DieStöchiometrie (vongr. στοιχεῖονstoicheion „Grundstoff“ und μέτρονmetron „Maß“) ist ein grundlegendesmathematisches Hilfsmittel in derChemie. Mit ihrer Hilfe werden aus der qualitativen Kenntnis derReaktanten undProdukte einer Reaktion die tatsächlichen Mengenverhältnisse (Reaktionsgleichung) und Stoffmengen berechnet. In der chemischen Umgangssprache bezeichnetStöchiometrie nicht die (meisttriviale) Berechnung, sondern deren Ergebnis.
Praktisch werden Reaktionen im Labor häufig „unstöchiometrisch“ durchgeführt: Mindestens ein Reaktant wird im Überschuss eingesetzt und wird folglich nicht vollständig umgesetzt. BeiGleichgewichtsreaktionen kann auf diese Weise das Gleichgewicht auf die Seite der Produkte verschoben werden, was besonders von Bedeutung ist, wenn einer der Reaktanten wesentlich teurer als die anderen ist.
Die Berechnungsgrundlagen der modernen Stöchiometrie basieren (auch historisch betrachtet) auf folgenden Gesetzen:
Die Gesetze der Stöchiometrie leiten sich also aus dem Wissen über den Aufbau derMaterie ausAtomen undMolekülen her.
Bei denstöchiometrischen Rechnungen geht es darum, die Menge an Ausgangsstoff(en) (Reaktanten) zu berechnen, die bei einer chemischen Reaktion eingesetzt werden muss. Die Berechnung lässt sich umkehren, so dass man bei Kenntnis der Menge an Reaktant(en) die Menge an Produkt(en) bestimmen kann.
Um jede beliebige Reaktion bilanzieren zu können, wird zu einer allgemeinerenSymbolschreibweise übergegangen. Für eine einfache chemische Reaktion lautet sie beispielsweise:

wobei
die stöchiometrischenVerhältniszahlen (auch stöchiometrischeKoeffizienten genannt) sind, für die in der deutschen NormDIN 32642 „Symbolische Beschreibung chemischer Reaktionen“ auch die Bezeichnung „stöchiometrische Zahl“ empfohlen wird.
Da sich für eine Reaktion unterschiedliche Reaktionsgleichungen aufstellen lassen
oder
,
müssen vor der Bilanzierung die stöchiometrischen Verhältniszahlen festgelegt werden. Dabei gilt:
- Als Bezug wird stets die Reaktionsgleichung mit den kleinsten ganzen Zahlen als Verhältniszahlen gewählt.
- Reaktanten bekommen immer eine negative stöchiometrische Verhältniszahl.
- Produkte bekommen immer eine positive stöchiometrische Verhältniszahl.
- Begleitstoffe, die selbst nicht an der Reaktion teilnehmen (z. B. Katalysatoren), bekommen die stöchiometrische Verhältniszahl 0.
Bei der Reaktion verändern sich dieStoffmengen der Reaktanten in dem Maße, wie die stöchiometrischen Verhältniszahlen es vorgeben. Die stöchiometrische Bilanz für die Reaktanten i und k ergibt sich als:

Darin sind die Stoffmengen mit null im Index vorher vorhanden, die ohne null die übrig gebliebenen Stoffmengen. Die Gleichung ist so formuliert, dass Zähler und Nenner positiv sind. Manche Autoren schreiben den Nenner auch mitBetragsstrichen.
Durch einfache Umformung erhält man für den diskontinuierlichen Prozess, genanntSatzbetrieb

und entsprechend für den kontinuierlichen Prozess, genanntFließbetrieb

mit:
Nach derMolaren Masse M und derStoffmenge n ist dieUmsatzvariable (Fortschreitungsgrad)
die wichtigste Größe (Definition) in Stöchiometrie und Chemischer Kinetik.Dies liegt an der Art ihrer Definition, die so angelegt wurde, dass diese Größe alle an der Reaktion beteiligten Reaktionspartner/Stoffe („Reaktanden“) miteinander verbindet[1]:

Der Umsatz Xi ist ein Begriff derchemischen Reaktionstechnik, der angibt, welcher Anteil des ursprünglichen eingesetzten Ausgangsstoffes i beim Verlassen des Reaktors durchchemische Reaktion in andere chemische Stoffe umgewandelt wurde. Etwas mathematischer ausgedrückt: Der Umsatz(grad) Xi ist der Anteil derumgesetzten Menge der Komponente i bezogen auf deren ursprünglich eingesetzte Menge ni,0, wobei ni die anschließend noch vorhandene Restmenge der Komponente i ist:

Sind mehrere Ausgangsstoffe beteiligt, wird der Umsatzgrad per Konvention auf denjenigen Stoff bezogen, der limitierend ist bzw. im Unterschuss vorliegt.
Die Ausbeute YP ist ein Begriff der chemischen Reaktionstechnik, der die Menge eines Produkts P bezogen auf dieeingesetzte Menge der Leitkomponente (k) angibt, also desjenigen Stoffes, der in geringerer Menge vorliegt als es der Stöchiometrie der Reaktion entspräche.
Für einen diskontinuierlichen Satzbetrieb gilt:

Für einen kontinuierlichen Fluss- bzw. Durchflussbetrieb gilt entsprechend:

Die Selektivität SP einer chemischen Umsetzung oder eines Reaktors ist ein Begriff der chemischen Reaktionstechnik, der angibt, welcher Anteil derumgesetzten Menge des Reaktants unter Berücksichtigung der Stöchiometrie in dasgewünschte Zielprodukt umgesetzt wurde. In der Regel nämlich setzen sich nicht alle Moleküle des Ausgangsstoffs zu dem gewünschten Produkt um, da durch Folge- oder Konkurrenzreaktionen auch andere Produkte entstehen können:

Kombiniert man die Definitionen für Umsatz, Ausbeute und Selektivität miteinander, erhält man einen einfachen Zusammenhang der drei Größen:

Das bedeutet, dass, wenn es nur eine mögliche Reaktion gibt (S=1), die Ausbeute Y automatisch gleich dem Umsatz X ist.
- Werner Kullbach:Mengenberechnungen in der Chemie. Verlag Chemie, Weinheim 1980,ISBN 3-527-25869-8.
- Eberhard Aust, Burkhard Bittner:Stöchiometrie – Chemisches Rechnen, CICERO-Verlag, Pegnitz, 4. Auflage, 2011,ISBN 978-3-926292-47-6.
- Uwe Hillebrand:Stöchiometrie, Eine Einführung in die Grundlagen mit Beispielen und Übungsaufgaben, 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2009,ISBN 978-3-642-00459-9.
- Eintrag zustoichiometry. In:IUPAC (Hrsg.):Compendium of Chemical Terminology. The “Gold Book”.doi:10.1351/goldbook.S06026.
- ↑Hans-Dieter Bockhardt, Peter Güntzschel, Armin Poetschukat: Grundlagen der Verfahrenstechnik für Ingenieure, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1981, DDR, S. 379–380 „Fortschreitungsgrad“, bundesdeutsche NeuauflageISBN 978-3-342-00684-8