Lage der preußischenProvinz Schlesien in den Grenzen von 1815 (gelb umrandet) bzw. des österreichischen Schlesiens bis 1742 (türkis umrandet) in den Grenzen seit 1993 (rot)
Wappen Schlesiens (Abbildung aus dem 15. Jahrhundert)
Spätestens ab etwa 100 n. Chr. war Schlesien von denvandalischenSilingen beziehungsweisegermanischenLugiern besiedelt. Ab etwa 550–600 n. Chr. wanderten diewestslawischenSlensanen undOpolanen ein. Die seit Ende des 10. Jahrhunderts andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen demHerzogtum Böhmen und demKönigreich Polen um die Vormachtstellung in Schlesien endeten erst 1137 mit demPfingstfrieden von Glatz, und es wurde ein eindeutiger Grenzverlauf festgelegt. Durch den Tod des polnischen HerzogsBolesław III. „Schiefmund“ 1138 zerfiel Polen in einzelne Teilgebiete. Das Gebiet von Schlesien fiel an den ältesten SohnWładysław. Er begründete dasHerzogtum Schlesien und war Stammvater derSchlesischen Piasten. 1159 starb er im Exil imthüringischenAltenburg. Erst 1163 durften seine drei Söhne zurückkehren und das ihrem Vater entwundene Schlesien in Besitz nehmen. Im Zuge der Auflösung des für das Königreich Polen geltendenSenioratsprinzips erlangte das Herzogtum Schlesien, neben anderen polnischen Herzogtümern, de facto die politische Selbständigkeit.
Unter HerzogHeinrich I. „dem Bärtigen“, der 1201 seinem VaterBolesław I. als Herzog von Schlesien nachfolgte, wurde die Besiedlung Schlesiens mit Deutschen und Holländern gefördert. Ebenso unter seinem gleichnamigen SohnHeinrich II., der 1226 von seinem Vater zum Mitregenten berufen wurde. Er fiel 1241 beim Mongoleneinfall in derSchlacht bei Liegnitz. Unter seinen Nachkommen wurde das Herzogtum Schlesien ab 1249 durch Teilungen in zahlreicheTeilherzogtümer zersplittert, deren Herzöge sich nachfolgend politisch demKönigreich Böhmen zuwandten. Zwischen 1289 und 1292 unterstellten fast alle oberschlesischen Herzöge ihre Teilherzogtümer alsLehen HerzogWenzel II.,[1] 1327 folgte dasHerzogtum Oppeln und bis 1329 die meisten niederschlesischen Teilherzogtümer. 1331 huldigten auch die Herzöge vonGlogau und 1336 vonMünsterberg dem böhmischen KönigJohann von Luxemburg. 1342 folgte das geistlicheFürstentum Neisse diesem Beispiel. Bereits 1335 wurden die bis dahin erreichten Verhältnisse mit demVertrag von Trentschin anerkannt. KönigKarl IV. unterstellte Schlesien 1348 dem Königreich Böhmen und damit demHeiligen Römischen Reich. Da es dem Reich nur mittelbar unterstellt war, besaßen die Herzöge von Schlesien und der Neisser Fürstbischof nicht dieReichsstandschaft und damit weder Sitz noch Stimme imReichstag. Sie waren nur Böhmen untertan.
Die Region stellt insofern einen Raum mit natürlichen Grenzen dar, als sie dasEinzugsgebiet der Ober- und Mitteloder nahezu vollständig umfasst. Lediglich das in Mähren liegende Quellgebiet des Stroms und das zum Teil in Großpolen liegende Zuflussgebiet derBartsch(Barycz), eines rechten Nebenflusses der Oder, befinden sich außerhalb der Grenzen Schlesiens. Weitere wichtige Nebenflüsse der Oder in Schlesien sind dieOlsa(Olza), dieGlatzer Neiße(Nysa Kłodzka), dieLohe(Ślęza), dieSchweidnitzer Weistritz(Bystrzyca), dieWeide(Widawa) sowie derBober(Bóbr) und derQueis(Kwisa). Die Bober-Queis-Linie bildet zugleich die Abgrenzung Schlesiens gegen die sich westlich anschließendeLausitz. Darüber hinaus liegt in denSchlesischen Beskiden im Südosten Schlesiens das Quellgebiet derWeichsel(Wisła).
Schlesien im Deutschen ReichKonfessionskarte (evangelisch/katholisch; ca. 1890)Bevölkerungsdichte Schlesiens (ca. 1910)DieFriedenskirche Schweidnitz
In derBronzezeit gehörte Schlesien zurLausitzer Kultur. In den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende fand eine germanische Besiedlung statt, mit derVölkerwanderung um 550–600 n. Chr. eine Besiedlung durchwestslawische Stämme.
Die germanische Besiedlung Schlesiens erfolgte dabei durch das aus dem Norden einwandernde Volk derVandalen. Deren Hauptstämme waren die Hasdinger, Lygier (Lugier) undSilinger (manchmal auchSelinger), wobei diese Schlesien (alt-deutsch Slesie(n)) den Namen gaben. Archäologische Funde bezeugen, dass in vorgermanischer Zeit auch Kelten in dieser Gegend beheimatet waren. Es existieren keltische und germanische Fundstücke; aber spätere Fundorte belegen auch, dass Kulturstile beider Völker miteinander verschmolzen. Die Vandalen zogen im Zuge der Völkerwanderung zum Großteil in Richtung Süden ab, wobei viele Sippen in Schlesien verblieben. Die nachrückenden Slawen lebten zunächst nebeneinander zu den verbliebenen Vandalen. Auch hier bezeugen archäologische Fundstellen, dass beide Völker miteinander verschmolzen sind. Orte größerer kriegerischer Auseinandersetzungen sind nicht bekannt.
Die Zugehörigkeit zu verschiedenen Herrschaften wechselte. Schlesien gehörte zunächst zumGroßmährischen Reich, wurde dann von dem vom deutschen Kaiser eingesetzten HerzogBoleslav II. (Böhmen) regiert. Als dieser jedochMeißen besetzt hielt, zogen thüringisch-sächsische Truppen des KaisersOtto III. zusammen mit Mieszko, dem ersten Herzog derPolanen, der mitOda von Haldensleben verheiratet war, im Jahr 986 (987, 989, 990) gegen Böhmen.[2] Daraufhin wurdeMieszko I., der ebenfalls Lehnsmann des Kaisers war, für seine Hilfe als Herzog Schlesiens eingesetzt. Das Land war recht dünn besiedelt, und nachdem vier Fünftel der Bevölkerung durch denMongolensturm umgekommen waren, bemühten sich dieSchlesischen Piasten im 13. Jahrhundert sehr umdeutsche Kolonisten, sodass bis zur Vertreibung der Deutschen 1945–1947 in Niederschlesien der größte Teil und in Oberschlesien ein nicht geringer Teil der Gebiete eine deutsche Bevölkerungsmehrheit hatte. Mit dem Anschluss an dieKrone Böhmen 1348 wurde Schlesien Teil desHeiligen Römischen Reiches. Kulturell waren die Verbindungen nach Westen ausgeprägter, als es der politischen Bindung an Böhmen bzw.Österreich entsprochen hätte. InNiederschlesien schlossen sich große Teile der Bevölkerung derReformation an. InOberschlesien, wo Deutsche wieslawische Schlesier mehrheitlichkatholisch blieben, war die Grenze zwischen den Völkern fließend. Von 1740/45 (Schlesische KriegeFriedrichs II.) bis 1918 gehörte der größte Teil Schlesiens zumKönigreich Preußen, danach zumFreistaat Preußen und damit von 1871 bis 1945 zumDeutschen Reich. In der Zeit desKaiserreichs waren in Schlesien die deutsche und die polnische bzw. die schlesische Sprache verbreitet, in Niederschlesien wurde in der Regel deutsch gesprochen, in Oberschlesien war die Bevölkerung zweisprachig (Deutsch undSchlesisch).
Die historischeGrafschaft Glatz an der Grenze zu Böhmen gelangte erst mit demHubertusburger Frieden 1763 an Schlesien und ist mit ihrer HauptstadtGlatz heute ein Teil der Woiwodschaft Niederschlesien.
Ein kleiner Teil des südlichen Schlesiens, die RegionTschechisch-Schlesien (früherÖsterreichisch-Schlesien), gehört zuTschechien.
Ein Teil der ehemaligen preußischenProvinz Schlesien liegt heute imFreistaat Sachsen, dieses Gebiet gehört jedoch historisch weitestgehend zu der erst 1815 schlesisch gewordenenOberlausitz. Bei Deutschland verbliebene Orte, die schon zuvor zu Schlesien gehörten, sind zum einenKromlau,Jämlitz,Bloischdorf undTschernitz, sie gehörten über Jahrhunderte hinweg zumHerzogtum Sagan und waren schlesischeExklaven in der Lausitz, bis sie nach 1815 bei einer Grenzbereinigung in dieProvinz Brandenburg umgegliedert wurden. Noch länger, nämlich ununterbrochen bis 1945, gehörtePechern – in einem über die Neiße reichenden Zipfel des Herzogtums Sagan – zu Schlesien.
Bis zurFlucht undVertreibung infolge des Zweiten Weltkrieges wurde in Schlesien von der ansässigen deutschen Bevölkerungdeutsches Schlesisch gesprochen, einmitteldeutscher Dialekt. In Oberschlesien und insbesondere dem Oppelner Land wird nebenPolnisch heute nochDeutsch und das so genannteslawische Schlesisch(Schlonsakisch) gesprochen, ein polnischer Dialekt bzw. eine westslawische Sprache, die von den Schlesiern auch als „ślónska godka“(schlesische Sprache) genannt wird und stark mit derTeschener Mundart verwandt ist, mit zahlreichen Einflüssen aus dem Deutschen und dem Tschechischen, die für polnische Muttersprachler meistens unverständlich ist.
Der aus der Tiefebene aufragendeZobtenberg(Ślęża) spielte in der Frühgeschichte Schlesiens eine wichtige Rolle.
In der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. (späteBronzezeit) gehörte Schlesien zurLausitzer Kultur. Deren Träger werden von einigen tschechischen und polnischen – weniger dagegen von deutschen – Wissenschaftlern als Vorfahren der Slawen angesehen. Diese Wissenschaftler stehen damit quer zur üblichen Annahme, die Slawen seien im 5. und 6. nachchristlichen Jahrhundert aus den Gebieten zwischenDnepr undBug nach Westen gewandert. Um die Zeitenwende wurde Schlesien vonSilingen,Vandalen,Lugiern und anderengermanischen Völkern besiedelt. Für diesen Zeitabschnitt sind Schriftzeugnisse antiker Autoren fassbar, die das Gebiet in ihre Berichte über den alsGermania magna bezeichneten Siedlungsraum zwischenRhein undWeichsel einbezogen.
Die Meinungen nach der Herkunft des Namens Schlesien (lateinischSilesia) gehen in zwei Richtungen:
Er gehe auf den Namen des FlussesŚlęza beziehungsweise des BergesŚlęża (genannt auchSobótka), Ort eines altslawischen Kultes. Der Berg Ślęża (deutschZobten) liegt zentral in Schlesien; der Name selbst knüpft auf das Wort „ślęg“, „śląg“, was nasses, mooriges Terrain, Sumpfgebiet bedeutet.
Eine Kombination beider Meinungen wird in der modernen Forschung vertreten: Der Name der Landschaft gehe auf den des Berges zurück, dieser wiederum auf den der Silinger.[3]
Im Jahr 880 (nach manchenQuellen auch vor 879) wurde ganz Schlesien vonSvatopluk I. demMährerreich angeschlossen, was unter anderem vonGerard Labuda undIdzi Panic bestritten wurde.[4][5] Sicherlich stiegen jedoch die mährischen Einflüsse in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts und man kann aus der archäologischen Sicht über eine Art von gemeinsamer kultureller Region sprechen, die Böhmen, Mähren, die Slowakei, Kleinpolen, den größeren Teil von Schlesien und das südöstliche Elbeland damals umfasste.[6] Mit dem Zerfall dieses Reiches nach 906 dehnten diePřemysliden ihre Macht auch über Schlesien aus. Dies erfolgte wohl schon zu Zeiten des erstenböhmischen HerzogsSpytihněv I. und wurde durch seinen NachfolgerVratislav I. fortgeführt. Vratislav erweiterte seinen Herrschaftsbereich über das Land der Golensizen hinaus um die mittelschlesischen Gebiete links derOder. Zum Schutz der Grenze gründete er die Burg „Vratislavia“ (Breslau, polnisch: Wrocław, tschechisch: Vratislav). Diese entwickelte sich später zum Zentrum Schlesiens als Herzogs- und Bischofssitz, undNimptsch, der Hauptort desGauesSlenzane, verlor seine Bedeutung. FürstBoleslav I., dem die Gründung der BurgBoleslavecz(Bunzlau) zugeschrieben wird, konnte seinen Machtbereich noch deutlich erweitern. Neben dem Land der Boboranen undOpolanen besaß er wahrscheinlich in der Zeit zwischen 950 und 963 auch die Gebiete derWislanen mit der StadtKrakau sowie derDedosizen.
Schlesien zwischen Böhmen und Polen (von etwa 900 bis 1137)
Mit der Ernennung zum Herzog durch Kaiser Otto entstand zwischenWarthe,Weichsel undPilica das erstepolnischePiastenherzogtum unterMieszko I. Mit Unterstützung KaiserOttos II., dem eine Machtbeschränkung des Prager FürstenBoleslav II. willkommen war, begann Mieszko I. eine intensive Südexpansion und eroberte Mittelschlesien mit der strategisch wichtigen BurgNimptsch(Niemcza), nachdem er bereits nach 970 das Land der Dedosizen an der Mündung desBober in die Oder besetzt hatte. Auch von Westen her sollte die Macht der Přemysliden in Schlesien beschränkt werden. Dem im Jahr 968 errichtetenBistum Meißen hatte KaiserOtto I. denZehnt des Dedosizenlandes überlassen, einer Durchführung dieser Ostausdehnung kam jedoch Mieszko I. zuvor. Im Bunde mit KaiserOtto III. führte Mieszkos SohnBolesław I. der Tapfere die Christianisierung Schlesiens fort und gründete im Jahr 1000 dasBistum Breslau, das alsSuffraganbistum bis zum 19. Jahrhundert mit dem polnischenErzbistum Gnesen verbunden blieb.
Bolesław I. eroberte um 990 oder nach anderen zwischen 1012/13 die Gebiete der heidnischen Opolanen, Golensizen und Wislanen und konnte dadurch ganz Schlesien einschließlich Teilen derLausitz sowieKleinpolen in sein Herzogtum territorial vollständig eingliedern. Damit erreichte die erste polnische Herrschaftsphase über Schlesien ihren Höhepunkt.
Als König Bolesław I. der Tapfere im Jahr 1025 starb, setzte ein rapider Zerfall des Königreiches Polen ein. Die Macht in Polen und somit auch in Schlesien ging an lokale Führer über. Als im Jahr 1037 in weiten Teilen Polens ein heidnischer Aufstand gegen die christliche Kirche ausbrach und die Breslauer Bischöfe nachSchmograu(Smogorzów) und auf dieRitschen(Ryczyn) verjagt wurden, nutzte HerzogBřetislav I. von Böhmen 1038 die Gunst der Stunde und eroberte im Böhmisch-Polnischen Krieg Schlesien zurück. 1054 gelangte Schlesien wieder zum Herzogtum Polen, nachdem KaiserHeinrich III. im Frieden vonQuedlinburg Břetislav I. zum Verzicht auf Schlesien hatte bewegen können undKasimir I. der Erneuerer im Gegenzug zur Zahlung eines Tributs an Böhmen bereit gewesen war. Dieses Übereinkommen wurde zum Anlass mehrerer kleinerer Kriege zwischen Böhmen und Polen, nachdem sich die polnischen Herrscher seit KönigBolesław II. dem Kühnen geweigert hatten, die schlesische Pacht zu bezahlen. Erst der 1137 geschlossene und 1138 bestätigtePfingstfrieden von Glatz legte eine dauerhafte Grenzziehung zwischen Polen, einschließlich Schlesiens sowie Böhmen und Mähren fest. Dabei verblieb das umstritteneGlatzer Land ebenso wie Teile des Golensizenlandes südlich des FlussesZinna, dasTroppauer Land, bei Böhmen bzw. Mähren.
Das Königreich Polen wurde im Rahmen der im Jahr 1138 eingeführten polnischenSenioratsverfassung in mehrere Herzogtümer aufgeteilt, das Seniorat Polen, von denen eines das Herzogtum Schlesien unter SeniorherzogWładysław II. dem Vertriebenen war, der damit die Linie derSchlesischen Piasten begründete. Ab 1138 setzte aber auch ein Bruderkrieg ein, der zur Absetzung Władysławs II. und einerZersplitterung Polens führte.
Die Herrschaft der Schlesischen Piasten (1137–1335)
Hedwig von Andechs, Herzogin von Schlesien, und FamilieDeutsche Kolonisation der slawischen Gebiete ab etwa 1200 (Kartenausschnitt aus: F. W. Putzgers:Historischer Schul-Atlas, 1905)Territoriale Entwicklung des Herzogtums Schlesien in der Zeit 1185–1201
Im Streit mit seinen jüngeren Brüdern suchte Herzog Władysław II. von Schlesien 1146 mit seiner Familie Zuflucht imHeiligen Römischen Reich und ersuchte seinen Schwager, denrömisch-deutschen KönigKonrad III., um politische Unterstützung, indem er sich und sein verlorenes Herzogtum der Oberhoheit des Kaisers unterstellte. Sowohl König Konrad als auch sein Nachfolger KaiserFriedrich I. führten in den Jahren 1146 bzw. 1157 Feldzüge gegen Polen an. SeniorherzogBolesław IV. „Kraushaar“ vonMasowien undKleinpolen sagte zwar die Rückgabe des Herzogtums Schlesien an Władysław den Vertriebenen zu, zögerte diese aber bis 1163 hinaus. Erst unter Androhung weiterer kriegerischer Handlungen händigte Bolesław IV. Schlesien den drei Söhnen Władysławs II. aus. Der ältere,Bolesław I. der Lange († 1201), erhielt Mittel- und Niederschlesien alsHerzogtum Schlesien(ducatus Silesiae) mit dem ZentrumBreslau. Der mittlere,Mieszko IV. „Kreuzbein“ († 1211), bekam die oderaufwärts gelegenen GebieteRatibor undTeschen.Konrad I. († um 1180/90) wurdeHerzog von Glogau. 1201 wurden die Gebiete Mieszkos umOppeln erweitert und zumHerzogtum Oppeln(ducatus Opoliensis) zusammengefasst. Dadurch entstand der Oppelner Zweig der Schlesischen Piasten.
Durch die formelle Aufhebung der Senioratsverfassung 1180 inŁęczyca und besonders seit dem Tod des SeniorherzogsMieszkos III. erreichte derPartikularismus in Polen, mangels einer starken und einigenden Zentralgewalt, seinen Höhepunkt, und dasPiastenreich zerfiel zusehends in selbständige feudalistische Fürstentümer, darunter auch die Herzogtümer Schlesien und Oppeln; dennoch fühlten sich die verschiedenen piastischen Zweige weiterhin als ein Teil einer großen Familie in dynastischer Verbundenheit.
DerEinfall mongolischer Heere im Jahr 1241 in Schlesien und die mit ihm verbundene Verwüstung des Landes sowie die daraus resultierende massive Dezimierung der slawischen Bevölkerung auf ein Fünftel schufen die strukturellen Voraussetzungen zur Neubesiedlung des Gebiets mit deutschen Siedlern aus demHeiligen Römischen Reich. Bereits HerzogHeinrich I. und seine FrauHedwig von Andechs hatten zu Beginn des 13. Jahrhunderts deutsche Ostsiedler nach Schlesien gerufen, um die wirtschaftliche Leistungskraft des Herzogtums zu heben. Nach dem Mongolensturm erfolgte die von den schlesischen Piasten initiierteDeutsche Ostkolonisation jedoch auf breiter Basis. Die deutschen Siedler gründeten mehr als 100 neue Städte und über 1200 Dörfer nachdeutschem Recht sowie vieleKirchen undHospitäler. Auch die ursprünglichen slawischen Siedlungen passten sich zum großen Teil rechtlich, sozial und sprachlich den deutschen Siedlungen an. Unter den Zuwanderern waren auchRitter, die sich im Umkreis der großen Fürstenburgen kleineTurmhügelburgen undWohntürme errichteten[7] und den einheimischen Adel schwächten, indem sie von den Fürsten abhängig blieben. Die Siedler stammten überwiegend aus dem ostfränkischen Sprachraum, aber auch aus Sachsen, dem östlichenThüringen und ausNiederösterreich, aus demGlatzer Land und Oberschlesien sowie aus der Gegend vonFulda inHessen. DerDialekt der deutschen Schlesier wurde daher zu einer Mundart, die thüringisch-obersächsische, mittelbairische und hessische Merkmale vereinte. Die Bevölkerung wuchs auf mindestens das Fünffache. Schlesien war jahrhundertelang eine Brücke zwischen West und Ost sowie zwischen Nord und Süd.
Ab dem Jahr 1249 zerfiel das Herzogtum Schlesien und ab 1281 das Herzogtum Oppeln in zeitweilig mehr als ein Dutzend kleine, miteinander im Bruderkrieg liegende piastischeschlesische Herzogtümer. Während diesesMachtvakuums versuchten Ende des 13. Jahrhunderts böhmische Könige und später das unter denkujawischen Piasten, den Nachkommen HerzogKasimirs II. „des Gerechten“, wieder geeinte Königreich Polen die inzwischen faktisch unabhängigen schlesischen Herzogtümer ihrem jeweiligenSupremat zu unterwerfen.
Wappen Schlesiens unter den Wappen der böhmischen Kronländer imPrager VeitsdomHerzogtum Schlesien (hellgelb) um 1370 (in der Darstellung einer polnischen Landkarte)Schlesien um 1512Schlesien im Heiligen Römischen Reich als Teil Habsburgs
Als erster schlesischer Herzog nahmKasimir II. vonCosel-Beuthen am 9. Januar 1289 freiwillig die böhmischeLehenshoheit an. Nachfolgend wandten sich auchMesko I. von Teschen und dessen jüngerer BruderBolko I. von Oppeln politisch Böhmen zu. Am 17. Januar 1291 huldigten sie inOlmütz dem böhmischen KönigWenzel II., mit dem sie gleichzeitig ein Bündnis abschlossen, das einer Lehensvereinbarung gleichkam.[8] Das Bündnis mit Mesko war für König Wenzel von besonderer Bedeutung, da durch sein Gebiet die unmittelbare Wegverbindung nachKrakau führte, dessen Eroberung bei Wenzels Bestrebungen um den polnischen Thron wichtig war. Bolko I. von Oppeln wurde von König Wenzel im selben Jahr zumStatthalter von Krakau ernannt.
ImVertrag von Trentschin (1335, bestätigt 1339) sowie imVertrag von Namslau 1348 verzichtete der polnische KönigKasimir III. der Große auf Ansprüche der königlichen Linie derPiasten auf das alteHerzogtum Schlesien als Gegenleistung für den Verzicht der böhmischen Könige aus dem deutschenHaus Luxemburg auf die polnische Krone, die sie als Erben derPřemyslidenWenzel II. undWenzel III. beanspruchten. Später bemühte sich Kasimir III., allerdings vergeblich, um eine Annullierung dieses Vertrages beim Papst. Am 7. April 1348 inkorporierte schließlich KönigKarl IV. die schlesischen Teilherzogtümer[9], mit Ausnahme desHerzogtums Schweidnitz-Jauer,[10] in die Länder derBöhmischen Krone. Damit wurde Schlesien mittelbar ein Teil des Heiligen Römischen Reichs, das sich ab der Zeit des Spätmittelalters (um 1486)Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation nannte. Da den Herzögen und dem Fürstbischof jedoch dieReichsstandschaft nicht verliehen wurde, hatten sie keinen Sitz und Stimme auf denReichstagen und waren somit nur Böhmen untertan. 1372 bestätigte Kazimirs NachfolgerLudwig I. in seiner Eigenschaft als König von Polen die Trentschiner Verzichtserklärung in vollem Umfang.
Zwischen 1331 und 1675 fielen (mit Ausnahme des Herzogtums Schweidnitz-Jauer, das 1368 unmittelbar erbrechtlich an Böhmen gelangte) sämtliche schlesischen Teilherzogtümer durchHeimfall an die Krone Böhmen. Als direkter böhmischer Kronbesitz wurden sie als Erbfürstentümer bezeichnet. Die Lehnsabhängigkeit von Böhmen schwächte fortan die Position der schlesischen Piasten in innen- und außenpolitischen Fragen, gleichzeitig stärkte sie die Rolle des zugewanderten niederen Adels, dem sowohl von den Fürsten als auch von der böhmischen Krone zunehmendGrundherrschaften alsLehen übereignet wurden, darunter auch fürstliche Burgen und kleine Städte mit ihren Bezirken.
Das seit 1137 zu Böhmen gehörende Troppauer Land wurde 1318 für HerzogNikolaus II., dessen gleichnamiger Vater den Troppauer Zweig derPřemysliden begründet hatte, zumHerzogtum Troppau erhoben. Nach dem Tod des Ratiborer HerzogsLestko verlieh der böhmische König Johann von Luxemburg Ratibor 1337 an Herzog Nikolaus II. von Troppau, der mit einer Schwester Lestkos verheiratet war. Nachfolgend war das Herzogtum Ratibor bis zum Tod des HerzogsValentin ebenfalls im Besitz derTroppauer Přemysliden. Durch die Personalunion mit Ratibor erfolgte auch eine Hinwendung des Herzogtum Troppau zu Schlesien.
Im 14. und frühen 15. Jahrhundert konnte sich Schlesien in jeder Hinsicht ungestört weiterentwickeln. Anfang des 15. Jahrhunderts entstanden die Begriffe Ober- und Nieder-Schlesien.Ober-Schlesien umfasste das Gebiet des Herzogtums Oppeln mit seinen Teilherzogtümern sowie das přemyslidische (Troppau)-Ratibor. Das westlicher liegendeNieder-Schlesien umfasste entsprechend die Fürstentümer des ungeteiltenHerzogtums Schlesien einschließlich des geistlichenFürstentums Neisse.
Die gegen Katholiken und Deutsche gerichtetenHussitenkriege trafen Schlesien als katholisch und deutsch geprägtesNebenland Böhmens besonders hart. Menschen- und Siedlungsverluste, wirtschaftlicher Niedergang und eine von denHussiten ausgelöste Slawisierungswelle waren die Folge. Die Situation verbesserte sich erst 1469, als der ungarische KönigMatthias Corvinus Mähren, Schlesien und die Lausitz eroberte und imFrieden von Olmütz 1479 in seinem Besitz bestätigt wurde. Matthias setzte einen allgemeinenLandfrieden durch und reorganisierte und zentralisierte die Landesverwaltung.[11] Er schuf das Amt eines königlichenOberlandeshauptmannes, das in der Regel der Breslauer Bischof innehatte, undFürstentage als bleibende Einrichtungen.
Nach Corvinus’ Tod 1490 wurde Schlesien wieder ein Lehen des Königs von Böhmen,Ladislaus II. aus der Dynastie derJagiellonen. In der Zwischenzeit fielen die GrenzherzogtümerAuschwitz 1457 undZator 1494 an Polen,Sagan 1472 an die Wettiner undCrossen gelangte 1482 anBrandenburg. Andererseits kamen die Söhne des ehemaligen böhmischen KönigsGeorg von Podiebrad,[12] die zu Grafen vonGlatz erhoben wurden, in den Besitz der schlesischen HerzogtümerMünsterberg,Oels undTroppau.
Nach dem Tod des böhmischen KönigsLudwig II. in derSchlacht bei Mohács (1526) kam die böhmische Königswürde mitFerdinand I. an die österreichischeHabsburger Dynastie. Von 1526 bis 1742 waren die Habsburger als Könige von Böhmen zugleich Herzöge von Schlesien. Die habsburgische Politik der Herrschaftszentralisierung und Staatsintegration geriet bald in Widerstreit zu der politisch-konfessionell eigenständigen Politik der schlesischen Fürsten und Stände. Die sich bereits seit 1522 bis zum Ende des 16. Jahrhunderts allmählich in fast ganz Schlesien ausbreitende Reformation, der sich zunächst die Stadt Breslau und bis 1600 alle weltlichen Teilherzöge anschlossen, konnte nicht zurückgedrängt werden.[13] Im 16. Jahrhundert wurde fast ganz Schlesien protestantisch. Bekannte schlesische Reformatoren waren unter anderemJohann Heß undCaspar von Schwenckfeld, auf dessen Theologie sich die noch bis ins 17. Jahrhundert in Schlesien vertretenenSchwenkfeldianer beriefen. Auch die radikal-reformatorischeTäuferbewegung bildete in Schlesien Gemeinden aus (Gabrieler). Die Verfolgungen der Protestanten im Zuge der in habsburgischen Landen nach 1620 durchgeführtenGegenreformation wurden in Schlesien durch Toleranzvereinbarungen beendet. Im Jahr 1537 setzte der Liegnitzer HerzogFriedrich II. entgegen den Vereinbarungen die brandenburgischenHohenzollern als Erben ein, wurde aber schon 1546 zum Widerruf dieses Erbvertrags gezwungen. Als 1675 der letzte Herzog aus der herzoglichen Linie von Liegnitz,Georg Wilhelm, starb, der zugleich der letzte Piast war, erhobKurbrandenburg Anspruch auf dessen Herzogtümer. Später konstruierte der PreußenkönigFriedrich II.(der Große) daraus einen Anspruch auf ganz Schlesien für Preußen. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts war Schlesien das wirtschaftlich wichtigste Gebiet der Habsburger Monarchie (Textilherstellung).
Dennoch brachten die Habsburger seit König Ferdinand I. (1526–1564) ihre Herrschaftsgewalt gegen die Fürsten und Stände Schlesiens stärker zur Geltung und konnten auf Dauer den Einfluss der durch dynastische Verbindungen und Gebietserwerbungen ins Land drängenden protestantischen Hohenzollern reduzieren. Der Erfolg des Protestantismus bewirkte in Geistesleben und Bildungswesen eine Orientierung Schlesiens an den protestantischen nordwestlichen Gebieten des Heiligen Römischen Reichs, am Luthertum bzw. am niederländischenCalvinismus, während das Land politisch und administrativ auf Prag und nach 1620 auf Wien orientiert blieb. Gesamtschlesische Fürstentage zu außergewöhnlichen Staats-, Finanz- und politischen Angelegenheiten wurden nach Breslau einberufen, u. a. um die von Habsburg geforderten Steuern zur Abwehr der Osmanen bereitzustellen, die1529 Wien belagerten, und um die Landesverteidigung zu organisieren.[13]
Nach den wenig dauerhaften Zusagen KaiserRudolfs II. (1576–1612) an die Protestanten imMajestätsbrief von 1609, die von seinen Nachfolgern nicht eingehalten wurden, und nach dem antihabsburgischen Widerstandsbündnis der schlesischen und böhmischen Stände in derBöhmische Konföderation verschärfte sich die konfessionspolitische Auseinandersetzung. 1619 unterstützten die schlesischen Stände den „Winterkönig“Friedrich V. von der Pfalz. Nach der Niederschlagung der Rebellion 1620 in derSchlacht am Weißen Berg kam das Land zunächst glimpflich davon, doch wurde Schlesien während desDreißigjährigen Krieges durch schwedische,Sächsische undkaiserliche Heere verwüstet und die Bevölkerung durch Seuchen und Epidemien dezimiert.[13]
Preußisch-Schlesien und Österreichisch-Schlesien (1742–1918)
Wappen der preußischen Provinz SchlesienSteuerverordnung Friedrichs II. von 1750, zeitgleiche polnische AusgabeSchlesien nach den Schlesischen KriegenDie schlesischen Weber, Gemälde vonCarl Wilhelm Hübner, 1844Preußische Provinz Schlesien, mit ihren Zuteilungen von 1815, 1818 und 1825Oppeln, historische Hauptstadt Oberschlesiens
1740 beendete der Einmarsch Friedrichs II. von Preußen nach Schlesien die österreichisch-böhmische Periode der Landesgeschichte.[13]
Nach demErsten Schlesischen Krieg wurde imVorfrieden von Breslau (1742) vereinbart, dassÖsterreich Nieder- und Oberschlesien bis zurOppa sowie die böhmische Grafschaft Glatz an Preußen abzutreten hatte. DerFriede von Berlin (1742) brachte Preußen von den 40.625 km² Schlesiens 35.786 km² auch die böhmische Grafschaft Glatz/Kłodzko (1.636 km²) und die mährische EnklaveKatscher mit insgesamt ca. 1,2 Mio. Menschen. Diesen Erwerb konnte Friedrich der Große im zweiten Schlesischen Krieg und auch imDritten Schlesischen Krieg (1756 bis 1763) verteidigen.Mit der Annexion Schlesiens begründete Friedrich II. die Großmachtstellung Preußens in Europa.[13]
Laut Dekret vom 4. März 1849 wurden alle Völker desKaisertums Österreich, darunter auch Schlesier, gleichberechtigt. Mit dem Dekret vom 30. Dezember 1849 wurde dasSchlesische Land alsKronland gebildet. Es wurde einSchlesischer Landtag (Schlesischer Konvent) inTroppau, mit 30 gewählten Abgeordneten und demBreslauer Bischof gegründet; ab 1866 waren sechs schlesische Abgeordnete sogar Mitglieder desStaatsrates in Wien, stellten den österreichischen Finanzminister und bekleideten andere hohe Staatsämter in Österreich. DerSchlesische Landtag arbeitete mit einer zehnjährigen Pause (1851–1861) bis zum Zerfall derk.u.k. Monarchie 1918.
Schlesien erlebte insbesondere im 18.–20. Jahrhundert ein starkes Bevölkerungswachstum bedingt aus der wirtschaftlichen, bis um das Jahr 1800 insbesondere landwirtschaftlichen Entwicklung. Vorausgegangen war dieser Entwicklung seit demHubertusburger Frieden von 1763 eine Phase der politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung, getragen von mehreren großen staatlichen Projekten wie dem Wiederaufbau der Städte nach den Zerstörungen desSiebenjährigen Krieges und die innere (friderizianische) Kolonisierung später in Verbindung mit der Industrialisierung vor allem Oberschlesiens.[14]
Das Bevölkerungswachstum zeigt sich in den folgenden Statistiken:
Bei den Reichstagswahlen Ende des 19. Jahrhunderts wählten die Oberschlesier mehrheitlich das katholische Zentrum. Die Niederschlesier wählten zunächst überwiegend die Partei der „Deutsch Freisinnigen“, später zunehmend die SPD. Mit der beginnenden Industrialisierung wurdeOberschlesien mit seinen Steinkohlebergwerken neben dem Ruhrgebiet zu einer der wirtschaftlich wichtigsten Regionen des Deutschen Reiches.
Die ethnolinguistische Struktur Oberschlesiens (1819–1910)
Ortseingangsschild vonBeuthen an der Grenze (1922–1939)Deutscher Grenzposten beiBeuthen (1930)Schlesien im Deutschen Reich Grenzen von 1922–1937Woiwodschaft Schlesien (1922–1939) (Ostoberschlesien) im Polen der Zwischenkriegszeit
Nach demErsten Weltkrieg kam es in Mitteleuropa zu tiefgreifenden geopolitischen Veränderungen. Die Kriegsverlierer, das kaiserliche Deutsche Reich undÖsterreich-Ungarn, die sich bis dahin Schlesien teilten, mussten ihre Teile Schlesiens ganz (k.u.k.) oder teilweise (Deutsches Reich) zu Gunsten der neu entstandenen Staaten Polen und Tschechoslowakei abgeben. Besonders umstritten war dabei Oberschlesien. Der 13. Punkt der „offiziellen Friedensziele der Alliierten“ (der sogenannten14 Punkte des US-PräsidentenWoodrow Wilson) sah die Wiederherstellung eines unabhängigen polnischen Staates vor, und zwar ausdrücklich nicht in den historischen Grenzen vor denTeilungen Polens, sondern mit allen „von einer unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnten Gebieten“.
Oberschlesien war sprachlich ein Mischgebiet (Schlesisch/Polnisch bzw. Tschechisch zirka 60 %, Deutsch etwa 40 %) und mehrheitlich katholisch (88 %). Die Bevölkerung von Niederschlesien war meistens deutschsprachig bzw. sorbischsprachig und, mit Ausnahme der zum größten Teil katholischen Grafschaft Glatz, überwiegend evangelisch (68 %). Die Sprecherzahl wurde nur in Polen genau ermittelt und betrug im Jahr 2002 56.643, davon deklarierte 36.606 eine andere als polnischeNationalität. Insgesamt bezeichneten sich in Polen 173.200 (Volkszählung 2002) und 10.800 in Tschechien (Volkszählung 2001) der Befragten alsethnische Schlesier. Wie viele Personen (bzw. ob überhaupt welche) in Deutschland sich als (polnische) Schlesier bezeichnen und ggf., wie viele den polnischen Dialekt Schlesisch sprechen, wurde nie ermittelt.
Teilungen von Schlesien nach 1919
Bereits im Jahr 1920 fielen, wie imVersailler Vertrag festgelegt, mit der nordöstlichen Hälfte desLandkreises Groß Wartenberg und demReichthaler Ländchen (Landkreis Namslau) sowie kleinen Teilen der LandkreiseGuhrau undMilitsch einige Grenzgebiete Niederschlesiens ohne Befragung der Bevölkerung an Polen. Weiterhin sah der Vertrag vor, dass ganz Oberschlesien Polen zugesprochen werden sollte. Dies wurde jedoch vor allem aufgrund englischer Einflussnahme zu Gunsten einesPlebiszits geändert. DieVolksabstimmung in Oberschlesien fand im März 1921 statt, dabei votierten 59,4 % für den Verbleib beim Deutschen Reich und 40,6 % für den Anschluss an Polen.[20][21] Die Wahlbeteiligung betrug 98 %. In 664 Gemeinden votierte die Mehrheit für Deutschland, in 597 für Polen. Die über drei Jahre andauernden Spannungen vor und nach dem Plebiszit mündeten in drei propolnischeAufstände in Oberschlesien. Über die endgültige Teilung Oberschlesiens wurde erst im Jahr 1922 entschieden, wobei der Oberste Rat der Alliierten zirka 70 % des Abstimmungsgebiets dem Deutschen Reich und zirka 30 % Polen zusprach, ohne dass die Teilungslinie immer lokalen Mehrheitsverhältnissen beim Plebiszit entsprach.
Das wirtschaftlich ertragreicheOstoberschlesien ging an Polen. In der nunmehrAutonomen Woiwodschaft Schlesien mitKattowitz als Hauptstadt wurden für die dort gebliebene deutsche Bevölkerung Sondervereinbarungen getroffen. Der Hauptteil Schlesiens verblieb jedoch auch nach diesen Teilungen beim Deutschen Reich und war in die bereits 1919 neu geschaffenen preußischen ProvinzenNiederschlesien mit der HauptstadtBreslau undOberschlesien mit der HauptstadtOppeln untergliedert. DenOberpräsidenten (Verwaltungschef der Provinz) stellte in Oberschlesien bis zum Jahr 1933 dieDeutsche Zentrumspartei, in Niederschlesien bis 1932 dieSPD.
DasHultschiner Ländchen – der Südteil desLandkreises Ratibor – war bereits Ende 1918 von derTschechoslowakei militärisch besetzt worden und kam im September 1919 mit demVertrag von St. Germain zur Tschechoslowakei. Das österreichische KronlandÖsterreichisch-Schlesien kam nach dem Ersten Weltkrieg überwiegend zur neu gegründeten Tschechoslowakei – dieses Gebiet gehört heute zuTschechien – ein kleiner Teil zuPolen. Anfang 1919 kam es im Streit um das Industriegebiet umTeschen zumPolnisch-Tschechoslowakischen Grenzkrieg. Auf Druck Frankreichs stimmte die Tschechoslowakei einer Aufteilung der Stadt zu, durch die deren größerer Teil an Polen fiel, der überwiegende Teil des Teschener Landes hingegen an die Tschechoslowakei. Der ganze polnische Teil des früheren Kronlandes bildete ab 1920 die schon erwähnteAutonome Woiwodschaft Schlesien.
Anfang Oktober 1938 kam infolge desMünchner Abkommens das von Deutschen besiedelte tschechoslowakische Schlesien als Teil desSudetenlandes zumDeutschen Reich, der mehrheitlich polnisch besiedelte Mittelstreifen(Zaolzie) desOlsagebiets wenige Wochen später zu Polen.
Regierungsbezirke und Kreise im Gau Oberschlesien (1943)
1938 wurden die beiden seit 1919 getrennten Provinzen Ober- und Niederschlesien wieder zurProvinz Schlesien vereinigt, Hauptstadt wurde wieder Breslau. Nach demÜberfall der Wehrmacht auf Polen im September 1939 wurden auch die Autonome Woiwodschaft Schlesien sowie TeileKleinpolens, darunter das sogenannteNeuschlesien, der Provinz Schlesien angeschlossen. Dabei wurden jedoch nur das Gebiet der bisherigen Autonomen Woiwodschaft Schlesien sowie die mitBielitz verflochtene StadtBiala passrechtlich wie Inland behandelt, während das übrige annektierte Gebiet durch einePolizeigrenze abgetrennt wurde.[22][23] 1941 wurden Ober- und Niederschlesien erneut geteilt, dabei wurde Breslau Hauptstadt des Gaus Niederschlesien und die StadtKattowitz, die von 1922 bis 1939 als Katowice Hauptstadt derAutonomen Woiwodschaft Schlesien war, Hauptstadt des Gaus Oberschlesien. Damals wurde auch das kleinpolnischeAuschwitz (polnisch: Oświęcim) Teil des Gaus Oberschlesien. Dort errichtete dasNS-Regime sein größtes Vernichtungslager,Auschwitz-Birkenau, in dem etwa 1,5 Millionen Menschen, vor allem Juden aus Polen und anderen Teilen Europas sowie nichtjüdische Polen, ermordet wurden. Außerdem gab es von 1940 bis 1945 das ca. 60 km von Breslau entfernteKZ Groß-Rosen mit zahlreichenAußenlagern. Seit 1943 arbeitete die OberbauleitungRiese imEulengebirge.
Gegen Ende desZweiten Weltkriegs in Europa wurde der größte Teil Schlesiens im Frühjahr 1945 von derRoten Armee eingenommen. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurden die eroberten Gebiete seitens dersowjetischen Besatzungsmacht infolge der sowjetischenWestverschiebung Polens derVolksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen.Nach Kriegsende behandelten die Alliierten Deutschland auf derPotsdamer Konferenz im Sommer 1945in den Grenzen von 1937. Das östlich derOder-Neiße-Linie gelegene, der polnischen Administration überlassene Gebiet der Provinz Schlesien verblieb 1945 unterpolnischer Verwaltung. Die endgültige Festlegung der Grenze zwischen dem vereinten Deutschland und Polen sollte einer abschließenden Friedenskonferenz vorbehalten bleiben. Unter der Verwaltung durch polnische Zivilbehörden wurde dieser größere Teil Schlesiens administrativ in den polnischen Staat eingegliedert, die deutschen Ortsnamen wurden entfernt und die deutsche Bevölkerung größtenteilsvertrieben oder an der Rückkehr gehindert oder (zwangs-)polonisiert.
Ein Teil der damals 4,5 Millionen Schlesier floh ab Anfang 1945 vor der anrückendenRoten Armee. Ab dem Frühsommer 1945 wurde dieVertreibung der Deutschen von polnischen Stellen organisiert. Für Gebiete, die außerhalb der Reichsgrenzen von 1937 gelegen waren, ermöglichten die hierzu erlassenenBierut-Dekrete die Einziehung des gesamten beweglichen und unbeweglichen Eigentums von Personen deutscher Nationalität zugunsten des polnischen Staates. Daneben nahmen örtliche polnische Verwaltungsbehörden auch schon sofort nach Kriegsende eigenmächtig „wilde Vertreibungen“ aus Gebieten innerhalb der Reichsgrenzen von 1937 vor. Die restliche zurückgebliebene Bevölkerung musste ab 1945 Diskriminierungen von Seiten des polnischen Staates erdulden. So wurde der Gebrauch der deutschen Sprache sowohl im öffentlichen Leben, in Kirchen und Schulen, als auch im Privatleben verboten.[24] Im Juni 1945 wurden alle Deutschen aus einem Gebietsstreifen von etwa 30 Kilometer Breite unmittelbar östlich der Lausitzer Neiße vertrieben.
Da die neue polnische Verwaltung zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs gefestigt war, konnten im Sommer 1945 noch viele geflohene Schlesier zunächst wieder in ihre Heimat zurückkehren, bevor sie in den Jahren 1946 und 1947 endgültig vertrieben wurden. Rund 1,2 Millionen Deutsche in Oberschlesien und etwa 150.000 in Niederschlesien entgingen der Vertreibung zunächst ganz. Der Grund war im Falle der Oberschlesier die nicht eindeutige nationale Identität (Zweisprachigkeit, „schwebendes Volkstum“), im Falle der nicht vertriebenen Niederschlesier ihre Nützlichkeit alsFacharbeiter, insbesondere imBergbau um die StädteWaldenburg undNeurode. Die weitaus meisten dieser deutschen Niederschlesier siedelten in den Jahren 1958 bis 1960 in die Bundesrepublik Deutschland aus, zum kleineren Teil in dieDDR. Laut der Volkszählung 2002 leben in Schlesien 140.895 Deutsche (1,61 % der Gesamtbevölkerung Schlesiens), davon in derWoiwodschaft Niederschlesien 2.158/0,074 %, in derWoiwodschaft Oppeln 106.855/10,033 % und in derWoiwodschaft Schlesien 31.882/0,672 %. Von den nicht vertriebenen Oberschlesiern sind die meisten ab etwa Mitte der 1970er-Jahre aus wirtschaftlichen und politischen Gründen in die Bundesrepublik ausgewandert oder – wie es vor allem seit der Mitte der 1980er der Fall war – illegal mit einemTouristenvisum in die Bundesrepublik gekommen, wo sie einen Vertriebenen-Status und somit u. a. das Recht auf eine Entschädigung für das in Schlesien zurückgelassene Eigentum erhielten, wenn andere Bedingungen erfüllt waren, z. B. kein Erhalt oder Verkauf des Eigentums möglich usw. Der Höhepunkt derAussiedlungs- beziehungsweiseAusreisewelle von Deutsch-Polen war Anfang 1990, ungeachtet oder gerade wegen der Anerkennung derdeutschen Minderheit in Polen.
Das Eigentum der geflohenen und vertriebenen Deutschen wurde im Jahre 1946 durch zwei polnische Dekrete als „verlassenes bzw. herrenloses Gut“ entschädigungslos konfisziert. Die späteren deutsch-polnischen Aussiedler aus Schlesien haben hingegen nicht ihr gesamtes Eigentum verloren, einige haben nach 1990 Teile ihres Eigentums in Polen zurückerhalten.
Die Zahl der Toten bei der Vertreibung aus Schlesien ist nicht exakt bekannt. Ausweislich der „Gesamterhebung zur Klärung des Schicksals der deutschen Bevölkerung in den Vertreibungsgebieten“ (München, 1964) sind 51.926 namentlich bekannte Niederschlesier (ohne Breslau) nachweislich „bei und als Folge der Vertreibung“ ums Leben gekommen, einschließlich 2.308Suizide. Hinzu kommen 210.923 namentlich bekannte „ungeklärte Fälle“, davon 93.866 mit Vermisstenhinweis und 48.325 mit Todeshinweis.[25] Für Breslau, das gesondert erfasst wurde, betragen die Zahlen: 7.488 nachweislich Umgekommene, davon 251 Suizide. 89.931 namentlich bekannte ungeklärte Fälle, davon 37.579 mit Vermissten- und 1.769 mit Todeshinweis (Band II, S. 456 der Gesamterhebung). Von den Oberschlesiern sind 41.632 nachweislich umgekommen, davon 302 durch Suizid. Von den 232.206 namentlich erfassten ungeklärten Fällen lag für 46.353 ein Vermissten- und für 2.048 ein Todeshinweis vor.[26] Dies ergibt eine Gesamtzahl von 634.106 geklärten Todes- und ungeklärten Vermisstenfällen im Zusammenhang mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Schlesien. Bezogen auf eine Gesamtzahl von 4.592.700 Einwohnern (Volkszählung 1938) ergibt dies einen Bevölkerungsverlust durch geklärte Todes- und ungeklärte Vermisstenfälle von 13,8 % der Gesamtbevölkerung. Rechnet man aus den 4.592.700 Einwohnern noch die bereits im Krieg umgekommenen und die im Kriegsverlauf geflohenen Einwohner heraus, so liegt der prozentuale Anteil noch weit höher.
Briefmarke zum Gedenken an die Vertreibung 1945Sprachen und Dialekte in Schlesien, „G1“ umfasst das Gebiet des „Schlesischen“ (Oberschlesien) und G2 (niederschlesisches Gebiet) des Polnischen (neue Mischdialekte).
Im dann polnischen Teil Schlesiens wurden meist Polen aus Zentralpolen und aus dem ehemaligenOstpolen neu angesiedelt. Hinzu kamen mehrere Zehntausend der zwischen April und Juli 1947 im Rahmen der Aktion Weichsel (Akcja Wisła) aus Südostpolen umgesiedelten, bzw. von Polen vertriebenenUkrainer, und Polen ausBosnien,Rumänien undFrankreich, auch griechische Kommunisten. Auch mehr als 100.000 polnische Juden kamen nach Niederschlesien, die meisten von ihnen wanderten später in den Westen und nachIsrael aus.
Jene Gebiete Schlesiens, die bis zumMünchner Abkommen von 1938 Bestandteil der Tschechoslowakei waren, also die durch dieses Abkommen an Deutschland gekommenen sudetendeutschen Gebiete des früheren Österreich-Schlesien, aber auch das Gebiet am linken Ufer derOlsa mit dem Westteil vonTeschen und dasHultschiner Ländchen, gehörten ab 1945 zur wieder erstandenen ČSR. Die deutsche Bevölkerung wurde auch von hier größtenteilsvertrieben, in der Folge siedelten sich viele Tschechen aus dem tschechischen Landesinneren, tschechischeRepatrianten,Slowaken,Ungarn undRoma an. Der westlich derLausitzer Neiße liegende Teil der Provinz Niederschlesien blieb deutsch und wurde im Wesentlichen nach 130 Jahren wieder Teil vonSachsen. Geografisch ist es ein Teil derOberlausitz.
Bereits kurze Zeit nach ihrer Gründung unterzeichneten die Regierungen der DDR und Polens dasGörlitzer Abkommen vom 6. Juli 1950, das die Oder-Neiße-Linie als endgültige „deutsch-polnische Staatsgrenze“ anerkannte. Die ebenfalls 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland erkannte am 7. Dezember 1970 imWarschauer Vertrag die Oder-Neiße-Linie unter dem Vorbehalt einer Änderung im Rahmen einer Friedensregelung als faktisch „unverletzliche“ Westgrenze der Volksrepublik Polen an.
Von West nach Ost: die WoiwodschaftenNiederschlesien,Oppeln undSchlesien innerhalb PolensLageTschechisch-Schlesiens (ocker) in der politischen Einteilung Tschechiens neben Böhmen und MährenSchlesische Oberlausitz:
Deutschland
Polen
Mit Inkrafttreten des Grenzvertrages zwischen Deutschland und Polen kam der östlich der Neiße gelegene Teil des seit 1742 preußischen Schlesiens völkerrechtlich endgültig zur Republik Polen. Bei der Neugliederung der Woiwodschaften 1999 wurden die historischen Grenzen Schlesiens teilweise wieder berücksichtigt.
Schlesien entwickelt sich wirtschaftlich positiv, besonders erfolgreich ist die Automobilindustrie inBielsko-Biała und inGleiwitz.Breslau und seine Umgebung zählen zu den beliebtesten Investitionsstandorten Polens. Im vergangenen Jahrzehnt konnten in allen schlesischen Woiwodschaften zahlreiche wichtige Infrastrukturprojekte einschließlich des Ausbaus derAutobahn A4 realisiert werden. In Breslau entstand bis zur Inbetriebnahme im März 2012 ein neues internationales Terminal desNikolaus-Kopernikus-Flughafens.
Im Januar 2005 verabschiedete derSejm ein neues Minderheitengesetz. Danach wurde es in etwa 20 Gemeinden in Oberschlesien mit mehr als 20 % deutschsprachigem Bevölkerungsanteil möglich, eine zweisprachige Ortsbeschilderung und Deutsch als Verwaltungshilfssprache einzuführen.
Der heute tschechische Teil Schlesiens ist auf zwei Regionen verteilt. Der ursprünglich eher strukturstärkere Ostteil gehört zumMoravskoslezský kraj. Diese auf das ZentrumOstrau ausgerichtete Region hat mit dem Niedergang des Bergbaus und dem damit einhergehenden Strukturwandel zu kämpfen. Der schon früher strukturschwächere und dünn besiedelte Westteil um die StadtFreiwaldau gehört zumOlomoucký kraj.
Der bei Deutschland verbliebene Teil des ehemals in der Provinz Schlesien verwalteten preußischen Anteils der Oberlausitz verteilt sich heute nach mehreren Kreisgebietsreformen auf die sächsischen LandkreiseBautzen undGörlitz sowie auf den brandenburgischenLandkreis Oberspreewald-Lausitz.
Das Wappen Schlesiens stellt einen goldbewehrten, schwarzen Adler auf goldenem Grund dar. Auf der Brust trägt der Adler einensilbernen Halbmond – meist mit einem Kreuz versehen. Ursprünglich geht das Wappen aufHeinrich II. den Frommen, Herzog von Schlesien, zurück. In der Folge trugen weitere Herzöge von Schlesien[27] undBreslau dieses Wappen. Auch die Herzöge der anderen niederschlesischen Teilfürstentümer nahmen denschlesischen Adler in ihre Wappen auf. Dagegen wurde in Oberschlesien seit dem 14. Jahrhundert eine andere Farbgebung des Wappens gebräuchlich. Trotzdem blieb der schwarze Adler das Wappen Schlesiens, auch wenn es keine territoriale Einheit bildete.
Teilweise wird der schlesische Adler – wie im Wappen der Provinz Schlesien – mit demHerzogshut dargestellt. In derWeimarer Republik bzw. nach dem Ende des Deutschen Kaiserreichs wurde der Adler ohne Krone dargestellt. Auch das Wappen der heutigenWoiwodschaft Niederschlesien zeigt einen unbekrönten Adler, der nach dem schlesischen Wappen am GrabHeinrichs IV. gestaltet ist.
Das oberschlesische Wappen geht auf dieHerzöge von Oppeln zurück und zeigt einen goldbewehrten, goldenen Adler auf blauem Grund. In dieser Farbgebung ist das Wappen seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar, seit dem 15. Jahrhundert wird der Adler mit einer Krone dargestellt. Mit dem Aussterben der oberschlesischen Piasten in den Teilfürstentümern – die ebenfalls diese Darstellung angenommen hatten – wurde dieses Wappen seltener verwendet (vor allem in der preußischen Provinz Schlesien).
Mit Gründung der preußischen Provinz Oberschlesien wurde ein neues Wappen nötig, das vonOtto Hupp entworfen und am 1. Juni 1926 offiziell angenommen wurde. Das Wappen zeigt einen halben unbekrönten oberschlesischen Adler auf blauem Grund, in der Mitte eine goldene Sense und darunter, ebenfalls golden,Schlägel und Eisen. Das Wappen nimmt charakteristische oberschlesische Motive, wie denPiastenadler, die Sense stellvertretend für die Landwirtschaft und die gekreuzten Hämmer als Symbol für denBergbau auf, zugleich weist es jedoch mit dem halben Adler auf die Teilung Oberschlesiens 1922 hin.
Die traditionelle Verkehrsachse Schlesiens ist die Oder sowie parallel zu ihr verlaufende Straßen. Viele Städte sind historisch an Stellen entstanden, an denen die Oder überquert werden konnte. Von Westen nach Osten verlief außerdem dieVia Regia. In Nord-Süd-Richtung wird das Gebiet von der altenBernsteinstraße durchquert. 1846 wurde dieNiederschlesisch-Märkische Eisenbahn erbaut, die Berlin mit Breslau verband. 1847 folgte mit derOberschlesischen Eisenbahn eine östliche Fortsetzung bis Myslowitz. 1847 wurdeGörlitz aus Richtung Osten vonKohlfurt her erreicht, wodurch eine durchgehende Verbindung von Breslau nachDresden entstand. Die gebirgigen Regionen in Südschlesien wurden durch dieSchlesische Gebirgsbahn erschlossen, im Norden wurden durch dieBreslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft bedeutende Verbindungen geschaffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewannen die Verbindungen ins polnische Kernland wie beispielsweise überŁódź oder alternativ überPosen nachWarschau sowie die VerbindungBreslau-Stettin an Bedeutung. Daneben bestehenAutobahnen und Schnellstraßen wie dieA4,A8 undA18 sowieS1,S3 undS7. InKatowice undBreslau bestehen internationale Flughäfen.
Der heute zu Tschechien gehörende Teil Schlesiens wurde durch verschiedene Eisenbahnstrecken erschlossen, die während der Herrschaft derHabsburger entstanden. Hierzu gehören beispielsweise die Bahnstrecken derKaiser Ferdinands-Nordbahn und die BahnstreckenHannsdorf–Ziegenhals undJägerndorf–Ziegenhals. Wirtschaftlich spielten Bergbau und Stahlwerke eine große Rolle. Beispielhaft hierfür seien dieWitkowitzer Eisenwerke genannt.
Aus der Zeit der schlesischen Herzogtümer befinden sich nur einigeDörfer – das sindPechern und einige ehemalige Exklaven an der Grenze zwischen Oberlausitz und Niederlausitz – in Deutschland (in den Grenzen von 1990). Als deutsches Zentrum des 1815 von Sachsen an Preußen abgetretenen Teils der Oberlausitz, der 1816 bis 1945 den Provinzen Schlesien bzw. Niederschlesien unterstand, gilt Görlitz. Im Jahr 1847 wurde die BahnstreckeDresden–Görlitz eröffnet. DerBahnhof Görlitz wird von Eisenbahnverbindungen aus Berlin, Dresden und Zittau sowie von Verbindungen aus Richtung Polen erreicht.
Aus Schlesien kamen mehrereSeniorherzöge von Polen (z. B.Heinrich I. der Bärtige und seine Nachkommen), Heilige der katholischen Kirche, österreichische Minister und andere hohe Amtsträger, aber auch hervorragende Wissenschaftler, Maler, Dichter und Schriftsteller.
Schlesier waren der SchriftstellerWalenty Roździeński eigentlichValentin Brusek (1570–1641) und derLiteraturnobelpreisträgerGerhart Hauptmann (1862–1946), die in ihren Werken die harten Lebensumstände der schlesischen Handwerker und Arbeiter schilderten, der erste in seinem PoemOfficina ferraria[28] das Los der schlesischen Bergleute und Hammerschmiede des 16. Jahrhunderts. Hauptmann verarbeitete in seinem DramaDie Weber die Aufstände der schlesischen Leineweber des 19. Jahrhunderts.[29]Ebenfalls Schlesier war der SchriftstellerHermann Stehr. Auch der DichterAndreas Gryphius, geboren 1616 in Glogau, war Schlesier. Er thematisierte vor allem den Dreißigjährigen Krieg mit seinen Auswirkungen auch auf Schlesien.[30]Anna Würster war im 17. Jahrhundert, mit der Genehmigung des böhmischen KönigsLeopold, die erste privilegierte Medizinerin in Schlesien.[31]
Zu den schlesischen Wissenschaftlern gehören z. B. die Physikerin und NobelpreisträgerinMaria Goeppert-Mayer,Kurt Alder und der Arzt[33] und BakteriologePaul Ehrlich, außerdem der Chemiker und NobelpreisträgerFritz Haber sowie der amerikanische HistorikerFritz Stern. Insgesamt sind in Schlesien 13 Nobelpreisträger geboren worden (s. Breslau) – so viel wie in keinem anderen deutschen Land.[34] Aus Neiße O/S gebürtig ist der ZoologeBernhard Grzimek, der für seinen zusammen mit seinem Sohn Michael geschaffenen Film „Serengeti darf nicht sterben“ einenOscar erhielt. Aus Schlesien stammt auch der evangelische KirchenhistorikerChristian-Erdmann Schott, der zahlreiche Untersuchungen zur Geschichte des Protestantismus in Schlesien[35] vorlegte und in den Jahren 1993–2013 Predigten für Flüchtlinge und Vertriebene aus dem evangelischen Schlesien hielt.
Die SchlesierinHanna Reitsch (1912–1979) war eine der bekanntesten und erfolgreichsten deutschenFliegerinnen des 20. Jahrhunderts. Reitsch flog über 40 Rekorde in allen Klassen und Flugzeugtypen.
Kammersänger und HeldentenorKlaus König stammt gebürtig aus Beuthen O/S.
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↑Vgl. auchMichael Sachs:Historisches Ärztelexikon für Schlesien. Band 1–2: Wunstorf 1997–1999, Band 3–4: Frankfurt 2002–2006, Band 5: Pfaffenhofen (Ilm) 2011.
↑Schlesische Nobelpreisträger. Land und Leute. In: www.landsmannschaft-schlesien.de. Landsmannschaft Schlesien – Nieder– und Oberschlesien e. V., abgerufen am 17. Januar 2025.