Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unterSibirien (Begriffsklärung) aufgeführt.
AlsSibirien (russischСиби́рь/Sibir) bezeichnet man im weitesten Sinne den ganzennordasiatischen TeilRusslands. Es wird im Westen begrenzt vomUral, im Norden vomArktischen Ozean, im Osten vomPazifik und im Süden von derVolksrepublik China, derMongolei undKasachstan. Sibirien umfasst rund drei Viertel des russischen Staatsgebiets und ist etwa 13,1 Millionen Quadratkilometer groß; somit ist es um rund 3,5 Mio. km² größer als die Volksrepublik China (ca. 9,6 Mio. km²), der größte unabhängige Staat Asiens.
Ostsibirien (zwei weitere Großlandschaften östlich derLena) und die südöstlichsten Gebiete Russlands zwischenAmur und Pazifikküste werden hingegen auch alsRussisch Fernost (Föderationskreis Ferner Osten) bezeichnet.
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist Sibirien der zuRussland gehörende Norden Asiens vom Uralgebirge bis zur Küste desPazifischen Ozeans. Es erstreckt sich in west-östlicher Richtung zirka 7000 Kilometer weit vomUral bis zu den Gebirgen der pazifischenWasserscheide. Von Norden nach Süden umspannt es etwa 3500 Kilometer vomArktischen Ozean (Nordpolarmeer) bis zumKasachischen Hügelland und der Grenze zurMongolei und zurVolksrepublik China.
Sibirien lässt sich grob in sieben Großlandschaften einteilen:
Mitteljakutische Niederung (mit der Lena), zwischen Mittelsibirischem Bergland im Westen, Südsibirischen Gebirgen im Süden und Ostsibirischem Bergland im Osten.
Südsibirische Gebirge, Gruppe von Hochgebirgen südlich von Mittelsibirischem Bergland und Mitteljakutischer Niederung, zwischenDsungarischer Pforte im Westen undOchotskischem Meer im Osten, südlich an dieMongolei grenzend und durch das Tal desAmur von derchinesischen Mandschurei getrennt und durchschnitten. Höhen von bis zu 4506 m (Belucha imAltai) bis zu etwas über 2000 m nahe der Pazifikküste.
Ostsibirisches Bergland, mit mehreren über 2000 m hohen Gebirgszügen, ohne trennenden Einschnitt an die Südsibirischen Gebirge anschließend, östlich von Mitteljakutischer Niederung und Lena, nördlich des Ochotskischen Meeres und westlich desBeringmeers gelegen. Als Ausläufer dieses Berglandes erstreckt sich die etwa 1200 km lange HalbinselKamtschatka südwärts in denPazifik und trennt das Ochotskische Meer im Westen vom Beringmeer im Osten.
Dieser russischeFerne Osten (Да́льний Восто́к/Dalni Wostok) reicht vonJakutien bis zur Pazifikküste und ist mit etwa 6,18 Mio. km² Fläche größer als der Föderationskreis Sibirien. Er wird zwar außerhalb Russlands zumeist als Teil dieser Landschaft subsumiert, gilt jedoch in Russland selbst als eigene Region. So verstehen EinwohnerKamtschatkas oderSachalins unter „Sibirien“ eine Region, die sich mehrere tausend Kilometer westlich ihrer Heimat befindet. Für Russen beginnt Sibirien „hinter dem Ural“ – in Höhe vonTjumen – und endet „kurz hinter dem Baikal“ – also etwa 100 Kilometer östlich des Baikalsees, beiUlan-Ude.
DerBaikalsee befindet sich in den Südsibirischen Gebirgen, ist mit 1642 m Tiefe der tiefste See und mit einem Volumen von 23.615 km³ der wasserreichste Süßwassersee der Welt. Er enthält ungefähr ein Fünftel des weltweit vorhandenen flüssigenSüßwassers.
Der 3650 km langeOb hat einen Abfluss von durchschnittlich ca. 13.000 m³/s (1995) und entwässert 2,43 Mio. km²Westsibiriens undKasachstans in denArktischen Ozean. Er entspringt alsKatun imAltaigebirge. Er hat ein 1000 km langes und bis zu 60 km breitesÄstuar, denObbusen. Seine wichtigsten Nebenflüsse sind von Süden nach Norden:
DerTschulym, 1799 km langer rechter Nebenfluss, kommt mit seinem rechten QuellflussWeißer Ijus auf 2023 km. Beide entspringen imSajangebirge.
Der 2450 km langeIschim, linker Nebenfluss des Irtysch, kommt aus der kasachischen Steppe und erreicht erst im Unterlauf Sibirien.
Der weitere linke NebenflussTobol, 1591 km lang, entspringt im südöstlichen Vorland desUralgebirges in Kasachstan. Mehr als die Hälfte seines Flusslaufs liegt auf russischem Gebiet.
Der 4092 km langeJenissei hat einen Abfluss von durchschnittlich ca. 20.000 m³/s (1995) und entwässert 2,44 Mio. km² Sibiriens und derMongolei. Sein Ästuar ist etwa 500 km lang. Seine wichtigsten Nebenflüsse münden von rechts. Liste in absteigender Reihenfolge der Mündungen:
DieAngara ist der einzige Abfluss des Baikalsees. Sie verlässt den See unweit von dessen Südende und fließt in nordwestlicher Richtung durch denIrkutsker Stausee, an dessen Staudamm sichIrkutsk befindet. Etwas weiter nördlich dieser Stadt, in welcher der von Südwesten kommende Irkut einmündet, passiert sie Angarsk. Einige Kilometer unterhalb der Stadt durchfließt die Angara den großenBratsker Stausee, wobei sie in den äußersten Süden des Mittelsibirischen Berglands einfließt. Im See fließt ihr die von Südwesten kommende Oka zu, etwa dort, wo sie die StadtBratsk erreicht. Zwischen Irkutsk und Bratsk ist die Angara schiffbar.
DieSelenga ist ein Zufluss des Baikalsees und damit ein solcher der Angara. Die oberen zwei Drittel ihres Laufs gehören zur Mongolei.
Die 2989 km langeUntere Tunguska entspringt 100 km südöstlich der Steinigen Tunguska und ist im Oberlauf nur durch einen Bergrücken vom Tal der Lena getrennt. In den Jenissei mündet sie 600 km flussabwärts der Steinigen Tunguska.
DerOlenjok ist ein 2292 km langer Strom in der Region Krasnojarsk und in Jakutien, der im Mittelsibirischen Bergland entspringt.
Die 4400 km langeLena entspringt nur etwa 5 km vom mittleren Westufer desBaikalsees entfernt im Bogen zwischen dem See und der Angara. Sie entwässert 2,46 Mio. km² und trägt durchschnittlich 16.400 m³/s (1994) in ihrem 200 km breitenDelta in denArktischen Ozean ein, hierLaptewsee genannt. Ihre größten Nebenflüsse sind in absteigender Reihenfolge der Einmündungen:
Der stark gewundeneWitim entspringt östlich des Baikalsees im Gebirge zwischen dem See und derIngoda. Sie ist 1968 km lang.
Die 1436 km langeOljokma entspringt zwischen Witim undSchilka und ist ebenfalls in ganzer Länge ein Gebirgsfluss.
DerWiljui kommt aus demMittelsibirischen Bergland und ist mit 2650 km Länge der einzige auch für sibirische Verhältnisse große linke Nebenfluss der Lena.
Die 872 km langeJana fließt östlich der Lena zwischenWerchojansker Gebirge undTscherskigebirge. Sie entsteht aus der Vereinigung vonDulgalach undSartang und ist mit jener zusammen 1492 km lang. Das Janagebiet mit der StadtWerchojansk gilt (nebenOimjakon an der Indigirka) als Kältepol Russlands und kälteste bewohnte Gegend der Erde.
Die nördlich des Ochotskischen Meeres entspringendeIndigirka ist 1726 km, mit ihrem Quellfluss Chastach 1977 km lang. Über die Hälfte davon fließt sie durch dasostsibirische Hochgebirge, bevor sie das Tiefland erreicht und dann mit einem 100 km breiten Delta in dieOstsibirische See mündet.
Die bekanntereKolyma, 2129 km lang, entspringt im selben Gebirge und mündet 400 km östlich der Indigirka mit einem deltaartig zerteilten Ästuar. Sie entwässert 526.000 km² und ihr Abfluss betrug im Jahresmittel etwa 2728 m³/s.
DerAmur bildet seit 1858/1860 zusammen mit seinem QuellflussArgun (1620 km) und seinem NebenflussUssuri den größten Teil der (ostasiatischen[1]) Grenze zwischen Russland und China. Unterhalb der Ussurimündung fließt er nordwärts nur noch durch russisches Territorium. Der Amur ist namentlich 2824 km lang, mit seinem QuellflussSchilka (555 km) und deren längerem QuellflussOnon (1032 km) hydrologisch sogar 4411 km. Seine wichtigsten Nebenflüsse sind von Westen nach Osten:
Der 1927 km langeSonghua Jiang, russischSungari, befindet sich mit seinem Einzugsgebiet vollständig außerhalb Russlands und entwässert die Nordhälfte derMandschurei und den äußersten Osten derInneren Mongolei
Der 588 km langeUssuri entspringt östlich von Wladiwostok im Süden des Sichote-Alin-Gebirges nur wenige Kilometer von der Küste entfernt und erreicht den Amur beiChabarowsk.
Die 1146 km langeAnadyr ist der östlichsteStrom derAlten Welt und gleichzeitig einer der nördlichsten. Ihr Einzugsgebiet umfasst 191.000 km². Sie entspringt 50 km nördlich desPolarkreises und mündet nach bogigem Verlauf 400 km Luftlinie südöstlich ihrer Quelle mit einem Ästuar insBeringmeer.
In den meisten Regionen Sibiriens herrscht ein ausgeprägtesKontinentalklima: Verhältnismäßig heiße Sommer (bis +40 °C) werden von extrem kalten Wintern (bis −72 °C) abgelöst. Oft wird das Land bis zu neun Monate von einer Schneedecke bedeckt. Die Landschaft wird großteils vonborealen Wäldern (Taiga) dominiert, in den arktischen Regionen herrscht baumloseTundra vor. Dazwischen existiert mit denWaldtundra-Zonen eine Übergangsform. Im Süden geht die Taiga in Steppe über.
Weite Teile Sibiriens werden vonPermafrostböden (dauerhaft gefrorenerBoden) eingenommen, die in der warmen Jahreszeit nur oberflächlich antauen. Tau- und Regenwasser können dort nicht versickern. Die Staunässe führt im kurzen Sommer zu einem extremenMückenreichtum. Dass der Boden unter Gebäuden und Verkehrswegen stärker taut als normal, erzeugt erhebliche Probleme bei deren Bau und Erhaltung (siehe auchDieselölkatastrophe bei Norilsk). Das Dauerfrostgebiet umfasst außer der Tundra auch große Teile der Taiga und reicht östlich desBaikalsees bis an deren Südrand – und die Südgrenze des russischen Staatsgebietes. Etwa ein Drittel Sibiriens hat lückenlosen Dauerfrostboden, vor allem dieRepublik Sacha (Jakutien) und deren nordwestliche und nordöstliche Nachbargebiete. Etwa die Hälfte Sibiriens hat Permafrostböden neben völlig auftauenden Arealen. Nur der äußerste Südwesten und schmale Gebietsstreifen am mittleren Amur und an der Pazifikküste haben gar keinen Dauerfrostboden.
Im Sommer 2020 litt Sibirien unter einernoch nie dagewesenen Hitzewelle und großen Waldbränden. 2021 loderten ebenfalls große Waldbrände in Sibirien.[7]
Sibirien gliedert sich von Norden nach Süden inTundra,Taiga, Waldsteppe und Steppe. Die Tundra ist meist flach. Dort wachsen vor allem kleine Sträucher, Gräser,Polster- undMoospflanzen und Flechten. Die Taiga ist weitgehend flach. Dort gibt es Nadelwälder, Sümpfe undTorfmoore. Im Westen dominierenFichten undKiefern, im Osten eherLärchen. DieWaldsteppe ist eben bis flachwellig. Hier gibt es oft Erosionen und die Schneedecke ist sehr dünn. In der Steppe gibt es viele Gräser und Kräuter, in der Waldsteppe kommen vor allemBirken vor.
Topografische Übersicht Sibiriens, dazu der größte Teil des europäischen Russland
Aufgrund des Klimawandels sowie dem (damit verbundenen) Eindringen von Pflanzenschädlingen, aber auch durch die Nutzung durch den Menschen sind die Baumbestände einem Wandel unterworfen.[8]
Die russische Durchdringung Sibiriens bis zum Tode Zar Peter des Großen 1725
Mit 38 Millionen Einwohnern ist Sibirien nur schwach besiedelt, dieBevölkerungsdichte liegt im Mittel bei nur 2,9 Menschen pro km². Die Bevölkerung konzentriert sich in einem relativ schmalen Streifen im Süden und Südwesten, wo dieTranssibirische Eisenbahn wichtigeGroßstädte verbindet und Ackerbau möglich ist.
ImUralgebirge hatte es schon seit dem 11. Jahrhundert Handels- und Bergbauniederlassungen derRepublik Nowgorod gegeben. Östlich des russischen Siedlungsgebietes bis in den Ural gab es später das halbautonome Herrschaftsgebiet der KaufmannsfamilieStroganow. Es bildete die Ausgangsbasis für die Eroberung und Erschließung Sibiriens. Die begann um 1580 mit der Expedition desKosakenJermak. 1582 eroberten die Kosaken dasKhanat Sibir, das bis dahin Westsibirien vom Uralgebirge bis zumJenissei beherrscht hatte.
Danach wurde die russische Macht zügig nach Osten ausgebreitet, wobei man sich zunächst relativ weit nördlich hielt, um Konflikten mit den Staaten Mittelasiens und mit demMandschureich, das gleichzeitig China eroberte, auszuweichen. 1639 erreichten erstmals Russen diepazifische Küste. Erst 1858 bis 1860 wurde durch Annexion derÄußeren Mandschurei das vom Klima her etwas mildereAmurgebiet Teil des russischen Reiches.
Frühzeitig wurde ein weitmaschiges Netz hölzerner Forts, sogenannterOstrogs, errichtet. Die intensivere Erschließung erstreckte sich bis ins 20. Jahrhundert hinein. Wichtige Maßnahmen waren die Schaffung desSibirischen Traktes im 18. Jahrhundert und der Bau derTranssibirischen Eisenbahn 1891 bis 1916.
Schon unter denZaren wurden viele politisch Missliebige nach Sibirien in dieVerbannung, die sog.Katorga, geschickt. Eine Erschließung durch unabhängige Siedler gab es nur in viel geringerem Maße als in den englischen Kolonien in Nordamerika, da ein großer Teil der Bevölkerung RusslandsLeibeigene waren und der russische Adel diese nicht durch Abwanderung verlieren wollte.
Eine Vorstellung von der Erschließung vermitteln die Gründungsdaten sibirischer Städte, siehe nebenstehende Liste.
Den Großteil der Bevölkerung stellen die in den letzten Jahrhunderten zugewandertenRussen. Sie überwogen schon im 18. Jahrhundert dieUrbevölkerung. Schon zu Zarenzeiten dienten die abgelegenen und unwirtlichen Gebiete Sibiriens und Mittelasiens zur Verbannung von politischen Gegnern und Straftätern. Schreckliche Berühmtheit erlangten dieGulags, das unter der Herrschaft Stalins aufgebaute System von Gefängnissen und Straflagern. Erst mit demZerfall der Sowjetunion hörten die Deportationen in diese Gebiete auf. Ab den 1920er Jahren wurde dieIndustrie Sibiriens forciert, was die Bevölkerungsstruktur zugunsten der Einwanderer fixierte.
1926 bis 1927 unternahm der junge Sowjetstaat den Versuch, einen genaueren Überblick über die Völker und Kultur der Polarregion zu gewinnen.[11]
Während desZweiten Weltkrieges wurden ganze Industriewerke vor dem deutschen Vormarsch nach Sibirien in Sicherheit gebracht und im Zusammenhang damit auch Hunderttausende von Menschen dorthin umgesiedelt.
Die stärkste Bedrohung für die indigenen Völker geht von der industriellen Erschließung von Bodenschätzen wie Öl, Gas, Kohle, Diamanten und Gold im asiatischen Teil Russlands aus. Daneben stellt der Alkoholismus ein gewaltiges Problem dar. Die Sprachen vieler kleinerer Völker befinden sich am Rande des Aussterbens, insbesondere dort, wo aufgrund industrieller Erschließung das Umfeld verloren geht, in welchem diese verwendet werden.
Russland leidet, wie vieleIndustrienationen, unter einem Rückgang der eigenen Bevölkerung. Zwar wachsen Ballungsgebiete wieMoskau oderSankt Petersburg auch heute weiter, doch sehen sich gerade die Regionen wie Sibirien oder derFerne Osten einem stärker werdendenBevölkerungsrückgang durch Abwanderung (in größere Städte oder gar ins Ausland), stagnierende Lebenserwartung und weniger Geburten ausgesetzt. Die Bevölkerungskurven weisen typischerweise einen Anstieg von den 1940er Jahren bis 1990 und einem Abfall von 1990 bis in die Gegenwart auf. In subpolaren Gegenden ist die Schwankung umso stärker, je größer der Bevölkerungsanteil europäischer Zuwanderer war. Teilweise folgte auf eine Vervielfachung um mehr als das Dreifache ein Rückgang auf wenig mehr als den Ausgangswert.
Im Grenzgebiet zurVolksrepublik China kommt es seit den frühen 1990er Jahren zu einer verstärkten Handelstätigkeit, da es jetzt für chinesische Händler leichter ist, zwischen beiden Ländern zu pendeln. Schätzungen gehen von einigen hunderttausend chinesischen Einwanderern aus, die sich oft temporär, aber manchmal auch für unbestimmte Zeit auf russischer Seite niederlassen.[12] Immer mehr der neuen Zuwanderer zieht es dabei in die größeren Städte in Sibirien, wie z. B. nachIrkutsk.[13] Die einheimische russische Bevölkerung steht dieser Entwicklung mit Skepsis gegenüber, welche auch von offizieller Seite der russischen Politik propagiert wird. Es herrschen Befürchtungen über eine expansive Siedlungspolitik von chinesischer Seite sowie eine Gefährdung der Sicherheit entlang der bis zu 3000 km langen gemeinsamen Grenze, z. B. durch Schmuggel von Rohstoffen, Drogen, Waffen, durch Kriminalität und illegale Einwanderung.[14][15]
„Föderalisierung/Autonomie Sibiriens“ versus „Sibirisierung Russlands“
Im Zusammenhang mit derAnnexion der Krim im Jahr 2014 wurde vor der Gefahr einer Förderung des Separatismus in Russland gewarnt. So wurde in Nowosibirsk im August 2014 ein geplanter „Marsch für eineFöderalisierung Sibiriens“ verboten, um „die territoriale Integrität und Souveränität Russlands zu garantieren“.[16]
Im Zusammenhang mit demrussischen Überfall auf die Ukraine und dem zunehmenden Abbau normaler Beziehungen Russlands zu den USA und den EU-Ländern verstärken sich politische Bestrebungen, durch „Umsetzung eines Programms der Ostverschiebung Russlands … neue Horizonte für … künftige Generationen“ zu schaffen.[17] Dieser russische‘Pivot to Asia’ wird unter der Bezeichnung „Sibirisierung Russlands“ debattiert.
Waldbrände in Sibirien können durchBlitzeinschläge entstehen, die den trockenen Waldboden entzünden. Das gilt als ökologisch nützlich, um denborealen Nadelwald zu erhalten.
Heute ist die Waldbrandsaison länger als früher und es gibt mehr Brände, die nicht nur am Bodenschwelen, sondern auch Baumkronen erfassen. Je intensiver es brennt und je größer die verbrannte Fläche, desto länger braucht das Ökosystem, um sich zu regenerieren.[7]
2019, 2020 und 2021 zerstörten Waldbrände in Sibirien mehrere Millionen Hektar Wald. Im Juli 2021 lodern nach Angaben desrussischen Katastrophenschutzministeriums in der Teilrepublik Jakutien 200 Brände auf einer Fläche von insgesamt rund 15.200 km² (fast so groß wie Schleswig-Holstein). Eine Verbesserung der Situation wird nicht vor Mitte August erwartet.[7]
Im Jahr2020 litt Sibirien unter einer Hitzewelle. Monatelang lagen dabei die Temperaturen deutlich über den langjährigen Durchschnittswerten; dies begünstigte die erwähnten Waldbrände.
Neben der Gewinnung von Erdgas und Erdöl[18] stellen Holzwirtschaft, Kohle-, Uran-, Diamant- und Goldbergbau die wichtigsten Nutzungen natürlicher Rohstoffe in Sibirien dar.[19] Sibirien hat deswegen einen großen Einfluss auf dieEnergiewirtschaft Russlands sowie auf die allgemeineWirtschaftspolitik Russlands.
Die Bedeutung der Pelztierjagd ist heute hauptsächlich historisch zu betrachten, auch die Pelztierzucht wurde aus wirtschaftlichen Gründen vielerorts wieder aufgegeben, zum Beispiel inUst-Port.
Lessosibirsk ist die russische „Hauptstadt der Holzindustrie“ am Jenissei nicht weit von der Mündung eines Nebenflusses, derAngara, etwa 300 Kilometer nördlich vonKrasnojarsk in den Wäldern der sibirischenTaiga.
Karte mit den großen russischen Erdöl- und Erdgaslagerstätten
Erdgas aus Sibirien ist ein überRussland hinaus begehrterRohstoff, wobei im Allgemeinen davon ausgegangen wird, dass das Land über die weltweit größten Erdgasreserven verfügt[20].Seit Ende der 1970er Jahre wurde Erdgas auch nachDeutschland (damals: an DDR im Rahmen des RGW und an Westdeutschland) geliefert und leistete dort lange einen wichtigen Beitrag zurEnergieversorgung inMitteleuropa. Die wichtigsten Gasfelder in Sibirien sind:
Wankor in derRegion Krasnojarsk wurde 1988 entdeckt und am 21. August 2009 offiziell in Betrieb genommen
Im Jahr 2020 bezog Deutschland 55,2 % seines Erdgases aus Russland[23]. Bei der Erschließung und Nutzbarmachung des Gases hatten deutsche Unternehmen wieE.ON undWintershall eng mit russischen Firmen wieGazprom zusammengearbeitet. Die Lieferung des Erdgases erfolgte über lange Pipelines durch Belarus und die Ukraine nach Deutschland. Im Jahr 2005 wurde beschlossen, eine weitere Pipeline durch die Ostsee zu bauen, die Nord-Stream-Pipeline (ehemals North European Gas Pipeline, NEGP). Dieser Schritt war eng mit demrussisch-ukrainischen Gasstreit und demrussisch-belarussischen Energiestreit verbunden. Die Nord-Stream-Pipeline wurde schließlich am 8. November 2011 eingeweiht und transportierte russisches Erdgas, unter anderem vom ErdgasfeldJuschno-Russkoje, durch die Ostsee nach Deutschland. Ende September 2022 kam es zur Zerstörung der Pipeline sowie der nie in Betrieb genommenen Pipeline Nordstream 2. Zu diesem Zeitpunkt hatte Russland seine Lieferungen bereits erheblich gedrosselt und bis Anfang September desselben Jahres sogar vollständig eingestellt[24]. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf die Energiepreise in Deutschland und intensivierte die Diskussion über die Energiepolitik Deutschlands während der Ära der Bundeskanzler Kohl, Schröder und Merkel.
Die Goldförderung in Russland ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die wichtigsten Goldbergwerke liegen in Sibirien und imFernen Osten (z. B. im Amurgebiet) sowie im Polargebiet. Russland produziert gegenwärtig etwa 168 TonnenGold pro Jahr und nimmt damit weltweit den fünften Rang ein. Ziel ist es, die Produktion auf 250 Tonnen pro Jahr in den nächsten fünf bis zehn Jahren auszuweiten. Russland verfügt über die zweitgrößten Goldreserven weltweit.[28]
Das russische Bergbau- und HüttenunternehmenNorilsk Nickel fördert u. a.Eisenerz imBergwerk Komsomolski in der Nähe vonNorilsk im Norden Sibiriens. Die Produktion dort wird auf 3,45 Millionen Tonnen Erz im Jahr geschätzt, genaue Zahlen gibt es darüber jedoch nicht.
Da die großen Ströme SibiriensOb,Jenissei undLena von Süden ins Polarmeer entwässern und mehrere Monate im Jahr zugefroren sind, haben sie nur eine beschränkte Bedeutung zur wirtschaftlichen Erschließung. Erst durch den Bau derTranssibirischen Eisenbahn[29][30] konnten Güter in größerem Umfang transportiert werden.
Georg Adam Schleusing:Neu-entdecktes Sieweria, worinnen die Zobeln gefangen werden, wie es anietzo angebauet und bewohnet ist…. Zittau 1693 (Digitalisat).
George Kennan:Sibirien. Schilderungen (des Verbannungssystems). Reclam, Leipzig 1890–1891 (Digitalisat als PDF).
George Kennan:Zeltleben in Sibirien. Reclam, Leipzig 1891 (Digitalisat als PDF).
↑Ein weiteres, nur etwa 70 km langes Stück russisch-chinesischer Grenze gibt es im Altaigebirge. Vor der Gründung der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der (äußeren)Mongolei vonChina erstreckte sich die russisch-chinesische Grenze zeitweise über etwa 7000 km vomPamirgebirge bis zur Amurmündung.
↑Jonathan Watts Global environment editor:Arctic wildfires spew soot and smoke cloud bigger than EU. In:The Guardian. 12. August 2019,ISSN0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 13. August 2019]).
↑Rossijskaja Gaseta ((rg.ru)), 5. Februar 2024 (ru): Sergej Karaganow:Sibirisierung: Russlands zweite Wendung nach Osten liegt ‘jenseits des Gebirges’. Übersetzung aus dem Russischen. In:DGKSP-Diskussionspapiere, Nr. 39, Dresden Februar 2024, ISSN 2627-3470. S. 9–17. (slub.qucosa.de)
↑US Department of Energy – Energy Information Administration:Russia., 7. Mai 2006
↑Russlands Zukunft liegt in Ostsibirien und Fernen Osten,sputniknews.com
↑BP Statistical Review of World Energy 2021, S. 45 (PDF).
↑Bundesnetzagentur 2024. Deutsche Erdgasimporte aus ausgewählten Herkunftsländern auf Tagesbasis im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 13. März 2024 in Gigawattstunden pro Tag.Via Statista (zugriff: 15. März 2024).