Skiffle
Skiffle | |
Entstehungsphase: | 1920er bis 1930er, 1950er Jahre |
Herkunftsort: | USA; Revival inGroßbritannien |
Stilistische Vorläufer | |
Blues,Folkmusik,Jazz,Barrelhouse,Boogie-Woogie | |
Pioniere | |
Jimmy O’Bryant and His Chicago Skifflers,Ken Colyer,Chris Barber,Lonnie Donegan,Vipers Skiffle Group,Chas McDevitt Skiffle Group | |
Genretypische Instrumente | |
Gitarre,Banjo,Waschbrett,Waschwannen- oderTeekistenbass | |
Stilistische Nachfolger | |
Beatmusik,Rock ’n’ Roll |
Skiffle ist ein Musikstil mit Anklängen anBlues,Barrelhouse,Boogie-Woogie und andere Stile der afro-amerikanischen populären Musik, der sich in seiner ursprünglichen Form in denVereinigten Staaten in den 1920er bis 1930er Jahren als Partymusik entwickelte.[1] Er zeichnete sich durch Musik aus, die auch auf unkonventionellen und improvisierten Instrumenten gespielt wird. Neben derGitarre und demBanjo findet man häufigWaschbrett undWaschwannen- oderTeekistenbass, selbst Geräte wie Eimer, Tonne und Gießkanne finden Verwendung. In den 1950er Jahren wurde der Stil vor allem in Großbritannien als Hybridstil zwischenFolkmusik,Jazz und Blues wiederbelebt.
Anfänge
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Skiffle basiert sowohl auf der anglo- als auch afro-amerikanischen Folk-,Country-, Blues- und Jazzmusik. Der Begriff tauchte zum ersten Mal 1925 auf Schallplatten vonJimmy O’Bryant and His Chicago Skifflers auf. 1934 spieltenDan Burley and His Skiffle Boys unter der Leitung desBarrelhouse-Pianisten und JournalistenDan Burley, der BassistPops Foster und die Brüder Sticks undBrownie McGhee an der Gitarre denDan Burley Hometown Skiffle.
In den 1950er Jahren wurde die Musik vor allem durch weiße Musiker wiederbelebt, die das Repertoire älterer Aufnahmen nutzten. Sie spielten den Skiffle-Stil ähnlich wie dieSpasm Bands, die vor allem inNew Orleans aktiv waren, und lehnten sich an Bands wie dieMound City Blue Blowers unter der Leitung vonRed McKenzie an.[1] Obwohl diese Bands auch in den Vereinigten Staaten und Deutschland aktiv waren, wurde der Stil vor allem in Großbritannien populär.[1] Ab 1953 wurde Skiffle von britischenTraditional-Jazz-Musikern wieKen Colyer undChris Barber, aber auch vonAlexis Korner undLonnie Donegan in Großbritannien bekannt gemacht. Die ersten Aufnahme entstanden wohl 1951 durch Chris Barber[1] und 1953 während einerParis-Tour von Ken Colyer’s Jazzmen, als sie im französischen RundfunkMidnight Special undJohn Henry in der Besetzung Ken Colyer (Gitarre und Gesang), Lonnie Donegan (Gitarre und Gesang), Chris Barber (Kontrabass) und Bill Colyer (Waschbrett) präsentierten.
Durchbruch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Lonnie Donegan spielte in der Folgezeit oft mit Colyer oder Barber zusammen, so auch bei einer Aufnahmesession am 13. Juli 1954. Insgesamt wurden in London für die Chris-Barber-LPNew Orleans Joys acht Songs eingespielt, wovon zwei alsLonnie Donegan Skiffle Group tituliert wurden, nämlichRock Island Line undJohn Henry. Diese beiden Titel wurden im November 1955 als Single ausgekoppelt. Als die A-SeiteRock Island Line im Januar 1956 über dasBBC Light Programme ausgestrahlt wurde, löste sie unter den britischen Teenagern die Skiffle-Welle aus. Im selben Monat kam der Song in die dortigen Charts, wo er bis auf Rang acht gelangte. Dieselbe Platzierung erreichte der Titel im März 1956 auch in der US-Pop-Hitparade und verhalf alsMillionenseller der Skifflemusik zum Durchbruch. Um den Erfolg zu zementieren, trennte sich Donegan von Barber und tourte nunmehr mit eigener Band.
Obwohl Donegans Band ab 1956 mit der gleichen Standardinstrumentierung wie die Rockbands auftrat (Gesang,Leadgitarre,Rhythmusgitarre,Kontrabass undSchlagzeug), begannen viele Teenager nach dem Beispiel der amerikanischenJugbandmusik der1920er Jahre neben dem Waschbrett auch weitere improvisierte Instrumente wieJug, Teekistenbass,Kazoo usw. einzusetzen. Andere professionelle Skiffle-Bands der Jahre 1956 bis 1958 verzichteten auf unkonventionelle Instrumente, wie dieVipers Skiffle Group,Chas McDevitt Skiffle Group oderDickie Bishop & His Sidekicks als eine der ersten Gruppen, die mit elektrischer Bassgitarre anstelle eines Kontrabasses auftraten.
1958 erschien das erste Buch über diese Musikrichtung mit dem TitelSkiffle – The Story of Folk Song With a Jazz Beat.[2] Viele britische Pop-Superstars der1960er und1970er Jahre haben in den1950er Jahren mit Skiffle oder Skiffle-Bands begonnen, so etwaThe Beatles (eine der Vorläufergruppen warenThe Quarrymen), dieRolling Stones,Eric Clapton,Mark Knopfler,Elton John,Rod Stewart,Chris Farlowe,Van Morrison,The Kinks,Led Zeppelin,Roger Daltrey oderSimply Red.
Niedergang
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Ab 1959 verschwand Skiffle weitgehend aus der Popmusik, nur Lonnie Donegan hielt sich noch einige Jahre erfolgreich an der Spitze und landete einige Hits wieMy Old Man's a Dustman undDoes Your Chewing Gum ... Ab 1962 dominierte dieBeatmusik und derRock ’n’ Roll die Hitparaden in den Vereinigten Staaten und Europa und verdrängte damit die Skifflemusik.[1]
Trotzdem gab es in den folgenden Jahren noch einige Skiffle-Hits:
- 1970:Mungo Jerry mitIn the Summertime
- 1972:Les Humphries Singers mitMexico – eine Adaption vonJimmy DriftwoodsBattle Of New Orleans, das seit 1959 auch in Lonnie Donegans Repertoire zu finden war
- Mitte der1970er:The Walkers mitAin't No More Cane on the Brazos – eine Coverversion von Lonnie Donegans Aufnahme aus dem Jahre 1956. IhreSingle verkaufte sich in den Benelux-Ländern 3,2 Millionen Mal.
Skiffle in anderen Ländern
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der Pre-Beat-Ära gab es auch in Deutschland in den späten 1950ern und frühen1960ern etliche Skifflegruppen, aus denen zum BeispielReinhard Mey oder dieLords hervorgingen, die mit einigen Donegan-Covern sogar große Hiterfolge feiern konnten (Have a Drink On Me,Over in the Gloryland).
Um 1970 machte dieWorried Men Skiffle Group von sich reden, deren Texte meist inWiener Mundart geschrieben waren. Zum Teil stammten diese sogar aus der Feder prominenter Dichter, wie beispielsweiseKonrad Bayer. Ihr größter Hit warGlaubst, I bin bled?.
Revivals
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Skiffle überlebte vor allem auf dem Live-Markt, so gab es in den 70ern ein erstes großes Skiffle-Revival in Deutschland. Die wichtigsten Interpreten warenLeinemann aus Hamburg, dieBourbon Skiffle Company ausHannover, die Heupferd Jug Band mitGötz Alsmann, dieYeti’s Skiffle Men aus Hannover oderWalter h. c. Meier Pumpe aus Essen.
Mitte der1990er Jahre gab es ein erneutes Skiffle-Revival, diesmal mit Schwerpunkt Großbritannien. Es begann mit der Verleihung desIvor Novello Awards an Lonnie Donegan für sein Lebenswerk. An diesem Abendjammte er spontan mitVan Morrison, und Morrison überredete ihn gemeinsam mit Donegans damaligem Bassisten Brian Hodgson, nach über 20 Jahren wieder ein Studioalbum einzuspielen und zu veröffentlichen. Es erschien 1999 unter dem TitelLonnie Donegan – Muleskinner Blues. Anfang 2000 fand Lonnie Donegan auch wieder in die internationalen Charts einiger Länder wie USA, Großbritannien und Deutschland zurück – durch die Zusammenarbeit mit Van Morrison beim AlbumThe Skiffle Sessions – Live in Belfast.
Höhepunkt des englischen Skiffle-Revivals der 1990er Jahre war das Konzert in derRoyal Albert Hall am 7. Dezember 1998,Skiffle – The Roots Of British Rock, u. a. mitChas McDevitt,Tony Sheridan,Diz Disley,Chas & Dave und Lonnie Donegan mit Band.
Schwerpunkte des weiter andauernden Revivals des Skiffles sind neben Großbritannien Deutschland, Finnland und die Niederlande. In Finnland findet jedes Jahr im Juli in dem kleinen OrtHankasalmi beiJyväskylä in Mittelfinnland dasKihveli Soikoon! statt, ein dreitägiges Event mit mehreren tausend Zuschauern. InHamburg findet jährlich Ende Januar das eher traditionelle Hamburger Skiffle Festival statt sowie die Summer Skiffle Night imFreilichtmuseum am Kiekeberg. Aktuellstes Revival ist Lonnie DonegansRock Island Line in der Fernsehwerbung für denOpel Astra TwinTop.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Archibald Brian Bird:Skiffle. The Story of Folk Song With a Jazz Beat. Robert Hale, London 1958 (mit einem Vorwort von Lonnie Donegan).
- Karl Dallas:Lonnie Donegan and Skiffle: Was Skiffle the Start of British Rock?. In:The History of Rock, Nr. 7 (1982), S. 124 ff.
- Mike Dewe:The Skiffle Craze. Planet, Wales 1998.ISBN 0-9505188-5-9 (mit einem Vorwort von Chris Barber).
- Ulf Krüger:Washboards Kazoos Banjos. The History of Skiffle. Begleitbuch zur 6-CD-Box vonBear Family Records.Hambergen 2013.
- Spencer Leigh:Putting On The Style. The Story Of Lonnie Donegan. Finbarr International, Folkestone, Kent 2003,ISBN 0-9529500-2-2.
- Holger Lührig:The British Skiffle Groups 1954–1958. A discography with biographies, photographs and background material. Unna 1997.
- Chas McDevitt:Skiffle. The Definite Inside Story. 2. Aufl., Robson Books, London 2012.ISBN 978-0-9574462-0-5 (mit Vorworten vonJoe Brown,Mark Knopfler undGeorge Harrison).
- Mike Pointon und Ray Smith:Goin' Home. The Uncompromising Life and Music of Ken Colyer. Ken Colyer Trust, London 2010.ISBN 978-0-9562940-1-2 (+ 1 CD).
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Skiffle.net – deutsches Skiffle-Portal
- Modern-skiffle.de – Infoseite zum Thema Modern Skiffle
- Rezension der Doppel-CD zur deutschen Skiffle-SzeneAlles SKIFFLE -oder?