Schriftlesung
EineSchriftlesung ist eine Lesung aus derBibel im Rahmen derLiturgie, insbesondere bei denGottesdiensten.
EinchristlicherGottesdienst enthält als wesentlichen Bestandteil wenigstens eine Schriftlesung. Sie wird vomLektor, einemDiakon oder dem Gottesdienstleiter vorgetragen. Schriftlesungen stellen den Bezug der gegenwärtigen Feier zum vergangenen und künftigen WirkenGottes her (sieheAnamnese) und deuten das Leben der Gläubigen. Zumindest in den Gottesdiensten der Sonntage,Hochfeste undFeste folgt der letzten Schriftlesung meist eine Auslegung, diePredigt oderHomilie.
Für die Auswahl der Schriftlesungen (Perikopen) gibt es in vielen christlichen Konfessionen feste Ordnungen undliturgische Bücher.Lektionare haben oft einen festen Zyklus, beispielsweise drei- oder sechsjährig. Erfolgen die Schriftlesungen fortlaufend, spricht man von einerBahnlesung.
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der frühenKirche wurdenEvangelien undApostelbriefe in den Gottesdiensten fortlaufend vorgelesen.
ImMittelalter wurden in verbindlichenPerikopenordnungen die Lesungen (eineEpistel und dasEvangelium) für die jeweiligen Sonntage und Feiertage festgelegt. Die Schriftlesung wurde in der westlichen Kirche aufLatein vorgetragen: in derMissa lecta gesprochen, in allen anderen Gottesdienstformen nach festen Melodiemodellen (Lektionstönen) gesungen. Für einzelneEvangeliumslesungen wurden imSpätmittelaltergregorianische Melodien komponiert. Es entstanden mehrstimmige Einleitungen und einigemehrstimmige Vertonungen bedeutender Schriftstellen.
DieEvangelisch-Lutherische Kirche übernahm zunächst die Leseordnung derkatholischen Kirche, jedoch unter Einführung der Volkssprache auch für die Lesungen. Außerdem kehrte die lutherische Kirche zu den einfachen Lektionstönen zurück.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kamen volkssprachliche mehrstimmige Vertonungen zentraler Abschnitte der Perikopentexte auf (Evangeliensprüche). Während der größte Teil der Schriftlesung im Lektionston erfolgte, wurden dann Worte des Herrn oder eine zentrale Botschaft alsFiguralmusik musiziert.
Später wurde die Figuralmusik wieder aus der Lesung ausgegliedert.
Im Sonntagsgottesdienst der großen christlichen Kirchen werden dreiPerikopen vorgetragen, und es wird einAntwortpsalm gesungen:
- aus demAlten Testament
- Antwortpsalm
- aus einerEpistel oder aus derOffenbarung des Johannes oder derApostelgeschichte
- aus einem der Evangelien nachMatthäus,Markus,Lukas oderJohannes.
In derOsterzeit stammt die Perikope der ersten Lesung ebenfalls aus demNeuen Testament.
An Hochfesten, vor allem während desösterlichen Triduums, sieht die Liturgie auch mehr Lesungen vor. So werden in denorthodoxen Kirchen am Abend desGründonnerstags zwölf Evangelienabschnitte vorgetragen. Die Feier derOsternacht in der römisch-katholischen Kirche sieht bis zu zwölf längere Lesungen, vor allem aus dem Alten Testament, vor.
In derEvangelischen Kirche in Deutschland besteht die geltendePerikopenordnung seit 2018.[1]
In der katholischen Kirche gibt es dieLeseordnung. Sie gilt für alle Gemeinden, in denen dieheilige Messe nach demRömischen Ritus gefeiert wird und damit praktisch für alle katholischen Kirchengemeinden in Deutschland. Diekatholischen Ostkirchen und die kleineren Riten derLateinischen Tradition wie etwa derAmbrosianische Ritus besitzen für die Schriftlesung eigene Ordnungen; der Römische Ritus in der außerordentlichen Form (Tridentinische Messe) benutzt die Leseordnung, die bis 1970 allgemein in Gebrauch war und einen einjährigen Zyklus aufweist.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Thomas Melzl:Die Schriftlesung im Gottesdienst. Eine liturgiewissenschaftliche Betrachtung. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011,ISBN 3-374-02902-7.
- Thomas Melzl:Die Schriftlesung in den verschiedenen Gottesdiensttraditionen. In: Hanns Kerner (Hrsg.):Tiefendimensionen des Gottesdienstes. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2016, S. 121–165,ISBN 3-374-04319-4.
- Brigitte Müller:Die Bibel vorlesen. Hilfen für die Schriftlesung im Gottesdienst. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2004,ISBN 3-438-06625-4.
- Alexander Zerfaß: Auf dem Weg nach Emmaus. Die Hermeneutik der Schriftlesung im Wortgottesdienst der Messe (=Pietas Liturgica. Studia. Band 24). Francke Verlag, Tübingen 2016,ISBN 3-7720-8581-4 (Habilitationsschrift Universität Mainz 2015).
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Aktuelle Schriftlesungen nach der Leseordnung der römisch-katholischen Kirche
- Film über das Lesen biblischer Texte in evangelischen Gottesdiensten
- Liturgischer Kalender der Evangelischen Kirche Deutschlands mit Angaben zu den jeweils vorgesehenen Schriftlesungen
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑4. Tagung der 12. Generalsynode der VELKD beendet. Evangelische Kirche in Deutschland, 11. November 2017, abgerufen am 24. Juli 2020.