DerSchluckakt ist ein komplexer Vorgang, der dazu dient,Nahrung undSpeichel aus derMundhöhle in denMagen zu befördern, ohne dass dabeiAtemwege verlegt werden.
Der Schluckakt wird zunächst willkürlich vorbereitet. DurchReizung desZungengrunds wird dann der unwillkürlicheSchluckreflex ausgelöst, womit sich die anschließenden Vorgänge der willentlichen Beeinflussung entziehen. Beeinträchtigungen des Schluckakts werden alsSchluckstörung bezeichnet.
Durchschnittlich kommt es beim Menschen täglich zu 1000 bis 3000 Schluckvorgängen[1] (in der Schlafphase wesentlich seltener als in der Wachphase). Die Funktion des Schluckvorgangs besteht nicht nur im Transport des Nahrungsbolus in den Magen, sondern dient auch der Reinigung der Speiseröhre, insbesondere der Beseitigung der in die Speiseröhre gelangtenMagensäure. Die vermehrten nächtlichen Beschwerden bei einerRefluxkrankheit können somit zum Teil auch auf die verringerte Frequenz der Schlucktätigkeit in der Nacht zurückgeführt werden.
Der Schluckreflex ist ein schon vorgeburtlich ausgebildeterFremdreflex, der die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ermöglicht, ohne dabei dieAtemwege zu gefährden. Er bestimmt den Ablauf des Schluckaktes beim Gesunden auf mehreren Ebenen.
Die Schluckgröße variiert stark und ist von der Art der Nahrung abhängig. Pro Schluck können etwa 20 g wässriger Nahrungsbrei oder maximal 40 ml Flüssigkeit (hastiges Trinken) aufgenommen werden. (Um einen Bezugsrahmen zu schaffen: Ein Suppenlöffel enthält 10 ml.)
Beim Essen ist die Schluckdauer davon abhängig, wie gut der Bissen gekaut und mit Speichel vermischt wurde. Die Passagezeit durch die Speiseröhre beträgt etwa 8–20 Sekunden.
Der Schluckakt im engeren Sinn besteht aus drei Transportphasen. Ebenso wichtig ist jedoch, was zuvor geschieht – besonders bei der Aufnahme fester Nahrung. Somit wird folgende Einteilung getroffen: Einer Vorbereitungsphase schließen sich Mund-, die Rachen- und schließlich die Speiseröhrenphase an:
Mit der oralen Vorbereitungsphase werden jene Vorgänge zusammengefasst, die dem eigentlichen Schluckvorgang vorangehen und diesen erst ermöglichen. Ein Nahrungsbissen muss zunächst ausreichend klein sein, um ihn damit erst ausreichendkauen zu können. Dabei wird die zerkleinerte Nahrung mitSpeichel durchmischt und gleitfähig gemacht. Vorbedingung sind somit die ungestörte Funktion unter anderem vonLippen,Zähnen undZahnhalteapparat,Kiefergelenk undKaumuskulatur sowie derZunge und derMundspeicheldrüsen.
Letztlich entsteht ein 5–20 ml großer Speisebolus.
Diese Phase unterliegt nur noch zum Teil der willkürlichen Kontrolle: Während mit offenem Mund gekaut werden kann, werden jetzt die Lippen geschlossen, um einen Speichelverlust und das Schlucken von Luft (eineAerophagie) zu vermeiden; derWangenmuskel wird angespannt. Die Zunge wird zum Start des Schluckvorgangs gegen den harten Gaumen gedrückt – dieser dient somit als Widerlager – und der Bolus mit einer nach hinten gerichteten wellenförmigen Bewegung (unterstützt vonMusculus styloglossus undMusculus hyoglossus, die die Zunge wie einen Stempel nach hinten ziehen) über die Rachenenge in den Rachen geschoben.
Der Schluckreflex wird erst ausgelöst, wenn Zungengrund oder Rachenhinterwand vom Speisebolus berührt werden. Ab diesem Zeitpunkt kann der weitere Vorgang nur mehr teilweise bzw. nach einem entsprechendenSchlucktraining beeinflusst werden.
In dieser Phase werden sowohl die oberen als auch die unteren Luftwege abgedichtet, um einen Übertritt des Nahrungsbreis in die Nase bzw. ein Verschlucken zu verhindern:
DasGaumensegel wird angespannt und angehoben, um einen Übertritt des Nahrungsbreis in die oberen Luftwege zu verhindern. Das wird durch die „Spanner und Heber des Gaumensegels“ (Musculus tensor veli palatini undMusculus levator veli palatini) gewährleistet. Beide Muskeln weiten auch dieOhrtrompete (Tuba auditiva), was erklärt, weshalb es beim Schlucken zu einemDruckausgleich zwischenMittelohr und einem abweichenden äußeren Druck kommt. Dies kann gezielt bei raschen Änderungen des Umgebungsdrucks (Flugzeugstart, Landung) ausgenutzt werden.
Derobere Schlundschnürer (Musculus constrictor pharyngis superior, genauer dessenPars pterygopharyngea) kontrahiert sich und bildet den sog.Passavant-Ringwulst, an den sich das Gaumensegel anlegt, sodass der Verschluss der oberen Luftwege nun komplett ist und keine Nahrung mehr in die Nase gelangen kann.
Klinischer Bezug: Bei einerGaumensegellähmung, zum Beispiel nach einerDiphtherie, ist dieser Verschlussmechanismus insuffizient und es tritt Nahrung oder Flüssigkeit in die Nase ein.
die Muskulatur desMundbodens zieht sich zusammen; Kehlkopf undZungenbein heben sich um circa 2 cm, was gut getastet und – zumindest beim Mann – auch gut gesehen werden kann. Diese sog. „Larynxelevation“ wird durch die Musculimylohyoideus,digastricus undstylohyoideus (diese heben das Zungenbein) sowie denMusculus thyrohyoideus (dieser den Larynx) unterstützt.
Mit dem Höhertreten des Kehlkopfs geschehen zwei Dinge gleichzeitig:
Kehldeckel und Kehlkopfeingang nähern sich – und damit sind die unteren Luftwege jetzt 3-fach geschützt
der obereSchließmuskel der Speiseröhre (derobere Ösophagussphinkter oderÖsophagusmund) öffnet sich. Damit steht dem Nahrungsbolus der Weg für den weiteren Transport frei.
Durch Kontraktion der mittleren und unteren Schlundschnürer (Musculi constrictores pharyngis medius et inferior) oberhalb des Bissens wird dieser Richtung Speiseröhre befördert und in diese eingespritzt.
Nach Eintritt des Speisebolus in dieSpeiseröhre schließt sich der Sphinkter wieder. Damit ist ein weiterer Verschluss der Atemwege nicht mehr sinnvoll und diese werden wieder geöffnet. Bei aufrechter Haltung rutscht der Bolus durch Speiseröhre zum Magen, diePeristaltik der Speiseröhre kann den Bolus aber auch entgegen der Schwerkraft (im Kopfstand) oder im Liegen weiterbefördern. DieCardia öffnet sich; nach Eintritt des Bolus in den Magen schließt sich diese wieder und der Schluckakt ist beendet.
Während der fortgeschrittenenSchwangerschaft wird die Menge anFruchtwasser weitgehend durch Aufnahme und Ausscheidung seitens desFetus selbst reguliert. Ab der 15. Schwangerschaftswoche kann er Fruchtwasser trinken – am Ende der Schwangerschaft circa 400 ml täglich bei normalerMiktion (Urinausscheidung). Voraussetzung hierfür ist neben einer regelrechtenNierenfunktion und unbehinderten ableitendenHarnwegen auch ein ungestörter Schluckakt. BeiFehlbildungen imZentralen Nervensystem (z. B.Anenzephalie) oder des Verdauungstrakts (z. B.Ösophagusatresie) kann es infolge anwachsender Fruchtwassermenge zur Ausbildung einesPolyhydramnions kommen.
Bei Neugeborenen steht der Kehlkopf wesentlich höher im Rachen als später. Daher kann der Säugling gleichzeitig saugen und atmen. Der hochstehende Kehldeckel derEpiglottis berührt fast den weichenGaumen und dasGaumensegel (Velum palatinum) wird durch Kontraktion desMusculus palatoglossus während des Saugens gesenkt, sodass dabei eine nasale Atmung möglich ist. Aufgenommene Muttermilch sammelt sich zunächst hinter demZungengrund in den paarigen Kehldeckelgrübchen (Valleculae epiglotticae). Wenn diese gefüllt sind, kommt es zu einem Schluckakt, wobei das Atmen nur für weniger als eine halbe Sekunde unterbrochen ist.[2]
DerKehldeckel steht höher als der Zungengrund und die flüssige Nahrung gelangt über denRecessus piriformis beidseits des Kehlkopfs fließend in die Speiseröhre. Der Säugling kann so gleichzeitig durch die Nase atmen und durch den Mund trinken, ohne sich zuverschlucken.[3] Sein Rachenraum ist erheblich kleiner als in späterem Lebensalter und eignet sich noch nicht für die Bildung von komplexen Lauten wieVokalen, die für das Erlernen einer mündlichenSprache unerlässlich sind. Erst wenn sich der Kehlkopf nach ungefähr drei Monaten absenkt, vergrößert sich der Rachen. Danach kann der Säugling nicht nur komplexe Laute bilden, sondern (theoretisch) auch schnarchen.
Die Diagnostik vonSchluckstörungen ist mit der Videokinematographie des Schluckaktes deutlich erweitert worden.[4]
Bei einem Verdacht auf Vorliegen einer Dysphagie soll eine umfassende klinische Schluckuntersuchung durch Sprachtherapeuten / Logopäden erfolgen (Anamnese, Untersuchung der am Schlucken beteiligten Strukturen einschließlich Hirnnervenstatus, Schluckversuche). Die wichtigsten apparativen Methoden zur Erfassung von Ursache, Art und Schweregrad einer Dysphagie sind die Videofluroskopie (Videofluoroscopic Swallowing Study; VFSS) und die Videoendoskopie des Schluckens (Flexible Endoscopic Evaluation of Swallowing; FEES).[5]
Bei vielenVögeln rutscht die Speise ausschließlich mit Hilfe der Schwerkraft durch die Speiseröhre. Wenn eineMöwe einen Fisch oder einStorch einen Frosch verschluckt, heben sie in erster Linie den Kopf, so dass der Schnabel nach oben zeigt und die Beute nach unten gleiten kann. Ihre Zunge und Backen nehmen sie dabei zur Hilfe, um die Nahrung in die richtige Richtung zu lenken.
BeiFischen ist die Zunge weitgehend knöchern und viel weniger beweglich. Die Nahrung wird mit Wasser in den Rachen gespült, das aus denKiemen wieder austritt.
Schlangen bewegen zunächst ihren Unterkiefer, um die Nahrung in ihren Körper zu befördern. Sobald die Beute tief genug in ihnen steckt, wird sie durch peristaltische Bewegungen ihrer Körpermuskulatur weiterbefördert.