DerSonnenradiusR☉ – der halbe Durchmesser derSonne – wird in derAstronomie alsMaßeinheit benutzt, um dieGröße von anderen Himmelskörpern anzugeben, insbesondere vonSternen. Er beträgt 6,96342 · 108 m = 696.342 km ± 65 km oder das 109-Fache des mittlerenErdradius.[1] Einen anschaulichen Vergleich liefert dasErde-Mond-System: Der Abstand Erde – Mond beträgt im Durchschnitt 384.400 km oder 55 % des Sonnenradius. Stünde die Sonne anstelle der Erde, würde dieMondbahn vollständig innerhalb der Sonne verlaufen – etwas weiter außen als der halbe Sonnenradius. Die Maßeinheit des Sonnenradius wurde von derIAU 2015 in der Resolution B3 auf exakt 695.700 km festgesetzt.
Infolge ihrerRotation ist die Sonne leichtabgeplattet (f = (8,3 ± 1,9) · 10−6),[2] was sich erst in den 2000er-Jahren nachweisen ließ.
Es werden verschiedene Methoden zur Messung des Sonnenradius verwendet, mit denen folglich verschiedene Radius-Begriffe verknüpft sind.
Aus derWinkelmessungen zwischen beiden Sonnenrändern ergibt sich der Durchmesser derSonnenscheibe, woraus sich die Sonnengröße selbst durch Multiplikation mit Entfernung Erde – Sonne (Mittelwert ist eineAstronomische Einheit) ergibt. Die Bestimmung dieser Distanz war allerdings jahrhundertelang ein Problem.
Denscheinbaren Sonnendurchmesser erhält man am einfachsten durch Zeitmessung analog zu einemSterndurchgang, wobei ein Fernrohr mitSonnenfilter undFadennetz benötigt wird. Auch die Dauer desSonnenuntergangs gibt bereits gute Resultate und wurde vermutlich schon von babylonischenPriesterastronomen und im antiken Griechenland zur Bestimmung des Sonnendurchmessers verwendet (sieheAristarch von Samos, der erstmals die Sonnengröße als das Zehnfache der Erde schätzte).
Direkte Messungen mit optischenMikrometern wurden ab etwa 1750 möglich, im 19. Jahrhundert wurde zur Suche nach der vermuteten Sonnenabplattung dasFraunhoferscheHeliometer entwickelt.
Mit Hilfe vonhelioseismologischen Messungen derf-Modi von Oberflächenwellen der Sonne wurde ein Wert von rund 695,8 Mm ermittelt. Photoelektrische Messungen und deren Vergleich mit Modellen der Limb-Darkening-Funktion der Sonne ergaben einen Wert von ca. 695,5 · 106 m für den mittleren Radius in Äquatornähe.
Weitere Methoden sind die Messung derTransitdauer von Merkur oder die optische Bestimmung der Winkelabmessung der Sonne. Die Winkelabmessung der Sonne beträgt von der Erde aus gesehen etwa 16′, der ganze Durchmesser derSonnenscheibe also 32′ oder 0,53°. Wegen der etwas elliptischenErdbahn schwankt der Wert jedoch um 1,7 % in beide Richtungen: imPerihel der Erdbahn (Anfang Januar) sind es 32′32″, imAphel (Anfang Juli) aber nur 31′28″. Die seltenen, aber beeindruckenden Erscheinungen von totalenSonnenfinsternissen verdanken wir dem Umstand, dass derscheinbare Monddurchmesser einen ähnlichen, allerdings stärker schwankenden Winkel aufweist (29′10″–33′30″).
Bei astro-geodätischenRichtungsmessungen zur Sonne – etwa beiSonnenazimuten – wäre die Mitte der Sonnenscheibe anzuzielen. Da dies spezielle Instrumente wie das Roelofs-Sonnenprisma erfordern würde, zielt man in der Praxis den rechten und linkenSonnenrand an und mittelt die beiden Messungen. Als Kontrolle kann der ausEphemeriden entnommene Sonnenradius dienen, dividiert durch den Sinus derZenitdistanz.
- ↑Marcelo Emilio et al.:Measuring the Solar Radius from Space during the 2003 and 2006 Mercury Transits. In:Astrophysical Journal Bd. 750, Nr. 2,bibcode:2012ApJ...750..135E,doi:10.1088/0004-637X/750/2/135
- ↑Jean-Pierre Rozelot:What is Coming: Issues Raised from Observation of the Shape of the Sun. In: J-P Rozelot, Coralie Neiner (Hrsg.):The Rotation of Sun and Stars, Springer, 2009,ISBN 978-3-540-87830-8,eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche