Sapowednik
EinSapowednik (russischзаповедник, ukrainischЗаповідник/Sapowidnyk, belarussischзапаведнік/Sapawednik; wissenschaftliche Transliteration und englische SchreibweiseZapovednik) sind die wichtigste nationale Kategorie für Naturschutzgebiete inRussland und werden im Englischen als „strictly protected areas“ und im Deutschen als „Totalreservat“ bezeichnet. Von der Weltnaturschutzunion (IUCN) werden sie der höchstmöglichenSchutzgebietskategorie I zugeordnet.
Historisch war imRussischen Reich, derSowjetunion und ist im postsowjetischen Raum ein Sapowednik einSchutzgebiet mit besonderem rechtlichen Status. Obwohl teilweise strenger geschützt als Nationalparks nach IUCN Standard, wurden die Sapowedniki in der westlichen Literatur häufig alsSowjetische Nationalparks beschrieben.[1] Zum Zeitpunkt desZerfalls der Sowjetunion befanden sich auf ihrem Territorium über hundert Sapowedniki.
Neben den klassischenNaturschutzgebieten können auch historisch, kulturell oder kunsthistorisch wichtige Gebiete, Gebäude oder Anlagen sowie Orte, die für das kollektive Gedächtnis der Gesellschaft von Relevanz sind, den Status des Sapowedniks erhalten. Die Region desBaikalsees wurde um 1966 als erster Sapowednik derSowjetunion ausgewiesen.[1]
Schutz
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Innerhalb der Grenzen eines Sapoweniks ist keinerlei wirtschaftliche Tätigkeit zugelassen, die den Zweckbestimmungen des Sapowedniks widerspricht oder eine Bedrohung mit schädlichen Einflüssen auf die natürlichen Prozesse darstellt. Daher ist das Betreten der Kernzone eines Sapowedniks grundsätzlich verboten. Lediglich für Wissenschaftler oder betuchte Touristen (die sich offiziell an wissenschaftlichen Studien beteiligen) gibt es in sehr beschränktem Umfang Ausnahmegenehmigungen. Die Kernzone eines Sapowedniks wird in der Regel von einer Pufferzone umgeben, in der eine eingeschränkte Landnutzung gestattet ist. Strikt verboten sind Fischfang, Holzeinschlag, Bautätigkeit, Straßenbau u.v. a.m. Diese Verbote gelten nur dann nicht, wenn sie auf die Erfüllung der Zwecke des Sapowedniks gerichtet sind.
Ein Sapowednik ist einejuristische Person, verfügt über eine Verwaltung mit einem Direktor an der Spitze und einen Sicherheitsdienst sowie wissenschaftliche Unterabteilungen. Verletzungen des Rechtsregimes können vor Gericht gebracht werden. Die einzelnen Sapowedniki verfügen über ein Budget und eine eigene Infrastruktur, zu der auch ein fester Stamm von Mitarbeitern gehört (u. a. ein Direktor, mehrere Ranger sowie wissenschaftliche Berater).[2]
Sapowedniki in Russland
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Staatlicher Darwin-Biosphärensapowednik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Staatliche Darwin-Biosphärensapowednik, der den nordwestlichen Teil desRybinsker Stausees an derWolga einnimmt, wurde 1945 nach dem Bau desRybinsker Wasserkraftwerkes eingerichtet. Er dient der Erforschung der durch die Entstehung des 4580 km² großen Stausees eingetretenen Veränderungen in der natürlichen Umwelt.
Kolomenskoje
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zu den berühmtesten Sapowedniki gehört der im SüdenMoskaus gelegeneStaatliche Kunst-, Geschichts- und Architektur- sowie naturlandschaftliche Museums-Sapowednik (государственный художественный историко-архитектурный и природно-ландшафтный музей-заповедник)Kolomenskoje (russisch Коломенское). Er wurde 1923 auf dem Gelände eines Gutes russischer Großfürsten und Zaren gegründet. Heute ist der rund 390 ha große Park ein beliebtes Ausflugsziel und Naherholungsgebiet der Moskauer sowie von Touristen. Auf dem Gelände von Kolomenskoe befinden sich u. a. rund 20 Architekturdenkmäler.
Sapowedniki in der Ukraine
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In derUkraine wurde das rechtliche Regime fürNaturschutzgebiete (ukrainisch Заповідник природний/Sapowidnyk pryrodnyj) 1992 im GesetzÜber den Bestand von Naturschutzgebieten der Ukraine (Pro pryrodno-sapowidnyj fond Ukraïny) festgelegt. Die Entscheidung über Einrichtung und Landzuteilung fällt demnach der Präsident.
Kiewer Höhlenkloster
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]InKiew befindet sich am Ufer desDnepr dasKiewer Höhlenkloster, das seit 1926 den Status eineshistorisch-kulturellen Museums-Sapowedniks besitzt. Auf seinem Territorium befindet sich neben dem wiedereröffneten Kloster eine Reihe von Museen.
Nationaler Sapowednik „Chortyzja“
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Status desNationalen Sapowedniks „Chortyzja“, der dieDnepr-InselChortyzja, das zu ihr gehörige Aquatorium sowie die gegenüberliegenden Ufer und einige kleinere Inseln umfasst, ist in der Ukraine recht neu und wurde dem ehemalsHistorisch-kulturellen Sapowednik auf der Insel Chortyzja erst 1993 verliehen.
Der Status „national“ wird laut Verordnung des Vize-Premiers und des Ministerkabinetts der Ukraine vom 1. Juli 1992, Nr. 364, „kulturellen Einrichtungen, die eine herausragende Rolle im geistigen Leben des Volkes spielen“, verliehen. Dieser Status bedeutet ein größeres Prestige für die betreffende Einrichtung, aber auch die Finanzierung aus dem Staatsbudget und das Verbot von (auch teilweisen) Privatisierungen.
Der Nationale Sapowednik „Chortyzja“ liegt im Stadtgebiet vonSaporischschja im Osten der Ukraine und ist der Untersuchung, Erschließung und dem Schutze sowohl der Natur, als auch des historischen Erbes der Insel, das neben der Geschichte derKosaken u. a. auch die prähistorischer Kulturen beinhaltet, gewidmet.
Sapowedniki in Belarus
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Polessischer Staatlicher Radioökologischer Sapowednik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Im Süden vonBelarus an der Grenze zur Ukraine befindet sich derPolessische Staatliche Radioökologische Sapowednik, der nach derNuklearkatastrophe von Tschernobyl angrenzend zur ukrainischenSperrzone von Tschernobyl errichtet wurde.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Bol'šaja Sovetskaja Enciklopedija (dt.:Große Sowjetenzyklopädie). Moskau 1973.
- Christian Ganzer:Sowjetisches Erbe und ukrainische Nation. Das Museum der Geschichte des Zaporoger Kosakentums auf der Insel Chortycja. (=Soviet and Post-Soviet Politics and Society. vol. 19). Mit einem Vorwort von Frank Golczewski. ibidem-Verlag, Stuttgart 2005,ISBN 3-89821-504-0.
- Zakonodatel'stvo Ukrainy (=Kompjuternaja biblioteka „Infodisk“. Nr. 12, Dezember 2003). (dt.:Gesetzgebung der Ukraine). Kiew 2003.
- Hans Dieter Knapp:Zapovedniks. Schutz des Naturerbes in Russland. In:Nationalpark.Nr. 116, 2002,S. 8–15.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abPhilip R Pyride:The First Sowjet National Parc. National Parcs Magazine, April 1967
- ↑Bastian Bomhard:„Naturschutzgebiete“ in Russland. (Memento desOriginals vom 29. September 2004 imInternet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäßAnleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sibirien.csiewert.de Georg-August-Universität Göttingen. November 2001. Abgerufen am 7. Juni 2013. (PDF; 841 kB)