Adnexitis
Klassifikation nachICD-10 | |
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N70 | Salpingitis und Oophoritis |
N70.0 | Akute Salpingitis und Oophoritis |
N70.1 | Chronische Salpingitis und Oophoritis |
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ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Bei derAdnexitis handelt es sich um eineEntzündung der so genanntenAdnexe (dt.: Anhangsgebilde). In der Regel wird der Begriffin derGynäkologie verwendet und beschreibt die Kombination der Entzündung vonEileiter (lat.Tuba uterina, griech.Salpinx, EntzündungSalpingitis) und desEierstocks (lat.Ovarium, griechischOophoron, EntzündungOophoritis). AlsSynonym für die Adnexitis kann also auch der BegriffOophorosalpingitis verwendet werden. EineEiteransammlung im Eileiter bezeichnet man alsPyosalpinx.
Eine Adnexitis kann einseitig und beidseitig auftreten. Die akute Adnexitis ist mit deutlichen Schmerzen im Bereich des Unterbauchs verbunden. Heilt die akute Entzündung nicht aus oder führt die Ausheilung zu Narbenbildung und Verwachsungen, können jahrelang Beschwerden auftreten. Aus der akuten ist dann eine chronische Adnexitis geworden. Es kommt immer wieder zu Schmerzen im Unterbauch oder Rücken, insbesondere beim Geschlechtsverkehr oder bei der Regelblutung. Auch Verstopfung oder generelle Minderung der Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und Appetitlosigkeit können die Folge sein. Chronische Adnexitiden verursachen aber oft nur wenige Symptome, können jedoch Ursache für eine chronischeUnfruchtbarkeit sein. Das Erreger-Spektrum kann groß sein, aktuell sind jedoch bei fast 40 Prozent der Fälle Infektionen durchChlamydien zu finden. Die Adnexitis und andere Entzündungen im Bereich des kleinenBeckens(Zervizitis,Endometritis) werden auch unter dem Begriffpelvic inflammatory disease (dt.Unterleibsentzündung) zusammengefasst.
Der bezüglich der anatomischen Lokalisation der Entzündung relativ ungenaue Begriff der Adnexitis lässt sichmedizinhistorisch erklären. Vor der Einführung derbildgebenden Verfahren in der Medizin ließ sich eine Entzündung im Bereich der Adnexe durch transvaginalePalpation meist nicht genau den einzelnen anatomischen Strukturen der Adnexe zuordnen. Daher sprach man vereinfacht von den Entzündungen der Anhangsgebilde (Adnexitis).Der Begriff der männlichen Adnexitis wird und wurde dagegen eher selten verwendet, da beim Mann die anatomische Zuordnung einer Entzündung im Genitaltrakt in der Regel einfacher ist (z. B.Prostatitis).

Weibliche Adnexitis
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Klinik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Patientinnen klagen in der Regel über einen akut einsetzenden, seitenbetonten Unterbauchschmerzpostmenstruell oderperiovulatorisch. Bei begleitenden Entzündungen im Bereich des Gebärmutterhalses (Cervix uteri) oder derGebärmutter finden sich zusätzlichAusfluss (Fluor) oderSchmierblutungen. Bei schweren Infektionen können auchErbrechen und eineIleus-Symptomatik hinzukommen. Nicht selten kommt es bei durch Chlamydien hervorgerufenen Entzündungen zu einer begleitendenPerihepatitis (Fitz-Hugh-Curtis-Syndrom). Dabei fallen Schmerzen im rechten Oberbauch und eine geringeLeberenzymerhöhung auf.Die Adnexitis kann einakutes Abdomen hervorrufen.
Ätiologie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der Regel handelt es sich um Keime, die über dieVagina und die Gebärmutter in den Eileiter aufsteigen. Häufig findet sich zusätzlich eine Entzündung im Bereich des Gebärmutterhalses (Zervizitis) und der Gebärmutterschleimhaut (Endometritis). Häufig finden sich diese Entzündungen kurz nach derMenstruation oder kurz nach demEisprung (Ovulation). Zu diesen Zeiten ist der Schleim im Bereich des Gebärmutterhalses (Zervix) erweicht und damit durchgängiger. Der Altersgipfel liegt zwischen 15 und 20 Jahren.
Erreger
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Chlamydien
- Mykoplasmen
- E. coli
- Gonokokken
- Staphylococcus aureus
- Streptokokken
- Enterokokken
- Klebsiellen
- andereAnaerobier
- Clostridium perfringens
- selten auchTuberkulose-Erreger (Mycobacterium tuberculosis)
Diagnostik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Klinische Untersuchung:
Bei derPalpation finden sich ein Uterus- und Adnex-Druckschmerz und einPortio-Schiebe-Schmerz.
- gynäkologische Untersuchung:
Bei derSpekulumuntersuchung kann eine Entzündung der Zervix dargestellt werden undAbstrichezurmikrobiologischen Keimbestimmung entnommen werden.
- ImUltraschall lassen sich, so vorhanden,Abszesse, Schwellungen undSekretverhalte finden.
- Bei akuter Erkrankung mit unklarer Genese kann alsultima ratio eineLaparoskopie bzw.Pelviskopie mit intraoperativem mikrobiologischem Abstrich durchgeführt werden.
- ImBlutbild kann eineLeukozytose, Fibrinogen- undCRP Erhöhung auffallen
- zytologischer Abstrich zum Ausschluss einesMalignoms imZervikalkanal bzw. demUterus mit Abflussbehinderung und sekundärer Entzündung
- Messung der Körpertemperatur
Differentialdiagnose
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Extrauteringravidität (HCG erhöht)
- rupturierteOvarialzyste
- Blinddarmentzündung (Appendizitis)
- Morbus Crohn bzw.Colitis ulcerosa
- Divertikulitis
- radikuläre Schmerzen
Therapie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Da die meisten Adnexitiden heute durchChlamydien verursacht werden, wird eine unkomplizierte und ambulant behandelbare Adnexitis initial mitTetracyclinen oderFluorchinolonen über mindestens 10 Tage therapiert. Bei Therapie-Versagen wird eine Therapie mitCephalosporinen undMetronidazol eingeleitet. Bei weiterem Therapie-Versagen wird versucht, den auslösenden Keim zu asservieren und eine keimspezifischeAntibiotikatherapie angesetzt.Abszesse werden in der Regel stationär und chirurgisch angegangen und entlastet. Schmerzen werden mitAntiphlogistika angegangen (z. B.Diclofenac). Im Jahr 1919 führte Isador Clinton Rubin (* 1883) „die erste erfolgreiche Tubendurchblasung zur Behandlung der durch Tubenverklebung bedingten Sterilität“[1] durch.
Komplikationen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Sterilität: Durch Narben- undStrukturbildung auf Grund von Verwachsungen (Tubenverklebung[2]) kann es zur obstruktiven Sterilität kommen.
- Verwachsungen und Sekretaufstau (Hydrosalpinx,Hämatosalpinx, Pyosalpinx (Saktosalpinx),Dysmenorrhoe)
- Abszess
- Tuboovarialabszess: Abgekapselter Entzündungsherd mit Einbeziehung und Verbacken des Eileiters und des Eierstocks
- Douglas-Abszess: abgekapselter Entzündungsherd im Bereich zwischen Rektum und Uterus (Douglas-Raum)
- Peritonitis: lebensgefährlicher Durchbruch der eitrigen Entzündung in die freie Bauchhöhle
- Sepsis
- chronische Adnexitis: Symptome der chronischen Adnexitis sind häufigblande. Häufig finden sich Unterbauchbeschwerden und Schmerzen beimGeschlechtsverkehr (Dyspareunie). Außerdem kann ein chronischer Ausfluss bestehen. Therapeutisch schwer anzugehen, da häufig Verwachsungen Ursache der Beschwerden sind.
Männliche Adnexitis
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Begriff der männlichen Adnexitis umfasst Entzündungen derProstata (Prostatitis), desSamenleiters (Funikulitis), desHodens (Orchitis), desNebenhodens (Epididymitis) und derSamenblasen (Spermatocystitis). Der Begriff der männlichen Adnexitis wird im klinischen Sprachgebrauch eher selten verwendet.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Günther Kern:Gynäkologie. Thieme-Verlag, New York 1985,ISBN 3-13-460604-6.
- Egon Bernoth,Martin Link,Wolfgang Weise:Gynäkologie: Differentialdiagnose und Klinik. Thieme-Verlag, Leipzig 1984, S. 232–240.
- Kay Goerke, J. Steller, Axel Valet:Klinikleitfaden Gynäkologie Geburtshilfe. 5. Auflage. Urban und Fischer, München 2000,ISBN 3-437-22210-4, S. 453–466.
- W. Pschyrembel, G. Strauss, E. Petri:Praktische Gynäkologie. 5. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1991,ISBN 3-11-003735-1, S. 219–246.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 67.
- ↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 67.