
DasSakramentar, auchSacramentarium, ist eine Sammlung von Gebeten für den Vorsteher derEucharistie und anderer gottesdienstlicher Feiern. Zu deren Durchführung bedarf es weiterer liturgischer Bücher wie desLektionars bzw.Evangelistars und desGraduale bzw.Antiphonars.
Das Sakramentar entstand in der ausgehenden Spätantike und dem frühen Mittelalter. Ab dem 10./11. Jahrhundert (vgl. Missale vonBenevent) wurde es allmählich durch das Voll-Missale ersetzt, das sämtliche Texte der Messe enthält. Diese wurden dann imMissale Romanum von 1570 weitestgehend vereinheitlicht.
Für die mittelalterliche Kunstgeschichte undIkonographie sind Sakramentare wichtig, weil sie als heilige Bücher häufig mit reicherBuchmalerei (Illuminationen) verziert und mit kostbaren Buchdeckeln inGoldschmiedearbeiten ausgestattet sind, in die häufig auchElfenbeinplatten eingefügt wurden.
Die Gebete und Handlungen blieben lange Zeit mündlich überliefert. Mit der Zeit entstanden im OstenEuchologien, im Westen römische und nicht-römische Sakramentare, etwa das in drei Bücher (Temporale, Sanctorale, Orationen undCanon Missae) gegliederteGelasianum Vetus (GeV) (Mitte des 7. Jahrhunderts), das Gelasianum des 8. Jahrhunderts (Junggelasianum), oder das Gregorianum in seinen drei aus dem 7. Jahrhundert stammenden, jedoch erst durch Handschriften des 9. Jahrhunderts überlieferten Zweigen (Typ IGregorianum-Hadrianum [GrH], ergänzt durch das Supplementum AnianenseBenedikts von Aniane [Cambrai, Bibl. municipale, 164], Typ II Paduense [Padua, Bibl. Cap., D 47], Typ III Prae-Hadrianum, [Trient, Castel del Buon Consiglio, s. n.] ca. 825 fürArn von Salzburg geschaffen) sowie das Mailänder, dasgallikanische,keltische, altkampanische, altspanische Sakramentar.
Hypothetisch sind die Ursprünge und sehr unsicher die Geschichte bis zurKarolingischen Renovatio. Inwieweit hier von einerTraditio Apostolica gesprochen werden kann und ob diese bereits von Anfang an schriftliche Grundlagen besaß, ist reine Glaubenssache. Um die richtigen und rechten Gebete festzuhalten, entstanden seit derSpätantikelibelli, kleine Bücher, in denen man niederschrieb, was man für die Liturgie vor Ort brauchte. In denlibelli missarum wurde erstmals eine Messliturgie aufgezeichnet. Sie waren das erste Messbuch der Christenheit, enthielten aber keine Beschreibung der Riten. Bald gab es eine Vielzahl solcher libelli, man nahm diese in größere Bücher, die liturgischen Bücher zusammen. Zu unterscheiden ist zwischen Sakramentartypen und einzelnen Sakramentarhandschriften.
Im 7. Jahrhundert entstand eine erste nach Monaten geordnete Sammlung von schriftlich fixierten Gebeten, dasSacramentarium Veronense (VE) (Verona, Bibl. Cap., Ms. LXXXV, erstes Viertel des 7. Jahrhunderts), eine erste große Sammlung von Gebetstexten noch ohne rituelle Anweisungen. Im 8. Jahrhundert kommt es im Zuge derpippinischen Liturgiereform zur Vermischung römischer Sakramentare vom gelasianischen Typ mit gallischem Material, es entstehen die sog. Jungelasiana (auch „Gelasianum des 8. Jahrhunderts“ genannt). Auf InitiativeKarls des Großen orientierte man sich in der karolingischen Renovatio wieder stärker am römischen Vorbild und an der überragenden Gestalt des heiligen PapstesGregor I., auf den, zu Unrecht, ein tatsächlich auf PapstHonorius I. (625–638) zurückgehendes stadtrömisches Sakramentar („Gregorianum“) zurückgeführt wurde, von dem PapstHadrian I. Karl auf dessen Wunsch hin ein Exemplar („Hadrianum“) übersandt hatte. In der Folgezeit entstehen neue Mischtypen, die gelasianisches Material in das Gregorianische Sakramentar überführen.



