Die spezifische Wärmekapazität einesStoffes in einem bestimmten Zustand ist dieWärme, die einer Menge des Stoffes zugeführt oder entzogen wird, dividiert durch die zugehörige Erhöhung oder Absenkung der Temperatur und dieMasse des Stoffes:
Dabei ist
die Wärme, die dem Stoff zugeführt oder entzogen wird,
Man beachte, dass die Angabe von Temperaturdifferenzen inKelvin undGrad Celsius denselben Zahlenwert hat.
Beispielsweise beträgt die spezifische Wärmekapazität von flüssigemWasser etwa. Das bedeutet, dass man einemKilogramm Wasser eine Wärme von 4,2 kJ zuführen muss, um es um 1 K bzw. 1 °C zu erwärmen.
Im Allgemeinen ist die spezifische Wärmekapazität vonZustandsgrößen abhängig, insbesondere von der Temperatur. Daher gelten Werte, die man inTabellenwerken findet, stets für eine bestimmte Temperatur, häufig für 25 °C.[1] Messungen der Temperaturabhängigkeit erfolgen z. B. durchdynamische Leistungs(differenz)kalorimetrie. Historisch haben solche Messungen, insbesondere bei tiefen Temperaturen, dieFestkörperphysik wesentlich vorangebracht.
Die Formel in der o. g. Definition gibt diemittlere spezifische Wärmekapazität für das Temperaturintervall an.Für genauere Betrachtungen ist zurwahren spezifischen Wärmekapazität bei der Temperatur überzugehen, d. h. zum Grenzfall beliebig kleiner Temperaturänderungen:
Bei einemPhasenübergang erster Ordnung (keine Änderung der Temperatur beim Zu- oder Abfluss von Wärme, z. B. Schmelzen) ist die Wärmekapazität nicht definiert, Messwerte divergieren dort. Ein Sprung in zeigt dagegen einen Phasenübergang zweiter Ordnung an, bei dem sich die Anzahl der Freiheitsgrade im Material ändert.
Zudem ist die spezifische Wärmekapazität von derProzessführung der Erwärmung bzw. Abkühlung abhängig, vor allem beiGasen. Insbesondere wird zwischen der spezifischen Wärme bei konstantem Volumen und der bei konstantemDruck unterschieden. Bei konstantem Volumen kommt die gesamte Wärmezufuhr der Temperaturerhöhung zugute. Wenn sich das Gas jedoch ausdehnen kann, dann wird ein Teil der Wärme für die Verrichtung derExpansionsarbeit aufgewendet und fehlt damit für die Temperaturerhöhung. Deshalb ist bei Gasen stets größer als.
Erhöht sich die Temperatur einesKörpers um die Temperaturdifferenz, so wird dabei die Wärme
übergeben, vorausgesetzt, dieWärmekapazität des Körpers ist in diesem Temperaturintervall zumindest näherungsweise temperaturunabhängig. Es darf damit beim Erwärmen des Gases zu keiner signifikanten Veränderung der inneren Freiheitsgrade kommen, da dies eine Vergrößerung der isochoren Wärmekapazität zur Folge hätte. Grundsätzlich gilt: Je höher die Temperatur wird, desto größer wird auch die isochore Wärmekapazität, da bei höheren Temperaturen immer mehr Freiheitsgrade „auftauen“.
Im Gegensatz zurvolumen- oder massebezogenen Wärmekapazität ist die (absolute) Wärmekapazität keine Stoffeigenschaft.
Handelt es sich um einenhomogenen Körper, so kann man auch die massespezifische Wärmekapazität angeben:
Bezieht man die Wärmekapazität nicht auf die Masse des Stoffes, sondern auf seineStoffmenge, so lautet obige Gleichung unter Verwendung dermolaren Wärmekapazität (veraltet auchMolwärme genannt):
Zwischen der Wärmekapazität, der spezifischen Wärmekapazität und der molaren Wärmekapazität besteht der Zusammenhang
.
Nach Division durch die Stoffmenge wird daraus
mit dermolaren Masse und analog bei konstantem Druck bzw. konstantem Volumen
Gegenüber der molaren Wärmekapazität bei konstantem Volumen fällt diejenige bei konstantem Druck größer aus, weil das Gas in diesem Fall beim Erwärmen expandiert und damit gegen den AußendruckArbeit leistet. Der entsprechende Anteil der zugeführten Wärme kommt nicht derinneren Energie des Gases und damit auch nicht der Temperaturerhöhung zugute. Deshalb muss für eine bestimmte Temperaturerhöhung mehr Wärme zugeführt werden, der Quotient und damit die molare Wärmekapazität vergrößern sich.
mit der Gesamtzahl der energetischenFreiheitsgrade des betreffendenMoleküls. Unter „Freiheitsgrad“ bei idealen Gasen versteht man in diesem Zusammenhang jede Möglichkeit eines Moleküls, kinetische Energie aufzunehmen.[2] Dementsprechend gibt es Freiheitsgrade der Translation, der Rotation und der Schwingung:
für die innere Energie derNormalschwingungen derAtomkerne gegeneinander (jede Schwingung bringt einen zusätzlichen Freiheitsgrad für die kinetische Energie und einen für diepotentielle Energie).
Das einfachsteModellsystem betrachtet dieAtome alsMassenpunkte: Teilchen fliegen in einem Kasten mit Volumen frei umher und üben durchStöße gegen die Wand einen Druck aus. Im zeitlichen Mittel ergibt sich nach derkinetischen Gastheorie für den Druck auf die Wand die Gleichung:
wobei die durchschnittliche kinetische Energie eines Teilchens ist. DieTeilchenzahl ist über dieAvogadro-Konstante mit der Stoffmenge verknüpft.
Für die gesamte kinetische Energie aller Teilchen ergibt sich durch Vergleich mit der Zustandsgleichung des idealen Gases:
Dieses Ergebnis folgt auch aus demGleichverteilungssatz derstatistischen Mechanik, nach dem jedes Teilchen in jedem seiner Freiheitsgrade der Bewegung im Durchschnitt die Energie besitzt; mit den drei Freiheitsgraden des einatomigen Gases ergibt sich
Identifiziert man die thermodynamischeinnere Energie mit der gesamten kinetischen Energie, so folgt die kalorische Zustandsgleichung des einatomigen idealen Gases:
Diese Werte stimmen mit Messungen anEdelgasen und anQuecksilberdampf hervorragend überein, wenn die Temperatur bzw. der Druck genügend weit über demVerflüssigungspunkt liegt. Die erste Messung erfolgte im Jahr 1876 an dünnem Quecksilberdampf bei etwa 300 °C. Der über dieSchallgeschwindigkeit bestimmte Isentropenexponent bestätigte erstmals, dassfreie Atome sich über einen großen Temperaturbereich wie Massenpunkte verhalten.[3]
Das einfachste Modell für ein zweiatomiges Gas ist einestarreHantel. Sie hat Freiheitsgrade fürTranslationsbewegungen desSchwerpunkts und Freiheitsgrade fürRotationen um die beiden Achsen senkrecht zur Hantelachse; die (immakroskopischen mechanischen Modell gegebene) Möglichkeit der Rotation um die Hantelachse wird nicht mitgezählt, da beide Atomkerne auf der Rotationsachse liegen. Daher besitzen sie – wie beim einatomigen Gas – um diese Achse kein Massenträgheitsmoment und damit auch keineRotationsenergie.
Mit den o. g. Freiheitsgraden folgt aus dem Gleichverteilungssatz:
Bei sehr niedrigen Temperaturen gelten die oben genannten Ergebnisse nicht, da die thermische Energie nicht mehr ausreicht, um alle Freiheitsgrade der Bewegung anzuregen. Nach den Regeln derQuantenmechanik kann dieRotationsenergie nur diskrete Werte annehmen, die durch die eineQuantenzahl beschrieben werden:
Dabei ist dasTrägheitsmoment um die Rotationsachse, diereduzierte Planck-Konstante und dieRotationskonstante. Die Rotationsenergie nimmt also Werte von an.Wenn bei sehr tiefen Temperaturen die Energien, die typischerweise bei Stößen zwischen den Molekülen ausgetauscht werden (näherungsweise gegeben durch die thermische Energie), in der Größenordnung oder darunter liegen, können durch die thermischen Stöße keine Rotationen mehr angeregt werden. Die Rotationsfreiheitsgrade „frieren ein“, und die Wärmekapazität sinkt von Werten, die entsprechen, auf Werte entsprechend.
Dieser Effekt ist am deutlichsten ausgeprägt bei Wasserstoff, der bis zu sehr tiefen Temperaturen gasförmig bleibt und dessen Moleküle das kleinste Trägheitsmoment und damit auch den größten Energieabstand zwischen den Rotationsniveaus haben. Die Rotationskonstante beträgt beim H2-Molekül[4] und entspricht einer Temperatur gemäß. Schon beim Deuterium (D2) ist aufgrund der höheren Masse nur noch halb so groß; beim Stickstoff (N2) liegt der Wert bei 2,9 K. (Speziell beim H2-Molekül kommt noch ein weiterer Quanteneffekt hinzu, weil je nach Einstellung derKernspins die Quantenzahl nur gerade oder nur ungerade Werte annehmen kann, was zu unterschiedlichen Wärmekapazitäten führt. Siehe hierzu:Ortho- und Parawasserstoff.)
Das wird erklärt durch das allmähliche „Auftauen“ der Freiheitsgrade für dieSchwingung der beiden Atome gegeneinander, d. h., das Modell der starren Hantel gilt bei hohen Temperaturen nicht mehr:
Beisehr hohen Temperaturen steigen die Molwärmen noch weiter.
Translations- und Rotationsbewegungen bringen je drei Freiheitsgrade:
sofern nicht alle Kerne auf einer Linie liegen (dann gibt es nur zwei Rotationsfreiheitsgrade, Erläuterung s. o. bei zweiatomigem Gas).
Bei größeren Molekülen sind auch Teile der Schwingungsfreiheitsgrade schon bei Normalbedingungen angeregt:
Dadurch steigen die Molwärmen höher als bei den 2-atomigen Gasen:
weshalb der Isentropenexponent weiter fällt:
Für Moleküle mit mehr als drei Atomen gelten analoge Überlegungen, wobei die Zahl der Schwingungsbewegungen stark zunimmt, da jetzt auch Torsionsschwingungen, Bewegungen von Fragmenten relativ zueinander etc. auftreten.[2]
Zu niedrigen Temperaturen hin nimmt die spezifische Wärme ab, wobei die Form dieser Abhängigkeit für alle Festkörper sehr ähnlich ist, wenn die Temperatur geeignetskaliert wird. Bei sehr tiefer Temperatur nähert die spezifische Wärme sich dem Wert Null, dabei ähnelt der Verlauf fürNichtleiter der Funktion, fürMetalle der Funktion. Bei ferromagnetischen Materialien wie z. B. Eisen liefert die Änderung der Magnetisierung einen Beitrag zur Wärmekapazität.
Das einfachste Modellsystem des Festkörpers besteht aus Massenpunkten, die durchelastische Kräfte an ihreRuhelage gebunden sind und unabhängig voneinander in jeweils drei Richtungen des Raumes schwingen können. Da jede Schwingung zwei Freiheitsgrade beisteuert, ist die Gesamtzahl der Freiheitsgrade und die nach demGleichverteilungssatz vorhergesagte molare Wärmekapazität
Die Abnahme zu tieferen Temperaturen hin zeigt das Einfrieren der Schwingungen.Albert Einstein nahm 1907 an, dass die Schwingungen aller Teilchen dieselbeFrequenz haben und ihre Energie sich nur stufenweise um jeweils ändern kann ( ist diePlanck-Konstante).
Peter Debye verfeinerte das Modell 1912 dahingehend, dass er statt von unabhängigen, individuellen Schwingungen der einzelnenAtome von den elastischen Schwingungen des ganzen Körpers ausging. Bei hoher Temperatur sind sie nach dem Gleichverteilungssatz alle angeregt und ergeben die spezifische Wärme in Übereinstimmung mit dem Wert. Sie haben aber je nachWellenlängeverschiedene Frequenzen, sodass ihre Energiestufen unterschiedlich weit auseinanderliegen und sich daher der Effekt des Einfrierens über einen weiteren Temperaturbereich verteilt. Nach diesem Debye-Modell wird die molare Wärmekapazität in Abhängigkeit von der Temperatur bestimmt:
DieDebye-Temperatur als einzige vom Material abhängige Größe gibt den Wert an, mit dem die Temperatur zu skalieren ist, um eine für alle Stoffe einheitliche Kurve zu erhalten: Etwa bei der Temperatur ist die molare Wärme auf die Hälfte ihres vollen Werts abgefallen.
Das Debye-Modell stimmt bei allen Temperaturen mit den Messungen an Festkörpern sehr gut überein. Es ergibt insbesondere auch in der Nähe desabsoluten Nullpunkts richtig das Anwachsen der Wärmekapazität mit bei Nichtleitern, während dasEinstein-Modell hier ein viel zu schwaches Anwachsen vorhersagt.
Bei Metallen wird bei sehr tiefen Temperaturen von die-Abhängigkeit der Wärmekapazität der Gitterschwingungen von einer linearen-Abhängigkeit der Elektronen überdeckt. Um die lineare Abhängigkeit zu verstehen, kann man dieLeitungselektronen alsentartetes Fermigas auffassen. Mit Hilfe derFermiverteilung und derZustandsdichte der Elektronen an der Fermikante lässt sich für niedrige Temperaturen die Temperaturabhängigkeit der Gesamtenergie und folglich auch die Wärmekapazität berechnen. Man erhält:
mit dem sogenannten Sommerfeld-Koeffizienten.
Das Ergebnis stimmt mit den Messwerten überein und ist weit geringer, als wenn man die Leitungselektronen als klassisches einatomiges ideales Gas (wie oben) betrachtet, das sich zusätzlich zu denAtomrümpfen im Festkörper befindet. Die Aufklärung dieser Diskrepanz von gilt als ein wesentlicher Fortschritt in derFestkörperphysik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Da die Zustandsdichte proportional zur Masse der Elektronen ist, lässt sich durch eine Messung der spezifischen Wärmekapazität bei sehr tiefen Temperaturen dieeffektive Masse der Elektronen im Metall bestimmen. Diese kann in manchen Stoffen aufgrund von Wechselwirkungen mit dem Gitter oder anderen Elektronen erheblich von der Ruhemasse freier Elektronen abweichen. Auf diese Weise konnte zum Beispiel die ExistenzSchwerer Fermionen in einigen Supraleitern nachgewiesen werden.
↑Günter Cerbe, Gernot Wilhelms:Technische Thermodynamik: Theoretische Grundlagen und praktische Anwendungen. München 2021,ISBN 978-3-446-46519-0, S. 79–84