse gemäß der Auslegung des Motors ablaufen, benötigt er eine Aufwärmphase. Dies gilt zwar für alle Motoren mit äußerer Verbrennung, jedoch ist die Aufwärmzeit für Stirlingmotoren typischerweise länger als beispielsweise fürDampfmaschinen.
Stirlingmotoren eignen sich nur für Anwendungen mit konstanter Drehzahl, konstantem Drehmoment oder konstanter Leistung. Eine schnelle Regelung der Motorleistung, wie sie beispielsweise für Kraftfahrzeuge erforderlich ist, erfordert einen aufwändigeren und komplexerenHybridantrieb. Realisierte Ansätze für langsame Leistungsregelung sind:
Veränderung von Wärmezufuhr oder -abfuhr
Veränderung des Kolbenhubs
Veränderung des Betriebsdrucks durch Zupumpen oder Ausleiten von Arbeitsgas oder Veränderung der Verdichtung
Veränderung des Phasenwinkels zwischen Arbeits- und Verdrängerkolben. Dies wirkt am schnellsten, ist aber nur mit einem aufwändigen Kurbeltrieb zu verwirklichen.
Bei allen genannten Regelungsmechanismen ist zu beachten, dass dadurch die thermodynamischen Eigenschaften der Stirlingmaschine verändert werden und sich entsprechend auch der Wirkungsgrad ändert.
Immer wieder wird Stirlingmotoren nachgesagt, sie seien die Motoren der Zukunft. Wirtschaftlich sinnvoll sind sie aber nur in speziellen stationären Anwendungen.
Anwendungsbereiche sind:
Umwandlung von Solarenergie in mechanische Energie und Strom (Solar-Stirling).
Geothermische dezentraleBlockheizkraftwerke zur nachhaltigen Erzeugung von Heizwärme und Elektrizität. Holzpelletbrenner erzeugen 20 Prozent elektrischen Strom und 70 Prozent Wärme.
Für zukünftige Raumfahrtprojekte wird unter anderem von der NASA ein Generator mit radioaktiven Wärmequellen (zum BeispielPlutonium-238) entwickelt. Das als ASRG(Advanced Stirling Radioisotope Generator) bezeichnete Aggregat zur Energieversorgung vonSatelliten undLandern soll einen bis vierfachen Wirkungsgrad von herkömmlichenRadioisotopengeneratoren haben. Das spart Gewicht und Kosten, da weniger Plutonium mitgeführt werden muss.[18][19]
Derzeit arbeitet die NASA am KRUSTY-Kernspaltung-Reaktor (KilopowerReactorUsingStirlingTechnology), dessen Abwärme aus der Spaltung von hoch angereichertem Uran-235 durch Heatpipes mehreren Stirling-Konvertern mit eingebautem Lineargenerator zugeführt wird, die daraus eine elektrische Leistung von zusammen bis zu 10 kW erzeugen sollen, und zwar für mehrere Jahrzehnte Missionsdauer mit einem deutlich höheren Wirkungsgrad als derzeitige Radioisotopengeneratoren. Anfang 2018 wurde ein 1 kW-Prototyp erfolgreich getestet.[20]
Stirlingmotoren werden kommerziell zum Antrieb kleiner Elektrogeneratoren inBlockheizkraftwerken (BHKW) angeboten, da sie leiser sind alsVerbrennungsmotoren. Stirlingmotoren in BHKW haben jedoch einen weit geringeren Wirkungsgrad als Verbrennungsmotoren. Das Verhältnis zwischen der Strom- (el.) und Wärmeproduktion (th.) beträgt nur ca. 1:6 oder 17 %,[21] während Verbrennungsmotoren in BHKW 1:2,5 oder 40 % erreichen. Deshalb sind BHKW mit Stirlingmotor nur geeignet, wenn mit deren „schlechtem“ Wirkungsgrad hauptsächlich Raumwärme erzeugt werden soll oder wenn die Energiequelle extrem günstig ist.
Der Stirlingmotor eignet sich als Antrieb fürWasserpumpen mit konzentrierter Sonneneinstrahlung als Wärmequelle. Der Wirkungsgrad des Antriebs wird mit 10 bis 13 Prozent angegeben, 5 Prozent für die Solarpumpe insgesamt.
In derMedizintechnik wird derzeit ein Stirlingmotor entwickelt, der alsPumpe für eineHydraulikflüssigkeit arbeitet, die wiederum dieBlutpumpe von Herzunterstützungssystemen antreibt. Genutzt wird dazu einFreikolbenmotor mit einemthermischen Energiespeicher, der Energie für acht Stunden Betrieb speichern kann und in einer Stunde wieder zu laden ist. Das System hat eine thermischeLeistung von 21 Watt bei einer Leistungsabgabe von 3,3 Watt und wird derzeit an Tieren erprobt.
Seit dem Jahr 2010 werden gasbetriebene Stirlingmotoren auch für die Verwertung vonDeponiegas eingesetzt. Der Vorteil liegt insbesondere darin, dass die beweglichen Teile des Motors keinen direkten Kontakt mit dem Deponiegas oder seinen Verbrennungsprodukten haben. Das Verbrennungsprodukt vonSiloxanen istSiliciumdioxid, das im Motor wie Sand wirken würde.[22]
Der Stirlingmotor kann alsKältemaschine oderWärmepumpe eingesetzt werden, indem seine Kurbelwelle angetrieben wird. Genau genommen bezeichnet diese Anwendung deshalb keinen Motor. Anstatt mechanische Arbeit abzugeben, wird Wärme vom kalten in den heißen Bereich befördert. In diesem Fall läuft der umgekehrte, also ein linksläufiger Stirling-Kreisprozess in der Maschine ab. Eine häufige Anwendung ist die alsKühlaggregat in hochwertigenWärmebildkameras. Eine technische Besonderheit des Stirlingmotors ist die Möglichkeit der extremenMiniaturisierung. Das macht die Anwendung als Kältemaschine oder Wärmepumpe besonders geeignet für den Einsatz in Satelliten undRaumschiffen. Muss hingegen auf mechanisch bewegte Teile verzichtet werden, kann statt eines Stirling-Aggregats einPulsröhrenkühler eingesetzt werden, der den gleichen thermodynamischen Kreisprozess realisiert.
Gustav Schmidt:Theorie der Lehmann’schen calorischen Maschine, in:Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1871 Band XV Heft 1 Januarheft Seiten 1–12 dazu Tafel III und Heft 2 Februarheft Seiten 97–112.
Colin D. West:Principles and applications of Stirling engines. Van Nostrand Reinhold, New York 1986,ISBN 0-442-29273-2.
Ivo Kolin:Stirling motor – history, theory, practice. Zagreb Univ. Publ., Dubrovnik 1991.
Brent H.Van Arsdel:Around the world by Stirling engine – environmentally friendly Stirling engines, their applications worldwide and into space. American Stirling Co., San Diego 2003,ISBN 978-0-9713918-0-2.
Reinhold Bauer,Gescheiterte Innovationen: Fehlschläge und technologischer Wandel, Campus Verlag, 2006, S. 194 ff.ISBN 978-3-593-37973-9.
Fritz Steimle, Jürgen Lamprichs, Peter Beck:Stirling-Maschinen-Technik, C. F. Müller-Verlag,ISBN 3-7880-7773-5 (2. Aufl. 2007) – Grundlagen, Konzepte, Entwicklungen, Anwendungen
Frank Schleder:Stirlingmotoren – thermodynamische Grundlagen, Kreisprozessrechnung, Niedertemperatur- und Freikolbenmotoren. Vogel, Würzburg 2008,ISBN 978-3-8343-3116-8.
Dieter Viebach:„Der Stirlingmotor einfach erklärt und leicht gebaut“, ökobuch-Verlag,ISBN 978-3-936896-31-2 (8. verbesserte Auflage 2009) Einführung in die Stirlingmotor Technologie, ein 0,5 kW Experimentalmotor vorgestellt, Baupläne für 3 Modelle ohne Dreh- und Fräsarbeiten für Schüler und Azubis.
Martin Werdich, Kuno Kübler:Stirling-Maschinen. Grundlagen – Technik – Anwendung, ökobuch-Verlag,ISBN 978-3-936896-73-2 (13. Auflage 2013) – Einführung in das Thema mit Beschreibung vieler Bauformen und Anwendungen.
Tim Lohrmann:Stirlingmotor und mehr (Grundlagen und Konzepte für die Praxis), Tredition (Verlag). Hamburg, 2020,ISBN 978-3-347-14449-1
↑Patent DE102017109967B4: Stirlingmaschine mit Stufenkolben. Angemeldet am 9. Mai 2017, veröffentlicht am 29. November 2018, Anmelder: Frauscher Holding GmbH, Erfinder: Josef Frauscher.
↑Roland Haubrichs:Deponiegasverwertung mittels Stirlingmotoren. In:Behandlung und Verwertung von Deponiegas – Die neue Richtlinie VDI 3899 Blatt 1. Kommission Reinhaltung der Luft im VDI und DIN – Normenausschuss KRdL, KRdL-Schriftenreihe Band 50,ISBN 978-3-931384-81-4, S. 75–84.