Sekundärer Botenstoff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet vonSecond messenger)
Zur Navigation springenZur Suche springen

Einsekundärer Botenstoff ist eineintrazelluläre chemische Substanz, deren Konzentration als Antwort auf ein Primärsignal (Ligand) verändert wird.Second messenger ist der englische Fachterminus der Biologie und Medizin.Sekundärer Messenger oderSekundärsignal sind in der Fachliteratur anzutreffende, synonyme Begriffe.

Er dient der intrazellulären Weiterleitung eines von außen (extrazellulär) kommenden primären Signals, das die Zellmembran nicht passieren kann. Das Primärsignal überträgt Signale zwischen Zellen; der second messenger dient derSignalübertragung innerhalb der Zelle, ist also intrazellulär. Dabei steht der sekundäre Botenstoff oft nur am Anfang einer oder mehrerer längerer, intrazellulärer Signalketten, die auch der Signalverstärkung dienen und schließlich zu einer Zellantwort auf das Primärsignal führen. Sekundäre Botenstoffe wurden zunächst für die SignalweiterleitunghydrophilerHormone, wie z. B.Insulin,Glucagon undAdrenalin, oderNeurotransmitter, wie z. B.Glutamat, beschrieben.

Abb. 1:Sekundäre Botenstoff-Systeme: Sekundäre Botenstoffe (grün eingerahmte Verbindungen), ihre Entstehung aus ATP bzw. Phosphatidylinositol-bisphosphat (beide vereinfacht dargestellt) und einige Zielenzyme. Auch Ca++ wird häufig als sekundärer Botenstoff klassifiziert, steht aber in der Hierarchie eine Stufe darunter (d. h. wird erst durch IP3-Wirkung ausgeschüttet) – ARA =Arachidonsäure; DAG =1,2-Diacylglycerine

Die Abbildung 1 behandelt exemplarisch die beiden am häufigsten vorkommenden und am längsten bekanntensekundären Botenstoff-Systeme (cAMP und IP3). Weitere Vertreter der Klasse sindcyclisches GMP (cGMP, ein cAMP-analogesNukleotid), aber auch Gase wieStickstoffmonoxid und (möglicherweise)Kohlenstoffmonoxid.

Inhaltsverzeichnis

Cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) alssekundärer Botenstoff

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Abb. 2: Aktivierung der Gentranskription durch cAMP als sekundärer Botenstoff.

Bildung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

ATP ist die Vorstufe des am längsten bekannten sekundären Messengermoleküls, descyclischen AMP (cAMP). Dieses wird durchAdenylylcyclase (Adenylatcyclase, AC) gebildet, die ihrerseits häufig durch die α-Untereinheit einesG-Proteins (Gs) aktiviert wird.

Wirkung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Die Wirkung von cAMP beruht hauptsächlich auf der Aktivierung der cAMP-abhängigenProteinkinase A (PKA), die Phosphatgruppen auf Proteine überträgt. Diese phosphoryliertenProteine können unterschiedliche Funktionen ausüben.

  1. Die phosphorylierten Proteine dienen als aktivierte Enzyme. Ein Beispiel hierfür ist die Zellantwort vonMuskelzellen aufAdrenalin. Innerhalb von Sekunden kommt es dabei zu einerGlucosefreisetzung ausGlykogen.
  2. Die phosphorylierten Proteine dienen als aktivierte Transkriptionsfaktoren, bzw. Genregulatorproteine. Eine typische Signalkette sieht vereinfacht so aus: Hormon oder Neurotransmitter → Rezeptor → G-Protein → Adenylatcyclase → cyclisches AMP (cAMP) → Genregulatorprotein → Gentranskription → Genprodukt(e) (Siehe Abbildung 2). Vom Primärsignal bis zur Zellantwort können hier Minuten bis Stunden vergehen.

Abbau

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Die Lebensdauer von cAMP wird durch die große Familie derPhosphodiesterasen (PDE) limitiert. Die bekannten Wirkungen vonKoffein gehen – zumindest teilweise – darauf zurück, dass dieses methylierteXanthin ein Inhibitor der PDE ist. cAMP wird also nicht so schnell abgebaut. Andererseits besteht eine Wirkung desInsulins in der Aktivierung der PDE in derLeber. Dadurch sinkt die cAMP-Konzentration und gleichzeitig die Bereitstellung vonGlucose.

Cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) alssekundärer Botenstoff

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP), ist dem cAMP chemisch sehr ähnlich und wird analog cAMP von einerGuanylylcyclase ausGTP erzeugt. Die Guanylylcyclase kann dabei entweder membrangebunden oder löslich vorliegen. cGMP übt zwei Funktionen aus. Es kann cGMP-abhängige Proteinkinasen aktivieren oder den Öffnungszustand von Kationenkanälen beeinflussen. Letzteres spielt z. B. bei dervisuellen Signaltransduktion, also beim Sehvorgang in den Lichtsinneszellen, eine wichtige Rolle. Die Zellantwort auf Belichtung ist hier allerdings nicht der Auf-, sondern der Abbau von cGMP! Ein einziges absorbiertes Photon kann über einen G-Protein-gekoppelten Prozess zur Hydrolyse von ca. Hunderttausend cGMP-Molekülen führen.

Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3) alssekundärer Botenstoff

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Ein weiteres bedeutendes und dazu weit verzweigtes Signalsystem leitet sich von den Phospholipiden der Zellmembran, hier insbesondere von Phosphatidylinositolbisphosphat (PIP2) ab. Bei dieser Signalübertragung wird über das G-Protein nicht die Adenylatcyclase, sondern das membrangebundene EnzymPhospholipase C (PLC) aktiviert. Diese spaltet PIP2 inInositoltrisphosphat (IP3) undDiacylglycerol (DAG). Ersteres bewirkt über die Aktivierung von IP3-Rezeptoren die Freisetzung von Calciumionen aus intrazellulären Calciumspeichern (z. B. aus demER), letzteres ist zusammen mit Calcium ein Aktivator der Ca2+-abhängigenProteinkinase C (PKC). Wie bei der Proteinkinase A werden von Proteinkinase C nun Proteine phosphoryliert. Die Wirkungen sind ähnlich vielfältig. Eine alternative Prozessierung PIP2-verwandter Phospholipide besteht in der Abspaltung derArachidonsäure (ARA) durch Phospholipase A2 (PLA2). Arachidonsäure (C20:4) stimuliert einerseits Sekretionsprozesse und ist andererseits die Quelle derProstaglandine, einer besonderen Klasse vonGewebshormonen.

Calciumionen alssekundärer Botenstoff

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Calciumionen (Ca2+) sind zentrale Signalionen innerhalb der Zelle, auch wenn diese meist nicht am Anfang einer intrazellulären Signalkette stehen. Durch Hormone oder elektrische Stimulation kann ein Anstieg der Calciumkonzentration der Zelle erfolgen. Die freie Calciumionenkonzentration ist in einer nicht erregten Zelle im Vergleich zum Außenmedium extrem niedrig. Durch das Öffnen spezifischer Ionenkanäle kann die Konzentration um mehrere Zehnerpotenzen erhöht werden.

Calciumionen haben eine Vielzahl unterschiedlicher Effekte und wirken auf viele wichtige Prozesse, beispielsweise bei der Kontraktion von Muskeln, bei der Zellteilung, der Sekretion, der Genexpression oder bei Reaktion mit dem Intermediärstoffwechsel. Bei Pflanzen spielt es unter anderem bei der Auslösung bestimmter Wachstumsprozesse eine wichtige Rolle.

Calciumionen können auf zwei unterschiedliche Weisen als Signalmolekül fungieren. Entweder besitzen Zielmoleküle wieProteinkinase C,Villin oderPhospholipase A2 eine spezifische Bindestelle für Calciumionen. Die Aktivität dieser Moleküle wird durch die Calciumionen direkt beeinflusst. Ein in allen Eukaryonten vorkommendes und weit verbreitetes Zielprotein istCalmodulin, was vier Calciumionen binden kann. Dieses kann im calciumgebundenen Zustand wiederum an andere Proteine andocken und jene aktivieren. Hier wirkt Calcium indirekt.

Stickstoffmonoxid (NO) alssekundärer Botenstoff

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Das gasförmigeStickstoffmonoxid (NO) kann ebenfalls alssekundärer Botenstoff fungieren. Ursprünglich wurde die Bedeutung von NO als Botenstoff im Zusammenhang mit der Kontraktion und Entspannung von Blutgefäßen entdeckt. Mittlerweile ist bekannt, dass fast jede Zelle in Säugern durch NO reguliert werden kann und dass es als universaler Botenstoff für die intra- und interzelluläre Kommunikation dient.

NO wird enzymatisch aus derAminosäureL-Arginin gebildet, was eineStickstoffmonoxidsynthase (NO-Synthase, NOS) katalysiert. Hierbei entstehtCitrullin, das imHarnstoffzyklus wieder zu Arginin regeneriert werden kann. Die NO-Synthasen sind als Dimere aktiv und können als inaktive Monomere vorliegen. Es gibt drei verschiedene NO-Synthasen, die unterschiedlich sensitiv auf Calciumionen reagieren. Eine Form, NOS II, wird hierbei aber nicht durch Calciumionen reguliert, sondern durch die Transkription seiner mRNA. Die NO-Synthase benötigt verschiedene Cofaktoren, wie beispielsweiseFAD, Häm oder/und Sauerstoff.

NO ist ein kleines, wasserlösliches Molekül, das Biomembranen ungehindert passieren kann. Da es alsRadikal vorliegt, hat es in Wasser nur eine kurze Lebensdauer von ca. 4 Sekunden. Es reagiert mit Sauerstoff, Fe(II) inHämen und SH-Gruppen, was die Bildung von S-Nitrosylgruppen (RS-NO) nach sich zieht. Enzymgebunden ist NO wesentlich länger stabil als frei in Lösung.

Durch extra- oder intrazelluläre Signale wird die Bildung von NO stimuliert. Es kann dabei innerhalb derselben Zelle als Botenstoff dienen oder ein Signal einer benachbarten Zelle auslösen. Daher hat es sowohl die Eigenschaft einesautokrinen oderparakrinen Hormons, als auch eines intrazellulären Botenstoffs.

Physiologisch übt NO sowohl eine regulatorische als auch eine toxische Funktion aus. Letztere spielt insbesondere im Nervensystem eine Rolle. Möglicherweise wird während einesSchlaganfalles eine erhöhte Menge an NO gebildet, das zum Absterben von Nervenzellen führt.

Die regulatorische Funktion von Stickstoffmonoxid ist vielfältig, da es mit vielen Effektorproteinen reagieren kann. So kann NO beispielsweise eine NO-sensitive Guanylylcyclase aktivieren, so dass die Menge an cGMP steigt. Dies hat vielfältige Folgen (siehe oben). Ein weiteres Effektormolekül istHämoglobin, das an einer reaktiven Cysteingruppe, Cys 93, und am Eisenatom durch NO nitrolysiert werden kann. Durch diese Prozesse könnenErythrozyten Stickstoffmonoxid speichern und durch die Blutgefäße transportieren. In Abhängigkeit vom Sauerstoffgehalt dissoziiert NO wieder ab und kann mitGlutathion oder anderen Cysteinen reagieren. Dadurch gelangt NO schließlich insEndothel kleiner Blutgefäße und bewirkt dort eine Weitung dieser Blutgefäße. Das geformte cGMP aktiviert die Proteinkinase G, die dann dieMysoin-light-chain Kinase phosphoryliert. Die phosphorylierte MLCK kann nicht mehr die Myosin light chain in der glatten Muskulatur aktivieren, weswegen keine Kontraktion möglich ist. Es kommt zu einer Entspannung der glatten Muskulatur und damit zu einer Vasodilatation.

Literatur

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • Gerhard Krauss:Biochemistry of Signal Transduction and Regulation. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA; 4. erweiterte und verbesserte Auflage 2008;ISBN 978-3-527-31397-6, S. 327ff.
  • Bruce Alberts, Dennis Bray, Karen Hopkin, Alexander Johnson, Julian Lewis, Martin Raff, Keith Roberts, Peter Walter, Lutz Nover (Hrsg.) und Pascal von Koskull-Döring (Hrsg.):Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie. Wiley-VCH; 3. vollständig überarbeitete Auflage 2005;ISBN 978-3-527-31160-6
  • Rolf Knippers:Molekulare Genetik. Thieme, Stuttgart; 9., kompl. überarb. Auflage 2006;ISBN 978-3-13-477009-4

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Normdaten (Sachbegriff):GND:4243447-6(lobid,OGND,AKS)
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sekundärer_Botenstoff&oldid=249532709
Kategorien: