Scherif

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Dieser Artikel befasst sich mit dem religiösen Titel im Islam; zum Familiennamen sieheSharif; für andere Bedeutungen des Wortes siehe unterSheriff (Begriffsklärung).
Ein marokkanischer Scherif in einer Zeichnung vonAndré Hennebicq (um 1898)

Scherif oderScharif,eingedeutscht ausarabisch شريف Scharīf,DMGšarīf ‚edel, vornehm‘ (PluralAschrāf / أشراف /ašrāf oderSchurafā' / شرفاء /šurafāʾ,marokkanisch-arabischchorfa), ist derreligiöse Titel der Nachkommen des ProphetenMohammed, die von einem seiner beiden EnkelHasan bzw.Husain abstammen. Im alten Arabien und im frühen Islam bezeichnete der Begriff allgemein hochstehende Persönlichkeiten der arabischen Stammesgesellschaft. Im Laufe der Zeit wurde seine Bedeutung jedoch immer weiter eingeschränkt, so dass er nur noch fürAliden verwendet wurde. In einigen Gebieten, so imHedschas,[1] hat man ihn sogar nur denHasaniden vorbehalten, während die Husainiden alsSaiyids bezeichnet werden.

Scherifen und Saiyids bilden eine Art Erbadel im Islam. Eheeinschränkungen gelten allerdings nur für scherifische Frauen. Sie dürfen immer nur scherifische Männer heiraten, während scherifische Männer umgekehrt auch nicht-scherifische Frauen heiraten dürfen.[2] ImHedschas und inMarokko haben sich verschiedene scherifische Dynastien herausgebildet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

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Imvorislamischen Arabien und im frühen Islam waren die Aschrāf Angehörige besonders edler arabischer Stämme bzw. die Oberhäupter prominenter Familien, die über die Zeit einen anerkannten Status innerhalb ihrer Stämme bzw. in einer bestimmten Stadt erlangt hatten. Die Aschrāf betrachteten sich selbst alsAristokraten(ahl al-faḍl) im Gegensatz zu den ungebildeten Massen. Der Begriff Scharīf bezeichnete eine Person mit vornehmem Stammbaum, von noblem Charakter und hohem gesellschaftlichem Rang. Als solcher stand der Scharīf dem „Schwachen“(ḍaʿīf) gegenüber.[3] In diesem Sinne erscheint der Begriff im Titel des genealogischen WerksAnsāb al-ašrāf vonal-Balādhurī (gest. 892).

Die Fähigkeit, eine Verwandtschaft zum Propheten nachzuweisen, galt schon früh als Beleg für die Zugehörigkeit zu den Aschrāf.[4] So pries beispielsweise der schiitische Dichter Kumait dieHaschimiten als Scherifen und Saiyids.[5] Schon im 9. Jahrhundert wurden diese Aschrāf im Abbasidenreich einem Obmann(naqīb) unterstellt.[6]

Nachas-Suyūtī (gest. 1505) bezeichnete der Begriffšarīf in früherer Zeit jeden Abkömmling von denAhl al-bait, ganz gleich ob er zu den Tālibiden (Nachkommen vonAbū Tālib ibn ʿAbd al-Muttalib) oder denAbbasiden gehörte.[7] DieFatimiden, so erklärt as-Suyūtī, beschränkten ihn dann auf die Nachkommen von al-Hasan und al-Husain. Diese Bedeutung blieb dann auch inmamlukischer undosmanischer Zeit bestehen.[8] Der Obmann der Scherifen, auf ArabischNaqīb al-aschrāf genannt, führte ein Register über Geburten und Abgänge bei den scherifischen Familien, überprüfte, wenn Personen einealidische Abkunft für sich behaupteten, die Richtigkeit dieser Behauptungen, und wachte über das Verhalten der Scherif, um sie bei etwaigen Exzessen oder Pflichtverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.[9]

Ab dem 14. Jahrhundert wurde die scherifische Abstammung imIran und in Ägypten durch einen grünenTurban oder ein grünes Abzeichen am Turban deutlich gemacht.[10]

Die Aschraf von Mekka

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Hauptartikel:Scherifen von Mekka

Die Aschraf von Mekka waren ein weitverzweigtes Netz scherifischer Familien, die von ca. 968 bis 1925 die Herrscher vonMekka stellten. In europäischen Beschreibungen hat man die herrschenden Scherifen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Unterscheidung von den anderen Scherifen auchGroßscherifen genannt. Aus der Nachkommenschaft des vorletzten ScherifenHussain I. ibn Ali, der sich 1916 zumKönig des Hedschas ausrief, geht die heutige Dynastie derHaschimiten vonJordanien hervor.

Die Aschraf von Marokko

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Die erste bedeutende scherifische Dynastie auf dem Gebiet Marokkos waren dieIdrisiden. Während derMerinidenzeit (1285–1465) wurden scharīfische Familien besonders stark an den Hof gebunden. Die Scherifen der verschiedenen Städte wurden jeweils von einem Mizwār („Oberhaupt“) angeführt. Wenn der Mizwār von Fès den Rat des SultansAbū ʿInān Fāris aufsuchte, pflegte sich dieser zusammen mit allen Anwesenden aus Respekt vor ihm und seinem Vorfahren Mohammed zu erheben.[11] Der Mizwār vonSabta musste dem Herrscher jedes Jahr zumProphetengeburtstag die Aufwartung machen.[12]

Mit denSaadiern erreichte zum ersten Mal wieder eine scharīfische Familie die direkte Herrschaft inMarokko. Auch dieAlawiden, die bis heute in Marokko herrschen, sind eine scharīfische Herrscherfamilie.

Die Aschraf im Kalifat von Omdurman

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ImSudan, der ab 1821 unter die Herrschaft derosmanischenKhediven vonÄgypten gekommen war, begann 1881 derMahdi-Aufstand. Nach dem TodMuhammad Ahmads, desMahdi, folgte eine Phase, in der drei Interessensgruppen um die Macht kämpften. Eine davon waren dieAwlād al-balad. Diese Gruppe wurde durch Verwandte von Muhammad Ahmad (Aschraf) angeführt mit Muhammad Scharif bin Hamid an der Spitze. Die Aschraf gewannen Muhammad Khalid, den Statthalter inDarfur, für sich. Dieser zog mit seiner Armee gegenOmdurman.Abdallahi ibn Muhammad, der Anführer einer anderen Gruppe, schickte ihm eine eigene Streitmacht entgegen und konnte Muhammad Khalid gefangen nehmen. Abdallahi ließKhartum, Hochburg der Aschraf, aufgeben und setzte eigene Gefolgsleute als Gouverneure der Provinzen ein. 1889 wäre es fast zum Aufstand der Aschraf gekommen. Er konnte aber unter Vermittlung von Ali bin Muhammad Hilu, den Anführer der dritten Gruppe, der stets den Ausgleich zwischen den Kalifen gesucht hatte, verhindert werden. Die Phase der Machtkämpfe endete im März 1892 mit der Gefangennahme von Muhammad Sharif durch Gefolgsleute Abdallahi ibn Muhammads, der daraufhin als alleiniger Kalif die Macht innehatte.

Literatur

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  • C. van Arendonk u. W. A. Graham: „Sharīf“. In:The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. IX, S. 329b–337b.
  • Herman Leonard Beck:L’image d’Idrīs II, ses descendants de Fās et la politiquesharīfienne des sultans marīnides 656–869/1258–1465. Brill, Leiden, 1989,ISBN 90-04-09054-1.
    Original:Idrīs de kleine en de idrīsidischeShurafā' in Fās tijdens de Marīnieden. Dissertation an der Universität Leiden, 1984.
  • Patricia Crone:Slaves on horses: the evolution of the Islamic polity. Cambridge University Press, Cambridge 1980. S. 93–123.
  • Kazuo Morimoto (ed.):Sayyids and Sharifs in Muslim Societies: The Living Links to the Prophet Routledge, London, 2012.
  • Margit Pernau:Ashraf into middle classes: Muslims in nineteenth-‐‑century Delhi. Oxford University Press, New Delhi 2013.
  • Stefan Reichmuth:Scharif. In:Enzyklopädie der Neuzeit. Hrsg. von Friedrich Jaeger.Online
  • Michael Winter:Ashrāf and naqābat al-ashrāf in Ottoman and modern times. In:Asian and African Studies. Band 19, 1985, S. 17–41.
  • Ein marokkanischer Scherif. In:Die Gartenlaube. Heft 5, 1898,S. 161, 164 (Volltext [Wikisource] – Kurzbeschreibung eines Scherifs aus dem Jahr 1898). 

Einzelnachweise

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  1. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 333.
  2. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 335a.
  3. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 330a.
  4. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 330b.
  5. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 331b.
  6. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 333b.
  7. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 331b.
  8. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 332a.
  9. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 333b–334a.
  10. Arendonk/Graham: "Sharīf" inEI² Bd. IX, S. 334.
  11. Beck:L’ image d’Idrīs II. 1989, S. 180f.
  12. Beck:L’ image d’Idrīs II. 1989, S. 176.
Normdaten (Sachbegriff):GND:4333885-9(lobid,OGND,AKS)
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