Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unterSeemann (Begriffsklärung) aufgeführt.
Seefahrerdenkmal in Bangladesch
Seemann, weibliche FormSeemännin[1],Seefrau[2], PluralSeeleute[3], bezeichnet an Bord einesSchiffes tätige Personen. Nach der maßgeblichen internationalenMaritime Labour Convention (MLC), deren Mindeststandards auch dem deutschenSeearbeitsgesetz für Schiffe unter deutscher Flagge zugrunde liegen, ist der Begriff der Seeleute deutlich weiter gefasst als nach früheren gesetzlichen Definitionen.
Durch die 2013 in Kraft getretene MLC umfasst der Begriff Seemann nun alle Personen, die „tatsächlich irgendeine Tätigkeit“ an Bord ausüben, und es ist unerheblich, ob ein wirksamerHeuervertrag besteht, also ein seemännischer Arbeitsvertrag, ob eine besondere Qualifikation vorliegt und wie lange oder wie häufig die Personen ihre Tätigkeit ausüben. Dadurch zählen beispielsweise auch Servicekräfte aufKreuzfahrtschiffen zu den Seeleuten.[4] Sowohl vor als auch nach 2013 müssen alle Seeleute zur Ausübung ihres Berufes an Bord weiterhin ihre gesundheitliche Eignung durch eine gültigeSeediensttauglichkeit nachweisen.
Der international begangene „Day of the Seafarer –Tag des Seefahrers“ findet seit 2010 jährlich am 25. Juni zu Ehren aller Seeleute statt. Er ist kein gesetzlicher Feiertag und soll als ein internationalerAktionstag derInternationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) die multinationale Berufsgruppe der Seeleute in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken.[5] Die IMO führte 2022 den 18. Mai als „Internationalen Tag der Frauen in der Seeschifffahrt“ ein.[6]
In ihrer Eigenschaft alsSchirmherrin auch der britischenSailors' Society von 1952 bis 2022 als ein Teil des weltweit tätigen Hilfswerkes für SeeleuteApostleship of the Sea rückte die „Jahrhundert-Königin“Elisabeth II. die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des entbehrungsreichen Berufes der Seeleute in das öffentlicheBewusstsein mit sinngemäß folgender Beschreibung:
“Times change; but the plights that face seafarers do not. Sailors' Society is here today, as it has been for the past two centuries, to care for those who work om our seas, and upon whom we all rely. Thes men and woman, an invisible workforce, make great sacrifices; away from loved ones for many months at a time and facing dangers. Each and every one of us owes a huge debt of gratitude to our seafarers and those who support them.”
„Zeiten ändern sich; aber die misslichen Zwangslagen mit denenSeefahrer konfrontiert werden ändern sich nicht. Die Sailors' Society ist daher heute, wie in den letzten zwei Jahrhunderten, tätig für die die auf unserenMeeren arbeiten und auf welche wir alle angewiesen sind. Die Männer und Frauen erbringen als „unsichtbare Arbeiter“ große Opfer und sie sind dabei für viele Monate lang weit weg von ihren Lieben. Alle und jeder von uns schulden eine großeDankbarkeit unseren Seefahrern gegenüber und auch denen, die sie unterstützen.“
–HM Queen Elizabeth II als Sailors‘ Society’s Patron 1952–2022:Sailors‘ Society[7]
Seeleute sind internationalerForschungsgegenstand in dem mit Unterstützung vonLloyd’s Register,IMO,ILO,ITF, derbritischen HSE und weiteren Unterstützern im Jahre 1995 geschaffenen Internationalen Seeleute-Forschungszentrum „Seafarers International Research Centre“ (SIRC) als Teil des BereichsSozialwissenschaften an derCardiff University,[16] welches seit 1997 in loser Folge frei zugängliche „SIRC-reports“ inEnglischer Sprache veröffentlicht[17] und seit 2003 von „SIRC Director“ Frau Professor Helen Sampson und ihrem Team geführt wird.[18][19]
In 2003 wurden dieRechte von Seeleuten im Zeitalter derGlobalisierung gestärkt, indem im sogenannten International Bargaining Forum von derITF mit internationalenReeder-Verbänden für fast 300.000Seefahrer der erste weltweit gültigeTarifvertrag vereinbart wurde. Weltweit rechtlich durchsetzbare Mindestrechte von Seeleuten wurden mit der Grundrechtecharta“Maritime Labour Convention” (MLC 2006) erarbeitet, derenRatifizierung durch mindestens 30 Unterzeichnerstaaten bis Ende 2012 erwartet wurde.[20]
DerKapitän an Bord eines Schiffes ist einNautiker, der (heute) durchAusbildung an einer Fachschule oderFachhochschule seinnautisches Patent erworben hat, dieses zuerst mindestens ein Jahr lang als nautischer Wachoffizier und danach entweder ein Jahr alsErster Offizier oder weiterhin zwei Jahre als nautischer Wachoffizier ausgefahren hat. Als rechtlicher Vertreter des Reeders leitet er den gesamten Schiffsbetrieb und trägt dafür die Verantwortung (Handelsschifffahrt). Auf sehr großen Schiffen gibt es bisweilen auch zwei Kapitäne.
In derDeutschen Marine wird der Begriff Kapitän abweichend gehandhabt, die Bedeutung wie im Zivilleben gibt es in der Marine so überhaupt nicht:
Der Maschineningenieur/Leitender Ingenieur (LI, auchChief für englischChief Engineer) ist nach dem Kapitän die zweitwichtigste Person imSchiffsbetrieb. Als Leiter der Maschinenanlage ist er für alle technischen Angelegenheiten an Bord zuständig und verantwortlich.
Dernautische Wachoffizier (1., 2., 3. oder 4.) hat ein Patent zum Führen eines Seeschiffes erworben. Mit seiner Wachtätigkeit auf der Brücke ist er für die Sicherheit des Schiffes und des umliegenden Verkehrs verantwortlich (Fahrzeugführer). Ausgebildet wird heute nach dem internationalenSTCW-95-Standard für die internationale Seefahrt.
Während derErste Offizier für Ladung und die Besatzung zuständig ist, ist derZweite Offizier in der Regel für die Navigation und derDritte Offizier für die Sicherheitsausrüstung, die Brandabwehr und Rettung zuständig.
Bootsmann: Er untersteht direkt dem Ersten Offizier und koordiniert die Arbeiten an Deck und im Laderaum. In der Regel ist diese Position, auch auf Schiffen unter deutscher Flagge, von ausländischen Seeleuten besetzt. Bootsmann ist kein eigenständiger Ausbildungsberuf, sondern ein Bewährungsaufstieg vom Matrosen.
Schiffsmechaniker: ausgelernter Vollmatrose und Schmierer ist sowohl im Decks- als auch im Maschinenbetrieb einsetzbar
Leichtmatrose ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Weitere Bedeutungen sind unterLeichtmatrose (Begriffsklärung) aufgeführt.
In derHandelsmarine war der Matrose bis 1983 ein Facharbeiter. Ein Seemann nach Beendigung der dreijährigen Lehrzeit und Prüfung an einer deutschenSeemannsschule wurde alsMatrose mit Brief bezeichnet, die offizielle Bezeichnung lautete:Matrose in der Seeschiffahrt und die Prüfung umfasste die Befähigung zum Rettungsbootsmann und Feuerschutzmann. Die Ausbildung begann alsSchiffsjunge (genanntMoses, daMoses als Kind in einem Binsenkorb ausgesetzt wurde), gewöhnlich nach einem Jahr war manJungmann, nach wiederum einem JahrLeichtmatrose. Der ausgelernte Matrose mit umfangreicher Erfahrung auf See wurde umgangssprachlich alsVollmatrose bezeichnet.
Die Ausbildung zum Matrosen wurde in der Bundesrepublik Deutschland 1983 eingestellt und durch die Ausbildung zumSchiffsmechaniker abgelöst. Nach der Wiedervereinigung ging die Ausbildung zum Matrosen in der DDR in die Ausbildung Westdeutschlands auf.
In derDeutschen Marine ist ein Matrose der untersteMannschaftsdienstgrad (AbkürzungMatr). Aufgrund der verschiedenen Tätigkeitsbereiche in der Marine braucht ein Matrose nicht notwendigerweise eine seemännische Ausbildung oder Verwendung zu haben. Die typischeUniform besteht u. a. aus einer weißenTellermütze, einem weißen Matrosenhemd mit blauem Exerzierkragen und schwarzem Knotentuch mit weißer Schleife sowie einer blauen Hose. Für Seeleute im Maschinenbetrieb waren auch die umgangssprachlichen Ausdrücke „Heizer“ oder „Black Gang“ üblich.
Die adäquate Bezeichnung für einenVollmatrosen inenglischer Sprache istAble (bodied) seaman (AB oder A/B)[21] während „O.S.“ die Bezeichnung für „Leichtmatrose“ ist.[22]
Christian Bubenzer, Jörg Noltin, Robert Peetz, Esther Mallach:Seearbeitsgesetz. Kommentar. C. H. Beck, München 2015,ISBN 978-3-406-66876-0.
Klaus Bösche, Karl H Hochhaus, Herwig Pollem, Jürgen Taggesell u. a. (Hrsg.):Dampfer, Diesel und Turbinen – die Welt der Schiffsingenieure. Convent Verlag, Hamburg 2005,ISBN 3-934613-85-3.
Timo Heimerdinger:Der Seemann. Ein Berufsstand und seine kulturelle Inszenierung (1844–2003). Böhlau Verlag, Köln 2005,ISBN 3-412-21205-9.
Heide Gerstenberger, Ulrich Welke:Arbeit auf See. Zur Ökonomie und Ethnologie der Globalisierung. Westfälisches Dampfboot, Münster 2004,ISBN 3-89691-575-4.
Jürgen Rath:Schiffszwieback, Pökelfleisch und Koje – Seemannsleben an Bord. Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg 2004,ISBN 3-7822-0892-7.
↑Joanna Szafran-Dobrowolska, Marta Grubman-Nowak, Marcin Renke, Maria Jeżewska:The psychosocial burden and stress coping strategies among seafarers. In: Medizinische Universität Danzig (Hrsg.):International Maritime Health. Ausgabe: 2023; 74(2),S.122–128,doi:10.5603/IMH.2023.0018 (Etwa 280.000EU-Seeleute, „EMSA“-Stand 2020.).
↑Peter Geitmann zu Geschichte und Aufgaben derSeemannskasse. In:Ver.di Publik – Fachbeilage (für Seeleute undHafenarbeiter)Waterfront : euermaritimes Ver.di-Magazin ; Ausgabe 02 / 2024, Seite 5Schifffahrt, Peter Geitmann: Beitrag “Solide Sache – 50 Jahre Seemannskasse – ein Anlass mal drauf zu schauen, wie es um diese bestellt ist” (2024); bibliografischer Nachweis unterDNB1130663922 sowie der Ausgabe 02/2024 unterDNB1350886823.
↑Udo Coors: Seemannskasse. In: Udo Coors, Maritime Payroll Services, 28832 Achim. 26. August 2019, abgerufen am 10. Januar 2025.
↑Begriff „A.B. = able-bodied (placed placed after a seaman’s name on ship’s papers = Vollmatrose“. In: Dluhy, Robert: Dictionary for Marine Technology = Schiffstechnisches Wörterbuch, Part 2, English-German,Vincentz-Verlag, Hannover 1987, 5. Auflage, Seite 7 -DNB550782176.
↑Begriff „O.S. = ordinary seaman = Leichtmatrose“. In: Dluhy, Robert: Dictionary for Marine Technology = Schiffstechnisches Wörterbuch, Part 2, English-German,Vincentz-Verlag, Hannover 1987, 5. Auflage, Seite 431 -DNB550782176.