Queller

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet vonSalicornia)
Zur Navigation springenZur Suche springen
Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer Pflanzengattung, zum US-amerikanischen Musiker sieheBen Kweller.
Queller

Europäischer Queller (Salicornia europaea)

Systematik
Kerneudikotyledonen
Ordnung:Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie:Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae)
Unterfamilie:Salicornioideae
Tribus:Salicornieae
Gattung:Queller
Wissenschaftlicher Name
Salicornia
L.

Queller (Salicornia, im Lebensmitteleinzelhandel auchSeespargel) ist eine Pflanzengattung in der Familie derFuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Kennzeichnendes gemeinsames Merkmal sind ihre fleischigen, scheinbar gegliederten und blattlosen, einjährigen Sprossachsen. Sie sind vor allem auf der Nordhalbkugel verbreitet und besiedelnWattböden derMeeresküsten sowie salzige Stellen im Binnenland.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der GattungsnameSalicornia ist lateinischen Ursprungs und bedeutetsal, sális für Salz undcórnu für Horn; letzteres bezieht sich auf die oft hornartig gebogenen Sprossenden.[1] Eine andere deutsche Bezeichnung für den Europäischen Queller istGlasschmelz oderGlasschmalz. Dieser Name rührt daher, dass man früher die Asche dieser Pflanze zur Bereitung vonSoda benutzte, das beim Zusammenschmelzen vonGlas gebraucht wurde. Die Asche des Quellers kann bis zu 15 % Soda enthalten.

Schuppenartiges Tragblatt und Zyme mit drei eingesenkten Blüten vonSalicornia rubra
Salicornia perennans
Salicornia bigelovii, Illustration
Salicornia maritima, Illustration
Bestand vonSalicornia rubra

Beschreibung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Queller sind einjährige, stammsukkulenteSalzpflanzen (Halophyten). Die Pflanzenteile sind unbehaart. DieStängel wachsen niederliegend bis aufsteigend und sind je nach Art einfach bis mehrfach verzweigt. Junge Pflanzen sind fleischig und gelenkartig bis knotig gegliedert; ältere Exemplare können geringfügig verholzt sein. Die fleischigenLaubblätter stehen gegenständig, sind an der Basis verbunden und am Stängel herablaufend und formen die Sprossachse umfassende Segmente. DieBlattspreiten sind zu Schuppen reduziert und schmal hautrandig.[1]

Die Stängel tragen endständigeährenartigeBlütenstände. Diese sind scheinbar gegliedert, jedes Glied besteht aus zwei gegenständigen, (1-)3 blütigenZymen, die völlig zwischen einem winzigen Tragblatt und der Hauptachse eingesenkt sind. Die Einzelblüten jeder Zyme sind dreieckig angeordnet, die beiden seitlichen Blüten berühren sich unterhalb der mittleren Blüte. Die meist zwittrigenBlüten sind annäherndradiärsymmetrisch, mit meist drei fleischigenTepalen, die fast bis zur Spitze verwachsen sind und auch zur Fruchtzeit erhalten bleiben. Die Blüten enthalten ein bis zweiStaubblätter und zweiGriffel. DieFruchtwand ist häutig. Die Samen stehen vertikal, sind ellipsoid, mit gelblichbrauner, häutiger, behaarterSamenschale. Ein Nährgewebe ist nicht vorhanden.[1]

Ökologie

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der Queller ist die einzigeSalzwiesenpflanze, die ohne Salzzufuhr nicht lebensfähig ist. Die Pflanze reichert Salzionen aus dem Boden an, um die osmotische Saugkraft des Salzbodens zu überwinden und Wasser aufzusaugen. Dabei steigt jedoch der Salzgehalt der Pflanze an. Zum Ausgleich nimmt sie zusätzliches Wasser in ihr Gewebe auf, um die Salzkonzentration erträglich zu regulieren. Die Lebenszeit der Pflanze ist daher auf sechs Monate begrenzt.

Vorkommen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Queller sind in weiten Teilen derNordhalbkugel und inSüdafrika verbreitet, von derborealen bis zursubtropischen Klimazone.[2] Sie wachsen entlang der Meeresküsten und an Binnenlandsalzstellen, beispielsweise in Salzmarschen und am Ufer von Salzseen.[2] Sie bevorzugen salzhaltige feuchte bis nasse, gelegentlich überflutete Standorte aufSchlick oderSand.

Entwicklungsgeschichte

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Die Gattung entstand vermutlich imMiozän im Bereich zwischen dem Mittelmeergebiet und Zentralasien. Aus der ausdauernden und wenig frosttoleranten GattungSarcocornia heraus haben sich die einjährigen Arten vonSalicornia im spätenPliozän bis frühenPleistozän entfaltet. Zweimal gelangten sie nach Südafrika, mindestens dreimal nach Nordamerika. Dabei entstandendiploide undtetraploide Entwicklungslinien.Inzucht und geografische Isolierung führten zur Entstehung getrennter Arten, die sich jedoch oft wenig unterscheiden.[2]

Systematik

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

DieErstbeschreibung der GattungSalicornia erfolgte 1753 durchCarl von Linné. AlsTypusart wurdeSalicornia europaea festgelegt.[3]

Die GattungSalicornia umfasst etwa 10 bis 30 Arten. DieTaxonomie der Gattung gilt als äußerst schwierig, eine Artbestimmung ist für Nicht-Spezialisten fast unmöglich.[2] Gründe sind dieSukkulenz und die stark reduzierteMorphologie der Arten. Getrocknete Exemplare können kaum sicher bestimmt werden, da sie die charakteristischen Merkmale verlieren. Eine Kultivierung der Pflanzen unter Laborbedingungen scheint ebenso schwierig, da die hydrologischen Bedingungen (temporäre Überspülung, Wassersättigung des Bodens, Salzkonzentrationen) kaum in geeigneter Weise nachahmbar sind.[1] Außerdem erschwert die große Variabilität innerhalb der Arten ihre Zuordnung. Erst durch molekulargenetische Untersuchungen wird allmählich eine akzeptable Gliederung der Gattung erreicht.[2][4]

Arten inEurasien:[4]

  • Europäischer Queller (Salicornia europaea Artengruppe), mit zweiKryptospezies:
    • Salicornia europaea L., mit drei Unterarten
      • Salicornia europaea subsp.europaea, an den Meeresküsten von Südspanien bis nach Nordskandinavien
      • Salicornia europaea subsp.disarticulata (Moss)Lambinon &Vanderpoorten, an den Atlantikküsten der Bretagne, der Niederlande und Südenglands.
      • Salicornia europaea subsp. ×marshalliiLambinon &Vanderpoorten,Hybride der vorigen Unterarten, an der Atlantikküste der Bretagne und der Niederlande.
    • Salicornia perennansWilld. (Syn.Salicornia prostrataPallas), mit zwei Unterarten:
      • Salicornia perennans subsp.perennans, weit mediterran-kontinental verbreitet von Nordafrika und dem Mittelmeerraum bis zur Ostsee und zum Weißen Meer (stellenweise auch am Atlantik und der Nordsee), über Asien bisJakutsk (Sibirien), Japan und Korea.
      • Salicornia perennans subsp.altaica (Lomon.)G. Kadereit & Piirainen, nur imAltai (Russland, Mongolei)
  • Salicornia procumbens Artengruppe:
    • Salicornia procumbensSm., mit vier Unterarten
      • Salicornia procumbens subsp.procumbens, weit verbreitet an den Küsten von Mittelmeer und Atlantik von Marokko bis nach Skandinavien, auch im Binnenland (Türkei, Ukraine).
      • Salicornia procumbens subsp.freitagii (Yaprak & Yardakulol)G. Kadereit & Piirainen, endemisch in Zentral-Anatolien (Türkei).
      • Salicornia procumbens subsp.pojarkovae (Semenova)G. Kadereit & Piirainen, an den Küsten des Weißen Meeres (Russland) und derBarentssee (Norwegen).
      • Salicornia procumbens subsp.heterantha (S.S. Beer & Demina)G. Kadereit & Piirainen, nur in derProvinz Rostow im südosteuropäischen Russland.
    • Salicornia persicaAkhani, mit zwei Unterarten:
      • Salicornia persica subsp.persica, im Iran
      • Salicornia persica subsp.iranica (Akhani)G. Kadereit & Piirainen, im Iran, vermutlich auch im östlichen Mittelmeergebiet und in Südwestasien

In Nordamerika:[1][2]

  • Salicornia maritimaS. L. Wolff & Jefferies, Küsten des südöstlichen Kanada, nordöstliche USA, südliches Alaska (erwies sich inzwischen als genetisch identisch mitSalicornia europaea[4])
  • Salicornia bigeloviiTorrey, am Golf von Mexiko, Atlantikküste bis Maine, Süd-Kalifornien.
  • Salicornia depressaStandley, an der Pazifikküste von Alaska bis Kalifornien, Atlantikküste von Kanada bis South Carolina
  • Salicornia rubraA. Nelson, Salzstellen im Binnenland der zentralen USA und Kanadas, subarktisches Kanada

In Afrika:[2]

In Südasien:[2]

Nutzung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

InsbesondereEuropäischer Queller undSalicornia bigelovii sind essbar und wohlschmeckend,[5][6] wenn auch recht salzig. Sie sind eher im gastronomischen Bereich (alsMeeresspargel oderFriesenkraut)[7] oder im Großhandel erhältlich. In denNiederlanden ist Queller unter dem Namenzeekraal im Supermarkt erhältlich, in Großbritannien alssamphire. Er wird blanchiert, kurz angebraten oder roh verzehrt, und ist unter anderem als Beilage zu Fisch und als Salat sehr geschätzt.

Auch überwinterndenGänsen (Anserinae) dient Queller als Nahrung, in Europa vor allem derNonnengans und derRingelgans.[8]

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. abcdePeter W. Ball:Salicornia. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.):Flora of North America North of Mexico. Volume 4:Magnoliophyta: Caryophyllidae, part 1. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 2003,ISBN 0-19-517389-9,S. 335 (englisch). ,online
  2. abcdefghGudrun Kadereit, Peter Ball, Svetlana Beer, Ladislav Mucina, Dmitry Sokoloff, Patrick Teege, Ahmet E. Yaprak & Helmut Freitag:A taxonomic nightmare comes true: phylogeny and biogeography of glassworts (Salicornia L., Chenopodiaceae). Taxon 56(4), 2007, S. 1143–1170.
  3. Salicornia bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 20. Juli 2016.
  4. abcGudrun Kadereit, Mikko Piirainen, Jacques Lambinon & Alain Vanderpoorten:Cryptic taxa should have names. Reflections on the glasswort genus Salicornia (Amaranthaceae). Taxon 61: 2012, S. 1227–1239.
  5. Salicornia europaea beiPlants For A Future, abgerufen am 20.7.2016.
  6. Salicornia bigelovii beiPlants For A Future, abgerufen am 20.7.2016.
  7. Zutat: Queller imKoch-Wiki
  8. E. Bezzel:Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. Aula, Wiesbaden 1985;ISBN 3-89104-424-0; S. 132 und 135

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Commons: Salicornia – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikispecies: Salicornia – Artenverzeichnis
Wiktionary: Queller – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Queller&oldid=246593246
Kategorien: