Solvenz
Solvenz (italienischsolvente, „lösend“; auslateinischsolvere, „bezahlen, abbezahlen“) oderZahlungsfähigkeit ist die Fähigkeit einesWirtschaftssubjekts (natürliche oderjuristischen Person), seineVerbindlichkeiten beiFälligkeit sofort oder in absehbarer Zeit erfüllen zu können.[1] Gegensatz ist dieInsolvenz.
Allgemeines
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bonität,Kreditwürdigkeit,Liquidität oderSolvabilität sind ähnliche Begriffe, die imBankwesen alsFachbegriffe den Allgemeinbegriff Solvenz präzisieren. Solvenz wird auch mit Liquidität oder Zahlungsfähigkeit gleichgesetzt, so vieleZahlungsmittel bereitstellen zu können, um alle Zahlungsversprechen erfüllen zu können.[2] Allgemeines Kennzeichen einer ausreichenden Solvenz sind vorhandeneliquide Mittel (Zahlungsmittelbestand) und deren schnelle und möglichstverlustfreieLiquidierbarkeit, also eine ausreichende Liquidität. Auf demvollkommenen Kapitalmarkt ist die Liquidität eines Wirtschaftssubjekts das Spiegelbild seiner Solvenz.[3]
Die Solvenz spielt insbesondere beiDauerschuldverhältnissen (Leasing,Miete,Ratenkredit,Versicherungsvertrag) eine Rolle, weil hierbei die Zahlungsfähigkeit des Schuldners über einen langen Zeitraum hinweg gewährleistet bleiben muss. Wegen ihrer zentralen Stellung in einer Volkswirtschaft hat der Gesetzgeber besondere Regelungen der Solvenz vonKreditinstituten undVersicherungen geschaffen. Dabei wird die Ausstattung dieser Unternehmen mit angemessenemEigenkapital als Solvabilität bezeichnet.
Bankwesen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Solvenz von Kreditinstituten hängt von ihrerRisikotragfähigkeit ab. Sie bezieht sich bankwirtschaftlich auf eine angemessene Eigenmittelunterlegung der eingegangenen Bankrisiken. Ein typisches Solvenzrisiko entsteht beispielsweise bei der rapiden Verschlechterung desKreditportfolios.[4] Die uninformiertenAnleger bilden dabei ihreErwartungen über die Solvenz der Kreditinstitute, indem sie dasVerhalten der informierten Anleger beobachten. Informierte Anleger heben ihreSpareinlagen ab, sobald sie schlechte Nachrichten über ihre Bank erhalten. Beobachten dies die uninformierten Einleger, werden sie eineWarteschlange vor demBankschalter als Signal für eine drohende Insolvenz deuten, es kommt zumBank Run.[5] Die 1959 aufgestellteMaximalbelastungstheorie verlangt deshalb, dass die vorhandenenEigenmittel ausreichen müssen, um möglicheLiquidationsverluste zu decken. „Die Summe der Verluste, die bei einer derartigen vorzeitigenAbtretung gewisser Aktiva hingenommen werden müssen, darf nie größer sein als das Eigenkapital“.[6]
Um eine angemessene Solvenz sicherzustellen, sollte derBankenaufsicht zufolge bei der Festlegung von Eigenmittelanforderungen auf eine risikogerechte Gewichtung derAktiva undaußerbilanziellen Posten geachtet werden. Eine zu starke Konzentration vonKrediten auf einen einzigenKreditnehmer (Granularität) oder eineGruppe verbundener Kunden (Klumpenrisiko) wird als der Solvenz eines Instituts abträglich angesehen. So dürfen nach Art. 93 Abs. 1Kapitaladäquanzverordnung (englische Abkürzung CRR) die Eigenmittel eines Instituts nicht unter den zum Zeitpunkt seinerZulassung als Anfangskapital geforderten Betrag fallen, um die Solvenz sicherzustellen. BeiStresstests sieht Art. 290 Abs. 7 CRR vor, dass bei der Analyse der Solvenz unter Stressbedingungen die für die zugrunde gelegten Risikofaktoren simuliertenSchocks schwer genug sein müssen, um extreme historische Marktrahmenbedingungen und extreme, aber plausible angespannte Marktbedingungen zu erfassen.
Versicherungswesen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Versicherungsaufsichtsrecht ist dieSolvabilität II (englischsolvency) in den §§ 74 ff.VAG geregelt. Danach haben Versicherungsunternehmen eine Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva zum Zweck der Bestimmung der vorhandenenEigenmittel zu erstellen (Solvabilitätsübersicht), wobei gegebenenfallsversicherungstechnische Rückstellungen zu bilden sind (§ 75 Abs. 1 VAG). Versicherungsunternehmen haben stets über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderung zu verfügen. DieSolvabilitätsspanne bestimmt, über wie viel Eigenmittel eine Versicherung verfügen muss.[7]
Kennzahlen zur Solvenz
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Solvenz ist ein wichtiges Kriterium beimRating vonUnternehmen oderStaaten, gemessen anbetriebswirtschaftlichen Kennzahlen wieLiquiditäts- undSchuldenkennzahlen oder derEigenkapitalquote. BeiPrivathaushalten orientiert sich dasKreditscoring an verfügbarenBankguthaben oder freienDispositionskrediten sowie amSchuldendienstdeckungsgrad.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Willi Albers (Hrsg.):Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft.Band 5.Gustav Fischer,J. C. B. Mohr,Vandenhoeck & Ruprecht, 1980,ISBN 3-525-10256-9,S. 50–52 (Auszug in der Google-Buchsuche).
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Zahlungsfähigkeit. In: Gabler Wirtschaftslexikon. Abgerufen am 15. Mai 2014.
- ↑Willi Albers (Hrsg.),Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band 5, 1980, S. 50
- ↑Wolfgang Stützel,Bankpolitik heute und morgen, 1983, Tz. 60a
- ↑GBI Genios (Hrsg.),Thema Investition, Finanzierung & Risikomanagement, 2015, S. 129
- ↑Monika Lindner-Lehmann,Regulierung und Kontrolle von Banken, 2001, S. 50 f.
- ↑Wolfgang Stützel,Ist die „Goldene Bankregel“ eine geeignete Richtschnur für die Geschäftspolitik der Kreditinstitute?, in: Vorträge für Sparkassenprüfer, 1959, S. 43
- ↑Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth/Alfons Weiss,VersicherungsAlphabet, 2001, S. 591