Steffi Graf wurde 1969 in Mannheim-Neckarau geboren.[4] Sie war drei Jahre alt, als sie in ihrer HeimatgemeindeBrühl 1973 zum ersten Mal einen Tennisschläger in die Hand nahm. Inspiriert wurden diese ersten Versuche durch VaterPeter Graf (1938–2013). Dieser arbeitete als Versicherungskaufmann und Gebrauchtwagenhändler, entdeckte mit 27 Jahren den Tennissport für sich und brachte es innerhalb weniger Jahre zum Spieler in der deutschen Regionalliga und zum diplomierten Tennistrainer.
Graf wurde früh auf die motorische Begabung seiner Tochter aufmerksam und förderte diese durch fortschreitend schwierigere Aufgaben. Schon zwei Jahre später gewann Steffi Graf das traditionelle „Jüngsten-Turnier“ inMünchen. 1977 gelangen der erst Siebenjährigen weitere Turniersiege. Überzeugt vom Ausnahmetalent der Tochter gab Graf zwei Jahre später seine bisherigen Berufe auf und widmete sich fortan ausschließlich dem sportlichen Erfolg seiner Tochter. Zudem engagierte er die polnische Tennisspielerin Daniela Nosek, ehemalige Nummer 92 der Damen-Weltrangliste, als Partnerin für seine Tochter.
1981 startete Steffi Graf erstmals bei den deutschen Hallenmeisterschaften der Erwachsenen und sorgte für Aufsehen: Die damalige Weltranglisten-AchtzigsteEva Pfaff konnte erst nach drei umkämpften Sätzen gegen Graf gewinnen. Das Spiel der Elfjährigen zeichnete sich dabei vor allem durch Schnelligkeit und eine hart geschlageneVorhand aus, mit der es ihr immer wieder gelang, das Spielgeschehen zu bestimmen. Graf wurde in der deutschen Fachpresse als „Wunderkind“ bezeichnet. Der damalige BundestrainerKlaus Hofsäss sagte, Graf sei das größte Talent, das es in Deutschland je gegeben habe. In ihrer Altersklasse sei sie weltweit ohne Konkurrenz.
1982 gewann Graf als Dreizehnjährige die Deutsche Jugendmeisterschaft der Achtzehnjährigen. Am 18. Oktober 1982 wurde sie im Alter von dreizehn Jahren und vier Monaten bei derWTA als Profispielerin gemeldet.[5] Angesichts des ungewöhnlich frühen Zeitpunkts des Übertritts zu den Profis ernteten Vater und Tochter neben Zustimmung auch Kritik. Nicht wenige Fachleute und Trainer fürchteten das rasche mentale und körperliche Ausbrennen des so bezeichneten „Jahrhunderttalents“. Diesen Einwänden begegnete sie mit den Worten: „Ich will es aber so.“
Eine Woche später tauchte sie als Nummer 214 erstmals in der Weltrangliste auf. Sie war damit zunächst die jüngste Spielerin, die je im Ranking erschienen war. Graf debütierte beim Hallenturnier inFilderstadt, wo sie in der ersten Runde auf die zwanzigjährige ehemalige Weltranglisten-ErsteTracy Austin traf, der sie mit 4:6 und 0:6 deutlich unterlag. Austin, selbst ehemaliges „Wunderkind“ und jüngste Siegerin derUS Open, war wenig beeindruckt und äußerte angesichts des nun auch international immer stärker werdenden Interesses an Graf, es gebe in Amerika Hunderte von Mädchen mit denselben Fähigkeiten.
Steffi Graf, die für ihre starkeVorhand bekannt war, bei einem Schaukampf in Wimbledon (2009)Steffi Graf, Rückhand in Wimbledon 2009
1983 spielte Graf erstmals bei denFrench Open inParis und erreichte dort die zweite Runde. Trotz der frühen Niederlage richtete sich der Fokus der Fachwelt in immer stärkerem Maße auf die junge Deutsche. Im September stand sie im Halbfinale derJuniorinnen bei den US Open. Grafs ungewöhnlich hart geschlagene Vorhand gab zum ersten Mal Anlass zu mannigfaltigen technischen Analysen. Experten äußerten die Meinung, dass Graf die beste Dreizehnjährige sei, die der Tennissport bisher gesehen habe. Am Jahresende stand sie auf Platz 98 der Weltrangliste. Mit einer Sondergenehmigung des LandesBaden-Württemberg beschlossen Vater und Tochter gemeinsam Steffi Grafs Abgang von derRealschule.
1984 erreichte Graf bei denAustralian Open das Achtelfinale. Als bis dahin größter Erfolg in ihrer Karriere wurde eingeschätzt, dass sie bei denInternationalen Tennis-Meisterschaften in Berlin im Mai 1984 im Alter von 14 Jahren die Nummer eins der Setzliste,Bonnie Gadusek, mit 6:0, 6:4 bezwang.[6] Beim Turnier vonWimbledon musste 1984 die erfahrene BritinJo Durie all ihre Kräfte aufbieten, um die fünfzehnjährige Gegnerin 9:7 im dritten Satz niederzuhalten.
AugenzeuginKathleen McKane Godfree, eine zweimalige Wimbledon-Siegerin der 1920er-Jahre, äußerte angesichts des Spiels die Überzeugung, dass Graf in zwei Jahren nur noch schwer zu schlagen sein werde. Einige Wochen später siegte die fünfzehnjährige Graf bei dem als Schauveranstaltung geführtenolympischen Turnier inLos Angeles als jüngste Teilnehmerin des Feldes. Im Herbst des Jahres besiegte sie beim Turnier in Filderstadt im Viertelfinale mitClaudia Kohde-Kilsch erstmals eine Top-Ten-Spielerin und erreichte damit zum ersten Mal das Finale eines WTA-Turniers. Am Jahresende belegte Graf Platz 22 der Weltrangliste.
1985 erreichte sie in Paris und Wimbledon jeweils das Achtelfinale. Am Jahresende stand sie auf Platz 6 der Weltrangliste, ohne ein Turnier gewonnen zu haben. Das Jahr begann mit einem von ihrem Vater verordneten Verzicht auf die Australian Open, der der körperlichen Regeneration und der Verbesserung der spielerischen Fähigkeiten zugutekommen sollte. Beim Sandplatzturnier inMiami traf Graf im Halbfinale erstmals auf die beste Grundlinienspielerin ihrer Zeit, die Weltranglisten-ZweiteChris Evert; sie unterlag ihr. Die beiden standen sich im Jahresverlauf auch in Hilton Head, Berlin und Paris gegenüber – jeweils noch mit dem besseren Ende für Evert. Auch in Wimbledon erreichte Graf das Achtelfinale. Dort scheiterte sie knapp in drei Sätzen an der Weltranglisten-Vierten und RasenspezialistinPam Shriver, deutete aber bereits ihr Potenzial auf den schnellsten Plätzen an.
Bei den US Open inFlushing Meadows gelang der Deutschen dann erstmals der Einzug ins Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers. Hier kam es zu einer Premiere: Das sechzehnjährige „Wunderkind“ traf aufMartina Navrátilová (damals 29 Jahre alt), die zusammen mit Chris Evert das Welttennis der Frauen seit Anfang der 1980er Jahre dominierte. Navrátilová gewann mit 6:2 und 6:3. Sie betonte auf Nachfragen, Graf habe alles, um ganz nach oben zu kommen, wenn sie verletzungsfrei bliebe. 1985 gewann Graf bereits über eine halbe MillionDM an Preisgeld.[7]
Navrátilovás Vorhersage traf schnell ein: Graf siegte 1986 bei insgesamt acht Turnieren. Sie stand am Jahresende auf Platz drei der Rangliste und hatte nur noch die beiden Amerikanerinnen vor sich. Bei den Hartplatzturnieren im Frühjahr kam es wiederum zum Zusammentreffen mit Evert, die beide Endspiele klar in zwei Sätzen gewann. Wenig später aber gewann Graf das Sandplatzturnier inHilton Head Island. Sie schlug dabei die Weltranglisten-Zweite mit 6:4 und 7:5 und holte ihren ersten Turniersieg bei den Profi-Spielerinnen. Beim Heimturnier der Deutschen, bei denGerman Open inBerlin, kam es zu einem weiteren denkwürdigen Zusammentreffen: Im Finale spielten Graf und die Weltranglisten-Erste Navrátilová zum dritten Mal gegeneinander – und die Sechzehnjährige besiegte die amerikanische Tennislegende überraschend mit 6:2 und 6:3.
Diese zeigte sich angesichts der ersten Niederlage gegen den Teenager, in dem die internationale Expertenschar bereits die Thronfolgerin der Amerikanerin erblickte, sichtlich emotional berührt. Später erreichte Graf auch das Halbfinale der US Open. Wieder war Titelverteidigerin Navrátilová ihre Gegnerin. Der schnellere Hartplatz kam dem Serve- und Volley-Spiel Navrátilovás eher entgegen und sie gewann knapp mit 6:1, 6:7 (3:6) und 7:6 (10:8). In der anschließenden Hallensaison erreichte Graf bei den abschließendenVirginia-Slim-Championships der besten Tennisspielerinnen des Jahres das Endspiel – erneut gegen Navrátilová. Auch hier unterlag Graf in zwei Sätzen. Am Jahresende stand sie weiter auf Rang drei der Weltrangliste.
1987: Das Jahr des Durchbruchs: Sieg in Paris und Weltranglistenerste
Das Jahr 1987 brachte den endgültigen Durchbruch und stand im Zeichen des Duells mit Navrátilová. Graf verlor nur zwei von 75 Matches, gewann elf Turniere, siegte erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier und übernahm die Führung der Weltrangliste.
Wie im Vorjahr verzichtete Graf auf das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres und arbeitete mit ihrem neuen TrainerPavel Složil an der Verbesserung ihres Spiels. Ihre Vorhand hatte noch an Härte gewonnen. Sie wurde zum besten Schlag im Damen-Tennis, mit der es der Deutschen nahezu nach Belieben gelang, den Platz zu öffnen und die Ballwechsel zu dominieren. Es war zu dieser Zeit, als die Presse diesem Umstand Ausdruck verlieh und Graf mit Vorliebe auch als „Fräulein Vorhand“ und „Gräfin Gnadenlos“ bezeichnete. Mit sieben Turniersiegen und 45 siegreichen Matches in Folge gelang der jungen Deutschen eine der längsten Siegesserien im Damen-Tennis und der bisher beste Saisonstart.
Grafs Durchmarsch begann im Frühjahr auf den amerikanischen Hartplätzen inBoca Raton. Beim darauffolgenden Turnier vonKey Biscayne konnte sie erstmals im selben Turnier sowohl die Weltranglisten-Erste, Martina Navrátilová, als auch die Nummer zwei, Chris Evert, schlagen – beide Male klar in zwei Sätzen. Evert blieben im Finale beim 1:6 und 2:6 drei Spiele. Grafs Überlegenheit setzte sich auch nach dem Wechsel auf die Sandplätze makellos fort. Nach dem Sieg inAmelia Island gewann sie auch inRom und Berlin.
Bei den French Open in Paris kam es im Endspiel zur Begegnung zwischen der seit 44 Spielen unbesiegten Graf und der zweimaligenRoland-Garros-Siegerin Navrátilová. Der erste Satz ging mit 6:4 an die Deutsche, bevor Navrátilová den zweiten Durchgang ebenfalls mit 6:4 gewinnen konnte. Der dritte Satz gestaltete sich umkämpft und eng: Beim Stand von 5:4[8] sah die Amerikanerin bei eigenem Aufschlag schon wie die sichere Siegerin aus. Letztlich gewann aber Graf mit 8:6 – sie war der bis dahin jüngste French-Open-Gewinner.
Wenige Wochen später kam es im Finale von Wimbledon erneut zum Kräftemessen zwischen Graf und Navrátilová. Es war zugleich ein Duell um die Führung in der Tennisweltrangliste. Die Amerikanerin gewann auf den schnellen Rasenplätzen mit 7:5 und 6:3. Der Spielverlauf machte zweierlei deutlich: Kam es zu Grundlinienduellen, war die Amerikanerin gegen die hart geschlagene Vorhand der Deutschen ebenso hilflos wie andere Spielerinnen derWTA Tour. Gelang es ihr mit den Aufschlägen und Angriffen, Graf auf ihrer Rückhandseite zu halten, auf der die Deutsche nahezu nur mit unterschnittenen Bällen zu antworten verstand, hatte sie meist das bessere Ende für sich. Pressestimmen formulierten, dass sich Graf hier bis zum nächsten Jahr verbessern müsse, um für die bisher beste Rasenspielerin auch dort eine Bedrohung zu sein.
Trotz der Niederlage beim bedeutendsten Tennisturnier rückte Graf der seit Jahren im Ranking unangetastet führenden Navrátilová immer näher. Die Finalniederlage an derChurch Road war Grafs erste Niederlage der Saison. Ihr Punkteschnitt stieg stetig, während Navrátilovás Vorsprung schmolz. Am 17. August 1987 vollzog sich der erwartete Machtwechsel im Damen-Tennis. Steffi Graf wurde mit einem Sieg über Chris Evert im Finale von Manhattan Beach die neue Nummer eins der Tennisweltrangliste. Sie löste Martina Navrátilová ab, die mit wenigen Unterbrechungen seit 1978 die Top-Position innehatte.
Beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres, den US Open, kam es im Finale erneut zum Duell der beiden. Es zeigte sich, dass die Amerikanerin auf den schnelleren Böden noch Vorteile hatte. Sie gewann erneut gegen Graf, dieses Mal mit 7:6 und 6:1. Navrátilová hatte zwei Siege und Graf einen Sieg bei den vier wichtigsten Turnieren errungen. Die Deutsche beendete das Jahr mit insgesamt 75 Siegen und nur zwei Niederlagen als Nummer 1. Sie verteidigte ihre Weltranglistenführung bis zum 10. März 1991 und blieb für die Rekordzahl von 186 Wochen in Folge Weltranglisten-Erste.
Das Jahr 1987 hatte Steffi Graf mit 14 Turniersiegen und nur zwei Niederlagen an die Spitze der Weltrangliste gebracht. Aber es war die Saison 1988, die zur besten der Deutschen wurde, die mit dem Gewinn desGolden Slam Tennisgeschichte schrieb und das vielleicht beste Jahr einer Profispielerin verbuchte. Graf siegte inMelbourne,Paris,Wimbledon und am 10. September[9] bei denUS Open. Damit war sie die erste Spielerin seitMargaret Smith Court im Jahr 1970 und die erst dritte Spielerin, die einen regulären Grand Slam vollenden konnte. Sie gewann zudem die Goldmedaille im Einzel sowie die Bronzemedaille im Doppel mitClaudia Kohde-Kilsch bei denOlympischen Spielen inSeoul und schaffte somit als erste Spielerin der Geschichte den so genanntenGolden Slam, den Gewinn aller vier Grand-Slam-Turniere plus der olympischenGoldmedaille innerhalb eines Kalenderjahres. In Wimbledon beendete sie die Vorherrschaft von Navrátilová. Ihre Jahresbilanz umfasste 72 Siege bei nur drei Niederlagen. Zweimal unterlag die Deutsche der nahezu gleichaltrigenGabriela Sabatini. Die Argentinierin, mit der sich Graf auch bei den French Open, den US Open und den Olympischen Spielen umkämpfte Duelle lieferte, erschien vielen Experten als die künftige Herausforderin der Deutschen. Graf wurde zurWeltsportlerin des Jahres gewählt und zur Ehrenbürgerin der Gemeinde Brühl ernannt. In Wimbledon gewann Steffi Graf zusammen mit Gabriela Sabatini auch die Doppelkonkurrenz.
1989 gewann Graf erneut die Grand-Slam-Turniere in Wimbledon, Melbourne und New York. Lediglich in Paris musste sie sich im Finale knapp mit 6:7, 6:3 und 5:7 der SpanierinArantxa Sánchez Vicario geschlagen geben, die damit einen Doppel-Grand-Slam verhinderte. Eine zweite knappe Niederlage erlitt die Deutsche im Finale von Amelia Island, wo sie mit 6:3, 3:6 und 5:7 gegen Gabriela Sabatini den Kürzeren zog. Grafs Jahresbilanz, die zweitbeste aller Zeiten, lautete 86 Siege und 2 Niederlagen. Die Deutsche gewann 14 Turniere und erreichte bei allen 16 Turnieren das Finale. Von derWomen’s Sport Foundation wurde Graf zurSportlerin des Jahres ernannt. Außerdem wurde sie mit derSportler-des-Jahres-Auszeichnung vonAssociated Press geehrt. Bis 1989 hatte Graf schon über 10 Mio.DM an Preisgeld gewonnen.[7]
Grafs ungebrochene Dominanz hielt bis in den April 1990 an. Zwischen 1988 und den Australian Open im Januar siegte sie bei acht der neun ausgespielten Grand-Slam-Turniere. Nach ihrem dritten Sieg in Melbourne gewann Graf in Tokio, Amelia Island und Hamburg. Seit dem Finale der French Open im Juni des vorangegangenen Jahres hatte sie kein Spiel mehr verloren. Grafs bis dahin längste Siegesserie und ihre Überlegenheit führte dazu, dass die erwarteten Siege nur noch an der Zahl der abgegebenen Spiele oder der Gesamtdauer von Matches gemessen wurden. Experten spekulierten über die wenigen noch zu leistenden Siege, die verblieben, um Navrátilovás Rekord von 74 Matchgewinnen in Folge auszulöschen.
Im Frühjahr 1990 geriet Vater Peter Graf ins Visier der deutschen Boulevardpresse. DieBild-Zeitung behauptete eine Affäre mit einem Nacktmodell, mit dem er ein gemeinsames Kind gezeugt habe. Auf dem Höhepunkt dieser Enthüllungen musste sich seine Tochter bei den German Open in Berlin erstmals der jungen, aufstrebenden JugoslawinMonica Seles geschlagen geben. Es war Grafs erste Niederlage nach 66 Siegen in Folge, der zweitlängsten Siegesserie aller Zeiten. Bereits im Vorjahr hatte Seles als Fünfzehnjährige beim Halbfinale der French Open Graf an den Rand einer Niederlage gebracht. Sie wurde mehr und mehr zur ernsthaften Herausforderin für Graf, die in dieser Zeit auch gegen andere Konkurrentinnen ungewöhnlich viele Niederlagen einstecken musste: In den Jahren 1990 (in Melbourne gegenMary Joe Fernández), 1991 (in Wimbledon gegen Gabriela Sabatini) und 1992 (erneut in Wimbledon gegen Monica Seles) gewann Graf jeweils lediglich ein Grand-Slam-Turnier pro Jahr. Die anderen Grand-Slam-Titel gingen 1991 und 1992 an Monica Seles. Am 10. März 1991 musste Graf die Führung in der Weltrangliste erstmals an Seles abgeben. Vorausgegangen war eine Niederlage gegen ihre ehemalige Doppelpartnerin Gabriela Sabatini beim WTA-Turnier in Boca Raton (USA). Ende 1991 trennte sie sich von Trainer Pavel Složil, als neuer Coach wurdeHeinz Günthardt verpflichtet. Doch auch das Finale desolympischen Tennisturniers inBarcelona 1992 brachte eine Überraschung: Graf, die haushohe Favoritin, verlor gegen die erst 16-jährige US-AmerikanerinJennifer Capriati. Allerdings gewann Graf drei von fünf Partien gegen Seles in der Zeit, als diese Weltranglistenerste war.
1993 siegte Graf bei den Grand-Slam-Turnieren in Paris, Wimbledon und New York und kehrte damit auf Platz eins der Weltrangliste zurück. Allerdings wurde dieser Erfolg durch ein Attentat überschattet: Bei demWTA-Turnier im April 1993 in Hamburg stach der psychisch auffällige deutsche Graf-FanGünter Parche der bis dahin in der Weltrangliste führenden Monica Seles mit einem Messer in den Rücken. Seles, der das Attentat vor allem psychisch schwer zu schaffen machte, kehrte erst zwei Jahre später auf die Damen-Tour zurück.
Zum Jahresbeginn 1994 errang Graf mit ihrem Erfolg in Melbourne den vierten Grand-Slam-Titel in Folge und damit einen zweiten, „unechten“ (da nicht innerhalb eines Kalenderjahres absolvierten) Grand Slam.
In den Jahren 1995 und 1996 gewann sie jeweils in Paris, Wimbledon und New York. Beide US-Open-Titel errang Graf gegen die nach zweijähriger Pause zurückgekehrte Monica Seles. Das Finale des Jahres 1995 wurde zu einem umkämpften Spiel: Graf siegte mit 7:6, 0:6, 6:3. Erste Anzeichen des körperlichen Verschleißes machten sich bemerkbar: Graf musste in beiden Jahren verletzt auf eine Teilnahme an den Australian Open in Melbourne verzichten.
Schon 1995 hatten Ermittlungen derStaatsanwaltschaft Mannheim gegen Steffi Graf und ihren Vater Peter begonnen. Beiden wurdeSteuerhinterziehung vorgeworfen, da immer wieder Antrittsgelder und Preisgelder auf Konten ausländischer Firmen verschwanden und die tatsächlichen Erlöse nicht mit den beim Finanzamt deklarierten übereinstimmten. Peter Graf wurde wegen Verdunkelungs- und Fluchtgefahr im August 1995 inUntersuchungshaft genommen, Anfang 1997 wurde er zu einerFreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Ermittlungsverfahren gegen Steffi Graf wurde von der Staatsanwaltschaft schließlich gegen eine Geldauflage (§ 153a Abs. 1StPO)eingestellt,[10] da sie glaubhaft versichern konnte, ganz auf den Sport konzentriert von ihren Finanzen keine Ahnung gehabt zu haben – und sie zudem „aktiv an der Schadenswiedergutmachung mitarbeitete“. Medien berichteten, dass bei den immensen Steuernachzahlungen fast das gesamte Vermögen der Familie Graf habe eingesetzt werden müssen, um eine weitere Strafverfolgung zu vermeiden. Bis 1996 hatte Steffi Graf gut 32 Mio.DM an Preisgeld gewonnen, etwa 54 Mio. DM durch Sponsorenverträge sowie über 9 Mio. DM durch Schaukämpfe verdient.[11]
Im Jahr 1997 spielte Graf bei fünf Turnieren insgesamt nur 19 Partien (16 Siege, drei Niederlagen – alle gegen die SüdafrikanerinAmanda Coetzer). Sie verlor die Führung in der Weltrangliste anMartina Hingis. Im Juni desselben Jahres verletzte sie sich zudem am Knie, musste sich einer Operation unterziehen und konnte über sieben Monate lang nicht auf der WTA Tour spielen. Am 8. Juni 1998 wurde sie erstmals seit 1983 nicht mehr in der Weltrangliste geführt.[12][13]
1999 gewann die mittlerweile 29-jährige Graf noch einmal ein Grand-Slam-Turnier. Im Finale der French Open besiegte sie die 18-jährige Weltranglistenerste Martina Hingis. Das Aufeinandertreffen der lange verletzten Deutschen mit ihrer Schweizer Nachfolgerin war von Hingis’ negativen Äußerungen über Grafs Spielvermögen begleitet. Am Vortag des Finalspiels kündigte Hingis an, ihr Sieg am morgigen Tag werde zeigen, dass der Generationenwechsel endgültig vollzogen sei.
Tatsächlich sah die Schweizerin gegen Ende des zweiten Satzes schon wie die sichere Siegerin aus. Sie war nur drei Punkte vom Sieg entfernt, ehe Graf das Spiel drehte und den dritten Durchgang klar mit 6:2 gewann. Graf bezeichnete diesen Sieg später als „den schönsten ihrer Karriere“. Sie erklärte, dass sie nie mehr in Roland Garros spielen werde, weil es keinen schöneren Abschied geben könne.[14][15]
Angesichts dieser Äußerung machten Spekulationen um Grafs bevorstehenden Rücktritt die Runde. Beim Turnier von Wimbledon erreichte Graf zusammen mit dem Tennis-Idol ihrer Jugend,John McEnroe, erstmals das Halbfinale im Mixed, auf das sie nach neuerlichen Knieproblemen und im Hinblick auf das Einzel-Finale dann verzichtete. Zuvor hatte sie im ViertelfinaleVenus Williams in drei Sätzen bezwungen. Im Endspiel des Damen-Wettbewerbs unterlag Graf dann der US-AmerikanerinLindsay Davenport.
Ihr Finaleinzug brachte sie zurück auf den dritten Platz der Weltrangliste. Nach einer weiteren Niederlage (verletzungsbedingte Aufgabe am 3. August 1999 beim WTA-Turnier inSan Diego gegenAmy Frazier) erklärte Graf am 13. August 1999 auf einer Pressekonferenz ihren sofortigen Rücktritt vom Profitennis.[16]
Steffi Graf hat einen zwei Jahre jüngeren Bruder. Ihre Eltern, Heidi undPeter Graf, ließen sich 1998 scheiden.[17] Im Jahre 1999 trennte sie sich von ihrem langjährigen Lebensgefährten, dem RennfahrerMichael Bartels.[18]
Graf gelangen 22 Siege bei Grand-Slam-Turnieren. Sie gewann viermal die Australian Open, fünfmal die US Open, sechsmal die French Open und siebenmal Wimbledon. Sie wird in dieser Wertung nur von der AustralierinMargaret Smith Court (24 Grand-Slam-Titel) und Serena Williams übertroffen. 1988 siegte Graf bei allen vier Grand-Slam-Turnieren des kalendarischen Jahres, womit sie nach Maureen Connolly (1953) und Margaret Smith Court (1970) als dritte Spielerin der Tennisgeschichte den sogenannten Grand Slam vollendete. Mit dem Gewinn der Goldmedaille bei denOlympischen Spielen 1988 in Seoul errang Graf einen bisher unerreichten Erfolg, der als „Golden Slam“ in die Geschichte des Tennissports einging.
Insgesamt gewann Graf 107 Turniere und belegt – nach Turniersiegen im Einzel – in der „Ewigen Bestenliste“ der Profispielerinnen den dritten Platz hinter Martina Navrátilová und Chris Evert.
Graf siegte auch bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles, wo Tennis allerdings nur den Status einer olympischenDemonstrationssportart hatte. Sie gewann fünfmal dasTennis Masters (1987, 1989, 1993, 1995 und 1996) und mit demdeutschen Team zweimal denFed Cup (1987 und 1992) sowie 1993 denHopman Cup.
Zeichenerklärung:S = Turniersieg; F, HF, VF, AF = Einzug ins Finale / Halbfinale / Viertelfinale / Achtelfinale; 1, 2, 3 = Ausscheiden in der 1. / 2. / 3. Hauptrunde; RR = Round Robin (Gruppenphase); n. a. = nicht ausgetragen; a. K. = andere Kategorie; PO (Playoff) = Auf- und Abstiegsrunde im Fed Cup; K1, K2, K3 = Teilnahme in der Kontinentalgruppe I, II, III im Fed Cup.
Anmerkung: Diese Statistik berücksichtigt alle Ergebnisse im Einzel, so wie es auf der WTA-Seite steht. Dargestellt sind nur WTA-Turniere der KategorieTier I.
ist die einzige Tennisspielerin, die alle vier Grand-Slam-Turniere mindestens viermal gewonnen hat.
ist die einzige Tennisspielerin, die bei allen vier Grand-Slam-Turnieren ihren Titel erfolgreich verteidigen konnte, und die einzige, die alle Titel im ersten Versuch verteidigte.
ist neben Serena Williams die einzige Tennisspielerin, die alle vier Grand-Slam-Turniere in zwei verschiedenen Dekaden gewonnen hat.
ist die einzige Tennisspielerin, die von neun gespielten Grand-Slam-Turnieren acht gewinnen konnte (1988/1989/1990).
ist die einzige Tennisspielerin, die bei einem Grand-Slam-Turnier die drei topgesetzten Spielerinnen besiegt hat.
ist die einzige Spielerin, die 13 Grand-Slam-Finals in Folge erreicht hat (French Open 1987 bis French Open 1990).
ist die einzige Spielerin, die auf Hartplatz, Sand und Rasen mindestens sechs Grand-Slam-Titel gewann.
teilt die Rekorde für die meisten Viertelfinals in Folge (19) und Siege in Folge (45) bei Grand-Slams mit Martina Navrátilová.
weist die höchste Grand-Slam-Siegquote in der Open Era mit 89,7 % auf (278 Siege und 32 Niederlagen).
ist die Einzige, die in drei Saisons alle Grand-Slam Finals erreichen konnte (1988, 1989, 1993).
ist die einzige Spielerin, die in drei Saisons alle Grand-Slam-Matches gewann (1988, 1995, 1996).
errang den schnellsten Sieg der Geschichte im Finale eines Grand-Slam-Turniers (6:0, 6:0 in 32 Minuten gegenNatallja Swerawa im Finale der French Open 1988).[22]
ist neben der BritinDorothea Lambert Chambers (1911 in Wimbledon) undIga Świątek (Wimbledon 2025) die einzige Tennisspielerin, die ein Grand-Slam-Finale mit 6:0 und 6:0 (French Open 1988) gewonnen hat.
ist die Tennisspielerin, die das Tennisjahr am häufigsten (nämlich achtmal) als Nummer 1 derWTA-Weltrangliste beendet hat.
ist mit Serena Williams die Tennisspielerin, die mit 186 Wochen am längsten ununterbrochen die Nummer 1 der Weltrangliste war (dieser Rekord galt bis August 2007 einschließlich der Männer, bisRoger Federer diese Marke übertraf).
ist die Tennisspielerin, die mit 377 Wochen die Weltrangliste am längsten anführte.
ist die einzige Spielerin, die zweimal alle Finals in einer Saison auf der Tour erreichen konnte (1987 und 1989).
Die Bilanz ihrer Karriere weist 900 Siege und 115 Niederlagen auf. Ihre Siegquote von 88,7 % wurde im Profitennis nur von Chris Evert (90 %) und Margaret Court übertroffen. Grafs beste Jahresbilanz, die zweitbeste aller Zeiten im Profizeitalter, weist 86 Siege und zwei Niederlagen auf (1989). Zwischen Juni 1989 und Mai 1990 blieb sie 66 Spiele in Folge unbesiegt, diese Serie wurde im Profitennis nur von Martina Navrátilová übertroffen. Graf erreichte als Einzelspielerin 31 Endspiele bei Grand-Slam-Turnieren und rangiert damit hinter Chris Evert (34) und Martina Navrátilová (32) an dritter Stelle. Die von Graf in direkter Folge erreichten 21 Finalteilnahmen (1986–1988) wurden nur von Navrátilová (22) übertroffen. Graf gewann einen Betrag von 21.891.306 US-Dollar an Preisgeldern, was bis Januar 2008 einen Rekord darstellte, der dann vonLindsay Davenport bei den Australian Open überboten wurde.
DieTeehybride ‚Steffi Graf‘ (Hetzel 1993)Graf undMatthias Opdenhövel auf einem Charity-Tennisturnier von Rexona (2010)
Die PostNordkoreas gab 1987 eine Briefmarke mit einem Bild von Steffi Graf heraus.[23]
1992 nahm die GruppeDie angefahrenen Schulkinder das LiedI Wanna Make Love to Steffi Graf auf, gegen das eine Unterlassungsklage eingereicht wurde, weil es imRefrain eine Anspielung auf eine sexuelle Beziehung zu ihrem VaterPeter enthielt.[24] Es wurde vomAmtsgericht Hannover am 28. September 1992 angeordnet, dass die Tonträger bundesweitbeschlagnahmt werden mussten, was Ende Oktober 1992 vomLandgericht Hannover bestätigt wurde.[25] Das Lied unterliegt dadurch in Deutschland einemVerbreitungsverbot und darf nicht mehr verkauft werden. Außerdem musste die Gruppe 60.000 DM Schadenersatz zahlen.[26] Im April 1994 wurde das Urteil nach Entscheidung desBundesgerichtshofes in letzter Instanzrechtswirksam.[27]
1993 führte der RosenzüchterKarl Hetzel in Deutschland eine rosaTeehybride mit dem Namen 'Steffi Graf' ein.[28]
Guildo Horn sang im Jahr 1994 mitIch mag Steffi Graf eine Lobeshymne auf die Sportlerin,[29] die kommerziell nicht erfolgreich war,[30] mit der Horn jedoch in der ZDF-Hitparade bei seinem ersten Auftritt den 3. Platz belegte.[31] Das Lied erschien auf sechs seiner CDs, darunter vier bzw. fünf (zwei ähnliche Albenversionen) Musikalben. Die Melodie stammt vomBee-Gees-HitHow Deep Is Your Love.
Steffi Graf war während ihrer Profi-Karriere Mitglied im TennisclubLTTC Rot-Weiß Berlin. DieGerman Open, ausgetragen auf der Anlage des Clubs, gewann sie neunmal im Einzel. Ihr zu Ehren wurde das Stadion um den Center Court der Vereinsanlage im Jahr 2004 auf den NamenSteffi-Graf-Stadion getauft.
Auch der britische Schauspieler, Komiker und MusikerHugh Laurie sang ein Lied über Steffi Graf.I’m in Love with Steffi Graf ist eine satirische Liebeserklärung an die Sportlerin, die auf dem Attentat auf Monica Seles beruht.[32]
Von 1994 bis 1998 sowie ab 2010 warb Steffi Graf für dasUnilever-Deodorant Rexona.[33] Zudem war bzw. ist sie werbend fürBarilla undTeekanne tätig.
Von 2000[34] bis 2002[35] war Steffi Graf amNew-Economy-Unternehmen Terrific AG beteiligt
Im Oktober 2013 veröffentlichteNintendo mehrere Spots mit Steffi Graf und ihrem Ehemann André Agassi für die Spiele derWii-Konsolen.[36]
Im Oktober 2017 veröffentlichte das Berliner Hip-Hop-DuoZugezogen Maskulin das AlbumAlle gegen Alle, das ein Lied mit dem TitelSteffi Graf beinhaltet.[37]
mit Karlheinz Schmidt:Mein mentales Fitness-Programm: So kommen Sie in Topform. Goldmann, München 2000, 191 S.,ISBN 3-442-16315-3 (Goldmann, 16315).
mit Karlheinz Schmidt:Wege zum Erfolg. [erfolgreich, gesund und leistungsstark: so kommen Sie körperlich und mental in Topform. Tips zu Ernährung und Sport. Mit Sonderteil: Lipamine]. Midena, Augsburg 1999, 192 S.,ISBN 3-310-00614-X.