Sebastian Englert

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Dieser Artikel behandelt den Missionar. Zum Pädagogen sieheSebastian Englert (Pädagoge).

Sebastian EnglertOFMCap (*17. November1888 inDillingen alsFranz Anton Englert; †8. Januar1969 inNew Orleans) war ein deutscherMissionar und Sprachenforscher.

Inhaltsverzeichnis

Leben

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Der VaterSebastian Englert war Gymnasiallehrer fürAltphilologie in Dillingen, dann inBurghausen und ab 1894 inEichstätt (ab 1908 Oberstudiendirektor desdortigen Gymnasiums; nach dem Tod seiner Frau 1924 zum Priester geweiht, † 1933). Die Mutter war die gebürtige Berta Prechter ausNeuburg an der Donau. Franz Anton, wie die Taufnamen des späteren Kapuziners lauteten, war das vierte von insgesamt 17 Kindern dieser Ehe. In Dillingen kam er alsMinistrant in Kontakt mit den Kapuzinern. In Eichstätt besuchte er dasHumanistische Gymnasium; als begabter Schüler kam er in den Genuss eines Freiplatzes. Nach demAbsolutorium 1907 trat er demKapuzinerorden bei und erhielt dort denOrdensnamen Sebastian und damit den Vornamen seines Vaters. 1908 bis 1912 studierte er an derPhilosophisch-theologischen Hochschule Dillingen Philosophie und Theologie. DiePriesterweihe empfing er am 25. Juli 1912 inAugsburg und feierte am 27. Juni 1912 in Eichstätt seinePrimiz. Erste seelsorgerliche Tätigkeiten folgten inAltötting undMünchen.

Während des gesamtenErsten Weltkriegs diente er als Feldgeistlicher an den Fronten inFrankreich undBelgien. Nach dem Krieg wirkte er fünf Jahre lang alsKaplan in München-Schwabing. 1922 ging der sprachbegabte Englert auf eigenen Wunsch alsMissionar nachChile zu denAraukanern, einemIndianervolk in den südlichenAnden; bei ihnen wirkte er bis 1934, ab 1927 als Missionspfarrer der ausgedehnten Pfarrei vonVillarrica, ab 1930 als Missionar der neuen MissionsstationPucón. Nach einer auf Einladung der Staatsuniversität Chile Ende 1935/Anfang 1936 unternommenen Forschungsreise auf dieOsterinsel wirkte er dort ab Ende 1937 bis zu seinem Tod alsMissionspriester. Er errichtete die Pfarrei Osterinsel, deren erster Pfarrer er wurde.[1]

Auf der Osterinsel erlernte er die Sprache der Einheimischen und betätigte sich neben seiner Missionsarbeit vor allem auch als Erforscher der Sprache und Kulturgeschichte der Osterinsel. Er publizierte mehrere Bücher, darunter als sein HauptwerkLa Tierra de Hotu Matu´a (dt.: Die Erde desHotu Matua), das 1948 in Chile veröffentlicht wurde. Es handelt sich um eine Studie über Geschichte,Archäologie,Ethnologie und Sprache der Osterinsel. Er publizierte auch in wissenschaftlichen Zeitschriften. Er schrieb nicht nur die Sagen und Legenden der Indianer auf, sondern setzte sich auch für den Erhalt der riesigen Steinfiguren der Osterinseln ein, die „Moai“ ein, die er katalogisierte und nummerierte.

Wegen seines Engagements für die Insulaner, besonders für dieLeprakranken, und seiner unbestrittenen Autorität auf der Insel überlieferte 1956 der norwegische ForscherThor Heyerdahl, dass P. Englert in Chile der „ungekrönte König der Osterinsel“ genannt wurde. Heyerdahl schilderte ihn so: „Vor dem Hintergrund eines tiefblauen Himmels stand er nun breitschulterig und aufrecht vor mir, in seiner weißen Kutte, einen Strick um den Leib. Darunter trug er große, blanke Stiefel. Barhäuptig, mit zurückgeworfener Mähne und wallendem Bart, glich er einem Apostel oder Propheten. Ich sah in ein vom Wind gerötetes Gesicht mit forschenden Augen und klugen Lachfältchen und streckte ihm die Hand entgegen. ‚Willkommen auf meiner Insel’, waren seine ersten Worte.“[2]. Heyerdahl nannte „Father Sebastian“ rückblickend 1988 einen "„unvergeßlichen Freund“.[3]

Englert starb am 8. Januar 1969 während einer Vortragsreise in den USA. Seine Urne wurde auf der Osterinsel in der Nähe des Ahu Tahai beigesetzt.

Ehrungen

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  • 1957, im Jahr der Erbauung seiner neuen Pfarrkirche, wurde Englert durch den König vonNorwegen zum Ritter desSankt Olav-Ordens ernannt.
  • 1963Bundesverdienstkreuz Erster Klasse
  • 1963 „Orden al mérito Bernardo O’Higgins“.
  • Eine Hauptstraße inHanga Roa ist nach ihm benannt.
  • In Tahai auf der Osterinsel wurde 1985 das „Museo Antropologico Padre Sebastian Englert“ („Anthropologisches Museum von Pater Sebastian Englert“) zur Geschichte der Osterinsel errichtet.
  • 1988/89 widmete ihm dieUniversitätsbibliothek Eichstätt eine Ausstellung. Sie verwahrt neben dem Nachlass seines Vaters (Nl 127) im NachlassNl 88 weitere familiäre Erinnerungsstücke (z. B. Fotos, Briefe und Zeitungsartikel).[4]

Werke (Auswahl)

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  • Diccionario rapanui-espanol. 1. Auflage Santiago de Chile 1938. 2. Auflage in: Idioma Rapanui. Santiago de Chile, 1978, S. 90–287
  • Tradiciones de la Isla de Pascua en idioma rapanui y castellano. Padre las Casas 1939
  • La Tierra de Hotu Matu´a. Padre las Casas, 1948. 9. Auflage, Editorial Universitaria, Santiago de Chile 2004,ISBN 956-11-1704-5
  • Island at the Center of the World. New Light on Easter Island. New York: Charles Scribner’s, 1970
  • Leyendas de Isla de Pascua. Textos bilingües. Ediciones de la Universidad de Chile, Santiago de Chile, 1980
  • Primer Siglo cristiano de la Isla de Pascua. Valparaiso 1964. (Deutsche Neuausgabe:Das erste christliche Jahrhundert der Osterinsel (1864–1964). Frankfurt am Main: Vervuert, 1996)
  • Diverse Zeitschriften-Beiträge

Literatur

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  • Matthias Buschkühl (Hrsg.),Missionsgeschichte der Osterinsel. Pater Sebastian Englert O.F.M.cap. (1888-1969) zum 100. Geburtstag. (Ausstellungskatalog), Eichstätt: Universitätsbibliothek 1988,ISBN 3-924109-09-5
  • Ludwig Gschwind:Die Osterinsel wurde seine Lebensaufgabe. In: Klerusblatt, Zeitschrift der katholischen Geistlichen in Bayern und der Pfalz 90 (2010), Nr. 4, S. 98.
  • Thor Heyderdahl:Aku-Aku. Das Geheimnis der Osterinsel. Berlin (1957).
  • Alois J. Weichslgartner:Pater Sebastian Englert (1888-1969). In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben Bd. 12. Weißenhorn: Anton H. Konrad Verlag, 1980,ISBN 978-3-87437-173-5
  • Alois J. Weichslgartner, Pater Sebastian Englert, der ungekrönte König der Osterinsel. Altötting, Drittordens-Verlag 1985.

Weblinks

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Einzelnachweise

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  1. Josef Ettle: Die einsamste Insel der Welt. 17-facher Familienvater Sebastian Englert zum Priester geweiht – Sein Sohn wirkte auf der Osterinsel. In: Donaukurier. 27. Dezember 2013, abgerufen am 26. März 2022. 
  2. Matthias Buschkühl (Hrsg.):Missionsgeschichte der Osterinsel. Pater Sebastian Englert O.F.M.cap. (1888-1969) zum 100. Geburtstag. (Ausstellungskatalog), Eichstätt: Universitätsbibliothek 1988, S. 137
  3. “Unforgettable Friend”
  4. Kalliope | Verbundkatalog für Archiv- und archivähnliche Bestände und nationales Nachweisinstrument für Nachlässe und Autographen. Abgerufen am 26. März 2022. 
Personendaten
NAMEEnglert, Sebastian
ALTERNATIVNAMENEnglert, Franz Anton
KURZBESCHREIBUNGdeutscher Missionar und Forscher
GEBURTSDATUM17. November 1888
GEBURTSORTDillingen
STERBEDATUM8. Januar 1969
STERBEORTNew Orleans
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